Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    Da auf der Karte vergebene, reservierte und freie Grundstücke deutlich zu unterscheiden waren, tippte der Besucher auf eines, bvei dem noch kein Name eingetragen war.


    "Ist frei", kommentierte Digitus und nickte. Er blickte unter den teils bereits buschigen Brauen schräg nach oben, weil er zu faul war, den geasamten Kopf zu heben, und wartete auf die endgültige Entscheidung.


    "Wunderbar, dann würde ich dieses Grundstück gerne erwerben," sagte ich zufrieden und atmete innerlich auf. Bisher lief dies alles ja so, wie es laufen sollte, ich hoffte also, bei meinem zweiten Wunsch auch Glück zu haben. "Was das zweite Grundstück angeht, besitzt meine Familie einiges an Grundfläche im Tarraco herum, sind dort noch Parzellen frei? Vielleicht sogar angrenzend zu unserem Besitz, das wäre aber fast zu perfekt um wahr zu sein." Ich gestattete mir ein leichtes Schmunzeln und blickte den Beamten erwartungsvoll an.

    "Das ist eine wahrhaft gute Nachricht," erwiederte ich und mit einem Schlag hatte sich meine trübe Stimmung angesichts der Absenz meiner Liebe und meines besten Freundes enorm aufgehellt. "Ich habe ihm zwar geschrieben, aber ich fürchte, mein Brief ist auf dem Versandweg verloren gegangen, denn eine Antwort erhielt ich bis zum heutigen Tage nicht, umso mehr freut es mich, von seiner baldigen Ankunft zu hören. Die Götter scheinen es heute wirklich gut mit uns zu meinen, findest Du nicht auch?"


    Ich hätte ihn spontan umarmen können, aber ein gewisser, vorhandener Rest von patrizischer gravitas und dignitas hielten mich glücklicherweise zurück, in einem Tempel wäre dergleichen sicherlich nicht die beste Idee gewesen. So beließ ich es bei einem breiten und frohen Lächen und gab mir umso mehr Mühe, die Vorbereitungen für das Opfer korrekt und exakt auszuführen, wie es gefordert war. Zuletzt zogen wir uns noch, wie es im Tempel bei Gebeten üblich war, einen Teil der Toga über düe Köpfe, denn nur mit bedecktem Haupt durfte zu den Göttern gesprochen werden, wenn man es wirklich ernst meinte.


    Ich beobachtete das Werkeln der Sklaven und auch die geschickten, schlanken Hände meines Besuchers, der sicherlich noch kein einziges Mal zuvor wirklich harte körperliche Arbeit hatte verrichten müssen, sprachen seine Hände doch eher von geistiger Arbeit und sorgsamer Pflege durch kundige Sklaven. Mir erschienen diese Hände nicht weibisch, sondern wohlgeformt, und ich hätte viel darum gegeben, meine Schwielen und die rauhen Handflächen von der Fischersarbeit vergessen zu können. Aber ich war auch nicht hier, um die Reize des Aurelius Cotta zu bewundern, ich war hier, um meine Pflicht zu erfüllen.


    So erhob ich schließlich die Stimme, als der Rauch der angezündeten Duftessenz die Luft erfüllte und nachdrücklich, aber nicht aufdringlich davon kündete, dass ein Mann ein Anliegen an die Götter hatte.
    "O Mamarce, großer Feldherr, Vater Roms und Beschützer der Frauen und Schwachen, mächtiger Kämpfer und erbitterter Streiter, höre die Worte dieses Mannes, der gekommen ist, um Dir ein Opfer darzubringen. Wein und Kekse, Räucherwerk und Kuchen bringt er Dir dar, auf dass Du seinen Worten aufmerksam lauscht, und er bittet Dich damit, seinem Anliegen günstig gegenüberzustehen. O Mamarce, Mars, himmlischer Streiter, lass diesen Mann wissen, dass Du bei ihm bist." Nach dieser Anrufung nickte ich Cotta auffordernd zu, dass er seine Worte dem Gott gegenüber formulieren möge.

    Sie wirkte ein wenig gedankenverloren, aber nachdem wir uns noch nicht allzu lange kannten, wollte ich dem nicht zu forschend nachbohren, es hätte sie wohl eher verärgert denn wirklich etwas geholfen. Und diese lockerleichte Atmosphäre eines gegenseitigen Neckens und Gedankenaustauschens wollte ich jetzt nicht unbedingt für ernstere Fragen beiseiteschieben, dafür würde immernoch Zeit bleiben.
    Dass sie mich so anlächelte, kombiniert mit einem reizvollen Augenaufschlag, ließ mir kurz einen vagen Schauer über den Rücken rinnen, aber ich ließ es mir nicht anmerken. "Dann nenne mich bitte auch einfach Aquilius, immerhin sind wir bald verwandt, und da ist für derlei Förmlichkeiten ohnehin nicht viel Platz. Zudem ..." ich tat so, als müsse ich ernsthaft überlegen, milderte dieses Schauspiel aber durch ein belustigtes Zwinkern ab, "... zudem bist Du mir ebenso sympathisch. Was das Opfer anbelangt, sollten wir bei Wein und Opferkeksen bleiben, ein Ferkelchen ist zwar eine schöne Gabe, aber doch für eine einfache Bitte um Schutz für Aristides ein bisschen überdimensioniert. Ein Ferkel würde ich für die gesamte Prima opfern, nicht nur für einen einzigen Mann."


