Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Während Constantius neben Sabina hockte, machten die Bürger in der Gasse wenigstens in diesem Moment einen Bogen um die unglücklich gestürzte Frau. Ob es die Anwesenheit des Miles zu verdanken war oder einfach der Umstand, dass niemand es riskieren wollte helfen zu müssen, indem man sich zu dicht näherte, blieb allerdings ungeklärt.
    Und so sehr sie sich auch bemühte ihren Sturz zu verharmlosen. So sehr sie ihm auch das Gefühl geben wollte, dass er keine Schuld an diesem Vorfall trägt, so wich sein sorgenvoller Blick nicht aus seinem Gesicht. Und eine innere Stimme hielt dem Miles bereits eine Standpaunke.“Du bist heute nicht nur tollpatschig, sondern auch noch unfähig!“


    Als sie sachte seine Hand umschloss, half er ihr mit behutsam dosierter Kraft auf. Ebenso hob er sich selbst wieder auf die Beine und blieb an ihrer Seite stehen. Es bedurfte keiner großen medizinischen Ausbildung, um zu erkennen, dass der Sturz sie stärker schmerzte, als sie selber zugegeben hatte. Eine anerkennungswürdige Geste, die von Constantius still honoriert wurde, seine Sorge aber nicht mildern konnte.
    Wäre sie nicht die Tochter eines Senators gewesen, hätte er sie einfach auf den Armen zu einer nahen Sitzgelegenheit getragen. Doch so musste er einen anderen Ausweg finden. Ihr nun auch noch zu Nahe zu treten, wollte er gewiss nicht. Suchend schweifte sein Blick über die Gasse. Spähte nach einer Ausweichmöglichkeit.
    Und wenigstens diese kleine Möglichkeit, gewährten die Götter Constantius. Unweit, hinter einer nahen Einmündung einer Gasse, konnte er eine kleine steinerne Mauer erkennen. Sie war nur kniehoch und diente eher verzierenden Zwecken, als handfesten baulichen Gründen. Es war vielleicht nicht eine gepolsterte Sitzbank. Doch zumindest eine Sitzgelegenheit.
    Mit seiner freien Hand deutete in die Richtung der kleinen Mauer.
    „Auf den Schreck hin sollten wir uns einen Moment setzen.“
    Diesmal stellte er sich dichter neben sie, schirmte somit ihre verletzte Seite gegen den Strom der Menschen ab. Auch wenn er damit den Abstand unterschritt, den Respekt und Anstand eigentlich diktierten. Für dieses Vergehen würde er sich später entschuldigen. Jetzt war ihm das unversehrte Erreichen der Sitzmöglichkeit eindeutig wichtiger.

    Die Befangenheit in dem Raum war förmlich greifbar. Doch während sich die Männer unschlüssig gegenüberstanden, schienen die Frauen sich schneller kennen zu lernen. Obwohl die Zeit in Rom, langsam aber sicher die Fähigkeiten eines Hausherren in Constantius heran reifen ließ, waren sie noch nicht so ausgeprägt, dass er unbekümmert diese Befangenheit durch ein paar wohl überlegte Worte hätte vertreiben können. So lächelte er still, bis der Wein schließlich eintraf. Als der Wein durch die Sklaven gereicht wurde und er endlich etwas in der Hand hielt, an dem er sich festhalten konnte, gewann sein höfliches Lächeln wieder an Sicherheit.


    „Wie lange werdet ihr in Rom bleiben? Verzeiht wenn ich nochmals nachfrage, Helena hat es mir gewiss schon erzählt, aber ein Miles vergisst so schnell wieder.“


    Er hob seinen Weinkelch an, als alle Gäste versorgt waren.
    „So trinken wir auf Lucius Annaeus Florus und Iulia Andreia und auf ein freudiges Ereignis in der Zukunft“

    Aufmerksam folgte Constantius der Antwort seines Kameraden. Nickte schwach zu seinen Worten, da sie sich zum Teil mit seinen eigenen Erfahrungen deckten.


    „Ich habe bisher keinen direkten Kontakt mit Anhängern Mithras gehabt. Nur vereinzele Geschichten hörte ich von Legionären, Und natürlich die Geschichten die mir dieser Bürger hier erzählte.“


    Kurz blickte Constantius zu Chlorus. Es war wirklich nur ein kurzer Seitenblick, denn sehr rasch galt seine Aufmerksamkeit wieder Nepos.


    „Es sind erstaunliche Geschichten. Das muß ich zugeben. Mithras soll ein fürsorglicher Gott sein, den Menschen wohl gesonnen. Ein Gott der sich anschickt die Welt zu retten. Doch noch immer regt sich in mir die Frage, warum die Welt Rettung benötigen würde. Rom ist groß. Rom ist stark. Iuppiter, obwohl von zornigen Gemüt, ist Rom gewogen. Mars steht uns bei und lässt unsere Feinde erzittern. Glaubst du Nepos, dass die Welt der Errettung bedarf?“

    Wonga traf den Herrn des Hauses in seinem cubiculum. Nachdem Constantius von der Ankunft Minervinas erfahren hatte, erhob er sich von dem Bett, auf dem er gerade noch geruht hatte. Mit großen Schritten eilte er ins Atrium. Auf dem Weg dorthin richtete er nochmals den Sitz seiner Tunika, auch wenn diese trotzdem ein paar widerspenstige Falten behielt.


    Mit einem fröhlichen Lächeln betrat er schließlich das Atrium und ging auf Minervina zu.
    „Ich freue mich in der Casa der Iulier begrüßen zu dürfen. Ich hoffe der Weg hierher war nicht zu anstrengend. Und noch mehr hoffe ich, dass du nicht zu lange warten musstest. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“

    So standen sich Constantius und Livilla gegenüber. Beide Gemüter schienen erhitzt zu sein. Ihre Blicke maßen sich miteinander und ließen nicht voneinander ab. Ihre Stimmen waren lauter, als das es die kurze Distanz zwischen ihnen notwenig gemacht hätte. Und obwohl die Luft in dem Raum vor Spannung geladen zu sein schien, fehlte es doch an der hasserfüllten Aura eines wirklichen Streitgespräches.


    „Wie ich es wagen kann? Du fragst wie ich es wagen kann eine solche Behauptung zu äußern? Ich sage dir wie derartiges äußern kann. Ein Mensch vermag einen anderen Mensch nur vor den Kopf zu schauen. Sein innerstes bleibt uns verborgen. Wie willst du dir sicher sein, dass nicht in der Seele eines Menschen, ein böser Teil inne wohnt, der angestachelt durch Ablehnung und verschmähter Liebe zu Grausamen imstande ist? Pläne, Livilla. Pläne entwickeln sich nicht immer so wie man es sich vorstellt. Und alle Teile, die in den Plan wissend oder unwissend eingebaut sind, können durch diesen Plan schaden nehmen.“


    Seine Stimme gewann weiter an Intensität..


