Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Ich nickte ihm leicht zu und lächelte dann. "Keine Ursache, es waren wichtige Anliegen ... achja: Du solltest Dich in den nächsten Tagen übrigens auch mit dem Gedanken anfreunden, einem der patrizischen Kultvereine beizutreten. Als magister salii palatini ist es meine Aufgabe, den sodales geeignete Kandidaten vorzuschlagen, wenn ein verdientes Mitglied ausscheidet, und es ist in der letzten Woche tatsächlich ein Platz frei geworden. Würde es Dir zupass kommen, zu Mars' Ehren mit uns die rituellen Tänze zu vollführen?" Diese Sache wollte ich noch geklärt wissen, bevor das Tagesgeschäft beginnen konnte, ganz unwichtig war es ja nun wirklich nicht.

    Nach der Beendigung meiner Erzählung hatte sich die süße Umarmung des Morpheus ebenso an mich herangeschlichen und hinterrücks überrascht - aber wie gern hatte ich mich doch fallen lassen, das leise Atmen meines Geliebten neben mir vermochte die Welt in die richtigen Bahnen zu rücken und verschonte mich in dieser Nacht vor allen Träumen, die mich hätten berühren können. Es war ein ruhiger, erholsamer Schlaf, der für mich selten war, gerade seit dem Tode der Agrippina hatte ich nur schwerlich Erholung und Ruhe gefunden, und so konnte sich mein Leib endlich an der lange entbehrten Entspannung sättigen, die ihm gefehlt hatte, genau wie sich meine Seele zuvor hatte an Gracchus' Gegenwart sättigen dürfen.
    Wieviel Zeit verstrichen war, hätte ich nicht sagen können, als mich etwas am Arm rüttelte und die wabernde Dunkelheit, in der ich mich so bequem verkrochen hatte, gänzlich auseinander gerissen wurde. Was war das? Unwillig öffnete ich die Augen, doch seine Stimme machte mich mit einem Mal hellwach und erinnerte mich daran, wo ich mich noch immer befand.
    "Manius? Was ist los?" murmelte ich noch schlafesverhangen und blinzelte mehrere Male, bevor sich das Bild vor meinen Augen klärte und ich meinen Geliebten sah, mit noch etwas zerzaustem Haar und einem sehr privaten Blick. "Hast Du schlecht geträumt?"

    Dieser Tage konnte ich mich weder auf die Saturnalien freuen noch an ihnen erfreuen, zu viele Dinge gingen mir im Kopf herum, zu viele Sorgen, die sich nicht hatten durch die friedliche Feststimmung beseitigen lassen - und so hatte ich mich eher minder begeistert angekleidet, eine weinrote tunica ohne jegliche Verzierungen für das Fest der Familie angelegt und auf den üblichen patrizischen Elfenbeinhalbmond am Fußgelenk verzichtet. Ich vermisste dieses Zeichen meines Standes nicht, und im Grunde würde ich es wohl auch oft genug zuhause liegen lassen, würde mich nicht Straton zumeist daran erinnern, bevor ich zur salutatio schritt. Aber die Saturnalia waren frei von Veranstaltungen dieser Art und ich hatte die Gelegenheit genutzt, das öffentliche Opfer zu schwänzen und lange auszuschlafen, ein Luxus, den ich mir seit langer Zeit nicht mehr gegönnt hatte. Dennoch, geschlafen hatte ich nicht besonders gut, entsprechend wenig sonnig war auch meine Laune am ersten Saturnalien-Festtag dieses Jahres. Seufzend holte ich aus einer Truhe die verpackten Geschenke hervor, die ich später noch überreichen würde, und machte mich auf den Weg ins atrium, das ich schon erstaunlich gut gefüllt vorfand.


    Lauter hübsche Frauen, die ich nicht kannte, die aber fremdartig genug aussahen, um klarzumachen, was sie an den anderen Tagen dieses Jahres waren - Bridhe schien die ein oder andere zu kennen, also ließ ich sie sich begrüßen und hielt auf Gracchus zu.
    "Io Saturnalia, Vetter!" entbot ich ihm meinen Festtagsgruß und musste doch lächeln, er wirkte fröhlicher als sonst und irgendwie ein bisschen überdreht - Gracchus hatte ich zuletzt in Achaia bei diesem Fest erlebt und hier wirkte er ausgesprochen fremd auf mich. "Bona Saturnalia, Corvinus et Ursus," wünschte ich gleich noch zu den beiden anderen Männern, die sich bisher eingefunden hatten, und überlegte, den Abend gleich mit einem Becher starken Weins zu beginnen, um ihn schadlos zu überstehen.

    "Was Dir geschehen ist, ist zweifelsohne nicht wirklich astrein, da stimme ich Dir zu, Bridhe, Severus' Schicksal ist allerdings eines, das Krieger jedes Volkes erleiden können, Römer bei den germanischen Stämmen genauso wie Menschen aus allen Bereichen der Welt bei anderen Völkern. Unser Volk hat kein Monopol auf die Sklaverei, und wer in den Krieg zieht und die Waffen gegen Rom erhebt, muss damit rechnen zu sterben oder zum Sklaven zu werden. Niemand hat ihn gezwungen zu kämpfen." Wieder atmete ich ein und ließ mich dann langsam zurücksinken, diese ewige Sklavereidiskussion, die ohnehin kein Ende finden würde, bis sie freigelassen worden wäre, begann mich etwas zu langweilen. Mein Standpunkt war bekannt, der ihre ebenso, warum es dauernd in epischer Breite wiederholen?
    "Es gibt immer zwei Seiten, da hast Du Recht. Und sie werden sich nicht ändern, denn das römische Recht gilt im gesamten Reich auf dieselbe Weise. Es wird sich nicht ändern, die Sklaverei ist seit vielen Jahrhunderten Teil unseres Lebens, und nicht nur des unseren, sondern auch dem anderer Völker. Was ich an seiner Stelle tun würde, weiss ich nicht, denn ich war nie in dieser Situation. Ich kann Dir nur offenbaren, wie es auf meiner Seite der Medallie aussieht, und auch dort ist nicht alles rein golden, was vielleicht strahlend glänzt. Je mehr man hat, desto mehr muss man darum kämpfen, es zu behalten und nicht unterzugehen."

