Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Die Vorstellung einen Einkaufsbummel… War es überhaupt die richtige Bezeichnung. Würde es nicht einmal mehr ein Einkaufsrausch werden? Wie dem auch sei, der Gedanke an diesen ausufernden Einkaufsbummel ließen Constantius durchaus erheitert schmunzeln. In Begleitung einer Frau und ein dutzend Tragesklaven war es ein Vergnügen. Doch drei Frauen und ein Heer von Tragesklaven würden selbst den tapfersten Soldaten früher oder später in die Knie zwingen.


    Sein Grinsen verstärkte sich einmal mehr, als er Vitalamacus Worten lauschte. JA in der Tat. Selbst an dem prächtigsten Waffenstand, würde ein Mann sich nicht länger als notwenig aufhalten. Eben gerade so lang, bis er die beste unter den Waffen auserkoren, einen angemessenen Preis ausgehandelt und sie sicher verstaut hatte. Und gewiss käme er nicht auf die Idee nur zur Vorsicht nochmals alle anderen Waffenstände abzusuchen, nur weil es dort vielleicht ein ebenso prächtiges Stück zu bestaunen gäbe.


    Constantius bemühte sich sein Amüsement über die anstehenden Marktbesuch und dessen Konsequenzen hinter dem Kelch zu verbergen, den er schmunzelnd an seine Lippen führte. Still verfolgte er nur die Gespräche, die nun den Raum erfüllten. Noch während er von dem köstlichen Wein trank, fiel sein Blick, ob gewollt oder nicht, auf die junge Sklavin, die sich scheinbar aufmachte um sich um das Essen zu kümmern. Gerade lang genug verfolgte er sie mit seinem blick, um den ihren aufzufangen.


    Noch während er still überlegte, ob er ihr ein freundliches Nicken zuwerfen sollte, lenkten ihn die Worte des Gastgebers ab.
    Das Essen stand also wirklich an, Und so wie er aufgefordert wurde, nahm er seinen Platz neben Helena auf der Kliene ein.

    Wie lange er wohl schon seinen Posten an der schiefen Mauer eingenommen hatte? Es war schwer zu sagen. Das Zeitgefühl eines jungen Mannes, der auf ein bestimmtes Ereignis wartete, war mehr als unzuverlässig. So machte die empfundene Ewigkeit in Wahrheit nur ein kleiner Augenblick gewesen sein.


    Während Constantius in einer gestrafften Haltung vor der Mauer seinen Wachposten eingenommen hatte und es nicht riskierte, seine Ausrüstung an diesem Tag an die Wand zu lehnen, hatte Novatus auf der anderen Straßenseite eine weitaus bequemere Sitzposition eingenommen.


    Unmengen von Bürgern zogen an Constantius vorbei. Und fast alle bemühten sich angestrengt darum dem Blick des Miles nicht zu erwidern. Ebenso wenig schien es im Interesse der Passanten zu liegen, einen Zusammenstoß mit dem voll gerüsteten Soldaten der Stadtwache zu provozieren. Zudem war der Blick des Soldaten alles andere als einladend. Wirkte er doch ebenso Unheil verkündend, wie die schwarzen Wolken am Himmel, die sich an diesem heißen Tag in der Ferne über dem Meer sammelten.


    Während über Rom der Himmel noch blau und friedlich war, sollte sich der Blick Constantius schlagartig aufhellen. Es war nicht nur ein Aufhellen, sondern der Ausdruck wahrer und offenherziger Freude. Innerlich machte sein Herz einen kleinen Hüpfer und blieb einen Sekundenbruchteil stehen.
    Ein Teil von ihm hatte nicht damit gerechnet, dass er sie wirklich würde wieder sehen. Ja sogar ein Großteil seines Selbst war sich dessen sicher. Doch hier und jetzt, war der Gegenbeweis eingetroffen.


    „Ich musste doch sichergehen, dass nicht noch jemand dieser sonderbar schiefen Mauer zum Opfer fällt und sein Hab und Gut über die Straße verteilt“
    Seine Stimme verriet mehr als deutlich seine Freude über ihre Ankunft.
    „Aber wie ich sehe, hattest du scheinbar den selben Gedanken. Du scheinst ebenfalls sehr um das Wohl der Bürger Roms besorgt zu sein.“


    „Wie geht es dir heute? Ich hoffe deine Verletzung schmerzt nicht mehr.“

    Constantius betrachtete Minervina schmunzelnd. Ja es würde wahrlich für Aufsehen sorgen, wenn man sie dabei ertappte, wie sie mit einem Holzgladius herumfuchtelte.

    „Ich möchte nicht, dass du Ärger wegen dieser Sache bekommst. Ein Holzgladius könnte dir wirklich einiges an Ärger bescheren. Ich bin kein Meister des Dolchkampfes, doch werde ich versuchen dir wenigstens das Grundlegende zu zeigen.“


    Ihre kleine, unscheinbare Geste, als sie sich das Haar hinters Ohr strich, faszinierte Constantius. Fesselte seinen Blick. Eine Fessel, die erst nach einer Weile wieder von Constantius abgestriffen worden konnte. Schließlich blickte er sehr verlegen zu Boden. Versuchte seine Gedanken zu ordnen


    Wie dankbar war er doch, dass sie schon bald darauf eine Frage stellte. Eine Frage, die verhinderte, dass sich ein Moment der peinlichen Stille entwickeln konnte.