    Bei der Vorstellung, als ausgehungerte Leiche vor dem Tempel herumzuliegen, musste ich herzhaft lachen und schüttelte den Kopf. "Auf was für Ideen Du kommst, ist fast ein wenig erschreckend. Ich überlege wirklich, ob ich mir für ein gemeinsames Essen mit Dir nicht doch lieber eine Eskorte aus ein paar kräftigen Sklaven mitnehmen sollte," sagte ich schmunzelnd und versuchte, mir dieses Bild vorzustellen, ohne wieder lachen zu müssen. "Es gibt hier in der Nähe ein recht annehmbares Lokal mit einigen Spezalitäten, zumindest kulinarisch gesehen kann ich Dir versprechen, dass Du Dich nicht langweilen wirst." Gemächlich ging ich in jene Richtung und musste sie nicht einmal vor irgendwelchen entgegen kommenden Leuten beschützen, es war heiß genug, dass der rege Passantenstrom langsam abzuflauen begann. "Gibt es etwas, das Du besonders gerne isst? Für einen sehr auserlesenen und komplizierten Geschmack müssen wir allerdings ein bisschen weiter gehen."

    Die kleine Gruppe Sklaven blieb abseits stehen, und doch erhoben sich die ein oder anderen gemurmelten Unterhaltungen - dass sich einer der Herren die Mühe machte, mit einem Verurteilten noch zu sprechen, war selten genug, und dass sie es auch noch so leise taten, dass man ihre Worte nicht unbedingt vernehmen konnte, war noch seltener, und ausgesprochen unfair! Lucius, einer der Küchensklaven, nutzte indes die Gelegenheit, sich nahe Salambo aufzustellen, dieser rassigen Schönheit, auf die er schon lange nicht nur ein Auge geworfen hatte. Wie konnte sie einem auch entgehen, für so etwas hätte ein Mann schon blind, taub und blöd sein müssen. Leider kam sie nicht oft in die culina, ein Umstand, den nicht nur Lucius bedauerte. "Der Germane hat es verdient, am Kreuz zu landen, findest Du nicht auch? Er gibt sich viel zu viel Mühe mit diesem Kerl," sprach er Salambo einfach an und grinste zahnlückig.


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    Ich bemerkte das Geschwätz der Sklaven nicht, und selbst wenn ich es bemerkt hätte, es wäre mir gleich gewesen. Dies war der Augenblick, auf den ich lange gewartet hatte, vielleicht zu lange, denn es war wirklich der allerletzte Moment für Rutger, sich mir als Mensch zu offenbaren, die Maske des Hasses war gefallen, geblieben war der Lebenswille.
    "Über den Begriff der Freiheit streiten die Philosophen seit Jahrhunderten, und die wenigstzen finden eine wirkliche Definition dessen, wann ein Mensch wirklich frei ist. Einige behaupten gar, selbst wenn Du niemandem gehörst, wenn niemand Dir einen Befehl geben oder Dein Leben irgendwie beeinflussen darf, bist Du nicht frei in Deinen Entscheidungen, denn woher Du stammst, was Du bist, setzt Dich in den Käfig eines Entscheidungshorizontes, den Du nicht verlassen kannst. Was bedeutet, es gibt immer deutlich mehr Möglichkeiten, sich für eine Sache zu entscheiden, eine Handlung auszuführen, als die, die man selbst sieht. Du entscheidest als germanischer Krieger, ich entscheide als römischer Patrizier, ein Haussklave entscheidet als ein Mensch, der sich vielleicht sogar mit seinem Schicksal abfindet, weil es ihn vieler Sorgen ledig macht. Frei musst Du im Geist sein, Rutger, dann ist jede andere Fessel, die Dich bindet, ob Du sie siehst oder nicht, bedeutungslos. Hattest Du jemals eine andere Wahl, als unser Volk zu hassen? Du forderst von mir die Wahl, Dich und Dein Volk nicht zu hassen, mich dafür zu entscheiden, dass Du überlebst."


    Es war im Grunde absurd, neben einem fertiggestellten Kreuz an der via Appia mit einem zum Tode verurteilten Sklaven über Freiheit zu diskutieren, aber wenn nicht jetzt, wann dann? Er musste verstehen, dass die Fessel, die er zu sehen glaubte, weit weniger drückend war als es vielleicht den Anschein machte.
    "Nicht jeder Kampf lässt sich dadurch gewinnen, dass man mit der Waffe in der Hand und laut brüllend auf den Feind zustürmt. Ist der Feind kein vollkommener Idiot, hat er Bogenschützen, die Dich längst niedergeschossen haben, bevor Du überhaupt das Weiße in den Augen Deines Feindes siehst. Nichts anderes hast Du getan, Du hast den direkten, aber falschen Weg gewählt. Der Krieger Rutger von den Germanen, der Du noch immer bist, dieser Mann hat Verbrechen begangen, für die er sterben muss, so lautet das Gesetz. Ich werde mich nicht gegen dieses Gesetz stellen, soviel solltest Du von mir inzwischen mitbekommen haben - aber es gibt vielleicht eine Möglichkeit, dass Dein Leben nicht aus Dir weichen muss. Rutger aber, der Krieger, der Aufsässige, der Entführer, der Schänder meiner Nichte, dieser Mann muss sterben."


    Ich richtete mich auf, und winkte einen der Sklaven zu mir, jenen, der das Band trug, mit dem er Rutger vor dem Kreuzestod hätte erdrosseln sollen, und ließ es mir aushändigen, dann rief ich die restlichen Sklaven zu mir und bedeutete ihnen, neben uns stehenzubleiben. Während ich fühlte, dass mich der Blick Rutgers verfolgte, umrundete ich das Kreuz, sodass ich das Band schließlich um den Hals meines Sklaven legen konnte, und zog langsam, aber sicher zu.
    "Dieser Mann hat Verbrechen begangen, die mit dem Tode gesühnt werden müssen. Rutger, Krieger von den Germanen, Sklave meiner Person, wird in diesem Augenblick sterben." Ich versinnbildlichte diese Worte mit einem weiteren Ruck, der ihm den Atem eng werden lassen musste, doch war er gebunden, und erhielt somit keine Gelegenheit, sich zu wehren, vielleicht noch einmal aufzubegehren - es machte den Augenblick perfekt, dieses Zucken seines Leibes. Ich hielt ihn eine Weile so, achtete darauf, dass ihm noch genug Luft blieb, um mir nicht unter den Händen zu verrecken, und als seine Augen sich weiteten, ließ ich los, ließ den köstlichen frischen Atem wieder in seine Lungen strömen, beobachtete das Heben und Senken der Brust, die mir bedeuteten, dass ich ihn nahe an das Ende, aber nicht darüber hinaus geführt hatte.
    "Bindet ihn los, meinen neuen Sklaven und Leibwächter, der fortan den Namen Severus tragen wird. Rutger ist fortan tot und soll den Riten entsprechend als Toter gelten, und Severus wird leben."

