Mein sklavischer Begleiter blickte dem unmotivierten Ianitor nicht weniger unmotiviert entgegen und leierte sein eigenes Sprüchlein herunter, während ich hinter ihm stand und die Porta betrachtete.
"Mein Herr, sacerdos publicus Caius Flavius Aquilius, möchte mit dem Praefectus Praetorio Caecilius Crassus sprechen - in einer privaten Angelegenheit."
Beiträge von Caius Flavius Aquilius
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"Du schmeichelst mir," sagte ich mit einem leichten Schmunzeln in Richtung des Claudiers, um mich dann zu räuspern und meine Meinung ebenso kundzutun.
"Auch ich stimme für den Kandidaten." Immerhin konnte ich den Claudier schlecht zu seinem Glück zwingen, es hatten schon so viele für Gracchus gestimmt, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich war, dass ein Gegenkandidat noch eine Chance gehabt hätte.Aber schließlich wäre mein Vetter auch nicht für die Ewigkeit der Magister dieses Kultvereins. Ich zwinkerte Gracchus leicht zu und lehnte mich dann wieder zurück. "Aristides, das hier ist keine Subura-Saufgruppe," meinte ich grinsend in Richtung meines Vetters, der sich eifrig an den Weinvorräten der Salier gütlich tat, bevor ich ihm seinen Weinbecher einfach abnahm und selbst einige Schlucke daraus genoss.
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An diesem Tag - der glücklicherweise nicht so heiß war wie die Tage in den letzten Wochen - hatte ich eine saubere, weiße Tunika und eine ebenso saubere Toga angelegt, um gleich von vornherein klar zu machen, dass mein gesellschaftlicher Stand einige Etagen oberhalb der Subura anzusiedeln war. Begleitet wurde ich von einem der kräftigeren Sklaven des flavischen Haushalts, der auch für mich an die Türe der Casa Caecilia klopfte.
Nadia, was machst Du nur für Sachen, dachte ich bei mir und schüttelte im Stummen den Kopf. Wenn sie sich schon Schwierigkeiten einhandelte, dann waren es gewaltige Schwierigkeiten, und das ausgerechnet beim Praefectus Praetorio. Schlimmer hätte es kaum kommen können. -
Ich quittierte seinen Ausbruch mit keiner Regung, sondern verlegte mich ausschließlich auf die Beobachtung seiner Person. Er würde früh lernen müssen, wie die Dinge hier in Rom liefen, genau wie ich sie auf die harte Art und Weise hatte lernen müssen. In Athen hätten wir sicher stundenlang diskutieren können, aber nicht hier, nicht in Rom, nicht in dieser Villa, in der die Freunde in nur geringer Anzahl wohnten und bei der ich bei den anderen nicht recht wusste, ob sie Feinde waren oder werden würden.
"Um seinen Kumpan wird sich Brutus kümmern, ebenso um die Leiche," damit war das Thema für mich erledigt, zwei Tote in den Kloaken mehr oder weniger, wen kümmerte das schon? Und der Sklavenhändler hatte nicht wie jemand gewirkt, den man auf lange Sicht und tragische Art und Weise vermissen würde. Wahrscheinlich hatten wir heute der Menschheit sogar einen kleinen Dienst erwiesen.Ich schritt durch meinen Arbeitsraum, die Stirn gerunzelt, denn die Sauerei auf dem Boden gefiel mir ganz und gar nicht - aber sie würde zu entfernen sein. Blut war nicht viel geflossen, umso besser, ein umgekipptes Tintenglas ließ sich deutlich leichter erklären als alles andere. Allein um die verschmierte Ausgabe meines Cicero-Klassikers war es mir ein wenig traurig zumute, aber sie würde sich ersetzen lassen.
"Deine Wunden müssen versorgt werden und ein Schlafplatz sollte Dir auch noch zugewiesen werden," bemerkte ich in Richtung meiner Neuerwerbung und ließ sein restliches abergläubisches Gewäsch einfach unter den Tisch fallen. Schließlich waren diese Germanen Barbaren, was sollte man schon groß erwarten, ausser dass sie sich benahmen wie tollpatschige Kinder, wenn es um Kultur und Glauben ging?"NEFERTIRI!" brüllte ich zur Tür hinaus, und ich war mir sehr sicher, dass meine kleine Ägypterin diesem Ruf in keinem Fall widerstehen würde - sie kannte die Konsequenzen nur zu gut. Ausserdem - ich gestand es mir mit einem perfiden Vergnügen ein - welcher Mann war schon resistent gegen das Lächeln einer schönen Frau? Zumindest an diesem Abend würde der Germane vielleicht mit ein bisschen weniger Groll vor sich hin existieren, versorgt, gewaschen und nicht mehr hungrig würde sein Widerstand zumindest ansatzweise unter dem Gedanken zurücktreten können, dass es bei den Flaviern nicht so furchtbar sein würde zu leben ...