    „Eigentlich ist man bemüht das Holzgladius genau so schwer zu machen, wie das echte Gladius. Es bringt nicht viel, wenn man mit einer leichten Übungswaffe gut umgehen kann, jedoch für die echte Waffe die Kraft fehlt. Deswegen wirken diese Holzschwerter oft so dick, weil man viel Holz für das Gewicht benötigt.“


    Abschätzend betrachtete er ihre schlanken Arme. Nicht lange, um sich keine Unhöflichkeit zu schulden kommen zu lassen.
    „Aber ich stimme dir zu, ein Dolch wird reichen. Obwohl das Gladius erstaunlich leicht ist. Jedenfalls hat es mich erstaunt, als ich es das erste Mal in den Händen hielt.“


    Er beugte sich leicht zu ihr vor und senkte die Stimme.
    „Aber ich muß dich warnen. Auch das Tragen von Dolchen ist dir in Rom nicht gestattet. Also nicht, dass ich dich deswegen eines Tages festnehmen muss. Immerhin weiß ich ja dann, dass du damit umgehen kannst.“


    Als er wieder seine normale Sitzposition eingenommen hatte, konnte er ein kleines Lachen nicht unterdrücken.
    „Ja es war wirklich eine Heldenhafte Tat. Ich habe ohne nur einen Gedanken an meine Rüstung zu verschwenden gehandelt. Völlig selbstlos, könnte man schon fast sagen. Allein dafür müsste man wohl ein Denkmal auf dem Platz des mercatus urbi errichten.“


    Er hob die Hände in die Luft und malte vage die Umrisse einer Statue in die Luft


    „Das Ehrenmal für einen Miles, der seine Rüstung im Kampf gegen die Eierdiebe Roms opferte“


    Er schüttelte den Kopf und blickte sie mit einem unbefangenen Lächeln an.


    „Er wurde wegen des Diebstahls in die Castra gebracht. Für seine Bestrafung wurde er eingesperrt bis seine Strafe feststeht. Und ich habe furchtbar gestunken. Die Hitze Roms und eine von Eier beschmutzte Rüstung vertragen sich nicht gut.“

    Es war nicht schwer für Constantius ihren Blick zu erwidern. Es war ihm nie schwer gefallen den Blicken anderer Menschen trotzig standzuhalten, wenn er für eine seiner unüberlegten Taten gerade stehen musste. Dennoch war etwas dort in den Augen seiner Cousine, das ihn zum Nachdenken, zum Zögern anhielt.


    „Nein“


    Es war nur ein einzelnes Wort. Es war auch nicht mit besonderem Nachdruck ausgesprochen worden oder gar mit kraftvoller Stimme. Dennoch drückte es unmissverständlich den Unmut des Iuliers aus. Es war der strenge Blick seiner Augen, der dies bewirkte.


    „Es hat nichts damit zu tun, dass wir dich strenger kontrollieren wollen. Wir hielten es nur für angebracht, dass du eine Vertraute hast, während Helena in Ostia und ich in der Kaserne weilen. Es wäre sogar an dir eine geeignete Sklavin zu erwählen. Ich würde dich nur zum Markt begleiten. Mir war nicht bewusst, dass du dich deshalb eingeschränkt fühlen würdest.“

    Erleichterung erfüllte Constantius. Nicht nur, weil er einer Standpauke seines Offiziers entgehen würde, sondern vor allem weil Livilla wenigstens in der Nacht etwas Ruhe gefunden hatte. Noch einmal korrigierte er den Sitz des Gurtes, bevor er sich umwandte.
    Stille betrachtete er sie einen Moment. Der Zorn, die Wut, die gestern Nacht sein Gesicht so hart haben wirken lassen, waren verschwunden. Stattdessen wirkte es deutlich mitfühlender, wenn auch sichtlich erschöpft.


    „Ich bin froh, dass du etwas Schlaf hast finden können. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis du dieses Erlebnis überhaupt ansatzweise verarbeiten wirst. Vergiß nur niemals, dass ich und Helena dir zur Seite stehen werden, egal was ist, war oder sein wird.“


    Er fügte eine kleine Pause ein und musste nun selbst unfreiwillig lächeln.


    „Doch mein Gladius werde ich niemals auf dein Bett werfen. Es könnte doch ein schmerzhafter Gruß am frühen Morgen sein. Doch werde ich vielleicht noch das eine oder andere Mal gewiss deine Hilfe noch benötigen. Ich werde dich jedoch rechtzeitig vorwarnen.“


    „Ich habe mir überlegt, dass wir beiden bald den Sklavenmarkt besuchen. Ich denke es wäre eine gute Idee, wenn wir eine Leibsklavin für dich kaufen. Was hältst du davon, wenn wir dies bald in Angriff nehmen?“

    Constantius blickte sie abwartend an. Er meinte ein deutliches Zögern von Livilla erkennen zu können. Fürchtete sie sich vor ihm? War er zu hart zu ihr gewesen? Gerade wollte er ihr etwas sagen, dass er es schon alleine schaffen würde den Gürtel zu ordnen, da setzte sie sich schließlich doch in Bewegung.