    „Ja manche Gefühle können nicht beschrieben werden. Ihr Schmerz lässt sich nicht in Worte fassen. Trotzdem lässt sich die Wahrheit in Worte fassen. Wenn du seine Gefühle nicht erwidern kannst, wenn du ihm nicht so zu getan bist, wie er dir, dann kann man dies aussprechen!“


    Und sollten kurz darauf diese vehemente Intensität wieder einbüßen


    „Livilla. Träume gehen nicht immer in Erfüllung. Im Grunde gehen sie fast nie in Erfüllung, es sei denn, man kämpft hart dafür. Und wenn man kämpft, dann beschreitet man einen leidvollen Weg. Einen Weg auf dem man selbst Niederlagen einstecken muss und auch anderen weh tut, selbst wenn man es nicht möchte. Es ist kein Fehler von dir, dass du Secundus nicht liebst. Doch egal was du dir auch ausdenkst. Du wirst sein Leiden nicht mindern können. Du kannst es nur in die Länge ziehen oder es verkürzen. Die Wahrheit ist hart und schmerzvoll, aber sie beendet ein Leiden schneller als jede mitfühlende Tat. Versteh mich doch richtig. Ich werfe dir nicht deine Gefühle vor, auch nicht dein Mitleid, sondern den Weg den du gewählt hast. Denn dieser Weg hätte dich mir fast entrissen. “


    In tiefes Seufzen unterbrach seine Worte. Ließ ihn einen Moment verharren ehe er weiter auf ihre Worte eingehen wollte, doch etwas ließ ihn stutzen. Etwas, dass erst jetzt seine Aufmerksamkeit erregt hatte,


    „Du sagtest du kennst sein Leiden? Gibt es jemand anderen, dem dein Herz nachtrauert…“


    Als die Tür sich öffnete und Helena eintrat, löste sich sein eindringlicher Blick von Livilla und legte sich auf seine Schwester.

    Auf ihre Worte hin, offenbarte das Gesicht des Iuliers ehrliches Bedauern.
    „Musst du wirklich schon gehen. Die Finalläufe stehen bestimmt unmittelbar bevor. Und das wird ein ganz besonderes Spektakel werden.“
    Auch wenn er ihre Anwesenheit sichtlich genoss, wusste er nur zu gut, dass er sie nicht aufhalten durfte, wenn ihre Tante sie erwarten sollte. Deswegen sollte das Bedauern aus seinem Gesicht schnell weichen und sich wieder in ein sanfteres Lächeln verwandeln.


    Unter dem tosenden Lärm, der plötzlich aufbrandete, versuchte er deshalb weitere Worte an sie zu richten. Allerdings war seine Stimme nur stark genug diese zu verkünden, als er sich leicht zu ihr hinab beugte.
    „Es war mir eine Freude dich kennen zu lernen Rediviva Minervina. Und ich freue mich auf deinen Besuch in der Casa der Iulier. Wenn du es wünscht, wird dich unser Sklave sicher zu deiner Tante begleiten. Es wäre gewiss sicherer.“
    Er blickte kurz zu Wonga, der hinter ihnen stand und mit einem breiten Grinsen die blaue Fahre der Veneta schwenkte. Der hünenhafte Nubier wirkte mit der mächtigen Fahne unübertrieben imposant. Wie ein mächtiger Fels im Meer der Zuschauer ragte er auf.


    Als der Jubel noch weiter zunahm, wurde allerdings auch Constantius Aufmerksamkeit auf die Rennbahn gelenkt, so dass er sich wieder zu seiner vollen Körpergröße aufrichtete. Allerdings vermochte er keinerlei Geschehen in der Rennbahn erblicken, das einen solchen Jubelsturm rechtfertigen würde. Erst als sein Blick die kaiserliche Loge streifte, erkannte er den Grund für die Jubelrufe. Sofort beugte er sich wieder zu Minervina herab


    „Der Imperator ist eingetroffen!“
    Seine Augen schienen förmlich vor Begeisterung zu leuchten, als er die Worte aussprach.

    Es waren ihre Worte, die ihn dazu bewegten sich wieder zu erheben. Zur vollen Körpergröße erhoben blickte er still auf sie hinab und wandte sich um. Doch verließ er nicht den Raum, sondern begab sich wieder zu dem nahen Zimmer.
    In angespannten Situationen ist es nie leicht die Zeit einzuschätzen, die verstreicht, wenn Stille den Raum erfüllt und der Geist gespannt auf die folgenden Worte wartet. Vielleicht mochten es nur Sekunden sein, die wie Minuten erschienen. Vielleicht waren es auch in der Tat Minuten, die Constantius einfach in die Nacht hinaus blickte.


    Als die Stille endlich durchbrochen wurde, hatte seine Stimme einen für ihn unüblichen ernsten, unheilsschwangeren und doch leisen Tonfall angenommen.


    „Ich weiß nicht so recht ob ich über deine Worte erzürnt sein oder für deinen Plan Bewunderung hegen soll Ist er doch wohlüberlegt und geschickt den Umständen angepasst. Doch auf der anderen Seite sehe ich, dass du deine Cousine als Grund benutzen wolltest, um den Mann nicht mitteilen zu müssen, dass er dich weniger oft besuchen sollte. Du wolltest den Zorn des Mannes auf Helena richten, um ihn von seinen Gefühlen für dich abzulenken. Sie sollte das Hindernis darstellen, dass zwischen euch steht und nicht etwa die Wahrheit, dass du seine Gefühle nicht erwidern kannst.“


    Langsam wandte Constantius sich wieder um. Seine Arme verschränkten sich erneut vor seiner Brust. Und auch wenn sein Blick ruhig wirkte, verriet die Spannung seiner Körperhaltung seinen Gemütszustand.


