Beiträge von Helvetia Severina

    Severina hatte die restliche Zeit schweigend daneben gesessen, nur wenig von den Speisen gekostet und sich auch nur einen Schluck verwässerten Wein gegönnt. Sie wollte vor dem Proconsul ja auch nicht als gefräßig oder dem Wein zugetan erscheinen, obwohl sie ja schon gehört hatte, dass Matinius diesbezüglich eher tolerant war. Als der Proconsul dann letztendlich aufbrach, verabschiedete auch sie sich von diesem, begleitete ihn aber nicht nach draußen.


    Als ihr Vater sich an sie wandte, antwortete sie zunächst nur ein "Natürlich, Vater. Wie du wünschst." Die brennende Frage, ob sie jetzt schon versprochen war, obwohl sie den Sohn des Proconsuls ja gar nicht kannte, sprach sie nicht aus. Zu sehr fürchtete sie sich vor der Antwort. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die von ihrem Vater gestellten Aufgaben. "Soll ich mich auch um die Reisevorbereitungen nach Hispania kümmern? Wird Mutter uns begleiten?"

    Severina war ausserstande, die Frage des Proconsuls zu beantworten, und daher sehr froh, als ihr Vater ihr dies abnahm. Doch sie traute in Folge ihren Ohren nicht, schlug da der Proconsul tatsächlich eine Verbindung zwischen ihren Häusern vor? Eine Verbindung zwischen ihr und dem Sohn des Proconsuls?


    In den ersten Momenten konnte sie nicht mal denken, so sprachlos war sie. Sicher hatte sie gewusst, dass es eines Tages soweit sein würde, natürlich, sie wurde ja von Kindheit an ständig daran erinnert. Doch hatte sie eigentlich gedacht, dass sie vor einer etwaigen Verlobung ihren Zukünftigen kennen lernte oder zumindest dass ihr Vater sie zunächst in die Gesellschaft einführte. Freilich, dass letzteres nicht geschah, lag bestimmt an der vielen Arbeit ihres Vaters, dessen war sie sich ganz sicher.


    Wie froh war sie, als das Thema endlich gewechselt wurde. Auf die Aufforderung ihres Vaters hin, ebenso tüchtig zu zulangen, antwortete sie nur ein schüchternes "Ja, Vater." und verhielt sich sonst schweigend. Eine Dame hatte nicht geschwätzig zu sein, das brachte man ihr bei und daran hielt sie sich auch peinlich genau... ausserdem hätte sie zum Gespräch ohnehin nichts beizutragen gewusst.

    Zitat

    Original von Publius Matinius Agrippa
    "Nun Severina, hast du schon Pläne, was deine zukunft betrifft?"


    Gerade erst hatte sie einen kleinen Bissen schlucken können, denn die Aufregung, einen Proconsul im Hause zu haben, versperrte ihr den Magen und schnürte ihre Kehle zu. Nur mit Not konnte sie ein Zittern ihrer Hände verbergen, und sie schalt sich selbst, weil sie einfach nicht die Gewandtheit mondäner römischer Frauen innehatte, die die Gäste mit amüsanten Späßen und ungezwungenen Gesprächen unterhalten konnten.


    "Meine Zukunft, Proconsul?" fragte Severina eher unnötig nach und wusste eigentlich auch nicht so recht, was Agrippa damit meinte. Sie warf einen schnellen Blick auf ihren Vater, dann erst antwortete sie. "Nein, Proconsul. Das heisst, ich bin noch nicht versprochen, Proconsul."

    Severina wurde ganz rot, als sie das Kompliment des Proconsuls vernahm. Sie wagte nicht, die Augen zu heben, ihre Schüchternheit befahl es ihr. In diesem Moment erschien ihr der Proconsul zu mächtig, als dass sie ihn geradewegs in sein Gesicht blicken könnte. Ihre Hände begann leicht zu zittern, weswegen sie, sozusagen als Hilfe und Anhaltspunkt, die Hände ineinander verschränkte.


    Erst die Aufforderung ihres Vaters ließ sie ihr Gesicht erheben. "Ja gerne, Papa." sagte sie leise und ließ sich von einem Sklaven den Korbsessel zurechtrücken, in welchem sie sich in angemessenem Abstand zum Proconsul niedersetzte und sich von einem anderen Sklaven das Essen reichen ließ.