    „Normalerweise ist es ganz einfach. Doch muß ich gestern Abend beim Zusammenlegen einen Fehler gemacht haben. Ich weiß auch nicht, manchmal passieren mir eben solche Dinge. Und sonst hilft mir niemand dabei, außer später mein vorgesetzter Offizier. Allerdings ist dieser dann recht unsanft und unfreundlich.“
    Er lächelte leicht, als Livilla den Sitz des Gürtels korrigierte. Ein Lächeln, das rasch wieder der Ernsthaftigkeit weichen sollte.


    „Wie geht es dir heute Morgen, Livilla?“

    Auch wenn dunkle Ringe unter seinen Augen deutlich verrieten, dass er die Nacht kaum geschlafen hatte, lächelte ihr alles andere als abweisend zu.
    „Ich habe noch etwas Zeit, aber es ist gut, dass ich so früh aufgestanden bin, denn dieser Gurt verdreht sich ständig. Ich bin heute Morgen wohl nicht gerade besonders geschickt. Könntest du mir kurz helfen?
    Abwartend blickte er sie an.
    „Du musst nur darauf achten, dass er sich nicht an meinem Rücken verdreht, wenn ich ihn vorne schließe.“

    Es war noch am frühen Morgen, als zwei Miles der Cohortes Urbanae durch die Gassen schritten. Es war schwer zu sagen, ob es bereits wieder sehr warm war, oder aber es in der Nacht überhaupt nicht abgekühlt hatte. Im Grunde war diese Frage auch belanglos, da die bereits jetzt vorhandene Hitze ausreichte, dass beide Soldaten das Gewicht ihrer Ausrüstung verfluchten. Einer von den beiden war der schweigsame Novatus, und der andere der junge Iulier, der diese Gegend bereits vor ein paar Tagen patrouilliert hatte.


    „Sag mal Constantius. Wieso wolltest du eigentlich unbedingt diesen Wachgang haben. Auf dem Forum ist es weitaus angenehmer als hier. Ich meine“, der Blick des Miles ging durch die Gassen,“ Hier ist Nichts. Rein gar nichts.“


    „Ich habe meine Gründe Novatus. Ich habe meine Gründe. Außerdem muss du auch zugeben, dass es auf Dauer zu anstrengend wird bei dem Wetter den unzähligen Taschendieben nachzusetzen. Außerdem kommt hier nur selten ein Offizier vorbei.“


    Zustimmend nickte Novatus und blickte dann seinen Kameraden doch fragend an.


    „Das hat dir doch sonst nichts ausgemacht. Ich meine…einmal mehr die Latrinen schrubben oder nicht, was kümmert es dich?“ Sag schon..warum ausgerechnet diese Gasse?“


    „Erwischt!“, dachte sich Constantius.
    „Nun, Novatus. Hier werde ich vielleicht eine sehr nette Person wieder sehen können, die ich…“


    Novatus schien das gehört zu haben, was er hören wollte und klopfte Constantius auf die Schulter.
    „Ich halte dann mal auf der anderen Straßenseite wache. Man weiß ja nie wem man so alles hier begegnet..so rein zufällig.“


    Mit einer Spur Verlegenheit blickte der große Iulier auf die Mauer, die so gar nicht schief war, aber inzwischen den Namen „die besonders schiefe Mauer von Rom“ von ihm erhalten hatte. Er musste unweigerlich schmunzeln und nahm seinen Wachposten dort ein. Achtete jedoch darauf, dass das Scutum diesmal sicher an der Wand lehnte.

    Es früh am Morgen und dennoch war Constantius berei8ts schon lange wach. Das morgendliche Ritual der Körperpflege erforderte Zeit und Geduld und deshalb stand er bereits sehr früh auf. Doch an diesem Morgen war es bereits so spät, dass er gerade daran war seine Uniform anzulegen, als es an der Tür klopfte.
    Es war ungewöhnlich, aber nicht unangenehm, dass jemand so früh an seine Tür klopfte. Ein leichtes Lächeln legte sich deshalb bereits schon auf seine Lippen als er zur Tür blickte. Als er dann noch Livillas Stimme vernahm, sollte dieses Lächeln noch etwas an Kraft gewinnen.


    „Komm nur herein Livilla. Die Tür ist offen!“


    Noch während er darauf wartete, dass Livilla eintrat, kämpfte Constantius mit seinem Waffengurt, der sich standhaft gegen eine korrekte Anlegung wehrte.

    Das sanfte Lächeln Tiberia Calvinas kam für Constantius überraschend. Hatte er vielmehr mit einem angewiderten und zumindest abgeneigten Blick gerechnet. Auch dies ließ ihn kurz über seine eigenen Gedanken stolpern und zögern. Höflich erwiderte er das Lächeln kurz und wandte sich schließlich an Vitalamacus.