    „Hast du denn so wenig Vertrauen zu mir oder Helena? Ein Wort von dir zu mir über diese Sache und ich hätte mit ihm gesprochen. Er wäre nicht der erste Mann, den ich an der Porta abgewiesen hätte. Und ich kann mit den Zorn anderer Menschen auf mich gut leben. Aber was wäre, wenn Secundus Petronius Mela kein aufrichtiger Mann gewesen wäre? Was wenn er sich an Helena für ein Verbot, das euch die Zusammenkunft untersagt hätte, gerächt hätte? Livilla, es sind solche Manöver, die oft unüberschaubare Konsequenzen nach sich ziehen. So schmerzhaft auch die Wahrheit oft sein kann, sie ist der einzige Weg um Probleme zu lösen. Es ist oft der unbequemste aller Wege, die leidvollste aller Optionen, doch die einzige wahre Wahl.
    Eine Wunde, durch eine saubere Klinge verursacht, vermag zu heilen. Auch wenn sie noch so tief sein sollte. Doch die Wunde, verursacht durch eine kleinen Dorn, auch wenn sie zu beginn weniger schmerzhaft ist, birgt die Gefahr der Entzündung. Sie heilt fast nie und kann ihr Opfer in den Wahnsinn treiben.“


    Einen Schritt löste sich Constantius vom Fenster. Seine Augen glitten durch das Zimmer seiner Cousine.
    „Glaubst du denn, dass seine Gefühle sich verändert hätten nur weil es ihm verboten wäre dich zu sehen? Glaubst du das wirklich? Glaubst du denn nicht viel eher, dass er sich noch immer Hoffnungen gemacht hätte? Sich nach dir in jeder Stunde verzehrt hätte? Und wenn du nicht weißt, was derartige Gefühle anrichten können, wozu sie Männer bewegen können, dann sollte es dir wenigstens die Geschichte lehren. Denke nur an Troja, dessen mächtige Mauern niedergebrannt wurden, weil ein Mann eine Frau zurück haben wollte. Ja selbst Orpheus ist in den Hades gegangen um seine geliebte Frau zurückzuholen.“


    Ein weiterer Schritt folgte und seine Stimme gewann wieder an Intensität.
    „Gewiss ist es nicht sicher, dass die Wahrheit seine Gefühle hätte versiegen lassen. Der Schmerz einer verschmähten Liebe kann diese Gefühle ebenfalls in Hass umschlagen lassen. Denn Hass wird meist aus tiefer Liebe geboren und steht der Liebe an Intensität in nichts nach. So ein Hass vermag auch Tod und Leid zu bringen, doch kann man sich dagegen wappnen. Mann kann sich dem kommenden aufrecht entgegen stellen, sollte es überhaupt so weit kommen. Versteh mich richtig Livilla! Im Leben wirst du es nie jeden Menschen recht machen können. Leben heißt auch anderen Schmerzen zuzufügen. Auch wenn es nicht in deiner Absicht liegt. Alles was wir können ist aufrecht durch dieses Leben zu gehen um später, wenn die Götter über uns richten, erhoben Hauptes dazustehen.“


    Mit dem letzten Schritt stand er wieder dicht vor ihr.


    „Livilla. Egal wie schwierig etwas wird, wie ernst die Lage ist. Es gibt keinen Grund für Heimlichkeiten. Nicht hier, nicht wenn du mich und Helena hast. Denn hier hast du die schützenden Armen, die bereit sind dich gegen das Schicksal selbst zu verteidigen!“


    Tief zog er die Luft in seine Lungen. Bemüht sein Temperament unter Kontrolle zu bringen.


    „Da du mir die Wahrheit mitgeteilt hast und du deine Lektion an diesem Abend schmerzhaft erlernen musstest, wird dir dies nicht zum Nachteil gereichen und keine Verschärfung deiner Strafe mit sich bringen. Ebenso werde ich in dem Brief an deinem Vater darüber kein Wort verlieren. Allerdings will ich, dass du im Angesicht der Götter Reue zeigst und sie um Vergebung bittest!“

    Constantius, der ausgezogen war, um Ruhm und Ansehen seiner Familie in Rom wiederherzustellen, schaute noch immer schmunzelnd zu Sabina, als sie so fröhlich von den positiven Nebeneffekten eines verrenkten Halses berichtete. Ruhm hatte er sicherlich an diesen Tag nicht errungen. Und Ansehen? Ja Ansehen hatte er gewiss heute erlangt, auch wenn es nicht die Form von Ansehen sein mochte, für die er verbissen die Grundausbildung über sich ergehen lassen hatte. Heute musste er alles andere als Stolz und bewundernswert erschienen sein, doch das mitfühlende, sanfte Schmunzeln Sabinas schaffte es, dass sich der Iulier deswegen nicht grämte.


    „Die Thermen sind ein Besuch wert. Das wohltuende warme Wasser bringt selbst die müden Knochen eines Probati in der Grundausbildung dazu, dass sie sich wieder bewegen. Da werden sie dort einen verrenkten Hals gewiss kurieren können.“


    Als sie daraufhin sein Missgeschick nochmals neckisch auf das Mauerwerk zurückführte und für die Sicherheit der Bürger Roms keine Gefahr sah, lächelte er mit einer Spur Verlegenheit.
    „Vielleicht sollte ich lieber einen Architekten davon unterrichten. Denn nachher wird diese Mauer noch zu einer wahren Falle für arme Miles der Cohortes Urbanae, die pflichtbewusst ihre Patrouillenposition einnehmen“


    Die ersten Schritte durch die Menge waren ereignislos. Geradezu wohltuend war dieser Moment, in dem kein metallisches Scheppern erklang, das ihm die Röte ins Gesicht zurückgetrieben hätte. Und so wollte er deutlich entspannter auf ihre Worte antworten, als der Moment der Ruhe auch schon wieder vorbei war. Aus den Augenwinkeln nahm er den ungehobelten, rücksichtslosen Klotz von einem einfältigen Römer nur wahr, der wie ein blinder Kriegselefant Sabina umrannte. Auch wenn seine Reflexe außerordentlich gut waren, und er sich prompt auf der Stelle mit einer flinken Bewegung umdrehte, war der Mann bereits in der Menschenmenge verschwunden, noch bevor Constantius den Mund geöffnet hatte. Mit einer fließenden Bewegung übergab er das Pilum, dass bisher in seiner rechten Hand ruhte, an die Linke, die nun sowohl Scutum als auch Pilum hielt.
    Ein sorgenvoller Blick überstrick Sabina, die ungewollt zu Boden gegangen war, Obwohl das Gewicht der Ausrüstung Constantius eigentlich behindern sollte, ließ er sich erstaunlich behände auf ein Knie vor Sabina sinken.
    „Hast du dich verletzt,...es tut mir leid..Ich sah ihn erst zu spät....er war praktisch schon wieder fort..bevor ich...“
    Er reichte ihr seine rechte, nun freie Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.

    Nachdem Constantius schmunzelnd noch mal Corvinus zugeprostet hatte, beäugt er doch einen Moment lang skeptisch Victor, als dieser sich von ihnen abwendet, um sich mit seinem Bruder zu unterhalten. Scheinbar war ein einfacher Iulier noch nicht gut genug für ein anregendes Gespräch über Pferderennen. Nun denn. Dann sollte es wohl so sein.