    Wie elegant es Antonia doch verstand, sich zu kleiden! Ich war wieder einmal davon beeindruckt, und sicher nicht gegen meinen Willen, welcher Mann hätte es denn nicht zu schätzen gewusst, eine so angenehme Erscheinung als Begleiterin zum Abendessen zu haben? Sicher, sie war Gracchus' Frau, aber hatte ich nicht den ausdrücklichen Auftrag erhalten, mich ein wenig um sie zu kümmern? Gelangweilt hatte sie sich in der Villa ohnehin genug. Gerade, als wir das triclinium betraten, erblickte ich zu meinem Erstaunen bereits zwei Anwesende - einen Mann in Uniform, und Gracchus' Schwester Minervina, die sich an den Händen hielten und fast erschrocken auseinander zuckten, als sie uns erblickten. Sollte sich hier etwas anbahnen, was mein werter Vetter nicht gutheißen konnte? Ich runzelte die Stirn, und nickte den beiden höflich zu, nicht ohne einen kurzen Blick mit Antonia zu tauschen. "Salve, Minervina ..." Als sie dann noch ein ganzes Stück eiliger abzogen, war es mir relativ klar, dass hier etwas im Busch sein musste. Aber wie typisch für eine junge Frau, dass sie dumm genug war, ihre Affäre ins Haus mitzubringen und vor aller Welt Augen herumzuzeigen.


    Den schnellen Aufbruch der beiden kommentierte ich nicht, sondern geleitete Antonia, wie es ohnehin meine Absicht gewesen war, zu einer der Liegen, bevor ich mich selbst in gesittetem Abstand zu ihr niederließ und einem der herumlungernden Sklaven mit einem Handwink befahl, uns Getränke zu bringen.
    "Amüsant, was hier so vor sich geht, wenn Gracchus nicht im Hause weilt - wenn ich nicht irre, war das der praefectus praetorio?" eröffnete ich das Gespräch im leichten Plauderton, noch immer darüber sinnierend, ob uns nur ein handfester Skandal oder, besser noch, eine unstatthafte Heirat ins Haus stand.


    Sim-Off:

    Schade, dass die perfekte Gelegenheit, die Familie ein bisschen kennenzulernen, nicht genutzt wird ;)

    Der Trubel unter den Sklaven des flavischen Haushalts war an mir vorübergezogen, ohne dass ich ihn groß gemerkt hätte, aber was kümmerte mich auch die Arbeit der Sklaven? Den ganzen Nachmittag hatte ich über meiner Buchführung gebrütet und eins ums andere Mal aufs Neue festgestellt, dass mir die Überprüfung der Zahlenkolonnen meiner Güter aus Hispania nicht wirklich lag, dennoch musste es erledigt werden und ich hatte es schon so lange herausgeschoben, wie es nur möglich war. So war ich froh, dass sich schließlich der Abend durch eine etwas erträglichere Außentemperatur anzukündigen begann und schob schließlich den ganzen ungeliebten Papierkram beiseite, schlüpfte in eine dunkelgrüne Tunika mit reichhaltiger silberner Verzierung an den Rändern und gab mir auch ein wenig Mühe, mein nun doch bald etwas zu lang gewachsenes Haar zurückzukämmen.


    Morgen würde ich mir einen Barbier kommen lassen, das war langsam auch kein Zustand mehr - ausserdem wollte ich ungekämmt sicher nicht unter Antonias Augen treten. Wir hatten uns zum Abendessen verabredet und ich freute mich auf die angenehme Abwechslung meiner ansonsten eher schweigend und schnell eingenommenen cena. So klopfte ich bald darauf an die Tür zu ihrem cubiculum und blickte ihr mit einem Lächeln entgegen, nur um sie dann gemessenen Schritts in Richtung des tricliniums zu führen, in dem hoffentlich das Abendessen bald angerichtet würde - auch wenn ich für gewöhnlich kein allzu grantiger Mann war, ich wartete nicht gerne auf mein Essen.

    Mit einer gewissen Freude registrierte ich, dass er ein näherer Verwandter von Corvinus war - auch wenn ich bisher wenig Mitglieder der gens Aurelia kennengelernt hatte, nach der Bekanntschaft mit diesem zweiten Mann aus dieser Familie war meine Neugierde auf den Rest nun eindeutig gestiegen. Und ein angenehmes Lächeln hatte er auch noch, was wollte man schon mehr? "Leider weilt Dein Vetter noch in Germania, sonst hätten wir uns sicherlich schon einmal ausserhalb dieses sakralen Rahmens kennengelernt," versetzte ich freundlich und lächelte ebenso. "Aber sagt man nicht, die zufälligen Begegnungen wären oft die interessantesten?" Vielleicht würde nach seinem Opfer noch die Zeit für ein eingehenderes Gespräch bleiben, die Lust darauf hatte ich jedenfalls und ich merkte wieder einmal, wie sehr mir ein guter Freund in den letzten Wochen gefehlt hatte. Gracchus' Fortgang hatte mich einsam gemacht, und auch Corvinus fern zu wissen, machte die Sache nicht gerade leichter und angenehmer. Aber ich schob diesen Gedanken beiseite, denn es galt hier, Mars zu dienen, ich hatte später sicherlich noch genug Zeit, mich dem Lamentieren über mein Schicksal hinzugeben.