    „Es bedarf keines Dankes. Erfüllte ich lediglich meine mir auferlegte Pflicht. Es war mir eine Ehre dein Mündel sicher in die Villa Tiberia geleiten zu dürfen. Und gewiss hat auch sie sich ausreichend für diese Eskorte bedankt, die jedoch selbstverständlich gewesen ist.“


    Es waren sicherlich keine überschwänglichen Worte des Iuliers. Doch sie erweckten im Rahmen ihrer höflichen Distanziertheit den Anschein der Aufrichtigkeit. Die persönlichen Empfindungen eines Miles taten hier nichts zur Sache und wurden deshalb auch nicht von Constantius geäußert. Und bevor er noch weitere über abgeneigte und angeekelte Blicke nachdenken konnte, wurde seine Aufmerksamkeit von einer weiteren Tiberierin beansprucht. Es war ein erleichternder Anblick. Scheinbar ging es auch im Hause der Patrizier doch auch genau so zu, wie in einem einfachen Hause. Auch hier gab es scheinbar Familienmitglieder, die sich nicht völlig an die Hausordnung hielten. Entweder unbeabsichtigt … Constantius stutzte einen Moment und neigte sein Haupt höflich vor Livilla. War es vielleicht doch eher eine Geringschätzung der einfachen Gäste? Nein, es konnte nicht seiin…oder doch?


    Innerlich seufzte Constantius und rang um die Klarheit seiner Gedanken. Es war wohl hier und dort ein verstohlener Blick, ein schwaches Lächeln der Sklavin, das er ab und an ebenso verstohlen, verlegen erwiderte, dass ihn dabei half sich nicht im Labyrinth seiner Gedanken zu verirren. Wo sie wohl herstammte? Fühlte sie sich ebenso elend im Hause eines Patriziers, wie er als freier Römer?


    Als Helena sich an Calvina wandte, fühlte Constantius den Moment gekommen, wo er sich einen Augenblick in den Hintergrund zurückziehen konnte. Jedenfalls hoffte er das. Ließ seinen Blick mehrmals sinnierend, sehr langsam und unauffällig zwischen Vitalamacus und Helena hin und her wandern. Auch wenn er seine Gedanken zu beruhigen versuchte, ließen sie ihn doch nicht los. Es gab vielleicht ein Geheimnis, vielleicht nur ein sehr kleines und vielleicht auch gar keines. Dennoch reichte es aus, um den Spürhund im Geiste des Iuliers zu wecken und an seiner Kette zerren zu lassen.


    „Ja die Ludi Apollinares. Welch herrliche Rennen. Es war sehr beeindruckend.“
    Constantius war sich sicher, dass er nicht lange im Hintergrund würde bleiben können. Also trat er die Flucht nach vorne an. Blickte durch den Raum, zwischen den Männer hin und her, während sich die Frauen noch unterhielten.

    Am folgendem Tag überbringt ein sklave der Casa Iulier ein schlichtes Schreiben für Martinia Sabina



    Salve Matinia Sabina


    Ich muß gestehen, dass ich nicht einmal darauf gehofft hatte einen Brief von dir zu erhalten. Umso glücklicher bin ich, dass ich heute ein von dir verfasstes Schreiben in meinen Händen halten durfte. Doch bedarf es keiner Worte des Danks. Erfüllte ich doch nur meine Pflicht und diese noch nicht einmal mit voller Zufriedenstellung. Sonst wäre es mir möglich gewesen dich vor Schaden zu bewahren und dir den Schmerz zu ersparen.
    Doch auch wenn unserer Zusammentreffen unglücklich und schmerzhaft für dich verlief und meine Ausrüstung einige Kratzer mehr erhalten hat, muss ich gestehen, dass unser Zusammentreffen von einer besonderer Art war. Einer Art, die mich sehr erfreut hat, auch wenn ich es mir gewünscht hätte, dass es ebenso eine schmerzfreie Situation gewesen wäre. Dass du dir deinen ersten Tag in Rom anders vorgestellt hast, glaube ich dir gerne. Wer denkt schon daran, dass man einem tollpatschigen Miles in die Arme läuft, der seine Ausrüstung über die halbe Straße verteilt. Ebenso rechnet man auch nicht damit, dass man von sturen, blinden Römern umgerannt und verletzt wird. Es wäre mir eine Freude dich an einem weiteren Tag wieder zu sehen, an dem Rom sich von seiner besseren Seite zeigen kann. So wäre es mir eine große Freude, wenn ich dich wieder sehen dürfte. Sei es durch Zufall während meines Wachdienstes, oder mit Absicht in der Nähe eines Karrens, der zu einem Wettrennen einlädt


    Caius Iulius Constantius


    Daheim in seinem cubiculum, als die Geschehnisse des Tages langsam zu verblassen begannen, setzte sich Constantius auf den Rand seines Bettes und überflog ein kleines Pergament, das an ihn gerichtet war. Noch während seine Augen die Zeilen überflogen, eroberte ein sanftes, verträumtes Lächeln sein Gesicht.


    Nachdem er die Zeilem mehrmals gelesen hatte, setzte er sich an den einfachen Tisch seines Zimmers und begann besonnen ein Antwortschreiben zu verfassen.