    Er richtete stattdessen das Wort an Corvinus.
    „Wie bist du denn dazu gekommen die Russata zu unterstützen?“


    Als er jedoch bemerkte, dass Victor ihm bereits wieder zu prostete, konnte er auch nicht anders, als den Becher höflich lächelnd zu erheben. Auf seine Frage hin antwortete er wieder etwas gelassener.
    „Aber sicher wird es etwas zu essen geben. Und wenn es nach mir geht. Können wir gleich anfangen. Es wird hoffentlich nach aller Geschmack sein. Auch wenn ich glaube, dass das pikant gewürzte Fleisch eher etwas für uns Männer ist. Aber das soll ja nicht unser Nachteil sein. Für die Damen ist ja auch noch genug da.“


    Er blickte sich daraufhin versichernd nach Helena um. Vielleicht war es wirklich an der Zeit mit dem Essen zu beginnen

    Mit einem skeptischen Blick beäugte Constantius die Wand, die nach Sabinas Aussage der Grund für seine Missgeschicke war. Sekundenlang heftete sich der Blick des jungen Mannes an das Mauerwerk. Glitt die fachmännisch behauenen Steine auf und ab. Schließlich legte er den Kopf mehrmals von der linken auf die rechte Seite.
    Erst als er die gleiche Kopfneigung erreicht hatte wie Sabina und beide einen gewissen erheiternden Anblick bieten mussten, nickte er schwach.


    „Also..wenn man es so betrachtet. Dann könntest du sogar Recht haben. Dann hat es wohl gar nicht an mir gelegen.“


    Ein sichtbares Schmunzeln lag auf seinen Lippen, als er seinen Kopf wieder in die bequemere, aufrechte Position bewegte. Er senkte kurz den Blick und sprach mit leiser, aber munterer Stimme zu ihr.
    „Trotzdem werde ich nicht von dir verlangen, dass du nun den ganzen Tag mit einem geneigten Kopf durch Rom läufst. Am Abend beschwerst du dich dann nicht nur, dass es in Rom kein einziges gerades Gebäude gibt, sondern auch über furchtbare Nackenschmerzen.“
    Sein abschließendes Lächeln, brachte wortlos den Dank zum Ausdruck, den er empfand, da sie ihm half den peinlichen Moment, oder bessere gesagt die aneinander Reihung von peinlichen Momenten leichter zu ertragen.


    „Ich kann dir nachfühlen, dass es eine Last ist, wenn man eine ständige Begleitung hat, die einem auch noch ständig auf die Finger schaut. Dann kann ich dir nur empfehlen dich an den Plätzen aufzuhalten, wo die Cohortes urbanae stärker präsent ist. Im Falle eines Falles, kann so jemand schnell zur Stelle sein.“


    Trotz des immer noch ernsten Gesprächsthemas, konnte er ein Lächeln nicht unterdrücken.
    „Ich garantiere dir, niemand sonst wird erst minutenlang seine Ausrüstung zusammen suchen müssen, wenn du Hilfe benötigen solltest. Ja selbst mir ist es ja noch nicht passiert“


    Als sie sich schließlich hinter ihn bewegt hatte, blickte er sich kurz versichernd um, dass sie nicht einfach lachend davon gelaufen war und musste erfreut feststellen, dass sie immer noch in seiner Nähe weilte.
    „Nun, im Grunde diene ich schon..“, er machte den ersten Schritt vorwärts in die dicht bevölkerte Gasse hinein. Und mit jeden Schritt schien er erstaunlicherweise wieder etwas an Sicherheit zu gewinnen und machte schon bald wenigstens nicht mehr den Eindruck, dass in den nächsten Sekunden wieder ein Ausrüstungsgegenstand zu Boden fallen würde.
    „…also im Grunde habe ich vor etwa 3 Wochen meine Grundausbildung abgeschlossen. In der Einheit sagt man wohl zu so etwas wie mir, Grünschnabel.“

    Die Anspannung schien aus Constantius noch nicht weichen zu wollen. Noch immer war sein Gesicht ernst und die Augen verengt. Doch gewährte er Livilla einen Moment der Besinnung. Folgte ihr aufmerksam mit dem Blick, als sie sich auf dem Bett niederließ und lauschte ihren Worten.


    Nachdem ihre Worte im Raum verklungen waren und die Stille der Nacht den Raum zu erfüllen begann, war es erneut seine ernste Stimme, die ein unangenehmes Schweigen verhinderte.


    „Du bist eine Iulierin Iulia Livilla. Eine Nachfahrin des göttlichen Gaius Iulius Caesar. Ein Kind des Aenaes. Ein Kind der Linie der Venus entsprungen. Glaubst du, dass wenn die Götter dich strafen wollte, dass sie dir eine solche Strafe zu teil werden lassen würden? Wenn sie deine Verfehlungen bestraffen wollten, würde es mich nicht wunder, wenn Blitze den Himmel durchzucken würden, und sich wilde Furien deiner annehmen würden. Doch da dies nicht geschehen ist, war es keine Strafe der Götter. Es war sogar der Wille der Götter, dass dieser Mistkerl von deinem Begleiter aufgehalten wurde, obwohl er eine todbringende Waffe mit sich führte. Es sind voll bewaffnete Miles der Cohortes Urbanae in den Gassen durch ähnliche Waffen getötet worden. Und dein Begleiter kämpfte nur mit bloßen Händen. Und wie deutest du den Zufall, dass meine Patrouille verspätet in die Castra heimkehrte und ausgerechnet in der Nähe des Vorfalls war? Glaubst du nicht, dass die Götter ihre schützenden Hände über dich gehalten haben? Meinst du nicht, dass sie dich trotz deines Ungehorsams weiterleben sehen wollten? Doch wer weiß, ob sie noch mal so gnädig sein werden. Du wirst auf jeden Fall den Göttern ein angemessenes Opfer darbringen und du wirst von mir eine ebenfall angemessene Strafe erhalten.“


    Er holte einmal mehr Luft, als seine Worte an Intensität gewannen und drohten den ernsten und bereits lauten Tonfall noch zu übertreffen. Er rang sichtlich um Beherrschung und sollte doch daraufhin mit einer leiseren, weicheren Stimme weiter sprechen.