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Er hatte leise gesprochen, aber ich vernahm seine Worte dennoch - mein hispanischer Stier! - und obwohl ich in diesem Moment genau wusste, dass es mir Schmerzen bereiten würde, wenn ich lächelte, tat ich es dennoch. Das Stechen in meinem Gesicht wurde fast sofort angefacht, aber ich ertrug es, solange er mich anblickte, bevor ich die Augen wieder schloss, dankbar, nicht in der Obhut eines fremden Sklaven zurückbleiben zu müssen, sondern in Sciurus' Nähe. Wenn Gracchus ihm vertraute, dann war er allemal ein angenehmerer und erfreulicherer Aufpasser als jeder andere in diesem fremden Haushalt. Ich hörte das plätschernde Wasser aus der Schale neben meinem Bett, dann konnte ich schon das feuchte Tuch auf meiner malträtierten Stirn spüren - genauer gesagt jagte mir die Berührung einen Höllenschmerz durch den Leib, aber angesichts der Nähe des Sklaven verbiss ich mir jeglichen Laut so gut es eben ging.
"Wasser ...wäre gut," flüsterte ich, jetzt erst bewusst merkend, dass meine Lippen und mein Mund sich wie ausgedörrt anfühlten. "Hilf mir auf, sonst gibt das hier eine Überschwemmung." Ich versuchte mich alleine hochzustemmen, aber sogleich protestierte mein Körper auf das Energischste dagegen und ich musste mich auf die helfenden Hände des Bettgefährten meines Vetters verlassen, um nicht wieder herunterzukippen. Ein seltsames Wabern aus Sternchen und schwarzen Schlieren machte sich vor meinen Augen breit, aber noch immer war ich einfach zu stur, es jetzt aufzugeben. So wartete ich ab, meine Kraft darauf konzentrierend, nicht umzukippen, während ich den Sklaven dabei beobachtete, wie er mein Getränk organisierte. Seine geschmeidigen Bewegungen hätten wohl zu jeder anderen Zeit mein Auge und meine Sinne erfreut, aber heute drängte sich anderes in den Vordergrund, nicht zuletzt der bittersaure Geschmack eines umgekehrten Mittagessens in meinem Mund.
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Als die Welt endlich aufgehört hatte, in blitzenden und blinkenden Sternchen vor meinen Augen zu verschwimmen, begann ich langsam zu realisieren, wo ich mich befand, beziehungsweise, dass ich mich nicht mehr auf der Straße befand, sondern an einem deutlich besser riechenden Ort, einem Ort, der von unten her weich und flauschig war und irgendwie nach Parfum duftete. Aber bevor sich ein Teil meines Gehirns fragen konnte, wo ich mich befand, war es Gracchus' Gesicht, das meine Aufmerksamkeit auf sich fesselte. Mit leerem Magen nun fühlte ich mich deutlich besser, wenngleich mir so ziemlich jeder Teil meines Körpers im Augenblick Schmerzen bereitete, aber ich wusste tief in meinem Inneren, dass dort, wo sich Gracchus befand, alles in Ordnung war. Das vertraute Gesicht meines Vetters beruhigte mich, und seine Worte, die von tiefer Sorge geschwängert schienen, ebenso.
"Frag mich nicht," brachte ich mühsam, aber diesmal verständlicher, hervor. "Ich hatte mich nur an die Wegbeschreibung gehalten und irgendwer hat meinen Sklaven ausgeborgt, also musste ich allein gehen, die Villa war ja fast leer ..." Wenn ich den erwischen würde, der sich Rutger unter den Nagel gerissen hatte! Das würde noch eine gewisse Diskussion geben, das wusste ich sehr genau. Vielleicht auch die direkte Weitergabe meiner Schmerzen an die betreffende Person.
Ich erkannte Sciurus im Augenwinkel und nickte, wusste ich doch, dass Gracchus heute nicht nur zum Vergnügen erschienen war, sondern vor allem als Priester, der das Opfer vollziehen musste - und so gern ich seine Nähe auch noch etwas genossen hätte, dieser Pflicht durfte er sich nicht entziehen. Die Götter kamen vor den Menschen."Geh nur," sagte ich und drückte langsam seine Hand, ich versuchte sogar, etwas wie ein Lächeln zustande zubringen, was allerdings gründlich misslang, da ich dabei bemerkte, dass auch im Gesicht so ziemlich jeder Fleck irgend etwas abbekomen zu haben schien. "Mach Dir nicht zuviele Sorgen, Du weisst ja, es braucht viel, uns hispanische Flavier loszuwerden," witzelte ich missglückt und blinzelte Gracchus zu, ein zweites Mal seine Hand drückend. "Sciurus wird sicher gut auf mich aufpassen." Ich ließ mich auf dem Bett zurücksacken und atmete tief ein, eine weitere Schwade Schwärze vor meinem inneren Auge vorbeitreiben sehend. So etwas konnte ja auch nur mir passieren, auf dem Weg zu einem kostenlosen Besäufnis mit sicherlich recht vielen attraktiven Frauen zusammen geschlagen zu werden ...