    Salve Matinia Sabina


    Ich muß gestehen, dass ich nicht einmal darauf gehofft hatte einen Brief von dir zu erhalten. Umso glücklicher bin ich, dass ich heute ein von dir verfasstes Schreiben in meinen Händen halten durfte. Doch bedarf es keiner Worte des Danks. Erfüllte ich doch nur meine Pflicht und diese noch nicht einmal mit voller Zufriedenstellung. Sonst wäre es mir möglich gewesen dich vor Schaden zu bewahren und dir den Schmerz zu ersparen.
    Doch auch wenn unserer Zusammentreffen unglücklich und schmerzhaft für dich verlief und meine Ausrüstung einige Kratzer mehr erhalten hat, muss ich gestehen, dass unser Zusammentreffen von einer besonderer Art war. Einer Art, die mich sehr erfreut hat, auch wenn ich es mir gewünscht hätte, dass es ebenso eine schmerzfreie Situation gewesen wäre. Dass du dir deinen ersten Tag in Rom anders vorgestellt hast, glaube ich dir gerne. Wer denkt schon daran, dass man einem tollpatschigen Miles in die Arme läuft, der seine Ausrüstung über die halbe Straße verteilt. Ebenso rechnet man auch nicht damit, dass man von sturen, blinden Römern umgerannt und verletzt wird. Es wäre mir eine Freude dich an einem weiteren Tag wieder zu sehen, an dem Rom sich von seiner besseren Seite zeigen kann. So wäre es mir eine große Freude, wenn ich dich wieder sehen dürfte. Sei es durch Zufall während meines Wachdienstes, oder mit Absicht in der Nähe eines Karrens, der zu einem Wettrennen einlädt


    Caius Iulius Constantius



    Nachdem das Schreiben verfasst worden war, legte Constantius das Schreiben Sabinas zwischen die Pergamente, die die Reden des Gaius Iulius Caesars beinhalteten. Wie einen Schatz verstaute er Sabinas Brief zwischen diesen alten Schriften und rief schließlich nach einem Sklaven, der den gerade verfassten Brief an die Casa Martinia überbringen sollte.

    Constantius beschlich das Gefühl, dass auch die Gäste zögerten den Raum zu betreten. War er vielleicht gar nicht der Einzige, der sich vor der Anwesenheit so vieler Leute fürchtete? Dem nicht alleine die gesellschaftlichen Umgangsformen noch nicht all zu vertraut waren?


    Einladend deutete er wieder auf die Klinen.
    „Bitte. Nehmt doch bitte Platz.“
    Er zögerte einen Moment, als er über die Frage Severus nachdachte. Die Sitzordnung…Sie war ihm mitgeteilt worden und im Grunde nicht zu verändern. Und in diesem Fall sogar vorteilhaft.


    „Valerius Victor, darf ich dir den locus praetorius anbieten“
    Es war ein freundliches Lächeln auf dem Gesicht des Iuliers zu erkennen. Ein höflicher Gesichtsausdruck und dennoch lag noch ein zusätzlicher Glanz in seiner Augen. So als würde sich ein Raubtier freuen, dass seine Beute die Einladung zum Essen angenommen hatte und nun sogar freiwillig im Kochtopf Platz nehmen würde.


    Dann jedoch blickte er hilfesuchend zu Helena. Im Eifer des Gefechts, hatte er einmal mehr die restlichen Sitzzuordnungen vergessen. Dabei hatte ihn Helena deswegen bereits ermahnt.
    Während er sie anblickte fing er deshalb seinen Satz an, in der Hoffnung, dass Helena erkennen und übernehmen würde. Und außerdem hatte die Begleitung Severus gar nicht auf der Liste gestanden, die ihm Helena zum Auswendiglernen gegeben hatte, es war also nicht einmal seinem völligen Versagen zuzuordnen, dass er nun in der Klemme steckte.


    „Flavus Valerius Severus, bitte nimm doch….“

    Stets hatte sich Constantius unwohl in größeren Gruppen von Menschen gefühlt. Fühlte sich wie auf einem schwankenden Floss in den unbarmherzigen, aufgewirbelten Fluten des Meeres. Doch hier, in der Villa Tiberia, war das Gefühl, dass ihn beschlich zwar nicht weniger unangenehm, doch unterschied es sich. Fühlte er sich in großen Mengen unsicher, da sein Wachinstinkt durch die vielen Eindrücke überfordert war, er die Kontrolle nicht erringen konnte, so war der Grund für sein derzeitiges Unbehagen, dass er sich unterlegen fühlte. Er war im Hause eines Patriziers, eines Tribuns. Hier war er nicht Caius Iulius Constantius, der Hausherr, der Sprössling des einst glorreichen Hauses der Iulier, ein Kind der Venus und Nachfahre des Gaius Iulus Caesars. Hier war er Caius Iulius Constantius, ein einfacher Miles der Cohortes Urbanae, der wenige Stunden zuvor, noch den Staub der Straßen Roms von seinen Stiefeln gewischt hatte. Ein Umstand, den die Anwesenheit Calvinas nur zu stark verdeutlichte.