    „Livilla. Lieber gebe ich mein eigenes Leben, als jemals zuzulassen, dass dir ein Leid geschieht. Doch du musst mir die Möglichkeit geben dich schützen zu können. Egal was es ist. Wenn ich nicht weiß wo du bist, kann ich dir nicht zur Seite stehen. Deswegen hat dir Helena diese Regeln auferlegt. Sie sollen dich nicht bevormunden, sie sollen deine Unversehrtheit gewährleisten.“


    Innerlich kämpfte Constantius mit schwindendem Erfolg gegen den Drang an, Livilla einfach in die Arme zu schließen. Als erstes Zeichen, ging er deshalb einen Schritt auf sie. Dann noch einen und überbrückte schließlich auch die letzte Distanz zwischen ihnen. Still kniete er sich vor ihr hin und wischte ihr behutsam die Träne von der Wange.


    „Und du musst wissen, dass ich dich niemals aus diesem Haus fortschicken werde. Es ist dein Zuhause. Dein Zufluchtsort. Der Ort an dem du sicher bist. Der Ort, an dem deine Familie dir zur Seite stehen wird. Wenn du keine Gefühle für diesen Mann hast, dann brauchst du dich nicht dafür zu bestrafen. Venus wird dir den rechten weg weisen. Sie ist die Mutter unserer Gens. Sie wird dich nicht in Kummer vergehen lassen.“


    Constantius blickte weiterhin still Livilla an, obwohl seine Gedanken nun für einen Moment bei Helena weilten. „In Kummer und Gram“, sprach eine innere Stimme im Geist des jungen Mannes. Tief in seinem inneren hoffte er weiterhin, dass auch Helena ihr Glück finden würde.

    Mit einer ernsten Miene folgte Constantius der Torwache ins Officium des Praefectus Vigilum. Löste ein Gang zu den Büros der Offiziere der Cohortes Urbanae in dem jungen Miles ein ungutes Gefühl aus, schien er diesmal, zu seinem eigenen Erstaunen, recht unbekümmert zu sein.


    Nachdem die Torwache ihn angemeldet hatte, betrat Constantius das Officium des Praefectus Vigilum, straffte seine Körperhaltung, salutierte in zackiger, militärischer Art und Weise und erhob dann die Stimme.


    „Salvete, Praefectus Vigilum!
    Ich wurde von Praefectus Urbi Gaius Octavius Victor beauftragt dir diese persönliche Nachricht zu überbringen. Mir wurde ebenfalls aufgetragen, auf eine Antwort zu warten und sie dem Praefectus Urbi dann zu überbringen.“


    Constantius löste ein kleines Pergament aus Beutel, der an seinem Waffengurt hing und legte dieses Schreiben auf den Tisch des Officiums.
    Trat dann jedoch gleich wieder einen Schritt zurück und nahm seine gestraffte, stolze Körperhaltung ein und wartete auf die Antwort des Praefectus Vigilum.



    An
    Sebastianus Germanicus Reverus
    Praefectus Vigilum, Roma


    Salve Germanicus Reverus!


    Ich möchte dir herzlich zu deiner Ernennung zum Praefectus Vigilum gratulieren und dich gleichzeitig bitten mich am ANTE DIEM XV KAL AUG DCCCLVI A.U.C. (18.7.2006/103 n.Chr.) zwecks einer Unterredung in der Casa Octavia aufzusuchen.


    Teile bitte dem Boten, der diesen Brief überbringt, mit, ob du am genannten Datum erscheinen kannst.


    Vale,


    Gaius Octavius Victor
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    Aus ruhigen, freundlichen braunen Augen blickte Constantius zu Sabina. Lauschte ihren Worten aufmerksam, auch wenn er unterdessen das schwere Scutum ergriff. Wie schön war es doch gewesen, diese Last eine Weile nicht tragen zu müssen. Innerlich seufzend, richtete er den Sitz des Schildes und umfasste den Tragegriff so angenehme wie möglich mit seiner linken Hand. Gerade als er auch das Pilum aufnehmen wollte, ließen die Worte Sabinas ihn inne halten. Obwohl sein Blickkontakt zu ihr nie abgerissen war, schien er sie für einen Augenblick intensiver anzublicken. Etwas in ihren Worten ließ ihn stutzen, ließ ihn einen verborgenen Schmerz erkennen.


    Während er noch überlegte, welche Worte wohl am höflichsten waren, denn nach dem Grund, warum sie sich in ein Zimmer eingeschlossen hatte, konnte er nicht einfach so fragen. Allerdings schien es ihm ein inneres Bedürfnis zu sein, etwas mitfühlendes zu erwidern. Aber was war mitfühlend genug, wenn man gar nicht wusste, was genau die Ursache für einen Schmerz war?
    So schenkte der junge Iulier ihr nur ein weiteres sanftea Lächeln.
    So nett und gutmütig die Geste beabsichtigt war und auch auf seinem Gesicht erschien, ließ es ihn jedoch auch vergessen, dass er seine Hand bereits zu dem an die Wand lehnenden Pilum ausgestreckt hatte. Da er nicht in die Richtung der Waffe blickte, entging es ihm deshalb auch, dass er die Waffe mit der Hand um wenige Zentimeter verfehlte. Stattdessen streifte er den hölzernen Stiehl des Speeres und brachte ihn aus seiner instabilen Position ins wanken. Und so geschah, was bereits zuvor geschehen war. Ein metallisches Scheppern, diesmal zwar eindeutig leiser, erklang, als die Spitze der Waffe sich mit dem Boden vereinte.


    Mit großen Augen blickte Constantius auf den am Boden liegenden Speer. Ob sie es ihm glauben würde, wenn er behaupte, dass es Absicht gewesen sei?


    Erneut schienen die Wangen des Iuliers an Farbe zu gewinnen, als er in einer flinken Bewegung die Waffe aufhob und sich danach aufrecht hinstellte.
    Nun musste sie wirklich denken, dass er der ungeschickteste Soldat der Einheit war. Wie sollte er nur jemals das eigentliche falsche Bild vom ihm revidieren können? Hieß es nicht, dass man für den ersten Eindruck nur eine Chance hatte? Oh ihr Götter…

    „Auch wenn dir der Gedanke einer Leibwache nicht gefällt, es wäre in Rom nicht die schlechteste Idee. Und ich kann dir nur empfehlen nochmals darüber nachzudenken. Aber…“, er blickte mehrmals zwischen seinem Schild, seiner Rüstung und seinem Wurfspeer hin und her und musste nun sichtlich schmunzeln.


    „..aber gerne will ich dich sicher durch die Gassen Roms bringen. Auch wenn du vielleicht den Eindruck gewonnen haben magst, dass dir der ungeschickteste aller römischen Soldaten begegnet ist. Ich versichere dir, dass dies nicht ganz der Wahrheit entspricht und du eine sichere Eskorte erhalten wirst. Es muß wohl einfach die Hitze sein..“


    „Oh Constantius. Wahrscheinlich wirst du gleich noch behaupten, dass du nur schwitzige Hände gehabt hast. Du machst es doch nur alles noch schlimmer.“, tadelte ihn eine innere Stimme.