    "Den Weihrauch können wir gerne den Opfergaben hinzufügen, aber Obst würde ich mir für andere Gottheiten vorbehalten, Mars ist dann doch eher ein Freund von Keksen und Wein denn von Obst, das würde ich als Feldfrucht eher Ceres oder Flora darbieten," erklärte ich und winkte seine Sklaven heran, damit sie die Opfergaben zu uns bringen konnten. Der Opferaltar für die kleineren Opfer nahe an Mars' Kultbild war frei geworden, ein Kollege hatte die dort deponierten Kekse eines anderen Opfernden weggeräumt, sodass wir nun zur Tat schreiten konnten. "Du solltest zuerst den Weihrauch anzünden, er wird ein bisschen brauchen, bis er genug Hitze entwickelt, dass der Geruch den Raum erfüllen kann," gab ich noch einen hilfreichen Hinweis und beobachtete die Sklaven dabei, wie sie die einzelnen Gaben aufstapelten - Kuchen, Kekse und natürlich den Wein. Hoffentlich war es guter Wein, aber bei einem Aurelier erwartete auch niemand ernsthaft, dass er irgendwelchen Fusel mitbringen würde. Zudem mochte die stattliche Gestalt des jungen Mannes ein übriges tun, Mars' wohlwollendes Interesse zu wecken, ein Kriegsgott hatte für gewöhnlich mit verfetteten Müßiggängern wenig zu tun.

    "Nun, es ist eigentlich ganz einfach, aber wahrscheinlich ist es wieder ein typischer Fall vom sehen der Bäume im Wald, das ist nicht schlimm - setzen wir uns erst einmal, dann werde ich auseinandernehmen, was von euren Ideen brauchbar und was nicht notwendig ist," sagte ich freundlich und wies den beiden discipulae die Sitzplätze hinter den Tischen, während ich mir einen Stuhl heranrückte und mich zu ihnen setzte.
    "Wenn man unter dem bereits genannten Opferzubehör die Dolche und sonstige Messer einrechnet, fehlen die Schalen für Weihrauch und alle Opferungen von wohlriechenden Hölzern und Rauchwerk - vielleicht neben einem Altar einer der wichtigsten Einrichtungsgegenstände in einem Tempel. Aber ich gebe zu, es war missverständlich gefragt."


    Ich lehnte mich bequem zurück, überlegte kurz, was bereits gesagt worden war, und reckte mich dann, die beiden jungen Frauen eingehend anblickend:
    "Eine Götterstatue, ein Altar, Waschbecken oder eine Quelle zur Reinigung, Priester, Opferzubehör und Verwaltungsräume, Blumen, Kerzen und ein Beichtraum waren genannt worden. Die Götterstatue brauchen wir in jedem Fall, und geweiht sollte sie auch sein, der Altar steht ebenso außer Frage, aber ein Wasserbecken zur Reinigung brauchen wir nicht unbedingt, ein kleiner Tempel kommt auch ohne dergleichen aus. Priester - nungut, die braucht es auch, aber als Einrichtungsgegenstand werden wir allgemein nicht gern bezeichnet," hier zwinkerte ich den beiden Frauen vergnügt zu, ".. das Opferzubehör sollte der jeweilige Priester auch selbst besitzen oder beaufsichtigen, Opferdolche liegen nicht einfach so herum. Verwaltungsräume sind für die Verehrung nicht wichtig und man wird sie nur in großen Tempeln wie hier in Roma finden, Blumen, Kerzen sind Beiwerk und ebenso nicht zwingend nötig - während Göttinnen wie Flora viel Wert auf derlei Schmuck legen, wird Mars weniger damit anfangen können, für die Verehrung notwendig sind sie jedenfalls nicht. Was meintest Du eigentlich mit der Beichte beziehungsweise dem Beichtraum, Claudiana Dolabella?"

    Es hatte uns niemand erwischt und langsam begann sich auch meine Laune innerlich wieder zu heben - es war schon ein verrücktes Abenteuer gewesen und ich bereute keineswegs, an diesem Nachmittag in den Garten gegangen zu sein, um mich ein wenig zu entspannen. Vielleicht war diese ungewöhnliche Begegnung auch ein Geschenk des Mars an mich gewesen, um die letzten Tage voller Opfer und Arbeit auszugleichen, wer wusste das schon .. zuzutrauen wäre es Mamarce schon. So lächelte ich sie leicht an und nickte zustimmend.
    "Lieber früher als später, denn langsam quillt mein Schreibtisch von all diesen lästigen Berichten über, sodass mir der Überblick schon vor Wochen verloren gegangen ist. Es mag sicherlich Menschen mit einer Begabung für Zahlen und Verwaltung geben, aber ich gehöre eindeutig nicht zu ihnen - umso froher stimmt mich Dein Angebot. In sofern wünsche ich Dir noch einige erholsame und angenehme Stunden, Antonia, es hat mich sehr gefreut, Dich heute getroffen zu haben."
    Ich neigte ihr den Kopf zu und in einer flüssigen, schnellen Geste berührten meine Lippen noch einmal ihren Handrücken, bevor ich mich in die Richtung meines eigenen cubiculums abwandte, um die nassen Sachen loszuwerden - inzwischen kniff der Stoff des Lendentuchs doch recht unangenehm an einer gewissen Stelle.

    Na endlich, ein Sklave! Ich hatte auch lange genug gewartet - dass dieser Jüngling einen anderen Auftrag haben könnte, kam mir erst einmal nicht in den Sinn, immerhin hatte ich geklatscht und er war erschienen, also für wen sollte er sonst da sein als für mich? Aber was war das? Er sah aus, als wollte er wieder weitergehen? Brachte man den Sklaven in diesem Haus denn gar nichts bei? Kein Wunder, dass es schon länger keine Orgie oder sonstige Abendbelustigung mehr gegeben hatte, mit solchen Sklaven musste man sich ja wirklich nach außen hin schämen, wenn das jemand mitbekam. "Wo willst Du hin?" fragte ich im 'wag es ja nicht, jetzt weiterzugehen' Ton und runzelte die Stirn.