    "Ah ...das ist wahrlich ein willkommenes Talent in diesem eher unmusikalischen Haushalt. Meine Leibsklavin Bridhe vermag sich gesanglich auszudrücken, ich denke, Deine erste Aufgabe in diesem Haus wird es sein, mit ihr einige ihrer Lieder einzuüben, auf dass sie ein wenig mehr Sicherheit im Vortrag erhält - und es wäre zudem willkommen, würdest Du Dich darin üben, die Dichter angemessen zu rezitieren, auf dass Du bei Gastmählern die Besucher unterhalten kannst." Endlich ein Sklave, der sich anscheinend auf diese seltene Kunst verstand, ich atmete innerlich auf - ich hatte wirklich Glück gehabt, ihn zu ersteigern.
    "Du hast sicherlich auch Erfahrung im Umgang mit höhergestellten Persönlichkeiten? Zumindest wäre dies bei einer solchen Bildung zu erwarten - aber sage mir ruhig ehrlich, was Du kannst und was nicht, denn was Du noch nicht kannst, wirst Du hier erlernen können." Und ein Sklave mit seinem Aussehen und tadellosen Manieren würde bei Gastmählern sicher Eindruck schinden, das hatte ich bisher bei nicht allzu vielen Familien überhaupt gesehen.

    Die Schreibarbeit war mir zusehends auf die Nerven gefallen, die alljährliche Rechnungsrevision meiner Landgüter stand an und dies war das einzige, was ich Straton nicht vollständig aufbürden wollte - er hatte derzeit ohnehin genug mit den Vorbereitungen der Saturnalienfeier zu tun. So hatte ich mich Stund um Stunde, vor allem nach einem anstrengenden und langen Tag in Rom noch damit abgequält, meinem Kopf irgendein Verständnis für die Zahlentabellen abzuringen, das sich so gar nicht einstellen wollte - mit Papierkram würde man mich wohl immer jagen können bis an mein Lebensende. Es war mir einmal mehr unverständlich, dass es Menschen gab, die darin etwas wie Vergnügen fanden - beispielsweise Straton, der sich unglaublich gern mit Rechnungen beschäftigte, um die Fehler darin zu finden. Nun, ich hatte zumindest den ein oder anderen Weg, mich selbst allein für das Durchhalten zu belohnen, und die Gedanken wegen Furianus ließen mich seit Tagen nicht mehr los. Nicht zu wissen, aus welcher Richtung ein Angriff kommen würde, verursachte mir Magengrimmen. Auf vieles konnte man sich vorbereiten, aber nicht auf einen Gegner, der tausend Wege finden konnte, einen zu treffen.


    So hatte mir eine der älteren Flaschen von Felix' Falerner herhalten müssen, in dem stillen und ruhigen, irgendwie modrig riechenden Weinkeller der Flavier, und ich hatte meine Gedanken schweifen lassen, den Eventualitäten folgend, die mir mein Vater in meiner Jugend eingebläut hatte und welche essentiell für das Überleben eines Patriziers waren. Die Schriftrolle, die ich auf meinen Knien balanciert hatte, um darin nebenher zu lesen, wäre fast herabgefallen, als mich Severus ansprach - er war wirklich leise geworden, und für einen Moment überlegte ich, ob er dies immer zu meinem Vor- und nicht zu meinem Nachteil einsetzen würde.
    "Severus." Seine Frage ließ mich eine Braue heben, dann nickte ich. "Vor dem Gesetz ja. Wir gelten alle als Menschen ohne Rang, egal welcher Geburt - und einander gleich. Warum fragst Du? Willst Du über das Fest reisen?"

    "Zur villa Flavia," sagte ich knapp in die Richtung des Händlers, die Sklaven waren ohnehin bereits bepackt genug und ich wollte nicht Gefahr laufen, dass der feine Stoff irgendwo im Dreck landete. Ich wollte genau diesen Stoff an Claudia Antonia sehen und nirgends sonst, und garantiert würde sie hinreißend aussehen, wobei sie das ohnehin die meiste Zeit tat (und jene Stunden, in denen sie nicht eine Augenweide war, enthielt sie mir wie dem Rest der Welt klugerweise vor, wie es Frauen eben gemeinhin taten, wenn sie sich nicht wohl fühlten). "Natürlich kannst Du das. Ausserdem, wenn ich Dir diesen Stoff schenken will, und er uns in die villa geliefert wird, dann kann ich schlecht daraus eine toga machen lassen, oder? Es würde ziemlich würdelos aussehen, mit diesem Stoff als toga unterwegs zu sein und das willst Du sicher nicht." Gutmütig zwinkerte ich ihr zu, eine echte Erpressung war das natürlich nicht und ich würde niemals freiwillig eine toga anziehen, die aus einem solchen Stoff bestand, nicht einmal im Traum.


    Als sie dann allerdings begann, von Sandalen zu schwärmen - und nichts auf dieser Welt konnte Frauen mehr ins Schwärmen bringen als Sandalen in allen möglichen Farben, zumindest glaubte ich das langsam - sah ich weiteres Verhängnis am Horizont erscheinen, vor dem mir ziemlich graute, und so sagte ich schnell: "Ich brauche ganz sicher keine neuen Sandalen derzeit, und was ich habe, passt zu den togen ganz hervorragend. Was hältst Du von einem entspannenden Schmuckstand?" Zudem konnte man sich bei den meisten derartigen Händlern hinsetzen, während sie einem ihre Waren präsentierten und langsam aber sicher hatte ich das Gefühl, dass mir meine Füße bald abfallen würden, wenn ich noch einen Kleidungsladen von innen ansehen musste. Warum schrieben die Dichter eigentlich nie über weibliche Kaufsucht? Sicherlich wären einige Epigramme darüber ein absoluter Verkaufsschlager, jeder Mann in Rom hätte das Elend sehr schnell begriffen, das da geschildert würde.