    Schließlich hatte der junge Miles seine gesamte Ausrüstung aufgenommen und löste sich etwas von der Wand. Und erstaunlicherweise, kaum hatte er somit den Rand der vorbeiströmenden Menschen erreicht, wichen die meisten Bürger vor dem groß gewachsenen Soldaten aus, so das sich eine ein kleiner freier Raum um ihn bildete.

    Es ist wohl ein Vorrecht der Jugend träumen zu dürfen. Und Constantius hatte jahrelang von diesem Vorrecht gebrauch gemacht und tat es in einsamen, ruhigen Momenten teilweise noch immer. Was hatte er sich für Geschichten erdacht. Welch Abenteuer in einer phantasievollen Welt erlebt. Nun, da das Gespräch sich Germanien zuwandte, wurde der junge Iulier hellhörig und aufmerksam.
    Hatte er zuvor noch trüben Gedanken nachgehangen, Gedanken über Helens Leid, das sich ihm entzog. Einen Schmerz, den er ihr nicht nehmen und oft auch nicht teilen konnte. Trotz seiner grenzenlosen brüderlichen Liebe, gab es doch etwas zwischen ihnen, dass sie voneinander trennte. Etwas, über das er später noch nachdenken würde.
    Er hob den Blick an und spürte erst jetzt, dass der Blick Helenas auf ihm ruhte. Er war so vertraut, so nah. Er ließ sein ernster gewordenes Gesicht aufhellen. Ließ ein Lächeln auf sein Gesicht treten, dass er schon im Kindesalter so oft offenbart hatte. Es war jenes Lächeln,das von großen strahlenden braunen Augen begleitet wurde, die stolz und liebevoll zu der großen Schwester aufblickten. Nur kurz schloss er die Augen. Etwas länger als einen Wimpernschlag mochte es dauern, doch war es eine Geste, die wohl hunderte von Büchern gefüllt hätte.


    „Germanien musst ein beeindruckendes Land sein. Ich hörte Geschichten über dichte, dunkle Wälder mit mächtigen Bäumen. Die Barbaren in diesen Landen sollen riesig und unbarmherzig sein. Was ihnen an Zivilisation fehlt, mangelt ihnen jedoch nicht an Kampfeswillen. Doch oft gewinne ich den Eindruck, dass das Land selbst uns feindlicher gegenübersteht, als das es seine Bewohner je könnten. Mein Onkel Iulius Numerianus selbst ist ein stolzer Reiter in der Legion.
    Ich kann nur erahnen, wie schwierig das Gelände für die Reiterei sein muss. Ja selbst für die dichten Formationen der Legionen. Doch gleichzeitig muss dieses Land trotz oder gerade wegen seiner Wildheit faszinierend sein. Ist dem so. Kann das wilde Land einen Römer faszinieren?“ Sein Blick wandte sich bei seinen Worten dem Tribun zu

    Zitat

    Original von Lucius Annaeus Florus
    Während die anderen 2 die Gastgeberin begrüssten und ich nun von meinem Bruder auch ihren Namen erfahren hatte, den sie mir bei meinem ersten Besuch nicht genannt hatte, was mir aber bisher noch gar nicht aufgefallen war, begrüsste ich zuerst den Gastgeber, welcher nun hinzugetreten war.


    Salve, mein Name ist Lucius Annaeus Florus, das hier ist meine Verlobte, Iulia Andreia, und mein Bruder Tiberius Annaeanus Otho. Es ist mir eine Freude, in der Casa Iulia willkommen zu sein. Mögen die Götter die Gens Iulia auf ewig schützen.


    Einen Moment lang blickte Constantius zwischen den Gästen lächelnd hin und her. Neigte sein Haupt, wenn Florus den seiner Verlobten und seines Bruders nannte.
    „Mein Name lautet Caius Iulius Constantius und ich bin erfreut, dass ein so froher Umstand euch hier her führt. Darf ich euch vor dem Abendmahl etwas zu trinken anbieten?“


    Fragend glitt sein Blick über alle Anwesenden, seine Schwester schloss er dabei nicht aus. Obwohl er höflich lächelte, war es nicht das unbefangene Lächeln, dass er meistens offenbarte. Es war ein Lächeln, das Helena durchaus verraten könnte, dass sich ihr jüngerer Bruder die Rolle des Gastgebers und Wortführers mit einer gewissen inneren Anspannung versuchte einzunehmen.

    In die Uniform eines Miles der Cohortes Urbanae gekleidet
    näherte sich Constantius dem Tor der Castra mit zügigen Schritten. Die schweren Schritte und das leise klappern, der Metallbeschläge seiner Rüstung, waren schon aus einiger Entfernung zu vernehmen.


    Am Tor angekommen straffte Constantius seine Haltung und richtete sein Wort an den dortigen Wachposten.


    „Salve. Ich bin Miles Caius Iulius Constantius der Cohortes Urbanae. Ich habe eine persönliche Nachricht des Praefectus Urbi Gaius Octavius Vicor für den Praefectus Vigilum zu überbringen.“

    Zitat


    Ein Miles wurde angemeldet und Victor sah bei dessen Eintreten von einem Haufen Dokumente auf.


    "Ah, Miles. Überbringe diesen Brief dem Praefectus Vigilum und bring seine Antwort zu mir!"


    Der Praefectus Urbi reichte eine kleine Rolle an den Miles und wartete dann darauf, dass der sich auf machte.


    In einer kerzengeraden Haltung hatte Constantius salutiert, als er das Officium betrat. Und ebenso aufrecht sollte er wieder salutieren, nachdem er den Brief und die dazugehörigen Befehle erhalten hatte.


    „Zu Befehl, Praefactus Urbi. Ich werde den Brief sofort überbringen!“


    Als er daraufhin das Büro wieder verließ und die Tür sich hinter dem Iulier schloss, war es doch ein erleichterndes Gefühl den Raum hinter sich zu wissen. Mit schnellen, raumgreifenden Schritten machte er sich daran, seinen Auftrag auszuführen.