    "Du bringst mir jetzt erst einmal ein angemessenes Abendessen und einen Krug Falerner dazu, und danach brauche ich Dich für eine Nackenmassage." Mein Ton ließ keinen Zweifel zu, dass ich jede Antwort ausser 'Ja, Herr' nicht hören wollte und wenn dieser junge Mann ein kluger junger Mann war, dann würde er genau das sagen und nichts anderes. Nach diesem Tag hatte ich wirklich anderes im Sinn, als mich auch noch mit Gedanken an irgendwelche aufmüpfigen Sklaven herumschlagen zu müssen.

    Spätestens jetzt dämmerte mir die unerfreuliche Erkenntnis, dass ich, egal was ich tat, egal was ich in meinem Leben noch tun würde, die Frauen zweifelsohne niemals würde verstehen können. Vom einen auf den anderen Augenblick wechselte ihre Stimmung so schlagartig wie jäher Sonnenschein nach einem heftigen Regenschauer, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass hier etwas passierte, dem ich zumindest gedanklich weit hinterher hechelte. Aber sie schien besser gelaunt, und ich wollte es nicht zu sehr beschwören, eine lachende Antonia schien mir ehrlich gesagt auch ungefährlicher als eine böse blickende. Ich ließ mich also in Richtung der Villa ziehen, und achtete darauf, dass uns die Sklaven nicht sahen - der Lautstärke des vilicus nach setzte er meine Anweisung, was die Wege anging, recht eilig um, ein weiteres Indiz dafür, dass mein Stern in diesem Haushalt langsam aber sicher im Steigen begriffen war.


    Einige Schleichpartien später hatten wir Antonias cubiculum erreicht, jenen Ort, hinter dem, wie ich schätzte, die widerwilligen ehelichen Begegnungen der beiden stattfanden. Einerseits war ich schon neugierig, einmal einen Blick hineinzuwerfen, andererseits erfüllte mich die Stätte der Leidenschaft, auf der ich selbst gerne einmal mit Gracchus gelegen hätte und niemals liegen würde, mit einem gewissen, dumpfen Gefühl der Trauer. Ganz zu schweigen davon, dass sich mein Innerstes gerade eben ohnehin nicht wirklich entscheiden sollte, ob die Trauer um eine unmögliche Liebe stärker war oder mein Begehren Antonia gegenüber langsam an Kraft gewinnen sollte.
    "Nun ... ich denke, Du solltest Dich nun umkleiden, Antonia, und ich werde dasselbe tun, bevor wir hier noch riesige Pfützen hinterlassen," ich deutete schmunzelnd Richtung Boden und blinzelte ihr schelmisch zu. "Den Mantel kannst Du gern behalten, oder gib ihn einfach irgendwann einem der Sklaven, wenn Du ihn nicht mehr brauchst." Ein wenig Unsicherheit ob dieser Situation blieb - womöglich würde ihre Stimmung abermals so extrem drehen wie gerade eben und ich konnte froh sein, wenn ich mit dem Leben davonkam.

    Sie schien nicht schüchtern zu sein, was ich als positiven Punkt unserer Unterhaltung vermerkte - nicht, dass eine gewisse Schüchternheit eine Frau nicht auch anziehend machen konnte, aber zu anderen passte es ganz und gar nicht, da gefiel mir das schelmische Funkeln ihrer Augen weitaus besser. Es tat gut, sich einfach mit ihr unterhalten zu können, und zumindest im Augenblick von meinem ewigen Hunger noch verschont zu bleiben, der es mir selten genug gestattete, unbeeinflusst mit einer Frau zu sprechen. Wenngleich ihr Lächeln mir verhieß, sicherlich nicht mehr lange in Geistesruhe verbleiben zu können - wenigstens mochte sie von meinen Gedanken herzlich wenig ahnen, und so erwiederte ich ihr Lächeln recht locker und offen. "Ich muss gestehen, ich habe mit diesem Gedanken auch gespielt, aber die Aussicht darauf, die neuesten Details über die Darmerkrankung eines meiner Kollegen zu erfahren, war dann doch weit weniger anreizend als die Aussicht auf ein kräftigendes Mittagessen weit, weit weg von allen möglichen Krankheitsthemen." Wahrscheinlich kannte sie dieses Problem genauso gut wie ich, der Iuno-Kult war geradezu geschaffen für herrschsüchtige Matronen, die einen mit ihren Zipperlein nervten.


    Ausführst ... das Wort hinterließ zumindest in meinen Ohren ein vages Echo, dass unser kleiner Ausflug nicht ganz so unschuldig war, wie man es vielleicht vermuten konnte, aber hatte ich mir nicht eben jegliche Richtung solcher Überlegungen verboten? Ich fügte mich in mein Schicksal und sprang lieber zum nächsten Thema weiter. "Ich bin seit bald einem Jahr tätig hier in Rom als Priester," meinte ich und überlegte. "Davor habe ich meine Studien in Achaia beendet, wie es der Wunsch meines Vaters war, und da ohnehin schon recht viele Flavier den Weg in die Politik gegangen waren, habe ich für meinen Teil diese Überlegung in die Zukunft verlagert." Als sie an dem Brunnen innehielt, musste ich unwillkürlich an meinen letzten Brunnenausflug denken, und als hätte sie es geahnt, spritzte sie mich lächelnd auch noch nass. Waren denn alle Frauen gleich, was das anging? Diesmal allerdings beließ ich es dabei, die Geste zu erwiedern, mit so wenig Wasser wie möglich, wenngleich ihre Gestalt mit eng am Körper klebendem, nassem Kleid sicherlich ... nein, nicht schon wieder! Lieber wieder zurück zum Thema. Ich nahm den Weg wieder auf und sorgte dafür, dass sie nicht von entgegenkommenden Lastenträgern angerempelt wurde. "Wo hat Dir Deine Arbeit den meisten Spaß bereitet? Ich stelle mir den Tempeldienst in Germania ziemlich abwechslungsreich und spannend vor."