    Severina wurde ganz verlegen. Sie tadelte in Gedanken den Sklaven, der sie rief, hatte dieser sie doch nicht auf diesen hohen Besuch vorbereitet. Denn sonst wäre sie in eine ihrer besten Tuniken gekommen und nicht in diesem eher normalen, den sie in diesem Moment anhatte. Doch jetzt war es zu spät, sich zurückzuziehen und erneut einzukleiden.


    Schüchtern schlug sie ihre Augen nieder. "Es ist mir eine Ehre, Proconsul Matinius." Ein Proconsul als Freund der Familie zu bezeichnen... sie fand keine Worte. Ihr Vater musste nun wirklich zu den politischen Grössen des Imperiums gelten, wenn er so etwas sagen konnte.

    Der Sklave hatte Severina in ihrem Cubiculum gefunden, wo sie sich der Beschäftigung einer tugendhaften Dame hingab, nämlich dem Weben. Selbstverständlich unter den wachsamen Augen von Drusilla, ihrer Amme, die jeden auch nur winzig kleinen Fehler sofort bemerkte und Severina tadelnd auf diese hinwies. So war sie nicht wirklich unglücklich, als der Sklave eintrat und ihr den Wunsch ihres Vaters mitteilte.


    "Oh, natürlich. Ich komme sofort." Severina überprüfte noch schnell den Sitz ihrer Haare und folgte sogleich dem Sklaven. Als sie ins Triclinium eintrat, hellte sich ihr Gesicht auf. "Vater, du hast mich rufen lassen?" Erst dann bemerkte sie den Gast. "Oh. Verzeihung, ich wusste nicht, dass wir Besuch haben."

    Sim-Off:

    Sorry, hab den Thread vergessen...


    Zitat

    Original von Titus Flavius Milo
    "Der Kaiser ist der Kaiser. Im Prinzip könnte er ihm alles mögliche geben. Geld, Ländereien, Diplomae, Statuae oder auch eine Corona. Doch womit wir es in diesem Fall zu tun haben, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Spätestens in der nächsten Ausgabe der Acta Diurna werden wir es wohl erfahren."
    "Sie lassen sich ganz schön Zeit, dort oben. Ich hoffe, dass es bald etwas voran geht, denn ich bekomme allmählich Durst."


    Auch Severina war mittlerweile durstig geworden, doch hielt sie eine diesbezügliche Bemerkung zurück und die Parade und der Flavier neben ihr lenkten sie auch vom Durstgefühl ab. Doch als Milo selber die Sprache darauf richtete, bemerkte sie erst wirklich ihre trockene Kehle.
    "Ich auch." stimmte sie ihm leise zu. Mittlerweile war die Parade schon vorbei, doch die Menschenansammlung löste sich nur zaghaft auf. Sie würden also noch etwas warten müssen, bis sie beide ihren Heimweg antreten könnten.

    Zitat

    Original von Rediviva Minervina
    "Heiraten?" "Ich habe in seinem Falle noch kein bisschen ans Heiraten gedacht. Es ist ja nicht so dass..." "Nein, einfache Soldaten dürfen fürwahr nicht heiraten."


    Severina erschrak zuerst bei Minervinas Ausruf, doch dann verstand sie. Minervina dachte wohl, dass Severina von einer Hochzeit zwischen dem Iulier und ihr sprach, doch dem war nicht so. Eigentlich war ihre Frage allgemein gehalten, naja, das heisst, ein kleiner Hintergedanke war schon dabei. Doch diesen hatte Minervina bereits beantwortet. Und da Severina bemerkte, dass ihre neue Freundin nicht so gern über Constantius sprechen wollte (ausserdem war das Thema Männer und Hochzeiten sowieso schon zur Genüge besprochen, wie Severina fand), suchte sie nach einem anderen passenden Gesprächsthema.


    Ein genüssliches Strecken und einmal Kopf-in-das-Wasser-tauchen später hatte sie ein solches Thema auch gefunden. "Sag mal, du bist ja schon länger als ich in Rom, oder?" begann sie mit freudig leuchtenden Augen. "Du weisst doch sicher, wo man in Rom hingehen kann, also wenn es einem langweilig ist, nicht wahr?"