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Nefertiri hatte wohl gemerkt, dass ihr von Seiten des Septemvirs eine gewisse Aufmerksamkeit entgegen gebracht wurde, denn immer, wenn sein Blick sie fand, erwiederte sie diesen recht bald mit einem sanften Lächeln auf den wohlgeformten und mit etwas Lippenrot betonten Lippen. Als er ihr zuzwinkerte, legte sie die Hand vor den Mund, kicherte dahinter kaum hörbar, natürlich darauf achtend, dass ich es nicht mitbekam - aber ich kannte meine kleine süße Bettgefährtin zu gut, um nicht zu wissen, dass er ihr gefiel und sie sicher nicht ablehnend auf irgendwelche Offerten reagiert hätte, wären sie von seiner Seite aus in ihre Richtung gekommen. Ich beschloss, mir dies als Gedanken im Hinterkopf zu bewahren, sollte sich unsere Bekanntschaft als nutzbringend erweisen, würde er sicherlich einer Nacht mit ihr nicht abgeneigt sein - welcher normal denkende Mann wäre dies auch gewesen, hätte er die Gelegenheit gehabt, diesen weiblichen, weichen Körper in seinen Armen spüren zu dürfen?
Aber bevor mich diese Überlegungen zu sehr ablenken konnten, überwachte ich lieber das Kochen der vitalia mit strengem Blick, wenn jetzt noch irgendwas schiefging, wäre der ganze Aufwand fast umsonst gewesen, und in den letzten Runden vor der Zielgeraden mit einem anderen Wagen zu kollidieren war auch im Rennsport nicht gerade die angenehmste aller Vorstellungen. Als die Opferhelfer die gekochten vitalia zurückbrachten und auf dem Altar deponierten, warf ich nochmals einen prüfenden Blick auf die Organe, um sicherzugehen, dass nichts fehlte, dann ließ ich mir wieder die Schale mit der mola salsa reichen und bestrich die gekochten Innereien damit, bevor ich vom anderen Opferhelfer eine Kelle gereicht erhielt, in welcher bereits auf Kohlen Feuer gelegt war, sodass ich mit diesem nur in aller Ruhe Stück für Stück der Innereien in Brand setzen musste. Der beißende Geruch nach verbrennendem Fleisch stieg mitsamt dem dunklen Qualm in den Himmel auf, der bei solchen Vorgängen nun einmal entstand, wurde aber recht bald von einem aufgekommenen, lauen Lüftchen zerstreut, sodass ich diesem nicht allzu lange mit meinem Blick folgen konnte.
Keine Katastrophen, der Tempel stand auch noch, es war kein Blitz auf mich hernieder gegangen - zumindest momentan schien es so, als sei alles überstanden und der Tempel des Mars um einige Fleischstücke reicher, die heute sicherlich noch reißenden Absatz finden würden. Innerlich atmte ich auf, auch wenn ich nicht zu tief einatmete, um den Gestank nicht zu sehr in die Nase zu bekommen, dann ging mein Blick wieder hinüber zum Septemvir, der glücklicherweise in diesem Augenblick nicht zu Nefertiri geschielt zu haben schien.
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"Natürlich," sagte ich und atmete tief ein, bevor ich dem Sacerdos freundlich zunickte, zum einen dankend, zum anderen verabschiedend, um dann in Begleitung des Septemvir in Richtung des Tempelausgangs zu schreiten, hinter welchem die Treppe herab wartete. Auch Nefertiri stand dort, den Korb mit dem sehr stillen Ferkel darin an den Körper gepresst, sie gedachte uns beiden ein sanftes Lächeln zu, während ihr Blick von mir eilig zu meinem Begleiter huschte. Ich hatte ihr den Septemvir beschrieben, und so mochte sie nun wissen, dass es ans Eingemachte ging.
Der Opferaltar lag ausserhalb des Tempels, klugerweise vor jenen aufgebaut, sodass einerseits öffentliche Opfer von vielen Menschen beobachtet werden konnten, zum anderen das ganze herausfließende Blut nicht das wertvolle Tempelinnere beschmutzen würde. Wenigstens hatten meine Vorbereitungen dafür gesorgt, dass inzwischen auch zwei Opferhelfer eingetroffen waren - jene nahmen Nefertiri das lammfromme Ferkel ab, und unter dem Schein der an Kraft gewinnenden Morgensonne trat ich an das bereitgestellte Wasserbecken, säuberte dort sorgfältig Arme und Hände, um meine rituelle Reinheit zu beweisen. Getaucht in das goldene Licht, beobachtete ich, wie die Opferhelfer mein sorgfältig überprüftes rotfelliges, männliches Ferkel festbanden, das sich weit weniger wehrte als meine Testferkel in der Villa Flavia - den Göttern sei Dank! - und war mir sicher, dass ich bei dem Tier auch bei der nun gleich folgenden Überprüfung keinen Makel entdecken würde. Es gab nichts nervigeres, als beim Opfern feststellen zu müssen, ein Tier voller Makel mitgebracht zu haben, also hatte ich es vorher überprüft. Nefertiri hielt einen Respektsabstand, aber das war mir ganz Recht so - sie war eben eher die Kulte ihrer Heimat gewöhnt und verehrte meine Götter mit weit weniger Inbrunst.