    Constantius löste sich von der Wand, an die er sich doch recht lässig gelehnt hatte, als er sich von wichtigen Augen noch unbeobachtet gefühlt hatte. Straffte seine Körperhaltung und den Sitz seiner Rüstung. Noch immer ruhte der Helm in seiner Armbeuge und Schild sowie Pilum beließ er noch in ihrer passiven Position an der Hauswand.
    Versichernd warf er nochmals einen Blick in die Richtung, in der er die vertraute Uniform der Cohortes urbanae vorhin noch erspäht hatte. Als er sie immer noch erblickte, wusste er nicht so recht, ob er sich darüber freuen sollte, oder nicht. Immerhin war Vibius ebenso geschwätzig wie dick. Er machte an manchen Tagen sogar Felix Konkurrenz. Was machte er nur hier? Wenn er eine Pause machte, war es nicht weiter verwunderlich, denn Vibius Alltagsdienst bestand aus Pausen und Pausen und Essenspausen unterbrochen von kleinen Pausen von den anstrengenden Pausen. Noch ein paar Sekunden spähte Constantius in die Richtung des Miles und Erleichterung erfüllte den Iulier als er endlich hinter der großen Silhouette des Vibius auch Nepos Anwesenheit gewahr wurde. Vielleicht drohte heute doch kein unerwartetes Unheil mehr.


    Seine gesamte Aufmerksamkeit sollte sich schließlich wieder Matinia Sabina zuwenden.
    „Gewiss wird sich Proconsul Martius Agrippa sehr freuen, wenn er seine Tochter in der Stadt weiß. Und es ist mir eine Ehre seine Tochter hier in Rom begrüßen zu dürfen.“


    Wo anfänglich die überraschende Begegnung, den jungen Mann daran gehindert hatte mit seinen Worten ins Stocken zu kommen, schien er nun nach den richtigen Worten immer wieder suchen zu müssen. Eine Spur von Unsicherheit mischte sich in sein leichtes, beständiges Lächeln.
    Immer und immer wieder tadelte ihm unterdessen eine innere Stimme. „Oh das hast du ja erstklassig gemacht. Da benimmst du dich wie ein tölpelhafter Anfänger und das auch noch ausgerechnet vor den Augen einer Senatorentochter.“


    Hin und wieder verlagerte er noch das Gewicht von seinem linken auf das rechte Bein, auf der Suche nach einer angemessenen Körperhaltung.
    „Ich kann dich leider nur warnen. Rom ist die Stadt des Lichts und leider auch der Schatten. Es gibt viele Habenichtse und Verbrecher in dieser Stadt. Am Tage ist es deshalb immer ratsam niemals alleine durch belebte Gebiete der Stadt zu ziehen. Und bei Nacht kann ich dir nur anraten die Straßen und Gassen zu meiden. Denn in der Nacht werden wir Soldaten in die Kasernen zurückbeordert und lediglich die Vigilen, eigentlich zur Bekämpfung von Bränden vorgesehen, stellen die einzige Ordnungsmacht dar.“
    Er lächelte unsicher. Er musste sich anhören, als wolle er sie vor Rom warnen und sie zur schnellen Abreise überreden zu wollen.
    „Allerdings überwiegt das Licht in der Stadt. Ich hoffe du verstehst mich nicht falsch“, fügte er deshalb rasch an, dabei das unsichere Lächeln auf den Lippen bewahrend.
    „Sollte dein Vater eine Eskorte für dich wünschen, kann er als Senator gewiss bei der Cohortes Urbanae anfragen, wenn du einmal wirklich Schutz benötigen solltest.“


    Wieder verlagerte er sein Körpergewicht.
    „Die Stadt ist voller Wunder. Vielleicht kann ich dir eines dieser Wunder zeigen, denn das Forum Romanum ist sichtlich beeindruckend. Ich glaube nirgends sonst wird man eine derartige Baukunst bewundern können. Zwar sind mir als einfacher Miles viele Türen verschlossen, so dass ich dir diese Wunder nur von außen zeigen kann, doch wirst du sie sicherlich auch von innen bewundern können, wenn du mit deinem Vater diese Orte besuchst. Bis dahin werde ich dich gerne vor den wilden Horden in dieser Stadt beschützen.“


    Er schmunzelte vergnügt und blickte sie einen Moment lang wieder so unbefangen an, wie nach ihrem Zusammenstoß.
    „Und dabei werde ich gewiss nichts fallen lassen.“

    Obwohl Constantius sicherlich Livilla ohne größere Probleme hätte festhalten können, war seine Hand so sachte um die ihre gelegt, dass nur eine schwache Bewegung ihrerseits ausgereicht hätte, um sich zu befreien.
    Als die Berührung seiner Hand in ihren Augen keinerlei Reaktion erkennen ließ, ihre Körpersprache diese Berührung sogar ablehnte, ließ er sie kurz darauf wieder los.
    Unschlüssig über eine richtige Reaktion lauschte er ihren Worten. Hörte genau hin, als sie sich erneut die Schuld zuwies. Und erst als sie geendet hatte, wandte er sich von ihr ab, ging die wenigen Schritte zum Fenster und verharrte dort erneut. Wie still es doch manchmal in Rom sein konnte. Und warum war es dann so still, wenn Stille genau das Falsche war? Wieso schien alles um einen herum zu verstummen, wenn man es sich am wenigsten wünschte? Constantius seufzte und atmete daraufhin tief ein. Zog die kühlere Nachtluft ein und behielt sie einen Moment in den Lungen. Der junge Iulier war ratlos, vielleicht auch etwas hilflos. Doch er hatte keine Hilfe zu erwarten, weder sein eigener Vater, noch sein Onkel waren anwesend. Er war der einzige Mann im Hause, nun sollte er sich auch wie dieser verhalten.
    Zunächst richtete sich sein Blick alleine durch die Drehung seines Kopfes auf Livilla. Sein Gesicht war ernst und die Augen verengt. Ein Wenig später, drehte er sich mit dem gesamten Körper zu ihr. Seine Stimme klang nun deutlich härter und kühler.


    „Du siehst diesen Vorfall als deine Strafe für Feigheit, Ungehorsam, Naivität und Eitelkeit an? Du denkst die Götter hätten dich für alle diese Fehlverhalten derart bestraft?“


    Er verschränkte die Arme vor der Brust und in seinen Augen flammte das Temperament eines Iuliers auf.