    Zitat

    Original von Titus Flavius Milo
    "Nein, tut mir leid. Ich fürchte, so gut sind meine Augen nicht. Sie sind zu weit weg und es ist zu klein. Sicher handelt es sich um irgendeine Form von Auszeichung. Nach einer Diploma sieht es allerdings nicht aus ..."
    "Vielleicht haben wir Glück und ein Ausrufer teilt es der Menge noch mit."
    "Gleich ist bestimmt der Kaiser an der Reihe. Ich bin gespannt, was er seinem ehemaligen Praefecten für eine Ehrung zuteil lassen wird."


    Auch Severina konnte nichts erkennen, aber auch nichts hören. Auf einen Ausrufer hatte man vergessen, so sah es zumindest aus. Die Parade schien sich nun endgültig dem Ende zuzuneigen, Bona Dea sei Dank, denn durch das viele Stehen und Warten schmerzten ihr schon ein wenig die Füsse. Die Sandalen, die sie jetzt anhatte, waren todschick und eigentlich auch bequem, doch für solch lange Stehzeiten nicht wirklich geeignet. Und jetzt, wo sie sich dieser Unbequemlichkeit gewahr wurde, sehnte sie sich nach einem Sitzplatz. Nur mit etwas Mühe konnte sie sich eine leidende Miene verkneifen, Severina musste Haltung bewahren, das wurde ihr ständig eingetrichtert.


    Milo lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kaiser. "Was könnte der Kaiser für Ehrungen denn geben?" fragte sie neugierig

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    Original von Titus Flavius Milo
    Schmunzelnd blickte Milo der jungen Frau in die Augen und versuchte aus ihr schlau zu werden. Für weitere Beteuerungen fehlte ihm jedoch plötzlich die Zeit, da die Vorführung der Prätorianer endlich begann und der Lärmpegel wieder stieg. Nur widerwillig vermochte er seinen Blick von ihr zu lösen und den Reitern auf ihren Pferden zuzuwenden.


    Severina war erleichtert, als er endlich seinen Blick von ihr abwandte. Sie fürchtete um ihre Haltung, musste aber insgeheim zugeben, dass es ihr sogar ein ganz klein wenig gefiel. Allerdings stellte sie sich die Frage, ob nur er es so spielend schaffte, dass sie ihre innere Contenance verlor, oder ob es ihr bei den anderen Männern auch so gehen könnte. Sie liess sich jedoch keine Zeit, dieser Frage intensiv nachzugehen, denn die Vorstellung der Prätorianer nahm sie sogleich in ihren Bann, das heisst, die Prätorianer und der junge Mann neben ihr. Die Situation war verwirrend für Severina, doch sie bemühte sich, sich auf die Parade zu konzentrieren, was ihr mit der Zeit auch gelang. Zu imponierend war diese Vorstellung, zu interessant der Scheinkampf, auch wenn Severina sich mehrmals fragte, ob echte Schwerter verwendet wurden oder nicht. Wenn sie Zeit gehabt hätte zum Nachdenken, hätte sie sich auch selbst die Antwort geben können, so aber sah sie nur zu und bemerkte dabei gar nicht, dass ihr der Mund vor Erstaunen ein wenig offenstand.


    Erst als der neue Praefectus Praetorio die Stufen hinaufging und etwas in die Höhe hielt, fand Severina ihre Sprache wieder. "Was ist das? Kannst du erkennen, was er in die Höhe hält?" fragte sie Milo, während sie sich dabei auf ihre Zehenspitzen stellt, in der irrealen Hoffnung, so mehr erkennen zu können.

    Severina nickte anerkennend. Ein Iulier, eine alte Gens, die zwar nicht mehr so einflussreich war wie noch vor einigen Jahrzehnten, aber der alte Glanz schimmerte noch immer auf die Mitglieder dieser Gens. Anfang zwanzig, oh ja, dieses Alter würde Severina auch gefallen. Da sind die Männer erwachsen, aber noch nicht zu alt. Und wenn er erst Anfang zwanzig ist, ist er sicher noch nicht verheiratet, wie Severina schon befürchtet hatte.