    Wie konnte sie nur mit so einer Leichtigkeit Dinge aussprechen, über die ich mir lange schon Gedanken gemacht hatte? Die wenigsten jungen Frauen schienen in ihrem Leben Platz für mehr als Kleidung, den Tratsch mit ihren Freundinnen und das verstohlene Betrachten verschiedenster Männer zu haben, und jetzt überrascht feststellen zu müssen, dass es auch anders ging, ließ mir kurz den Atem stocken. Es war einfach überwältigend, anders konnte ich das nicht ausdrücken. Als hätte sie die Gedanken einer stillen, schweren Nacht gelesen und würde sie jetzt einfach in den Raum werfen, um herauszufinden, wie ich war.
    "Hispania hat viele Vorteile, und ich überlege immer wieder einmal, dorthin zurückzukehren, wenn all die Dinge erreicht sind, die ich erreichen möchte - aber der große Nachteil ist, dass das kulturelle Leben weit weniger umfangreich ist wie in den meisten anderen Provinzen. Letztendlich gibt es zwar auch die Feiertage und Tempelfeste, aber was Spiele angeht, Wagenrennen und Theater, ist Hispania noch etwas verschlafen und still. Man kann leider nicht alles auf einmal haben, die Ruhe bezahlt man mit dem notwendigen Verzicht auf gewisse Formen der Zerstreuung."


    Die anderen Worte ließ ich einfach im Raum stehen - vorerst, denn es war mir im Augenblick wichtiger, ihr vom Pferd zu helfen, und es sprach sich doch besser miteinander, wenn man auf Augenhöhe war. Als sie mir entgegen glitt, ich sie unversehens abermals nahe meines Leibes fühlte, musste ich lächeln, und setzte sie dann behutsam auf dem Sand ab, der mir bereits zwischen den Zehen klebte - Sandalen waren nicht die beste Idee für einen Strandausflug, eindeutig. "Zuerst also baden, wie die domina wünscht," scherzte ich und schüttelte dann den Kopf. "Auch wenn ich es gern tun würde, so scheint es mir doch sinniger, Dir die Gelegenheit zu geben, Dich zum schwimmen umzukleiden - denn Seide leidet im Meerwasser ziemlich. Im Zelt habe ich Dir eine tunica zum Schwimmen bereitlegen lassen, wenn Du diese tragen möchtest." Auch wenn es sicherlich ein hinreißender Anblick gewesen wäre, ihren Körper aufs Genaueste durch das Wasser und den dünnen Stoff modelliert zu sehen, ich hatte mir wenigstens für heute vorgenommen, so weit wie es eben nur ging ihr nicht zu nahe zu kommen. Ein Kuss, vielleicht. Händchenhalten, vielleicht - oder Umarmungen. Aber mehr durfte einfach nicht sein. Nicht zuletzt, weil es etwas anderes sein und werden sollte als ein flüchtiges Vergnügen.


    So bot ich ihr einfach nur den Arm, um sie dann zum Zelt zu führen, das dank meiner umsichtigen Sklaven bereits innen geheizt war, immerhin konnte man die Tagestemperaturen derzeit nicht genau absehen und musste mit kühlem Wetter rechnen, während man auf Sonnenschein hoffte. "Was Du eben meintest - dass es schön wäre, jeden Tag tun zu können, wonach einem ist, dass es nichts gibt, das uns daran hindert zu tun, was wir möchten - es ist ein Gedanke an Freiheit, der darin liegt, denke ich. Der Wunsch danach, vollkommen unbestimmt zu sein und zu handeln, doch liegt darin auch etwas sehr Verführerisches: Ohne eine Pflicht wird die Freiheit irgendwann schal, und ohne eine Aufgabe, der man sein Leben widmet, erkennt man den süßen Geschmack der Stunden nicht, die einem geschenkt werden, ohne dass man sich der Pflicht annehmen müsste.Ich hatte die Chance, einige Jahre nach eigenem Gutdünken zu leben, und so schön diese Zeit auch gewesen ist, sie war ausgesprochen ziellos und auf Dauer macht das keinen Menschen zufrieden. Gibt es nichts, wonach Du strebst? Das Dir ein Ziel wäre im Leben, wenn man davon absieht, was die Welt sich als Zielsetzung für eine Patrizierin vorstellt?" Wir hatten das Zelt erreicht und ich hielt ihr die Zeltklappe hoch, sodass sie in das Innere blicken konnte, die beiden Klinen sehen, und die verspielte Inneneinrichtung - und auch ein guter Schwall Wärme kam uns entgegen.

    Die Welt um Coestus herum nahm an Geschwindigkeit zu und das alles ging mit einem Mal VIEL zu schnell. Er quiekte wie ein Ferkel, das man gerade abstach, als der Germane ihn packte und an die Wand drückte, und zappelte merklich mit den dünnen Beinen, versuchte sich gegen den Griff zu wehren, aber natürlich war Severus viel zu stark für den schmal gebauten peregrinus. Es war ein höchst ungleicher Kampf, falls man denn überhaupt von einem Kampf sprechen wollte, denn für einen Kampf brauchte es mehr als einen starken Mann und einen an die Wand gepressten, zappelnden Kerl, der inzwischen bleich vor Angst war. Nie, nie wieder würde er irgendeinen Auftrag annehmen, der sich mit Germanen beschäftigte, niemals wieder! Coestus hatte nicht einmal eine Waffe - Waffen kosteten Geld - er hatte sich bisher immer auf seine schmutzige, unscheinbare Gestalt verlassen können und darauf, dass er viel zu ärmlich aussah, um für Straßenräuber ein potentieller Gegner zu sein, der auch noch Gewinn brachte. "Lass mich in Ruhe, ich hab doch nur den Wisch da für Dich!" keuchte Coestus mühevoll, und als die Finger des Germanen auch noch den Beutel vom Gürtel rissen, war es um seine Selbstbeherrschung geschehen, in voller Panik trat er nach Severus aus, versuchte ihn wenigstens irgendwie zu erwischen, weitab von irgendwelchen gezielten Tritten.


    Der Beutel war prall, aber nicht schwer, sogar erstaunlich leicht - sollte Severus ihn öffnen, würde er einen gewundenen Zopf darin finden, von dunkelbraunem Haar, Iullas Haar - und dieser war es, der einzige Beweis der Gunst einer ausgesprochen käuflichen Frau, der den Hänfling zum versuchten Berserker werden ließ. Allerdings nicht für lange Zeit, denn der Germane war eindeutig stärker und langsam versagten auch die Kräfte des Marcus Coestus in jenem festen Griff. Zudem ging ihm langsam die Luft aus. "Cr...Cr ...öch ... Crannus ..." röchelte er mühsam und die Augen schienen ihm aus dem nicht gerade wohlgestalten Gesicht quellen zu wollen, als er den verlangten Namen preisgab. Und dann hätte Coestus sterben können, nicht nur ob der Demütigung, sondern auch vor Scham, und der Grund dafür würde auch dem Germanen recht bald bewusst werden, spätestens, wenn er die Feuchtigkeit an den Beinen des peregrinus herabrinnen sah - jener hatte sich schlichtweg vor Angst nass gemacht wie ein kleiner Junge.