    „Wer bist du Iulia Livilla, dass du glaubst, dass die Götter dich derart bestrafen würden? Männer wurden wegen Feigheit zu ewiger Pein in der Unterwelt verdammt. Frauen wurden wegen übertriebener Eitelkeit mit abscheulichen Krankheiten bestraft und Ungehorsam wurde nicht selten selbst durch den Göttervater durch einen wütenden Blitz geahndet. Ich weiß nicht, warum du dich der Eitelkeit und der Naivität bezeichnest. Aber Ungehorsam warst du in der Tat. Helena hat dich über die Regeln in diesem Haus aufgeklärt. Vielleicht hat sie sich falsch ausgedrückt, aber soweit ich weiß, solltest du das Haus nicht ohne Begleitung verlassen. Und schon gar nicht mit einem Mann, der mir nicht vorgestellt wurde.“


    Er ging einen Schritt auf sie zu und dennoch verlor seine Stimme nicht an Intensität


    „Vielleicht hätte dies trotzdem nichts an diesem Vorfall geändert. Vielleicht hätte sich dieser Mann dir trotzdem genähert, aber wenigstens wären Wonga oder ich an deiner Seite gewesen. Wäre ich nicht durch Zufall in der Nähe gewesen und hätte jener Mistkerl deinen Begleiter nicht nur verletzt, dann wärst du vielleicht nicht in diesem Raum und ich hätte verdammt noch mal nicht einmal gewusst, wo ich dich hätte suchen sollen. Du wärest eine der vielen Leichen am Tiber gewesen, die wir nach Wochen finden. Livilla, es war töricht von dir. Und DAS ist deine Schuld. Und es wird Konsequenzen haben, da sei dir sicher.“


    Seine Körperhaltung hatte sich inzwischen angespannt. Deutlich ließ die Mischung aus Zorn und Hilflosigkeit seine Muskeln unter der Rüstung anspannen.


    „Aber alles andere ist NICHT DEINE Schuld. Es ist die Schuld eines widerlichen Mistkerls, den ich den Hals umgedreht hätte, wenn man mich nicht zurückgehalten hätte. Und das werde ich mit jedem machen, der sich dir in einer bedrohlichen Art nähert. Ich werde nicht zulassen, dir etwas geschieht. Aber genau so wenig dulde ich es, dass du dir unbegründete Vorwürfe machst. Feigheit, Ungehorsam sind keine iulischen Tugenden. Also beanspruche sie nicht für dich. Denn es sind nicht die deinen und werden in diesem Haus auch nicht geduldet. Und denke nicht einmal daran dieses Haus deswegen verlassen zu wollen.“


    Durch mehrmaliges Ein und Ausatmen beruhigte er sich allmählich und blickte sie aus großen Augen an.


    „Livilla, ich will nicht, dass dir jemals etwas geschieht.“

    Die Röte aus seinen Wangen zog sich langsam zurück, auch wenn die Sonne immer noch genau so unerbittlich am Firmament brannte wie zuvor. Zwar hatte der Zusammenstoß seine Ausrüstung durcheinander gewirbelt und hier und dort weitere „Kampfspuren“ im Metall hinterlassen, doch hatte der junge Iulier dadurch auch „vergessen“, dass er normalerweise um Worte ringen musste und sie ihm nicht so leicht bei fremden Menschen über die Lippen kamen. Allerdings war so die erste Hürde bereits überwunden, noch bevor er sie bemerkt hatte. Was waren da schon ein paar Kratzer im Blech.
    Doch gerade auf diese Kratzer sollte sich ein Blick legen, als sie den Verband für die Ausrüstung erwähnte.
    Ein Schmunzeln begann seine Mundwinkel zu umspielen, als er sich das hochrote Gesicht des Tribuns ausmalte, sollte er den Miles mit einen von Verbänden umwickelten Helm auf den Kopf erwischen.
    „Ich muß wohl darauf hoffen, dass mir bald ein heimtückischer Dieb mit einer Keule auf den Helm schlägt, dann bekomme ich einen neuen und muss niemanden erklären, warum ich Abends mit einer so verbeulten Ausrüstung in die Castra zurückkehre.“
    Das amüsierte Schmunzeln wandelte sich in ein weiteres verlegenes Lächeln.
    „Das heißt nicht, dass ich ständig meine Sachen fallen lasse.“
    Wieso nur redete er so häufig zuerst und dachte erst später über den Inhalt der Worte nach?
    Recht rasch nahm er ihre Worte über Rom auf, boten sie doch einen willkommenen Themawechsel. So gesellte sich wieder das leichte Lächeln auf die Lippen des jungen Soldaten, der wohl etwas über 20 Sommer zählen musste.


    „Ich glaube man kann eine Ewigkeit in Rom verbringen und findet doch jeden Tag neue beeindruckene Gebäude, große Zeugnisse unserer Ahnen und interessante Menschen. Hast du schon das Forum Romanum besucht? Oder den Mercatus Urbi? Oder die großartigen Thermen? Oder den beeindruckenden Tempel der Venus, den der große Gaius Iulius Caesar erbaut hat?“


    Seine Worte drohten sich zu überschlagen, so dass er sich durch einen schweifenden Blick über die Gasse erstmal beruhigen musste.
    War dort vorne nicht eine weitere Uniform der Cohortes Urbane zu sehen? Ja, eindeutig. Hoffentlich nicht der Princeps Prior auf seinem Kontrollgang. Wie würde er ihm wohl diese Patrouillenposition erklären. Constantius verengte die Augen und spähte vorsichtig in die Richtung, die vielleicht eine böse Überraschung parat halten würde. Doch, dieser Bauch, über dem sich die Uniform gefährlich spannte, das konnte doch nur Vibius sein…


    Deutlich stärker lächelnd, scheinbar erleichtert blickte er daraufhin wieder zu Sabina.
    „Auf jeden Fall solltest du in Rom vorsichtig sein. Dort wo viele Menschen sind, gibt es auch viele Taschendiebe. Auch wenn wir versuchen ihnen das Handwerk zu legen, sind sie überall. Deswegen werde ich nachher auch auf dem Forum wieder meinen Wachposten einnehmen müssen. Sollte dich dein Weg auch in diese Richtung führen, dann könnte ich dir zumindest heute weitere Zusammensstöße ersparen, denn meist machen die einsichtigen Bürger einen Bogen um einen Uniformierten und die Uneinsichtigen, laufen einen wenigstens nicht um, sondern bleiben meist im Weg stehen. Vorallem dann, wenn man gerade einem flinken Dieb hinterher laufen muss.“


    Noch immer behielt er das Lächeln auf dem Gesicht und richtete den Sitz seines Helms in der Armbeuge, bis, ja bis er ihren Namen vernahm. Plötzlich schrumpfte das Lächeln des jungen Iuliers und wurde zu einem respektvollen, sehr höflichen Ausdruck des Erstaunens.


    „Es ist mir eine Ehre dich kennenzulernen. Matinia Sabina. Ich hoffe du verzeihst mir wenn ich frage, aber dein Vater ist nicht durch Zufall der Prokonsul von Hispanien?“


    Oh ihr Götter, wo war er dort nur wieder hineingeraten.