    "Bei den Cohortes Urbanae? Die Soldaten dort haben hübsche Uniformen!" bemerkte Severina nebenbei. Auf den Märkten waren die Urbaner ja sehr präsent und Männer in Uniform sind ... Männer in Uniform. Und wenn sie dann auch noch gut aussahen, so wie vermutlich dieser Constantius... Severina konnte Minervina gut verstehen. Und wieder beneidete sie Minervina, denn sie selber war ja noch nie wirklich verliebt gewesen.


    "Darf ein Soldat überhaupt heiraten?" Gerade fiel ihr dieser Gedanke ein und schon war er ausgesprochen.

    Sim-Off:

    Kein Ding^^


    Severina nickte heftig und freudig erwartend. "Natürlich!" bemerkte sie schon fast beleidigt dazu. Als ob sie etwas ausplaudern würde. Wem auch? Sie kannte ja niemanden in Rom. Und wer weiss, wann sie überhaupt nach Rom wieder zurückkommen würde, nachdem ihr Vater ja bestimmt hatte, dass sie von nun an in Ostia leben sollten.


    Ihre Neugierde steigerte sich fast ins Unermessliche. Warum Minervina eigentlich ein Geheimnis draus machen wollte, wusste sie nicht. Vielleicht eine hochgestellte Persönlichkeit? Eine verbotene Liebe? Oder war er gar verheiratet? 8o Doch gleich schalt sie sich wieder, ihre Fantasie schlug Kapriolen, dabei wusste sie ja überhaupt nichts von ihm.

    Nachdenklich schaute Severina ihren Bruder nach. Nach Spanien ging er also, um für den Proconsul dort zu arbeiten, das hatte sie bereits erfahren. Wie es ihm ging, was er so gemacht hatte, als Severina weg war und wie er überhaupt zu dieser Arbeit gekommen ist, das hatte sie nicht erfahren. Ob Vater ihm dabei geholfen hatte? Wenn ja, dann war das für Severina der endgültige Beweis, dass Vater nun tatsächlich zu einem grossen Politiker avancierte. Wenn man solche Beziehungen hatte, musste es so sein.


    Etwas betrübt sah sie nun ihren Vater an. Unglücklich schien er, wie immer wenn er und ihre Mutter zur gleichen Zeit zu Hause waren. Ob er deswegen so selten hier war? Oder war das einfach so, wenn man Politiker war? Vielleicht auch beides? Für Severina bedeutete es schlicht, dass ihr Vater wenig Zeit hatte für sie. Schon mehrmals hatte sie sich gefragt, warum ihr Vater sich nicht einfach scheiden liess von Mutter. Heutzutage war es ja relativ einfach. Aber er wird schon seine Gründe haben, das genügte ihr vorerst.

    Zitat

    Original von Titus Flavius Milo
    "Oh, das tut mir leid für ihn. Ich wusste nicht, dass er in der letzten Zeit so sehr abgebaut hat. Er war ein großer Mann, soweit ich von ihm gehört habe."
    "Hast du schon konkrete Pläne für deine Zukunft? Gibt es etwas, was du dir besonders erhoffst?"


    Severina bemerkte mit einer erneuten gewissen innerlichen Unruhe, wie nah Milo zu ihr rückte. Es war ihr nicht wirklich unangenehm, das wirklich nicht, aber dennoch war wohl zum ersten Mal ihr ein Mann so nahe, ausser Papa und ihre Brüder natürlich. Und das zählte nun wirklich nicht.


    "Er ist es noch immer." erwiderte sie auf eine etwas altkluge Art, während sie Milo dabei anblickte. "Er ist ja noch nicht gestorben und das wird er auch lange nicht." Mit ihren 16 Jahren hatte sie zwar schon die kindliche Vorstellung abgestreift, dass ihre Eltern und Verwandten ewig leben würden, der Tod war aber dennoch weit weg.


    "Pläne? Wenn du langfristige meinst, nein, die habe ich nicht. Kurzfristige habe ich nur vor, die schöne Parade zu sehen und die äusserst angenehme Gesellschaft zu geniessen." Bona Dea, sie hatte doch nicht gerade versucht zu flirten? Als sie dies bemerkte, räusperte sie sich verlegen und wandte seinen Blick von ihm ab. Severina spürte, wie heiss ihr Gesicht wurde und hoffte sehr, dass es nicht allzu rot anlief. Was war denn mit ihr los? Sie verstand sich selber nicht.