    Na, "darauf einen Whisk(e)y" reimt sich aber nicht so schön ;) wobei ich ohnehin befürchte, dass mich die Kollegen heute abend ordentlich abfüllen werden, mit irgendwelchen dubiosen Cocktails und dergleichen. (und wenn Whisky, dann Talisker!)
    Danke euch beiden ;)

    "Ich hatte es vor," sagte ich und sah dieses Gesicht wieder vor sich. Und die Lippen, die um Gnade gebeten hatten, die Augen, die um das Überleben gebettelt hatten. Vielleicht wäre vieles anders gewesen, hätte ich ihn damals wirklich getötet, aber doch ... letztendlich hatte ich schon getötet, und schwer gefallen war es mir nie. Nicht, wenn ich mein eigenes Leben hatte verteidigen müssen oder das anderer. Aber so? Ich hatte es nicht gekonnt, nicht bei einem wehrlosen, mir gänzlich ausgelieferten Mann. Und er lebte noch immer, brütend wohl in seinem ganzen Hass auf mich, auf die Flavier. Wäre ich an seiner Stelle, wie würde ich empfinden? Ich konnte es nicht sagen.
    "Aber ich habe es nicht getan. Er lebt. Rutger, der Teil von ihm, der bestraft werden musste, den ich auch nicht hätte straflos ausgehen lassen können, egal, ob ich ihn schätzte oder nicht, dieser Teil ist tot und wird immer tot bleiben müssen. Aber was Arrecina angeht ... hätte sich Severus gegen Aristides gewandt, es hätte jeder verstanden. Ein junges Mädchen zum Instrument seiner Rache zu machen, war unrecht, und es wird niemals Recht werden. Du magst seine Liebe zur Freiheit verstehen, und meinetwegen sei Dir diese Meinung gestattet, aber diese Worte will ich nicht noch einmal über meine Nichte hören. Sie hat gelitten und sie leidet noch."


    Dass Arrecina längst tot war, wusste ich in diesem Moment nicht und wahrscheinlich hätte mich dies anders sprechen lassen. Dann atmete ich tief ein. Also auch sie. Eine Leidenschaft, die sich nach einer Heimat sehnte, die sie unverändert niemals wiederfinden würde. War sie denn so blind? Oder wollte sie nicht sehen? Ihr altes Leben war vorüber, egal, ob sie heimkehrte oder nicht, es hatte sich vieles gewandelt und geändert.
    "Der Wunsch nach Rache ändert nichts, so sehr man sie sich auch wünscht," sagte ich dann leise und schüttelte den Gedanken ab, der sich mir aufgedrängt hatte. Was wünschte ich nicht Furianus alles an schlechten Dingen, auch das war Rache. Letztlich ist kein Mensch besser als alle anderen.

    "Keine Ahnung was er von nem Magistraten will," nuschelte Coestus und stöhnte innerlich. Das war doch einfach nur unfair! Der Kerl war groß, breit wie ein Schrank und sah so gut aus, dass er sicherlich mit Leichtigkeit jede Frau haben konnte, und dann wollte er auch noch Geld dafür, dass er den verdammten Brief ablieferte. Er hätte gleich zur villa Flavia gehen sollen und den Lohn so einstecken, wie er ihn vereinbart hatte. "Denkste ich hab den Wisch gelesen? Ich soll ihn nur Dir geben und ich hab kein Geld. Also entweder nimmste ihn mit oder ich geh ihn selber abliefern," brummte der Hänfling in einem, wie er offensichtlich hoffte, ausreichend mürrischen Ton, dass sein Gegenüber ihm auch abnehmen würde, dass er nichts zu geben hatte.


    "Nur, wennde den mitnimmst, dann is mein Herr vielleicht großzügig und hat auch mal ne Aufgabe für Dich, der hat viele Leute, die für ihn arbeiten, weisste?" Nicht dass Coestus in irgendeiner Form wichtig gewesen wäre oder dass sein Wort ein allzu großes Gewicht gehabt hätte - sonst würde er längst mit Iulla irgendwo am Meer eine kleine taberna betreiben und seines Lebens glücklich sein - aber er würde berichten müssen, und vor dem Moment, in dem er erzählen musste, dass der Germane das Schreiben nicht angenommen hätte, graute ihm beträchtlich.

    Das beste Weihnachtsgeschenk seit Jahren für mich:
    Die Verlängerung meines befristeten Arbeitsvertrags, ein Gespräch mit dem Chef, bei dem er mir klargemacht hat, dass er mich auch weiterhin gern und mit Freuden behält ...


    hachja ..darauf einen Dujardun! :]


    (Ja, ich weiss, es ist trivial, es interessiert hier eh keine Sau, aber ES MUSSTE RAUS ... nach zwei Monaten Bangen)


    *PARTY!* 8)

    Ich seufzte leise - denn im Grunde hätte ich wissen müssen, dass es damit nicht genug sein würde. Eigentlich hatte ich gehofft, er hätte ihr selbst schon das ein oder andere über sich berichtet und ihr ein Bild der Situation verschafft, das seiner Sichtweise entsprach, denn die meine unterschied sich gänzlich, und würde sich wohl immer unterscheiden müssen. Immerhin handelte es sich um meine Nichte. "Das ist eine lange Geschichte, Bridhe, und ich fürchte, ich werde sie nur aus meiner Sichtweise erzählen können, einen sachlichen Erzähler der ganzen Sache wirst Du nicht in dieser Familie finden. Letztendlich begann es wohl alles damit, dass mein Vetter Aristides Severus durch eine List gefangen nahm und zum Sklaven machte, wie es im Krieg immer wieder geschieht, wenn zwei Männer sich als Gegner gegenüberstehen." Ich machte eine kurze Pause und setzte mich halb auf, in die Dunkelheit blickend, die mir die Bilder von damals einfacher wieder ins Gedächtnis rief.
    "Severus wurde hierher nach Rom überführt, mitsamt eines Briefs meines Vetters, in dem er mich über seine Geschichte aufklärte und ihn mir übereignete. Nun ... nach einer gewissen Zeit nutzte Severus, der damals noch Rutger hieß, die günstige Gelegenheit und floh aus der villa Flavia, indem er meine Nichte Arrecina, die Tochter des Aristides, entführte." Arrecina ... ihr zartes, schönes Gesicht stand mir noch deutlich in Erinnerung. Und auch das, was sie damals getan und gewünscht hatte ...