    „Ja wir kennen uns.“, er fügte eine kleine Pause ein, in der er abermals zu Calvina blickte.
    „Mir war es vergönnt gewesen Tiberia Calvina nach ihrer Ankunft in Rom als Miles der Cohortes Urbanae zur Villa Tiberia zu eskortieren.“


    Er spürte den sanften Druck der Hand seiner Schwester auf seinem Unterarm. Ihre Botschaft, ihre Nähe verliehen ihm Kraft. Ließen ihn einen Moment lang seine weichen Knie vergessen und beflügelten seine Stimme derart, dass der Rang des Miles mit so viel Stolz ausgesprochen wurde, als hätte sich gerade ein großer Feldherr vorgestellt.


    Es war wohl der größte Moment der Anspannung gewesen. Denn nachdem klar gestellt war, dass es sich bei ihm im Grunde um ein einen einfachen, unbedeutenden Mann, wenn auch einen sehr stolzen, handelte, schien die Last von seinen Schulter zu weichen. Oder zumindest war es ihm nun leichter diese zu tragen, durch die Gewissheit, dass Helena bei ihm war….


    „Helena..“, durchfuhr es Constantius und sein Blick suchte Vitalamacus. Es lag ein Ausdruck der Überraschung in den Augen des Iuliers, auch wenn sein Gesicht sonst nichts verriet. Einmal machte man vielleicht einen Fehler…Aber ein Tribun? Und dann ein zweites Mal? Es fügte sich ein weiteres Teil zu dem Haufen aus vielen Puzzleteilen hinzu. Ein Teil, das jedoch nicht in das Bild passen wollte. Einsam und unbemerkt, begann das Gedankenwerk des jungen Mannes zu arbeiten.


    „Ich danke dir Titus Tiberius Flaccus. Ich danke dir für deine herzliche Begrüßung. Euer Haus ist überwältigend und ich bin dankbar es einmal gesehen zu haben. Es übertrifft die bescheidene Casa der Iulier noch, obwohl einst Imperatoren dort gewandelt sind“
    Kurz blitze der Stolz in den Augen des jungen Mannes auf, gemischt mit einer Prise jungendlichen Übermuts. Diesen Patriziern würde er wenigstens ein paar Beulen in ihren Hochmut machen. Dies war vielleicht nicht sein Schlachtfeld und er war kein würdiger Gegner, doch zumindest war er kein leichter Gegner. Zu seinem Erstaunen lag am Ende seiner Gedanken sein Blick wieder auf Vitalamacus. Das Gedankenwerk des Iuliers hatte wohl unbewußt noch ein paar mehr Informationen über die Blicke des Gastgebers gefordert.


    Doch da war noch mehr… Es war mehr ein Instinkt. Ein Instinkt, wie in viele Menschen aufwiesen, wenn ein Blick auf ihnen ruhte. Es war eher ein Gefühl als eine Gewissheit, doch reichte es aus um die Sklavin zu entdecken, die sich näherte. Sie war hübsch und anmutig und mit einem stolzen Blick gesegnet worden, so..gestand es sich Constantius ein, obwohl er deswegen fast verlegen den Blick wieder von ihr nehmen musste. Dankbar lächelnd nahm er einen Kelch mit gewässerten Wein entgegen. Wieso nur fühlte er sich der Sklavin näher als den hohen Gastgebern hier?

    Verblüfft. Ja so konnte man den Gesichtsausdruck Constantius wohl am besten Umschreiben. Mit großen Augen blickte er Minervina an. Sicherlich würde es erheiternd werden, wenn sie mit einem Holzgladius um sich schlagen würde. Und gewiss war es kein Anblick, der einer großen Menschenmenge zuteil werden sollte. Aber das sie solche Angst haben sollte davor, erstaunte Constantius zunächst.


    Er lächelte sie beruhigend an.
    „Ich versichere dir, niemand wir uns dabei zusehen. Aber es ist ja kein Vorschlag, den du unbedingt annehmend musst. Ich weiß, dass ein Holzgladius vielleicht etwas zu kindisch wirken mag, doch selbst die erfahrensten Soldaten der Cohortes Urbanae nutzen diese Holzschwerter im Übungskampf. Es ist also im Grunde nichts wessen man sich schämen müsste. Auch wenn es sehr unüblich ist, dass eine Frau diese Waffe führt. Doch dies wird unser Geheimnis bleiben. Ich verspreche es dir.“


    Er blickte sie einen Moment lang an- Lächelte still und freundlich ihr entgegen. Und blickte schließlich nach einen paar Sekunden, als sein Blick zu lange auf ihr gelegen hatte, verlegen gen Boden. Nur langsam hob er seinen Blick ihr wieder entgegen.


    „Ja gewarnt habe ich dich schon oft, was die Abenteuer angeht, die ich im Dienst bisher erlebt habe. Also fürchte ich, dass ich meinen Warnungen nun wohl doch ein abschreckendes Ereignis folgen lassen muss.“


    Für einen Moment schaute er gespielt ernst und wichtig aus. Sicherlich würde er ihr nichts von den Toten berichten, die er inzwischen schon erblickt hatte. Ebensowenig von dem Attentat, bei dem er dem Täter nur hinterher laufen konnte.