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    Original von Titus Flavius Milo
    "Zu seiner aktiven Zeit war dein Onkel Helvetius Geminus wohl eine ähnlich mächtige Persönlichkeit. Dir ist nicht zufällig bekannt, weshalb er sich vom politischen Geschehen zurückgezogen hat?"
    Milo wandte seinen Blick fragend wieder Severina zu.


    Severina hatte besorgt bemerkt, dass sich die Menschenmenge auch auf der Treppe vermehrte und wunderte sich daher nicht, dass Milo seinen Platz verliess und näher zu ihr kam. Dennoch wurde sie wieder ein wenig nervös ob seiner Nähe, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen und lauschte still seinen Worten über den scheidenden Praefectus Praetorio. Sie war diesem noch nie begegnet und hatte ihn jetzt auch nur schemenhaft erahnen können, aber sie war auch froh über diese Tatsache. Wer weiss, wie skrupellos die Menschen in solchen Positionen waren oder werden.


    "Onkel Geminus? Nein, das weiss ich nicht. Ich habe ihn noch nicht gesehen seit meiner Ankunft. Vielleicht hat es aber mit einer Krankheit zu tun, von der ich hörte. Weisst du, Onkel Geminus hatte irgendwann mal hohes Fieber, habe ich gehört, und in seinem Alter..." Severina musste wieder kichern. Ihr Onkel war zwar wirklich noch kein besonders alter und vor allem gebrechlicher Mann, aber in ihrer jugendlichen Naivität waren alle mit grauen Haaren schon steinalt. "Also in seinem Alter muss man sowas ja ernst nehmen. Sicher kuriert er sich nur aus." Sie nickte zur Unterstützung ihrer Worte.

    Zitat

    Original von Titus Helvetius Gabor
    "Severina! Es ist schön dich zu sehen. Auch du hast dich sehr verändert. Du bist Frau geworden in den letzten Jahren!"
    Langsam ging er auf seine Schwester zu und wusste nicht recht, wie er sie begrüßen sollte.


    Auch Severina wusste nicht so wirklich, wie sie mit ihm umgehen sollte. Bei ihrem Vater war das anders, da hatte sie sich gefreut, so sehr, dass sie gar nicht an andere dachte. Eine merkwürdige Frage, die Severina jetzt aber nicht weiterverfolgen konnte, dafür hatte sie später Zeit. Sie wischte also ihre Gedanken weg, gab sich einen Ruck und umarmte ihren Bruder.


    "Findest du? Ich weiss nicht..." Sie fühlte sich tatsächlich noch nicht als Frau, aber auch nicht mehr als Mädchen. Halbgar, ja, so fühlte sie sich im Moment und sie hoffte, dass dieser Zustand bald vorbei sein möge. Doch noch während der Umarmung fing Severina zu kichern an und löste sich aus seinen Armen. "Hihi. Dein Bart kitzelt."

    Severina weilte gerade in ihrem Zimmer, als sie Stimmengemurmel durch ihre Türe hörte. Beseelt von Neugierde stand sie auf, verliess ihr Cubiculum und schritt ins Atrium hinein.


    "Salvete Vater, Mutter... oh, salve Gabor." Etwas überrascht blickte sie ihren Bruder an, sie hatte ihn schon mehrere Jahre nicht mehr gesehen. Wie sehr er sich verändert hatte, er wirkte muskulöser und männlicher und der Bart... Ganz fasziniert begutachtete sie ihren Bruder. "Du hast dich verändert." bemerkte sie etwas überflüssig.

    "Constantius." sprach Severina den Namen langsam nach. "Das ist aber ein hübscher Name. So wohlklingend. Fast könnte man edel dazu sagen." grinste sie altklug. "Also wenn sein Wesen so ist, wie sein Name verspricht, dürfte er sicher ein guter Mann sein. Aus welcher Gens stammt er? Wie alt ist er? Dient er noch?" Fragen über Fragen, doch Severina war schrecklich neugierig. Sie hatte schon lange festgestellt, dass man mit Minervina herrlich tratschen konnte. Und am liebsten hätte sie noch mehr Fragen gestellt, wenn ihr zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen wäre, dass Severina ein ganz undamenhaftes Verhalten an den Tag legte.