    "Aristides, der damals hier zugegen war und ich setzten den beiden nach, um Arrecinas Sicherheit besorgt, und auf dieser Reise kamen wir in einen heftigen Regen, der mich den Anschluss an Aristides verlieren ließ. Ich erkrankte an einem heftigen Fieber .. und ... nun, das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls gelang es Aristides, die beiden einzuholen und Rutger und Arrecina nach Rom zurückzubringen, wo Rutger für sein Verbrechen der Flucht und der Entführung meiner Nichte in einer Zelle hier in der villa endete und Arrecina, die ebenfalls erkrankt war, ihr Gedächtnis verlor. Da ich absent war, wurde Rutger gefangen belassen, denn es war meine Entscheidung, was mit ihm geschehen würde, da er mir gehörte - dass ich länger als ein Jahr brauchen würde, um zurückzukehren, wusste niemand. Und als ich von dieser ganzen Sache erfuhr, auch, dass Arrecina keine Jungfrau mehr war und es wohl Rutger zuzuschreiben war, dass dieser Zustand eingetreten war, verurteilte ich ihn zum Tod am Kreuz, der einzig legitimen Strafe für einen flüchtenden Sklaven." Der Sommer kehrte vor meinem inneren Auge zurück, die Hitze, das Zirpen der Grillen, dieses Bild des lebendigen natürlichen Ganges, und der gefangene Rutger ... "Ich tötete ihn damals, erdrosselte ihn mit eigener Hand, bis sein Leben fast gewichen war, und damit der schlechte Geist in ihm."


    Wieder atmete ich tief ein und schüttelte dann den Kopf. "Ich weiss nicht, ob es die richtige Entscheidung war, seinen Leib leben zu lassen und ihm einen neuen Namen zu geben, Severus, auf dass er wiedergutmachen konnte, was er getan hatte - denn meine Nichte schien zerrüttet, verstört ob aller Geschehnisse. Sie ist nun fort von hier, fernab Roms, um sich zu erholen, denn sie ertrug die Stadt nicht mehr, und auch nicht, dass sie sich an so wenig erinnerte, und Severus lebt." Die Dunkelheit kehrte zurück, umfing mich und lastete in ihrem Schweigen schwer auf mir.
    "Sie liebte ihn damals, wie sie mir selbst gestand, und auch er liebte sie, aus einer Entführung wurde wohl mehr als ein reiner Akt der Rache an jenem Mann, der ihn versklavt hatte, doch ... er traf die Falsche. Deswegen glaube ich nicht, dass Severus irgendein Recht darauf hat, Dich zu verurteilen, Bridhe, niemand kann wirklich ermessen, welches Leid einen anderen Menschen bewegt, wenn er dessen Leben nicht gelebt hat. Und welcher Liebe wäre er nun treu? Ich vermag es nicht zu sagen ..."

    Ein weiterer Brief war es, der mich an diesem Tage an meinem Schreibtisch hielt, einer jener Briefe, die auf ihre Art wichtig und bedeutsam waren, und darob einer ruhigen Stimmung bedurften, um sie zu verfassen. Letztendlich schuldete ich diesem Mann mehr als nur Respekt, und so musste jedes Wort sorgsam formuliert sein, sollte es ihn doch in passender Stimmung erreichen und erfreuen können.


    An
    Legatus Legionis
    Quintus Tiberius Vitamalacus
    Legio Prima Traiana Pia Fidelis
    Parthia


    Salve, Tiberius Vitamalacus!


    Es ist lange her, dass wir miteinander von Angesicht zu Angesicht Worte wechselten, und länger noch scheint mir jener Tag in der Ferne zu liegen, an welchem Du einen verzweifelten Narren davon abgehalten hast, die größte Dummheit seines Lebens zu begehen. Doch lasse Dir zuerst von mir zu Deiner Erhebung in die Reihen der Legaten gratulieren, ich könnte mir kaum einen Mann denken, der es mehr verdient hätte. Auch wenn wir wenig von dem erfahren, was im fernen Osten vor sich geht, so kann ich mir doch vorstellen, dass Deine Tage voller Pflichten sind, und die Nächte kaum ausreichen mögen, um den Geist und Körper auf einen neuen Tag der Strapazen vorzubereiten, so mögen Dir diese Zeilen ein wenig der Erfrischung verschaffen, die man so nötig braucht, wenn einem die Sorge um viele bewegt.


    Das Wissen um die Pflicht hat mich nun auch ereilt, konnte ich dies zwar als Priester des Mars oft genug kosten, ist es doch kaum mit einem wirklichen Amt zu vergleichen, in welches einen der Wille der Senatoren Roms erhob. Du wirst es sicher gehört haben, dass mir der Kaiser die Ehre erwies, mich in den ordo senatorius zu erheben, was mir die Kandidatur zum Vigintivirat ermöglichte, und erfreulicherweise schienen die patres conscripti geneigt, dem Wunsch des Kaisers nachzueifern und wählten mich mit großer Mehrheit in das Amt, das ich mir gewünscht hatte - nun verbringe ich meine Tage per pedes[/I als [I]tresvir capitalis, und glaube, dass ich bald ebenso viele stadien gelaufen bin wie es Deine Legionäre auf dem Marsch in das Gebiet der Parther haben ableisten müssen, allein ich bin auf Rom beschränkt. Bisher sind die aufsehenerregenden Kriminalfälle leider ausgeblieben, so beschäftige ich mich mit den alltäglichen Sorgen der Bürger und empfinde dieses Amt letztendlich fast wie das eines Priesters, wenngleich die Opferpraxis fehlt - oftmals genügt es den Menschen auf der Straße, überhaupt jemanden zu haben, der ihren Sorgen Beachtung schenkt, sie gieren nicht nach einer direkten Lösung, vielmehr nach der Aufmerksamkeit eines vermeintlich wichtigen Mannes.