Viele Menschen sahen uns um diese Zeit nicht zu, aber das störte mich nicht. Gemächlich nahm ich das Gefäß mit der mola salsa an mich und weihte das stumme Ferkel mit der Flüssigkeit meinem Gott, Mars, dessen Aufmerksamkeit ich damit erhoffte. Dann band ich sorgsam die Blütengirlande los, die das Ferkelchen als Schmuck trug und überreichte diese einem der Opferhelfer, welcher sie kurzerhand an Nefertiri weitergab, um die Hände frei zu haben. Mit dem Opfermesser in der Hand strich ich dem Ferkel über den Kopf, bis hin zu seinem Ringelschwänzchen zurück, entkleidete es damit rituell und atmete abermals tief ein.
"Mamers, Du höchster Feldherr, Du Unbesiegter, Vater unseres Volkes und der Stadt Rom, Du, der Rächer ist und Hüter zugleich! Höre meine Worte, ich, der ich Dein Diener bin, biete Dir dieses Opfer an, auf dass es Deinem Ruhme, Deinem Namen diene. Lass Dir dieses Mahl durch meine Hand überbringen und erweise uns, Deinen Dienern, Deine Aufmerksamkeit!" Die Opferhelfer hatten währenddessen das Rauchwerk entzündet, sodass der würzige Geruch nach Weihrauch durch die Luft empor stieg und meine Nasenflügel kitzelte - jetzt bloß nicht niesen!. Wieder schweigend ließ ich einige Momente verstreichen, die bei einem normalen Opfer der Frage und Gegenfrage zwischen Opferherr und Schlächter gegolten hätten, dann fuhr mein Messer hernieder und durchtrennte die Schlagader meines Ferkelchens mit einem schnellen, harten Schnitt. Die Übung der beiden Probeläufe ließ mich zurücktreten, bevor die Blutfontäne mir entgegen schoss, doch einige Tropfen und Sprenkel bekam ich bei meiner blutigen Arbeit natürlich ab.
Einer der Opferhelfer drehte mein Ferkel auf den Rücken, als der erste Schwung Blut geflossen war, sodass ich es mit dem Messer aufschlitzen und langsam, wie es sich gehörte, ausweiden konnte - ein jedes Teil der für die Analyse gebrauchten Innereien legte ich nach und nach in die dafür bestimmten Schalen, die mir gereicht wurden, auch eine Schale Blut hatte ich gesammelt. Eingehend betrachtete ich die Organe auf etwaige Veränderungen, die Hausopfer vergangener Jahre hatten mich gelehrt, worauf es zu achten galt. Glücklicherweise hatte ich ein gesundes Ferkel erstanden und so wiesen die Innereien auch keine Fehler auf - mit einem inneren Frohlocken griff ich mir das Herz des Ferkels, verschloß die Aterien unten dran mit einem Finger, um nicht in Rot getaucht zu werden und reckte es gut sichtbar in die Höhe, um mit lautem Ruf zu verkünden: "Litatio!"
Nun konnte ich das Herz zurücklegen und die Zerteilung meines Opfertiers überwachen, das schnelle Klopfen meines Herzens hatte endlich ein normales Maß erreicht und ich fühlte mich auch nicht mehr ganz so, als müsste ich mich nackt vor einer Menschenmenge präsentieren, und die Ruhe nach dem Sturm tat mir gut. Wenn jetzt nicht noch ein Blitz vom Himmel hernieder fuhr, hatte ich den schlimmsten Teil überstanden ... ein kurzer Blick ging zur Seite, zum Septemvir, und ich hoffte, dass mein Handeln vor seinen Augen Bestand haben würde.
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Ich bekam von der Einrichtung ungefähr soviel mit wie vom Weg - nämlich absolut gar nichts. Dass mein Körper auf das weiche Bett herabsackte, war Gracchus zu verdanken, dessen helfende Hände mir den Weg bedeutet hatten, alles andere verschwand in einem Nebel aus Übelkeit und Schmerzen - dass mich auch der andere Sklave gestützt hatte, erlosch in meiner bewußten Wahrnehmung der eigentümlichen Szenerie schnell, aber wahrscheinlich lag es daran, dass ich Gracchus' Nähe eindeutig mehr gewöhnt war als alles andere. Die frische Luft, die sich durch das Zimmer ihren Weg bahnte, trocknete ein wenig den Schweiß auf meiner Stirn, und während ich einfach liegen blieb, ließ ich die Zeit an mir vorüberströmen, ohne allzu viel zu denken. Wenigstens war ich am Leben geblieben, auch wenn ich mich gerade sterbenselend fühlte.
Irgendwo am Rand meines Gesichtsfeldes blitzte eine leere Schüssel auf - und schon erklang das charakteristische Geräusch einer entweder durchzechten Nacht oder einer richtig üblen Prügelei: "Uuurrlllppp!" Mein Mittagessen, so frugal es auch gewesen war, landete in jenem Behältnis, während ich schief über jenes gekauert hängen blieb, glücklicherweise war der Sklave zur Stelle, meine Schultern zu halten, sonst wäre ich wohl mit dem Gesicht in meinem Erbrochenen gelandet. Warum konnte ich jetzt nicht einfach leise vor mich hin sterben? Ermattet sackte ich wieder zurück und versuchte, den Blick auf Gracchus zu richten, in der Hoffnung, er hätte das ein oder andere Wort zum Trost für mich übrig.