    Zitat

    Original von Herius Claudius Vesuvianus
    "Ah, ich sehe gerade, dass in Hafennähe kein Grundstück zum Verkauf steht. Marktnähe ja, einige sogar, denn dort ist es den meisten Bürgern zu laut. Ich habe da hier und hier Parzellen frei."


    Der Beamte wies auf Punkte einer Straßenkarte.


    Ich begutachtete eine Weile die Straßenkarte und überlegte mir, an welcher Stelle ein kleiner Laden wohl den meisten Sinn machen würde - schließlich tippte ich auf eine Parzelle nicht direkt an der Straße, aber doch verkehrstechnisch günstig gelegen und nickte zufrieden. "Diese hier sieht mir gut aus - ist sie noch zu haben oder hat jemand schon sein Interesse daran angemeldet?"

    Salve miteinander,


    da ich seit vielen Jahren ein großer Fan der dunklen Vampire-Welt bin, aber nicht unbedingt zu modern spielen möchte, bin ich nach wie vor auf der Suche nach einem RPG-Forum, das schreiberisch ein ähnliches Niveau aufweisen kann wie das IR, um dort ein bisschen Vampire zu spielen .. kennt jemand etwas ausser 'Prag bei Nacht', das sich wert wäre anzusehen?


    Danke im voraus,
    der Aqui


    Ps.: Gibt es außer mir hier überhaupt Vampire-Fans? ;)

    Eben noch lauschte ich dem entfernten Zirpen der Zikaden, die, ohne von Leid und Not dieser Welt irgend etwas zu wissen, ihr ewiges Lied sangen, dann verblasste diese Welt innerhalb weniger Lidschläge, holte mich in die Gegenwart zurück, zwang meine müden Sinne, mich auf das Geschehen zu konzentrieren, das direkt vor meiner Nase stattfand und mich daran erinnerte, wieviel Kraft doch immernoch in der sturen Seele meines Sklaven zu schlummern schien. Glücklicherweise wurde er durch einen der Haussklaven mit einer angemessen großen Keule wieder unter Kontrolle gebracht - ich hatte Rutger unterschätzt, aber die Unaufmerksamkeit der Sklaven hatten sie sich selbst zuzuschreiben, in sofern würde es von mir für den Mann mit der gebrochenen Nase sicherlich keine tröstenden Worte geben. Wer nicht auf einen Gefangenen achtete, war selbst schuld, und wäre ich an Rutgers Stelle gewesen, hätte ich jede Gelegenheit genutzt, dem Kreuz doch noch irgendwie zu entkommen.


    Das Rad drehte sich weiter, er wurde wieder gebunden, diesmal waren sie aufmerksam genug, ihn gleich zu mehreren zu bewachen und zu binden, wer hatte auch jemals behauptet, Sklaven seien nicht lernfähig? Mir war nicht nach Schmunzeln zumute, aber irgendwo in mir schmunzelte ein zynischer, abgestumpfter Teil des Patriziers Aquilius doch. Irgendwann hatte man einfach zuviel Schmutz gesehen, und irgendwann verging einem auch das Lachen, bevor man gänzlich in der Miserabilität des Lebens versank.
    "Er bettelt um Gnade!" spöttelte einer der Sklaven in gebrochenem Latein rauh und schüttelte den Kopf, während eine achaisch anmutende, sehr junge und ausgesprochen reizlose Haussklavin erschüttert den Blick von Rutger abwandte und das Gesicht in den Händen vergrub. Wen er angesprochen hatte, war mir sehr wohl bewusst, aber ich ließ sie erst einmal spotten, den ein oder anderen verachtungsvollen Blick auf Rutger werfen, denn er musste wissen, wie kurz er davon entfernt war, diese Welt auf ewig zu verlassen. Es gab für sein Handeln keinerlei Gnade, es durfte keine Gnade geben.


    Und doch ... diesmal begegnete ich seinem Blick, nach einer gefühlten Ewigkeit, sah die Furcht, die Verzweiflung, zum ersten Mal keinen Hass, wie er ihn mich immer hatte sehen lassen. Zum ersten Mal sah ich den Menschen hinter der Maske. Warum erst jetzt? Warum war er geflohen, warum hatte er nur bei Arrecina liegen müssen, warum waren seine Wege in solch eine falsche Richtung gegangen? Rutger musste sterben, es gab keinen anderen Weg, nicht nach diesem Aufmarsch hier, der den Sklaven der Villa eine Lektion hätte sein sollen. Lass mich leben. Nie hatte er um etwas gebeten, hatte sich mit seiner harschen, widerspenstigen Art alles verschenkt, was er hätte haben können, von seiner Freiheit abgesehen.
    "Geht beiseite," sagte ich und gab den Sklaven einen Wink, den sie nur mit ungläubigen Blicken in meine Richtung befolgten. Ich musste in ihren Augen durchgedreht wirken, wie ein Verrückter, der mit der Gefahr spielte, aber ich konnte nicht anders. Als sie einige Schritte abseits standen, neigte ich mich vor, in Rutgers Richtung, und sprach leise zu ihm, leise genug, dass meine Worte in den Geräuschen der Umgebung untergehen mussten, wenn man nicht direkt neben uns stand.


    "Warum sollte ich Dir Gnade erweisen? Warum sollte ich Dich leben lassen, Rutger, der Du voller Hass bist, der so wenig Einsicht bewiesen hat, der stets meine ausgestreckte Hand ausgeschlagen hat? Sage mir, wieso sollte ich Dich leben lassen, welchen Grund sollte ich dazu haben? Denn was Du getan hast, verdient den Topd, und ich zweifle nicht, dass Dein Volk einen Mann längst getötet hätte, der so gehandelt hat, wie Du es tatest." Ernst blickte ich ihm in die Augen, und wieder schien die Welt hinter mir zu verblassen, während ich auf seine Antwort wartete.