    Dennoch empfinde ich meine Arbeit als durchaus erfüllend und zufriedenstellend, sie offenbart Einblicke in das tägliche Leben unseres Volkes, die mir sonst wohl kaum gegeben gewesen wären, als Priester verlässt man den Tempel selten genug. Ich werde im Anschluss meiner Zeit als Vigintivir den Kaiser um ein Militärtribunat bitten, die erforderliche Prüfung der academia militaris habe ich bereits abgelegt, und hoffe, Du kannst mir einen guten Rat erteilen, wie ich mich ansonsten auf diese Zeit angemessen vorbereiten kann, um nicht als unwissender Neuling allzu peinliche Fehler zu begehen. Letztendlich fehlt mir die Ausbildung eines Soldaten, auch wenn ich mich glücklich schätzen kann, meinen Körper bei Kräften gehalten zu haben, ist dies wohl kaum mit dem Können und der Kraft eines Mannes vergleichbar, der täglich Waffen und Gepäck zu schleppen hat. Wie hast Du Dich seinerzeit auf Dein erstes Militärtribunat vorbereitet? Ich muss gestehen, ich weiss wenig mehr als die Literaten bieten, und es wäre mir unangenehm, als unbeleckter Neuling dem üblichen Vorurteil zu entsprechen, das bei patrizischen Tribunen sehr oft gebraucht wird.


    Ansonsten geht in Rom im Grunde alles seinen gewohnten Gang - Du wirst sicherlich vernommen haben, dass sich ein Octavier auf den Stufen des Senats das Leben nahm, als er bei den Wahlen versagt hatte, seitdem scheinen mir die Götter Rom zu zürnen, doch sicher ist dies noch nicht, muss ob dessen doch ein Sühneopfer des Senats abgewartet werden. Mit Freuden indes habe ich vernommen, dass wir in Zukunft wohl familiäre Bande miteinander knüpfen werden - Dein Mündel Tiberia Albina und mein Verwandter Flavius Furianus im Stand der Verlobung zu sehen war eine überraschende, aber sicher nicht unangenehme Entwicklung. Sollte Dein Mündel irgendwelcher Dinge bedürfen, zögere nicht, sie mir zu nennen, denn mein Verwandter ist ob seines Amtes wieder gen Hispania gereist und wird sich wenig nur um seine Braut kümmern können, die Pflicht nimmt für ihn einen hohen Stellenwert ein. Es wäre mir jedenfalls ein Vergnügen, jenen Dienst zu erwiedern, den Du mir erwiesen hast, ohne mich zu kennen, und für den es kaum einen Gegenwert wird jemals geben können.
    Ich schließe mit der Hoffnung, dass Dich diese Zeilen bei guter Gesundheit und nach einem siegreichen Kampf erreichen,


    Flavius Aquilius


    Auch dieser Brief landete im Postausgangskörbchen und wartete geduldig darauf, von meinem scriba personalis zur Kenntnis genommen zu werden.

    Zugegeben, ich bekam gerne Post. Das Wissen, dass jemand in der Ferne an einen dachte und sich Gedanken um einen machte, gefällt wohl jedem Menschen. Manche Briefe aber waren etwas derart besonderes, dass man sie umso lieber erhielt und ebenso mit Freude beantwortete. Die vorliegende Epistel jedenfalls hatte mich sehr erfreut und ich hatte mir ein wenig extra Zeit genommen, um sie in der richtigen Stimmung zu beantworten.



    An
    Caius Flavius Aquilius
    Villa Flavia in Rom
    ITALIA



    Was mag da in den flavischen Postkasten flattern, dem der Geruch der Ferne anhaftet, ein Hauch Sandelholz und etwas Orangenduft? Lieber Aquilius, ich sende dir Grüße aus Alexandrien, dem Stolz Ägyptens!


    So lange ist das Treffen des Marspriesters und der Iunopriesterin her, im stickigen, beengten, bedrückenden Herzen Roms. Es erscheint mir wie eine Ewigkeit, die seitdem verstrichen ist. Geht es dir gut? Der Lauf der Zeit und vor allem die Geschehnisse seit unserer unbeschwerten Begegnung haben zumindest bei mir ihre Spuren hinterlassen. Ich schreibe dir heute nicht als Priesterin der Iuno, sondern als Iatros des alexandrinischen Museion. Noch kann ich es selbst nicht glauben. Ich gebe zu, dass mein Aufbruch überhastet und undurchdacht war. Dennoch bereue ich ihn keinesfalls. Doch erzähle, wie ist es dir seither ergangen? Am Morgen erst trafen Nachrichten aus Rom ein, und ich erfuhr, dass du nun Vigintivir bist? Ein großes Ziel, das du anstrebst, doch ich wünsche es dir von ganzem Herzen, und ich weiß, dass du es erreichen wirst. Dir werden gewiss auch im Cultus die Türen offen stehen, ohne dass du einen Fuß dazwischen zwängen musst und doch nur eine willenlose Marionette jener spielen sollst, die sich für etwas Besseres halten und die doch nie ein Opfermesser in der Hand gehabt haben. Aber genug davon, dieser Abschnitt meines Lebens ist vorbei. Ich bin in Ägypten!


    Wenn du nur das goldene Land und die Stadt sehen könntest - du wüsstest, warum es mir die Würze zurückgegeben hat, die meinem Leben seit längerem fehlte. Einzig die Nächte sind einsam und kühl. Meine Familie weilt fern von hier, und an eine wärmende Umarmung im Kerzenschein ist nicht zu denken. Es mag vielleicht allzu melancholisch klingen, doch wenn die Kerze neben meinem Lager allmählich herunterbrennt, frage ich mich, was wohl gewesen wäre, wäre ich damals mit dir gegangen.


    Mit diesem Gedanken und den besten Wünschen für dich schließe ich für heute und warte gespannt auf deine Antwort. Ich bin derzeit auf der Suche nach einer angemessenen Bleibe, sende daher die Antworten vorerst direkt an das Museion.


    Mögen dich die Götter segnen.


    Valeria


    Während ich schrieb, entsann ich mich unserer ersten Begegnung an einem sonnigen Tag, der auch so manches mit einem Brunnen zu tun gehabt hatte - manche Frauen behielt man eben im Kopf, selbst wenn es nur bei getauschten Worten geblieben war, nicht bei gemeinsam genossener Leidenschaft. Aber musste das denn auch immer sein? Nicht für mich, auch Worte konnten erfreuen ... auf jeden Fall solche.