    "Ach verzeih, ich löchere dich bestimmt." unterbrach sie sich gewissermassen selbst. "Aber du hast mich jetzt auch schon zu neugierig gemacht." Constantius... Das klang nach einem schönen, grossen und starken Mann, einem Adonis gleich. Sie musste schon kichern, weil sie dem Constantius schon Attribute unterstellte, ohne mehr von ihm zu wissen als seinen Namen. Also riss sie sich wieder zusammen, konnte aber nicht ihre Neugierde in ihren Augen verhindern, mit denen sie Minervina ansah.

    Zitat

    Original von Titus Flavius Milo
    "Sieh nur! Da kommen sie..."
    "Es muss ein ganz besonderes Gefühl sein, hier so einzuziehen..."


    So eine Parade hatte Severina noch nie gesehen. Welch ein Glück, dass sie hier auf der Treppe stand, so konnte sie zwar nicht alles, aber doch das meiste sehen. Die Reiter in ihren schmucken Uniformen, die Soldaten, die nicht weniger gut aussahen, die Pracht der Milites und die Sonne, die sich in deren Rüstungen widerspiegelte, das alles liess Severina staunen wie ein kleines Kind. Sogar ihr Mund war vor Verwunderung offen, eine Ungeschicklichkeit, die sie aber gleich wieder berichtigte, indem sie diesen schloss. Es musste heute wirklich ein erhebendes Gefühl sein, Teil der prätorianischen Garde zu sein.


    "Ihr Götter..." Das war das einzige, was sie in diesem Moment sagen konnte. Sie hatte immer ein wenig Furcht vor Soldaten, egal welcher Einheit sie angehörten, und noch mehr vor den Prätorianern. Heute musste sie ja keine Angst haben vor ihnen, wie auch eigentlich sonst nicht, weil Severina ja bisher nie etwas angestellt hatte, dennoch war sie überwältigt von der Masse an Soldaten und unbewusst trat sie einen halben Schritt zurück.


    "Dieser Praefectus... Das muss ein mächtiger Mann sein, nicht wahr?" fragte sie schon bedeutend leiser.

    Severina war noch immer ganz bestürzt über den Gedanken, Mutter könnte ihr einen Bräutigam aussuchen. Sie schätzte Mutter so ein, dass sie Severina einen Mann zum Ehegatten vorstellen würde, der sicher viel Geld hatte, aber ohne Rücksicht darauf, ob Severina ihn nun leiden könne oder nicht. Vater war da sicherlich anders. Papa würde sicher einen guten Mann aussuchen, er würde sie sicher nicht zwingen, einen Ehemann zu nehmen, der ihr vollkommen widerwärtig wäre.


    "Ich weiss es nicht. Der Stand und der Name ist schon wichtig, ich denke nicht, dass Papa mich jemand heiraten lassen würde, der unter unserem Stand ist. Eine Liebesheirat kann ich mir abschminken, hat meine Amme immer gesagt, und dass ich ihn erst in der Ehe lieben lernen würde. Und da ich noch nie wirklich verliebt war... Ich denke, wenn er kein garstiger Mann ist und nicht hässlich, dann könnte das sicher funktionieren."


    Dieses Thema beunruhigte Severina. Bis jetzt sah sie ihre Zukunft vorgezeichnet. Papa würde ihr einen Mann suchen, sie würde Ehefrau sein und später auch Mutter. Aber jetzt kamen ihr Zweifel, was wenn ihr Ehemann tatsächlich ein unerträglicher Kerl ist? Eine solche Ehe wie ihre Eltern wollte Severina wirklich nicht.


    "Ich soll meinem Vater suchen helfen?" echote Severina etwas überrascht, doch sah sie Minervinas Schmunzeln sogleich und lächelte selber. "Vielleicht gar keine dumme Idee. Aber jetzt erzähl du, was ist mit diesem Mann? Diesem aus Rom?" fragte Severina neugierig nach.