    "Die Frage beim Reisen ist nicht alleine, ob sich Dein Liebster nicht zuviele Sorgen um Deinen Verbleib machen würde, wenn Du bei ihm bist - so mancher Mensch schöpft die meiste und beste Kraft aus der Nähe eines anderen, der ihm aufrecht zugetan ist. Ich weiss nicht, wie die Dinge zwischen euch gediehen sind, doch solltet ihr einander von Herzen lieben, wird sich die Frage nach der Sorge nicht mehr stellen. Ich habe schon Offiziere kennengelernt, die lieber ihre Ehefrau nahe bei sich hatten als viele Stunden des Weges entfernt, auch wenn es gefährlicher war. Sie haben mir dann erklärt, dass nichts sie wirkungsvoller entspannt hätte als eine Stunde Plauderei mit ihrer Liebsten oder auch eine Nacht an ihrer Seite - vielleicht ist dies etwas, das man erst nachzuvollziehen lernt, wenn man vermählt ist und dieselben Erfahrungen gemacht hat," gab ich sinnierend zu bedenken und schmunzelte etwas. Aristides in Begleitung seiner Verlobten, die augenscheinlich ein wenig mehr Wert auf die Klassiker legte als er - nun, es wäre sicherlich interessant zu sehen, wie er sich nach einem halben Jahr noch benehmen würde. Mein dem Wein und den Weibern zugetaner Vetter als Pantoffelheld war ein Gedanke, für den er mich wohl über's Knie gelegt hätte!


    Als sie ein Opfer ansprach, nickte ich leicht. "Natürlich stehe ich Dir gern zur Seite, Claudia Epicharis. Zum einen ist dies ohnehin eine meiner Aufgaben, zum anderen bist Du als baldige Verwandte und Bittsprecherin für meinen Vetter wohl diejenige Person, die ich zu allererst unterstützen würde, nicht zuletzt, weil ich für sein Wohl ebenso opfern will. Wir könnten gemeinsam opfern, was hältst Du davon?" Was die leichteste Lösung war - sie musste nicht befürchten, irgend etwas falsch zu machen und Mars würde vielleicht bei zwei gleichzeitig betenden Menschen ein bisschen aufmerksamer sein, wenngleich ich mich über mangelnd Aufmerksamkeit bisher noch nie hatte beklagen müssen. Wer beklagte sich auch ernsthaft über die Götter, wenn er nicht vom Blitz getroffen werden wollte? Eine Braue hebend, schüttelte ich leicht den Kopf.


    "Keineswegs. Auch ein Priester muss ab und an seinen Kopf durchlüften, bevor er platzt - und ich war gerade unterwegs, in Ruhe etwas zu essen, als wir aufeinander trafen. In sofern hältst Du mich allerhöchstens vom Essen ab, aber sicher nicht von der Arbeit." Ich zwinkerte ihr vergnügt zu und geleitete sie wieder in Richtung Tempelvorplatz, denn wir hatten mit der Unterhaltung wieder einen Punkt erreicht, der andere Betende sicher stören würde. "In sofern ... verurteile ich Dich dazu, mein Mittagsmahl zu teilen, Du wüste Verbrecherin."

    Irgend etwas an ihm kam mir vertraut vor, auch wenn ich mir sicher war, diesem Mann nie zuvor in meinem Leben begegnet zu sein - als er sich vorstellte, war ich erleichtert. Ein Aurelier also, es musste wohl eine gewisse Familienähnlichkeit geben, die mich Corvinus' vertrautes Gesicht in dem eines seiner Verwandten hatten erkennen lassen. Er war gut gekleidet, und seine Statur ließ die Erinnerung an so manchen verbotenen Augenblick, an so manchen verbotenen Gedanken wieder wach werden - ich lächelte breiter, als es sonst meine Art war, und blickte mein Gegenüber aufmerksam an.


    "Sei willkommen im Tempel des Mars Ultor, Aurelius Cotta. Ich bin Caius Flavius Aquilius, einer der Priester hier am Tempel, und ich werde Dir gerne bei Deinem Opfer zur Seite stehen. Dass Du für Deine Verwandten opfern willst, ehrt Dich, und man hat Dich, was die Opfergaben angeht, richtig beraten. Gerade bei Opfern für verstorbene Verwandte sind Kekse, Kuchen und Wein eine gute Wahl, ein Tier würde ich eher bei einem wirklichen Notfall opfern, bei Gelegenheiten, die mehr als einen Menschen umfassen - aber das muss jeder selbst wissen."


    Ich machte eine einladende Handbewegung in das Tempelinnere und ging mit ihm einige Schritte weiter hinein, während seine Sklaven noch beim Portal verweilten. "Das Beste wird sein, ich zeige Dir, wo Du opfern kannst, dann sprechen wir ein allgemeines Gebet gemeinsam, und anschließend kannst Du die persönlicheren Bitten an Mars alleine richten - wenn Dir das Recht ist?" Es war die Standardprozedur für ein Opfer, wenn sich ein Besucher oder eine Besucherin nicht sicher waren, was genau zu tun war, und den meisten Menschen reichte dies aus. Ich vermutete, dass er, wie ich selbst und die meisten anderen Patrizier auch, im Familienrahmen schon mehr als ein Opfer vollzogen hatte, aber öffentlich, im wichtigsten Tempel des Mars, war immernoch eine ganz andere Sache als im privaten Rahmen, wo ein Fehler innerhalb der Familie noch eher verziehen wurde.


    Ich gab mir Mühe, ihn nicht merken zu lassen, dass ich ihn betrachtete, mein Blick glitt nicht nur einmal seine Gestalt herauf. Musste es denn sein, dass gerade jetzt, während Gracchus' Absenz, zu einer Zeit, zu der ich fast alleine die Villa Flavia Felix bewohnte, mir ein Mann begegnen musste, dessen Lebensart mich zu reizen begann? Anscheinend wollten die Götter mich immerzu quälen, und auch wenn ich genau wusste, dass dies wieder eine nahezu schlaflose Nacht werden würde, so wusste ich doch auch, dass diese Form der Quälerei meine Sinne wie so oft gespannt und wach halten würde.