    An
    Decima Valeria
    Museion
    Alexandria
    Privincia Aegyptus


    Ein kühler, winterlicher Hauch ist's, der die sommerliche Wärme Alexandrias durchteilen mag, getränkt vom süßen Duft der Honiggebäckstücke, gereicht zu den Saturnalia, verfeinert mit dem verlockenden Aroma des Würzweins, welcher uns in Italia die Abende zu versüßen weiss.


    Wenig gibt es, das mich mehr in Erstaunen versetzt hätte als Dein Schreiben, werte Valeria, und doch siehst Du mich als einen glücklichen Empfänger Deiner Worte, die mir eine Ferne verheißen, gegen die mir vieles in Roma schal und leer erscheint. Sandelholz und Orangenduft liegt mir tatsächlich in der Nase, fast scheint es mir, als sei Dein papyrus ein wenig noch davon getränkt, um mir die Worte aus der Ferne ungleich köstlicher zu machen, welche mein sehnsuchtsvolles Auge ob Deiner Zeilen lesen durfte. Ich hoffe, Du hast die ersten Tage und Wochen genossen, die Du in Alexandria verbracht hast, fern der Deinen, und auch fern jener Pflichten, die, wie wir beide wissen, bisweilen beschwerlich und voller Sorgen sein können. Gerade der Lebensweg eines Priesters entbehrt viel des Dankes und des Ruhmes, den man an anderer Stelle mit Leichtigkeit ernten könnte, doch sollte es niemals daran hindern, das zu tun, wonach es einem verlangt, solange man dabei nicht vollends unglücklich wird.
    Einerseits ist es sehr schade, Dich als geschätzte Kollegin verloren zu haben, schienst Du mir doch im Geiste Iunos vieles bewirken zu können, andererseits kann ich sehr wohl nachempfinden, wie schmerzlich es sein muss, auf Dauer keinerlei Anerkennung für geleistete Dienste zu erhalten, nur Missgunst und Worte, die Dich lieber an den heimischen Herd verbannen wollen.


    Wenn Dich Deine Entscheidung zufriedener gemacht hat, so war es gewiss die richtige, auch wenn sie Dir sicherlich nicht leicht gefallen ist, wie alle Entscheidungen, denen es vergönnt ist, die Weichen des Lebens neu zu stellen. Aber ausgerechnet Alexandria! Hätte es nicht Athen sein können, welches man auf einer Reise bedeutend leichter erreichen kann? So wird wohl unser Gespräch in geschriebenen Worten fortgesetzt sein müssen, und ich muss den Anblick Deines Lächelns eine Weile missen, bis uns die Wege des Schicksals erneut zusammenführen. Scheue Dich nicht, mir ein wenig mehr von Deinem täglichen Leben zu berichten, es wird etwas Licht in mein derzeit sehr durchwachsenes Dasein bringen.
    Du irrst nicht, ich habe tatsächlich kandidiert, nachdem der Kaiser mir die Gunst gewährt hat, mich in den ordo senatorius zu erheben, und die Senatoren schlossen sich ganz offensichtlich der Meinung des imperators an und bestätigten meine Wahl durch eine große Mehrheit der Stimmen, auf die ich, wie ich schamvoll zugeben muss, durchaus stolz bin. Nun habe ich mein eigenes officium in der Basilica Ulpia, und durchstreife die Straßen Roms per pedes als tresvir capitalis, stets begleitet von meinem Neffen Flavius Lucanus, der als mein scriba personalis die nötige Erfahrung für eine eigene Kandidatur in angemessener Zeit sammeln soll.


    Du willst sicher wissen, ob ich schon einen haarsträubenden Kriminalfall bearbeitet habe, doch leider sieht der Alltag eines tresvir capitalis deutlich nüchterner und weniger glanzvoll aus - meine größte Tat war es bisher, einen jungen Mann vor seiner künftigen Schwiegermutter zu retten, die den Urtypus einer erschreckenden matrona darstellte, jene Art von Frau, die es einem Manne innerhalb kürzester Zeit verleiden kann, überhaupt an eine Ehe zu denken. Ansonsten könnte ich nur das heldenhafte Erklimmen eines gar fürchterlichen Aktenberges berichten, ich schätze, es wird noch einiges an Zeit ins Land gehen, bevor ich Dir spannenderes schreiben kann als die Bewältigung alltäglicher Aufgaben. Erzähle mir, was Du als Iatros erlebst, Valeria, und ich will Dir im Austausch meine spannendsten Erlebnisse auf der Flucht vor matronae, die mich an Breite und Körpergewicht ungefähr um das Doppelte übertreffen, nicht vorenthalten. Ansonsten geht in Rom alles seinen gewohnten Gang, wenngleich ich fürchte, dass die Götter uns derzeit zürnen, die vielen Anschläge und jener blutige Selbstmord auf den Stufen des Senatsgebäudes müssen ihre Spuren hinterlassen haben. Doch dazu mehr, wenn der Ausgang des Sühneopfers feststeht - man sollte das Unglück nicht dadurch beschwören, dass man es mit zuvielen Worten an die Welt der Lebenden bindet.


    Es gibt Abende, an denen ich ebenfalls den flackernden Lichtschein betrachte, den mir eine Öllampe spendet, und die Gedanken wandern lasse, und sei Dir gewiss, die Erinnerung an einen sonnigen Tag, die Du ebenso teilst, gehört ebenso zu den Dingen, über die ich sinniere, wie auch jene Worte, die wir wechselten. Ich kann Dir nicht sagen, was geschehen wäre, wärst Du weniger tugendsam gewesen und hättest Du meinem Angebot nachgegeben, aber eines weiss ich gewiss: Ich hätte es sicherlich ebensowenig vergessen können unser harmloses Gespäch an einem Brunnen. Wenige Menschen bleiben einem im Strom des Alltags überhaupt im Gedächtnis, und noch weniger bleiben einem angenehm in Erinnerung. Allerdings wage ich zu behaupten, dass Du weit weniger Gelegenheit gehabt hättest, über flackernde Kerzen zu sinnieren, da Du sicherlich keineswegs dazu gekommen wärst, überhaupt viel nachzudenken, das liegt in der Natur der Sache, wenn man ein wenig Vergnügen miteinander teilt (oder sollte es zumindest!). Mögen Deine Nächte, wenn Dich dieser Brief erreicht, weniger einsam sein, und die Männer in Alexandria weder blind noch dumm (denn nur ein Blinder und Dummer könnte übersehen, was er mit Dir vor sich hat) - ich werde sicherlich auch weiterhin meine Gedanken in die Ferne senden und mir überlegen, wie es Dir wohl gerade ergehen mag.