    „Also..häufig muß ich auf dem Mercatus Urbi Wache stehen. Und meistens ist es sogar recht warm, wenn man in die Rüstung gehüllt ist. Wenn du den Mercatus schon einmal besucht hast, dann weißt du ja wie überfüllt er oft ist. Die Menschen drängen sich förmlich dort aufeinander. Und unter diesen Menschen gibt es immer ein paar, die es auf die feilgebotenen Waren abgesehen haben. So kam es, dass ich den lauten Ruf eines Verkäufers vernahm und einen Burschen sah, der sehr schnell durch die Menschenmenge rannte. Es war einer dieser niederträchtigen Eiderdiebe.“


    Verschwörerisch blickte er zu Minervina und senkte seine Stimme theatralisch.


    „Ich fasste all meinen Mut zusammen und rannte ihm hinterher. So schwer beladen wie ich war, stieß ich mit dutzenden gaffender Bürger zusammen, die merkwürdigerweise immer dort stehen blieben, wo ich her rannte.“


    Er erhob seine Hände und untermalte seine Worte gestenreich.


    „Jedenfalls hatte ich den Burschen schon aus den Augen verloren und rannte nur aus Gefühl einfach weiter, als dieser windige Bursche einen Haken schlug und leider mir genau in die Arme lief. Mit einem lauten Knacken gingen die Eier kaputt, als sie gegen meine Rüstung gedrückt wurden. So hatte ich zwar den Dieb durch göttliche Hilfe gefangen, doch zugleich die Beute verloren und eine furchtbar dreckige Rüstung. Und das bei der hitze…es stank später, als ich das castra erreichte, widerlich.

    Wieder einmal trat Constantius vor die Tür des Officiums. Diesmal waren seine Schritte nicht so forsch und stürmisch wie noch beim letzten Mal. Diesmal war es keine Hast, die Constantius zu diesem Brief angetrieben hatte. Vielmehr war es ein ungutes Gefühl, dass Constantius vor dem Schreiben dieses Briefes hatte zögern lassen.


    Zunächst klopfte er an die Tür des Officiums, bevor er sie langsam öffnete.


    „Salve. Ich hätte hier ein Schreiben nach Germanien. Es soll an meinen Onkel Decurio Numerianus gehen. Er ist in der Legio IX stationiert. Meine Schwester Iulia Helena unterrichtete mich, dass eine Wertmarke für die Gens Iullia bereits erworben worden sei. Somit gehe ich davon aus, dass ich keine Gebühren mehr für diesen Standartbrief zu entrichten habe.“


    Constantius legte den Brief auf den Schreibtisch des Beamten und blickte diesen abwartend an.





    Dec. Iulius Numerianuns
    Castellum Legionis IX
    Colonia Claudia Ara Agrippinensium, Germania
    Patruus Numerianus,


    ich hatte gehofft, dass es ein erfreulicher Umstand sein würde, der mich dazu bringt dir zu schreiben. Doch leider ist dem nicht so. Um dir jegliche Sorge zu nehmen, kann ich dir mitteilen, dass Livilla wohlauf ist. Doch sind sie und Secundus Petronius Mela der Grund für dieses Schreiben. Wie ich hörte dient dieser Mann ebenfalls in der Legio IX unter dir. Er wurde durch einen Messerangriff verletzt und kuriert sich zur Zeit noch im Lazarett der Cohortes urbanae aus. Zu dieser Verletzung kam es, da er und Livilla zur Abendstunde noch im Roms unterwegs waren. Sie wurden von einem Mann angegriffen, der sich an dir rächen wollte, da du sein Entlassungsschreiben aus der Legion unterschrieben haben sollst. Er wollte sich an Livilla vergehen, um dir Schmerz und Leid zuzufügen. Es ist Petronius Mela zuzschreiben, dass dieser Verbrecher seine Tat nicht durchführen konnte.
    Trotzdem muß ich auf Livillas Fehlverhalten hinweisen. Sie verließ das Haus ohne Begleitung, Informierte niemanden über ihr Treffen mit einem der Familie unbekannten Mann, obwohl sie darum gebeten worden war das Haus nicht ohne Begleitung zu verlassen. Im schlimmsten Fall, hätte niemand von uns gewusst, wo sie hingegangen ist, hätte der Angreifer beide getötet. Sie wäre eine der vielen namenlosen Toten gewesen.
    Wie ich weiter erfahren habe, hegt Petronius Mela Gefühle für Iulia Livilla. Gefühle, die Livilla nicht erwidert, wie sie mir gestanden hat. Vielleicht war dies der Grund für ihr unüberlegtes Handeln. Jedenfalls vermag ich sie so nicht in Rom zu schützen. Allerdings kann ich nicht über ihr Fehlverhalten urteilen, da es allein dir obliegt. Deshalb erbitte ich um deine Antwort, was in diesem Falle zu tun ist.