    Warum setzte sie sich denn jetzt? Auch wenn ich zu den größten Bewunderern weiblicher Schönheit zählte, ihre Anmut und Eleganz immer wieder hätte bewundern können, nächtelang wohl von einem Lächeln schwärmen würde, wenn es mich unvermittelt traf, an so manchem Tag war ich wirklich kurz davor, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen und das Weib kurzerhand über's Knie zu legen, wie es die peregrini taten. In so manchen Momenten waren mir die Handlungen der Frauen einfach ein sehr, sehr großes Rätsel, und ich ahnte schon, dass mir Claudia Antonia höchstwahrscheinlich nicht würde erklären können, wieso sie so handelte, wie sie es gerade tat. Das konnten sie nämlich nie und wehe, man fragte, dann bekam man unter Umständen noch irgend etwas nachgeworfen - im Augenblick wäre es nur ein Mantel, aber wer wusste schon, was sie irgendwann anders finden würde?


    "Komm, Antonia, die Sklaven werden hier gleich auftauchen, um die Wege zu reinigen, bis dahin sollten wir längst wieder in der Villa sein und Du bei Deinen Sklavinnen, damit Du etwas trockenes zum Anziehen bekommst. Ich helfe Dir auch in den Umhang, dann sollten wir hineingehen," sagte ich recht bestimmt, nahm ihr kurzerhand wieder den Mantel aus der Hand und hielt ihn einladend hin, sodass sie nur noch aufstehen musste, damit ich ihn ihr umlegen konnte. Was auch immer sie gerade denken mochte, ich war mir ziemlich sicher, dass ich es nicht verstehen würde. In solchen Situationen konnte man als Mann im Grunde nur eins tun - zu versuchen, die Lage zu bestimmen, bevor sie sich wieder darauf besann, einen eigenen Willen zu besitzen. Letztendlich konnte eigentlich jetzt nur noch alles schiefgehen, und ich versuchte, den Schaden zu begrenzen.

    Wenn es überhaupt ging, so wurde mir bei ihrem Lächeln noch ein klein wenig wärmer zumute, wenngleich diese Hitze wenig mit den äußeren Temperaturen zu tun hatte. Nach einem durchaus anstrengenden Morgen, an dem ich mich mit den Sorgen und Nöten der Opfernden hatte herumschlagen müssen - und zudem mit dem ein oder anderen Opfertier - war ihr Lächeln wahre Entspannung. Auch wenn mir spätere Geschichtsschreiber sicherlich irgendwann einmal den Vorwurf machen würden, allzu leicht einem Lächeln anheim zu fallen, wenn man den ganzen Vormittag mit den Nöten anderer hatte verbringen müssen, war ein entspanntes und freundliches Lächeln die reinste Poesie.
    Von Nahem war sie sogar noch reizvoller, als ich sie in Erinnerung gehabt hatte, und wer wäre ich denn gewesen, ihre Idee abzuwehren? Es war mir zwar viel zu heiss, aber glücklicherweise war es der italischen Sonne noch nicht gelungen, mein Hirn restlos auszubrennen. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Decima Valeria. Es geschieht ohnehin viel zu selten, dass man die Gelegenheit hat, mit einem Kollegen zu sprechen, dafür gibt es wohl doch immer wieder zu viel zu tun."


    Ich schmunzelte leicht, und war um den Zufall unseres Zusammentreffens durchaus froh, mit einer schönen Frau und einer zu erwartenden interessanten Unterhaltung meine Mittagspause zu verbringen war sicherlich nicht die schlechteste Aussicht, bedachte man meine Alternativen. "Hier in der Nähe gibt es mehrere ganz annehmbare Garküchen, wenn Du lieber etwas einfaches möchtest, und eine taberna, in der sie auch mittags schon gute Sachen anbieten, ganz zu schweigen von relativ kühlem Wasser und einem trinkbaren Wein. Wenn Du es mir gestattest, würde ich Dich gerne einladen."
    Zum einen schickte es sich nicht, wenn in einer taberna die Frau für sich selbst bezahlte, zum anderen waren die Sesterzen in meinem Beutel nie sonderlich festgewachsen, warum also nicht? Und wenn es ihr eine kleine Freude bereiten würde, war die Idee umso besser und angenehmer. Nicht zuletzt würde mir vielleicht noch das Vergnügen bleiben, mit dieser hübschen Iuno-Priesterin einige neckische Worte zu wechseln - so gesehen hatte meine Einladung nur Vorteile, wann kam man im Leben schon in eine solche Situation? Zumindest versprach die taberna Schatten, und das war im Augenblick jedenfalls für mich das überzeugendste Argument.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Vesuvianus
    "Ostia!", wiederholte der Beamte, nachdem er gegrüßt hatte. "Da haben wir womöglich mehr Glück als in Roma. Ich gehe mal nachschauen. Tarraco nehme wir uns anschließend vor."


    Damit erhob sich der beleibte Mann und watschelte zu einem Regal. Die Akte für Ostia war bereits stark gefüllt und dementsprechend schwer. Er setzte sie erleichtert auf dem Schreibtisch ab.


    "Hafennähe? Randgebiet? Marktnähe? Was soll es bevorzugt sein?"
    Erst hinterher stellte er fest, dass keinerlei Flecken in Hafennähe verfügbar war.


    Ich runzelte die Stirn und sann nach. Marktnähe war wohl für den Ausbau meines Fischereibetriebs vor allem für den Verkauf von Vorteil, und ich zweifelte nicht, dass Orestilla mit ihrem hübschen Gesicht die Kundschaft anziehen würde wie die Fische an warmen Tagen die Fliegen.
    "Nun, Marktnähe würde ich favorisieren, wenngleich es auch von Interesse wäre, wenn es noch etwas in Hafennähe geben sollte - aber ich bin da recht flexibel, der Betrieb, den die Parzelle ergänzen soll, läuft auch jetzt schon sehr gut und würde damit nur erweitert werden."