    Doch nun muss ich leider, ob der lästigen Pflicht wegen, für den heutigen Tag schließen und hoffe, dass Dich dieser Brief bei guter Gesundheit und noch besserer Laune erreicht. Nutze die Tage der Sonne, und bewahre sie in Deinem Lächeln - es schließt mit den besten Segenswünschen


    Aquilius


    Etwas später, als die Tinte getrocknet war, landete dieser Brief verschlossen und adressiert im Ausgangskörbchen auf meinem Schreibtisch, auf dass sich Lucanus dessen annehmen konnte.

    Ja, in ihrer Einschätzung von Severus lag sie recht nahe an dem, was ich mir selbst über ihn dachte - aber ich wusste ein bisschen mehr über ihn als sie es tat, und so sah ich dem recht gelassen entgegen. Letztendlich war kaum ein Mann gefeit gegen Versuchungen und auch Severus war es nicht.
    "Vielleicht solltest Du ihn bei Gelegenheit einmal nach Arrecina fragen - und Dir erzählen lassen, was es mit ihr auf sich hat. Oder hat er Dir schon von meiner Nichte erzählt und warum er seinen jetztigen Namen trägt?" Nein, Severus war in keinem Deut besser als jeder andere. Ich hatte Arrecina wegen ihm weinen sehen und auch damals geglaubt, dass er sie wahrhaftig lieben würde - wieviel davon jetzt wohl noch übrig war? Ich hatte ihn nie danach gefragt, und auch nicht nach dem, was geschehen war, als ich Aristides im Regen verloren hatte. Es lag eine halbe Ewigkeit zurück, und fast schien es mir, als sei diese Entführung damals ein Endpunkt meines alten Lebens gewesen.
    "Ich denke, dass er Dich aufrichtig liebt, Bridhe, und wenn diese Liebe stark genug ist, kann sie alles überwinden. Ihr dürft sie leben, das ist mehr, als manch andere jemals in ihrem Leben erhalten."

    Bona Dea! Wenn ich jemals gedacht hatte, Frauen könnten nicht kompliziert sein, dann war ich jetzt (wieder einmal) eines Besseren belehrt. Gut, ich musste zugeben, ihre Frage entbehrte nicht einer gewissenh Grundlage, aber sollte man sich so etwas nicht vorher überlegen, bevor man willig in das Bett eines anderen Mannes ging? Andererseits musste ich zugeben, dass ich selten wirklich vorher nachdachte, bevor ich mit einer Frau die Leidenschaft genoss und zudem wussten diese Frauen in den allerseltensten Fällen voneinander.
    "Einzig und allein entscheidend sollte sein, was Du Dir dazu denkst, Bridhe. Du liebst Severus, und das ist eine Tatsache, die ich niemals antasten würde, denn es ist, wie es ist. Man kann sich nicht aussuchen, wen man liebt, es geschieht einfach nach dem Willen der Götter. Genau wie ich einen Menschen liebe, bei dem ich nicht liegen kann und mit dem ich noch weniger leben kann. Es ist einfach so. Aber bisweilen muss ein Mensch auch das Gefühl gewinnen, dass es noch etwas Schönes in dieser Welt gibt, und wenn zwei Menschen bereit und willens sind, dies miteinander zu teilen und einvernehmlich zu teilen, dann ändert sich meiner Ansicht nach die Liebe nicht, die man für jemand anderen empfindet. Lieben kann ich nur einen Menschen, Bridhe, das haben mir die letzten Jahre gezeigt ... aber bisweilen das Vergnügen der Leidenschaft teilen kann ich mit vielen, wenn man sich darin versteht und es gegenseitige Sympathie und Lust ist, die man auslebt."


    Im fast völligen Dunkel des Raumes - wir hatten die Öllampen vor dem Einschlafen, beziehungsweise dem Einschlafversuch, gelöscht - konnte ich ihr Gesicht nur erahnen, blickte aber dennoch zu ihr. "Du wirst sicher sagen, es sei leicht für mich, so zu denken, da ich schließlich genossen habe, was wir geteilt haben, und das habe ich, das werde und will ich nicht leugnen. Aber dennoch - warum sollte man nicht bisweilen Vergnügen teilen dürfen? Liebe und Lust begleiten einander oft, aber sie bedingen sich nicht. Lust kann es auch ohne Liebe geben. Sind Deine Gefühle für Severus denn geringer geworden?"

    Meine Laune strebte stetig einem Nullpunkt zu, das verdorbene Opfer war mir direkt auf den Magen geschlagen - und der Senator hatte einen bisher recht stummen, aber böse blickenden Begleiter in mir gewonnen, der die Händler mit den nicht wirklich gut aussehenden Tieren Abstand halten ließ. Meine Kleidung wies mich weithin als Priester aus, und jenen wagten sich die Halsabschneider des einfachen Volkes nicht sofort, schlechte Opfertiere anzudrehen, die einfach nur gut geschminkt waren - man konnte unglaubliche Sachen mit Tieren machen, wenn man nur wollte und eine Menge Phantasie besaß, ich hatte vor einiger Zeit einmal ein frisiertes Opfertier vor Augen gehabt und war ziemlich erstaunt gewesen.
    Als sich Macer einen Händler ausgesucht hatte und dieser prompt begann, das Tier über den grünen Klee zu loben, verdrehte ich nur die Augen.


    Je mehr die Händler schwatzten, desto minderwertiger war in der Regel die Ware, die es zu verkaufen galt, ob es nun um Seidenstoffe ging oder um Widder. Und ich hasste einkaufen aus allertiefster Seele, so schritt ich um das bedeutete Tier herum und besah es kritisch von allen Seiten. Es hatte einen guten Wuchs, aber in der Farbe des Fells war ein Makel, der recht gut verborgen worden war, an der Brust, die ohnehin beschattet war, sah man den dunkleren Einschlag nicht sofort, aber wenn man sich wie ich herabbeugte, war er kaum zu übersehen. "Tu uns einen Gefallen und zeig uns die Tiere, die eines Staatsopfers würdig wären, dann vergesse ich, dass Du uns gerade übers Ohr hauen wolltest und vielleicht vergesse ich auch, in Zukunft Leute vor Deinem Laden zu warnen," knurrte ich den Händler missgestimmt an.