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Ich stöhnte innerlich. Ein Sklave mit einem Hang zur Philosophie - in Athen hätte mir das noch gefallen, aber hier in Roma blieb keine Zeit und kein Raum für derlei Gedankengut, das würde er schnell lernen müssen oder auf der Strecke bleiben. Zu jeder anderen Stunde hätte ich mich wohl auf eine Diskussion eingelassen, aber angesichts der Tatsache, dass gerade ein übel stinkender ehemaliger Sklavenhändler auf meinem Fußboden lag, verging mir jegliche Lust auf längere Gespräche.
"Du magst in Deinem Kopf denken, was Du willst, diese Freiheit besitzt jedes ... Lebewesen. Aber nach außen hin wirst Du sein, was Du bist: Mein Sklave, mein Besitz, mein Eigentum, hast Du mich verstanden, Rutger? Du wirst mich begleiten, wohin ich gehe, und meinen Körper vor unbefugten Zugriffen schützen. Dafür wirst Du ein ruhiges Leben gewinnen, dich hier zurechtzufinden lernen und wenn Du Dich bewährst, werde ich Dich nicht vergessen zu belohnen. Du wirst keine Ketten tragen, sondern mein Gefährte sein bei dem, was ich zu tun habe, hast Du das verstanden?"Ich beobachtete ihn einige Momente lang, wie er sich mit dem Schlüssel und seinen Ketten abmühte, registrierte dabei auch, dass Brutus den Raum wieder betreten hatte und den Leichnahm des Sklavenhändlers mit der mitgebrachten, einfachen Decke verhüllte. Schweigend ergriff ich den Schlüssel, schob ihn in das einfache, aber wirkungsvolle Schloss und öffnete seine Ketten damit, half ihm, die schweren Eisen abzunehmen, ohne dass seine Wunden erneut berührt wurden. Er sah, um es genau zu sagen, entsetzlich aus, aber es würde kein Zustand von Dauer bleiben, dafür würde ich zu sorgen wissen.
"Du hast Glück, bei den Flaviern gelandet zu sein und nicht bei irgendeiner anderen Familie. Wir behandeln diejenigen gut, die uns gut dienen, vergiss das nicht." Mein Blick glitt zu seinem Gesicht hinauf, und dieses Mal tauchte mein Blick sehr direkt und forschend in den seinen. -
Es war spät in der Nacht, als ich in mein cubiculum zurückkehrte, und ich hätte mich fast schon an der Türschwelle auf meine eigene Nase gelegt - der Wein in dieser kleinen taberna war zu gut gewesen und ich hatte zu viele Münzen bei mir gehabt, sodass es ein recht feuchtfröhlicher Abend gewesen war. Ab und an musste auch ein angehender sacerdos den Kopf frei bekommen. Als ich mich auf mein Bett warf, bemerkte ich, dass Nefertiri nicht darin lag - sie wartete meist, bis ich zurück war, bevor sie sich zu mir begab - dafür aber ein Brief auf mich zu warten schien.
Ich griff gähnend danach, rollte ihn auf und las ihn mit einem immer größer werdenden Ausdruck des Staunens durch, bevor ich leise vor mich hin seufzte. Dorthin also war sie entschwunden, ich hatte schon vermutet, sie wäre mit ihrem geheimnisvollen Geliebten auf und davon gegangen ... nun, ich würde mich darum kümmern, aber nicht mehr heute. Schon öffnete sich leise die Türe und die schlanke, weibliche Gestalt meiner liebsten Bettwärmerin schlüpfte in mein Schlafzimmer, um mir die trüben Gedanken zu vertreiben, die mich stets in Rom bewegten ...
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Mannhaft kämpfte ich gegen meine Übelkeit an, eine Hand an die Wand gestützt, während ich darauf wartete, dass irgendeiner meiner Verwandten auftauchen würde, um mich vom misstrauischen Blick dieses verdammten Zwerges zu erlösen. Wäre ich nicht so durchgeprügelt gewesen, hätte ich mir sicherlich solch ein Verhalten nicht bieten lassen, aber derzeitig brauchte ich all meine Kraft dafür, mich nicht zu übergeben und auch nicht vornüber auf den sauber gescheuerten Boden zu sacken. Als endlich die allzu vertrauten Umrisse meines Vetters - den Göttern sei Dank, es war Gracchus! - auftauchten, atmete ich hörbar auf, gefolgt von einem dumpfen Schmerzlaut, als meine Lunge und eine wohl angeknackste Rippe aneinander rieben und mir einen stechenden Impuls jähen Schmerzes durch den Körper jagten.