    Caius Iulius Constantius


    Constantius befand sich einmal mehr in einem Dilemma, einer Zwickmühle. Zu einem fühlte er sich durch seine Verlegenheit dazu gedrängt, den Blick in ihre Auge zu unterbrechen und gen Boden zu gucken, aber andererseits, wollte er diesen faszinierenden Anblick so lange wie möglich genießen. Dieses „Dilemma“ führte dazu, dass sein Blick in einem beständigen Wechsel zwischen ihren Augen und dem Straßenboden hin und her ging.
    Ebenfalls musste die Hitze des Tages die Röte in seine Wangen getrieben haben, denn anders waren seine geröteten Wangen wohl nicht zu erklären


    „Ich hoffe sehr, dass du in Zukunft nicht mehr umgerannt werden wirst. Denn lieber wäre es mir, wenn dir kein weiteres Leid mehr widerfährt. Gerne werde ich nämlich auch den Karren auch so bereithalten und dann nicht für einen Verwundetentransport, sondern für ein Wettrennen verwenden.“


    Sanft hielt er ihre Hand noch einen Moment und blickte sie still nach seinen Worten einen Moment an. Erst als dieser Moment zu lang wurde und sein Anstandsgefühl ihm sprichwörtlich gegen sein Schienebein trat, ließ er sie mit einem weiteren verlegenen Blick los.


    Sein Blick schweifte einmal durch die Umgebung, obwohl es nichts interessantes zu sehen gab und er räusperte sich, obwohl seine Stimme immer noch kräftig war.


    „Ich hoffe du wirst dich schnell wieder erholen. Ebenso hoffe ich, dass Rom dich in Zukunft sanfter behandeln wird.“


    Und dann wurde seine Stimme doch etwas schwächer


    „Und ich hoffe ich werde dich an jener Stelle einmal wieder sehen. Oder an einem anderen Wachposten in der Stadt. Vielleicht folgst du ja eines Tages dem lauten Scheppern eines Scutums, dass zu Boden fällt- Es würde mich jedenfalls freuen“


    Dann trat er einen Schritt zurück, Nahm das besagte Scutum in die linke Hand, das Pilum in die rechte und blickte sie nochmals lächelnd.an, nachdem er den Sitz der Rüstung und der Ausrüstung korrigiert hatte


    „Willkommen in Rom Matinia Sabina. Es war mir eine wahre Freude“


    Dann, als der Karren sich wieder in Bewegung setzte, ging auch Constantius langsam los, blickte sich allerdings noch das eine oder andere Mal um, uns schaute lächelnd zurück.

    Die Einladung zu dieser Cena hatte in Constantius alles andere als losgelöste Freudenstürme entfesselt. Ja er hatte sich sogar dabei ertappt, wie er mit dem Gedanken gespielt hatte seinen Centurio um die Nachtwache an diesem Abend zu bitten. Und vielleicht hätte er seinen Gedanken auch Folge geleistet, hätte er nicht das Lächeln auf Helenas Gesicht gesehen, als sie ihm von der Einladung berichtete. Mehr schlecht als recht hatte er sich ihr gegenüber noch ein Lächeln abgerungen, doch das Gefühl des Unbehagens konnte er wohl auch dieses Mal nicht völlig verbergen. Ausgerechnet eine Einladung in die Villa Tiberia. Nicht nur, dass er wieder dem Tribun gegenüberstehen würde und diesmal nicht die heimischen, vertrauten Mauern der Casa Iulier dabei um sich haben würde, sondern bei dem Glück Constantius’ würde er auch noch er noch der Tiberierin begegnen, die er durch Rom eskortieren durfte.


    Trotz aller Befürchtungen, Gedanken und Vorahnungen, schritt Constantius mit erhobenem Haupt neben seiner Schwester her. Allerdings ließ er seinen Blick nicht durch die pompösen Hallen des Hauses streifen. Wie auf der Jagd, wie bei einem Soldaten, der sich bewusst in einen Hinterhalt bewegte, war sein Blick geradeaus gerichtet, die Augen ernst verengt. Seine markanten Gesichtszüge, wirkten an diesem Abend hart und unnahbar, da dieses Mal nicht das ihm eigene, sanfte Lächeln, seine Lippen zierte.


    Obwohl er nur eine einfache Tunika trug. Hatte er sehr penibel darauf geachtet, dass ihr Sitz perfekt war. Keine Falte, kein Fleck war auf dem Stoff des einfachen Gewandes zu entdecken, als er schließlich den Raum betrat.
    Mit dem Anblick des Tribuns hatte er gerechnet. Die Anwesenheit Calvinas hatte er befürchtet. Und dennoch brachte beides den jungen Iulier für einen Moment aus dem Tritt. Ein Gefühl des Unwohlseins, der unangenehmen Leere beschlich ihn, ließ seinen Mund trocken und seine Stimmer schwächer als gewünscht werden.


    „Salve, Tribun. Ich danke dir vielmals für deine freundliche Einladung, die du mir und meiner Schwester ausgesprochen hast. Es ist uns eine Freude und eine große Ehre heute hier sein zu dürfen.“


    Seine Körperhaltung, die bereits lautstark und dennoch wortlos seine Anspannung verkündete, sollte sich noch weiter straffen, als er zu Calvina blickte. Ein militärisch geschultes Auge hätte vielleicht in seiner Haltung die ersten Anzeichen eines Saluts vor einem Vorgesetzten erkennen können.


    „Und mir ist es ebenfalls eine Freude dich wieder zu sehen“, sprach er zu Calvina


    Auf was hatte sich der junge Constantius nur eingelassen. Was suchte er, ein einfacher Miles, im Hause eines Patriziers.