"Eine ... kleiner .. Prügelei," brachte ich mühsam hervor und stützte mich sogleich halb auf meinen Vetter, dankbar um einen Halt, an den ich mich im Moment klammern konnte. "Ich wurde überfallen, auf dem Weg hierher." Das musste als Erklärung reichen, denn ich fühlte meine Beine schwach und schwächer werden, stolperte Gracchus mehr entgegen, als dass ich ihm entgegen kam. "...bin froh, dich zu sehen ...das glaubst Du nicht," murmelte ich mehr als ich sprach, dann begannen wieder irgendwelche Sternchen um meine Augen zu tanzen und ich fühlte, dass die Welt irgendwie an mir vorbei sackte, mich in eine wohltuende und vor allem schmerzfreie Dunkelheit schickend.
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Die Leiche auf dem Boden sah aus, wie alle Leichen irgendwann aussehen: Ziemlich abstoßend. Brutus' Blick huschte zwischen mir und dem Germanen hin und her, aber er war klug genug, über das Gesehene zu schweigen, allein schon aus der Gewohnheit heraus, dass man Flaviern nicht widersprach. "Hol eine Decke zum einwickeln," wies ich ihn an und er verließ eilig mein Arbeitszimmer, um den Befehl auszuführen, während ich mich langsam wieder aufrichtete und meine widerspenstige Neuerwerbung zu betrachten begann. Ein vages Prickeln in der Lendengegend stellte sich ein, während mein Blick über seine trotz der erlittenen Schwächungen noch kräftig wirkende Gestalt glitt, die Oberarmmuskeln, die der Beine, seinen kräftigen Brustkorb mit den fein ausdefinierten Linien, derzeitig allerdings von Schmutz und Entbehrungen gezeichnet. Mit einer guten Ernährung würde er umso besser aussehen, umso anziehender ...
Ich vertrieb den Gedanken zumindest vorerst aus meinem Hinterkopf. Es würde noch genug Zeit dafür bleiben, seine Neigungen zu erkunden, jetzt war anderes deutlich wichtiger. "Lass ihn jetzt los. Er ist tot, toter bekommst Du ihn auch mit Deinen Ketten nicht," sagte ich knapp und trat einen Schritt zurück, bevor die Tintenlache meine Sandalen beflecken konnte. Was für eine Sauerei! Ich würde mir eine neue De res publica Ausgabe besorgen müssen, um die Ereignisse hier zu überdecken, der Blutschmierer war eklig genug, um sich nicht mehr auf die Lektüre konzentrieren zu können. Erst dann wanderte mein Blick zurück zu Rutger, dem ich leicht zunickte, als er sich vorstellte.
"Gut. Dann wird man Dich auch in Zukunft in diesem Haushalt bei Deinem Namen nennen, Rutger. Alles andere - woher Du stammst, was Du bist, hat in dem Augenblick geendet, als Dich mein Vetter in Besitz nahm. Wie auch immer Du Dich selbst bezeichnen magst, es ändert nichts an der Tatsache, dass Dein Leben und die Entscheidung darüber ab sofort in meiner Hand liegen und ich von diesem Recht Gebrauch machen werde, wenn Du Dich nicht Deinem neuen Stand entsprechend benimmst. Sieh den Tatsachen ins Auge, Rutger: Du bist nach römischem Recht Sklave, mein Sklave, mein Eigentum. Was immer Du tun wirst, es wird danach bemessen werden, wie Du vor dem römischen Recht stehst - und das ist mit Sklaven, die nicht gehorchen, gnadenlos." Mein Blick war strenger geworden, maß ihn mit einer Härte, die ihm klar machen sollte, dass ich nicht zu Späßen bereit war und ihm dieses 'ich bin Rutger, der kleine Chattenprinz'-Gehabe nicht durchgehen lassen würde. Dass ich eben geholfen hatte, einen Mann zu töten, darüber würde ich nachher nachdenken, aber nicht in diesem Moment, nicht jetzt. Zur passenden Zeit.
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"Ich denke schon, dass ich das schaffe, immerhin habe ich auch dafür geübt - nichts ist peinlicher, als vor dem Opfertier zu stehen und sich von oben bis unten mit dem Blut zu besudeln, weil man sich nicht rechtzeitig zur Seite gedreht hat," erwiederte ich auf die Worte meines Vetters Gracchus, bevor nach und nach alle anderen Verwandten eintrudelten und von mir mit einem leichten Nicken begrüßt wurden. Natürlich suchte ich mir, spätestens als Flavius Felix eintraf, auch einen Platz auf der Kline, das Herumstehen war ohnehin nur ein Zeitüberbrücken gewesen, wenngleich ein angenehmes. Ich genoss es, mich neben Gracchus platziert zu haben, und langte nach einer der Schalen mit dem Obst, kleingeschnittene Melonenstücke machten mir eindeutig den Tag zu einem angenehmeren. Während ich meine Melonenstücke genoss und ich Aristides beim geübten Traubenvernichten zusah, fasste Gracchus die notwendigen Tatsachen flavischer Geschichte der jüngsten Vergangenheit zusammen. Ein Familientreffen.
Eigentlich hasste ich Familientreffen, weil irgendwer mich stets daran erinnerte, welchem Zweig der gens Flavia ich entstammte - zumindest schien sich das heute noch etwas heraus zu zögern, oder aber der dicke Hammer lauerte irgendwo noch. Meine Erinnerung an Felix war ohnehin schwammig gewesen, unser letztes Treffen lag viele Jahre zurück - ebenso wie ich Lucullus noch als Knaben in meiner Erinnerung gehabt hatte, nicht als jungen Mann. Die Zeit verging deutlich schneller, wenn man nicht darauf achtete, stellte ich für mich fest und seufzte innerlich, den Unhalt der Melonenstückschale nach und nach dezimierend. Kurz blickte ich zu Aristides und musste grinsen, ein Stück Ei klebte an seinem Kinn, was ich mit einem leichten Deuten auf die entsprechende Partie meines Kinns andeutete - aber das Eintreten der jungen Arrecina lenkte mich dann doch ab. Tempus fugit! Als ich das letzte Mal dieses junge Mädchen gesehen hatte, war sie noch mit Tunika durch die Gegend getollt und nun - langsam begann ich mich wirklich alt zu fühlen. "Salve, Kleines," begrüßte ich meine Nichte und lächelte ihr leicht zu.
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"Salve, Gracchus," erwiederte ich, als ich seine Stimme hörte, und wandte mich langsam in seine Richtung, den auftauchenden Anblick in einem der hintersten Winkel meines Selbst genießend. Er hatte schon auf der Rostra zum Anbeißen ausgesehen, aber noch lieber war er mir im privaten Umfeld, mit diesem Hauch der familiären Intimität in seinem Auftreten, das andere sicherlich nie erblicken würden.
"Ich kann mich nicht beklagen, es war hier recht ruhig - Aristides hat mir aus Germania einen Sklaven geschickt, ein recht anstelliger Bursche. Allerdings fehlen ihm noch etwas die städtischen Manieren, was meinst Du, könnte ich Sciurus dafür gewinnen, ihm das ein oder andere beizubringen? Er soll mich schließlich nicht beim ersten Ausflug blamieren," fügte ich noch an und konnte den Anflug eines Schmunzelns nicht verhehlen, denn dass der Germane ein Prachtbursche war, würde weder Gracchus noch Sciurus entgehen können. "Ansonsten arbeite ich daran - meine zweite Prüfung steht bald an, und ich denke, langsam bin ich darauf angemessen vorbereitet. Wie ist es Dir in den letzten Tagen ergangen?"
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Ich war augenscheinlich der erste, der den Raum betrat, und fand diesen Umstand nicht allzu nachteilhaft. Angetan mit einer schlichten, dunkelroten Tunika hatte ich auf allen Tand verzichtet, einem angehenden Marspriester stand derlei auch nicht an, und war nach einem kurzen Zurechtmachen durch Nefertiris kundige Hände der Einladung ins Triclinium gefolgt. Still blickte ich mich um und betrachtete, die Hände auf dem Rücken ineinander verschränkt, die Wandmalereien, um mir die Zeit bis zum Eintreffen der anderen ein wenig zu verkürzen.
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Das Lächeln brachte den ianitor wohl doch noch dazu, das Anliegen der jungen Frau mit etwas mehr Freundlichkeit zu betrachten als vorher, so nickte er ihr nur knapp zu und drehte sich halb in Richtung des Hausinneren. "Nefertiri!" rief er der vorbei gegangenen Frau nach und wartete, bis sie zu ihm zurückgekehrt war. "Diese Frau hat eine Nachricht für deinen Herrn, die er schnell erhalten sollte." Damit blickte er die Ägypterin an, die sich genähert hatte und setzte ein zahnlückiges Grinsen auf - irgendwer hatte gemunkelt, sie sei recht freigiebig mit ihrer Gunst, man konnte es ja wenigstens mal versuchen.
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Dass diese Missgeburt es auch noch wagte, mir zu widersprechen, schickte meine Laune dann ins Bodenlose hinab. Was dachte sich dieser Zwerg eigentlich, dass er hier irgend etwas durch seine Haltung gewinnen konnte? Vor meinem inneren Auge lief ein Szenario ab, das sehr viel mit Blut zu tun hatte, oder aber im Ersticken hervorquellenden Augen - solange dieser Gedanke nur mit dem möglichst qualvollen Tod des Sklavenhändlers endete. Dass mir die Gedanken allerdings so schnell in die Tat umgesetzt werden würden, hatte ich auch nicht gedacht - schon gar nicht, dass der Sklave eine so brutale Eigeninitiative entwickeln würde. Langsam verstand ich die Worte meines Vetters, aber es machte auch eine schnelle Entscheidung notwendig. Entweder der schmierige Alte würde überleben und hätte die Gelegenheit, das Erlebte weiterzusagen, oder aber er würde sterben und ich hätte eine Leiche am Hals. Wenngleich man hier mit einer Leiche in Rom sicher besser zurecht kam als mit einem lebendigen Erpresser ...
Der dumpfe Aufschlag des Schädels auf meinem Schreibtisch war seltsamerweise ein ausgesprochen befriedigendes Geräusch, dass er mir meine Schriftrolle mit dem Blut dieses Dreckskerls befleckte, weniger - und so hörte ich wie aus weiter Ferne meine Stimme kommandieren: "Brutus!" Bevor ich meinen Satz zuende führen konnte, sah ich das Blitzen im Ärmel des Sklavenhändlers, das Tasten seiner Hand dorthin und stürzte mich nun ebenso auf ihn, sodass ich die Hälfte der Ladung aus meinem Tintenfass noch abbekam, ebenso Blutspritzer und einen Tritt in die Richtung meiner Lendengegend, aber ich ignorierte den Schmerz, so gut es nur möglich war - sobald er eine Waffe in die Finger bekam, würde er gefährlich werden, also musste ich das verhindern.
Dieser Kampf hatte nichts mehr mit dem freundschaftlichen Rangeln zu tun, das mich mit meinem Vetter Gracchus oft in den Staub geschickt hatte, auch nichts mit den sonstigen Trainingseinheiten im gymnasión - hier kämpfte ein Mensch um sein Leben und verlor diesen Kampf gegen einen deutlich stärkeren, deutlich kampfgeübteren Mann, der zudem stinksauer war.
Brutus stürmte in den Raum und blickte sich knapp um, sah mich im Kampf und griff ebenfalls sofort ein - ich erwischte den verdammten Dolch endlich und kassierte dafür einen herben Schlag des Händlers in meine Seite, der sich noch immer verzweifelt und erstaunlich kräftig wehrte. "Er hat mich angegriffen!" schob ich kurzerhand die ganze Schuld auf Syagrius und der hühnenhafte Brutus wusste sofort, wie er mich zu verstehen hatte - er packte den anderen Arm des Händlers und versuchte ihn damit im Griff zu halten, während ich den Dolch so weit wie möglich fortschleuderte. Er hatte wie so viele die Waffe zu seinem Schutz mitgenommen gehabt, obwohl es verboten war, in Rom Waffen zu tragen, und nun hob ich den Blick zu meiner Neuerwerbung mit dem wutverzerrten Gesicht, dessen heißen Atem ich genauso deutlich auf meiner Haut fühlte wie sich Syagrius in unser aller Griff wand, langsam schwächer zu werden schien.
"Du wirst mir in Zukunft gehorchen," zischte ich Rutger entgegen, im Blick einen Ausdruck, der deutlich machte, dass er ebenso sterben würde und es mich nicht mehr Zeit zum Überlegen kosten würde als im Fall des ekelhaft stinkenden Sklavenhändlers, ihn in den Tod zu schicken.
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Irgendein Gott musste mir an diesem Tag wohl gewogen sein, welcher es auch immer war, ich entsandte gleich zwei Dankgebete auf einmal innerlich gen Himmel - dass der alte Sacerdos mir zu Hilfe kommen würde, hätte ich zu allerletzt erwartet, und nochmal Wein aus dem Keller der Villa Flavia Felix zu klau.... mitzunehmen, würde sicherlich irgendwann einmal einem der Sklaven auffallen, etwas, was ich eigentlich gern zu vermeiden versuchte. Es musste mir ja schließlich nicht sofort angesehen werden, dass ich meinen Teil meines väterlichen Erbes verju... sinnvoll investiert hatte, schon gar nicht irgendein Teil der italischen Flavier. Bei den Worten des Sacerdos fielen mir die Alpen vom Herzen, und zum ersten Mal an diesem Morgen fühlte sich mein Herzschlag zumindest innerlich wieder halbwegs normal an.
"Äh, danke," sagte ich zu Plocius Plancus und nickte ihm aufatmend zu. "Es erschien mir für eine .. Prüfung ...einfach passender." Der erste Teil des Ganzen schien also überstanden, und ich hoffte immernoch, dass ich mich beim blutigen Opfer nicht allzu sehr blamieren würde - wenigstens gab es hier kein Atrium mit impluvium in der Nähe, sodass die Chance auf ein wegrennendes Ferkel mit anschließender Blut-Wasser-Sauerei deutlich geringer war.
"Und nein, ich habe das Tier noch nicht geschlachtet, meine Sklavin hat es bei sich - vielleicht hast Du sie gesehen, sie wartet vor dem Tempel," beeilte ich mich auf die Rückfrage des Septemvir zu antworten und hoffte, dass Nefertiris Lächeln einen gewissen Teil seines verständlichen Unmuts kompensieren würde. -
Der ianitor betrachtete die Besucherin ungnädig. So oder so, er konnte jetzt zwischen der Arbeit wählen, sie fortzuschicken, und das gab bei den meisten Frauen immer eine große Heulerei, oder aber er kümmerte sich darum, dass der Flavier seine Nachricht erhielt - als er etwas weisses an sich vorüber huschen sah, räusperte er sich und blickte der Person in jenem duftig leichten Kleid nach, bevor er sich wieder der Sklavin an der Tür zuwandte.
"Der Herr wird Dich nicht empfangen, aber wenn Du seiner Leibsklavin Deine Nachricht übergibst, erreicht sie ihn sicher." Als ob ein Flavier sich schon mit jedem Wesen von der Straße abgeben würde, was dachten sich die Mädchen heutzutage eigentlich?