Beiträge von Rutger Severus

    "So? Tochter von Flavius Aristides..."
    Ein kalter Glanz trat in Rutgers graugrüne Augen, sie wurden schmal in seinem sonnenverbrannten Gesicht, und hefteten sich mit einem wölfisch lauernden Ausdruck auf Arrecina.
    Da gab es also ein holdes Töchterchen im Leben des Neidings. Das war gut zu wissen.
    "Du ähnelst deinem Vater." , stellte er trocken fest.
    Rutger legte den Kamm beiseite und griff nach einer Büchse mit Olivenöl, die in einer Astgabelung stand, und einem Pinsel. Er tauchte ihn in die dunkelgoldene Flüssigkeit, strich ihn am Rand ab, und begann schweigend, die Mähne des Pferdes einzuölen. Arrecinas Worte über das Zähmen von Wilden überhörte er würdevoll.
    Es war schon verwunderlich. So ein sanftes Gesicht, ein zuckersüßes Lächeln, und dazu diese boshafte Häme.
    Die Römer bestätigten eben immer wieder, was man sowieso schon wußte: sie waren ein verlogener Haufen durch und durch - falsch, verräterisch, schlangenzüngig, eiskalt - sogar die jungen Mädchen... ;)
    Rutger sinnierte darüber nach, ob sie wirklich alle so waren, ob es nicht vielleicht Ausnahmen gab, und verlieh derweil Phaidras Mähne mit dem Öl einen matten Glanz.

    Rutgers Mine wurde kühl. "Ja." antwortete er knapp.
    "Frei. Rom beherrscht nicht die ganze Welt."
    Er trat zu Phaidras Schweif, teilte einige Strähnen ab, und begann, auch diese sorgfältig auszukämmen. Einige Strohhalme fielen hinunter. Die Stute stampfte unwillig und Staub stob auf. Für einen Moment hing er als Wolke in der Luft, wurde dann von einem leichten Wind erfasst, mitsamt des Strohs über den Hof geblasen, und verweht.
    Auf Rutgers Lippen trat ein humorloses Lächeln.
    "Wer mein 'Herr' ist?"
    Er fächerte eine Strähne mit den Fingern auf.
    "Nun, Wodan natürlich, der Wallvater, der erste unter den Asen und Wanen. Ihm habe ich stets die Männer geweiht, die ich tötete - wenn sie würdig waren - , und unter ihm werde ich streiten am Tag der Letzten Schlacht."
    Er entwirrte einen Knoten in den langen, leicht gewellten Schweifhaaren, und blickte kühl wieder zu der jungen Römerin hinab.
    "Aber was du wahrscheinlich wissen willst - es ist Flavius Aquilius, der mich als sein Eigentum betrachtet."
    Rutger löste den Knoten, und lies die Strähne locker zurückfallen.
    "Und wer magst du sein?"

    Rutger sah auf, beim Geräusch der Glasperlen, erblickte Nefertiri, und betrachtete sie mit unverhohlenem Staunen. Was für ein fremdartiges Geschöpf! Nicht größer als ein Kind erschien sie ihm, und hatte dabei doch Formen wie eine Frau, ganz eindeutig. Filigran, ja zerbrechlich sah sie aus, wie, hmm... ein bisschen wie ein Rehkitz. Und dann die dunkle Haut! Ja, wirklich sehr fremdartig, und irgendwie... interessant.
    Rutger straffte sich, und rieb unwillkürlich die blutverschmierten Hände an der Hose ab - nicht, daß das viel gebracht hätte.
    Er war angenehm überrascht zu hören, dass diese faszinierende Person sich um ihn kümmern sollte. Mit staubtrockener Kehle schluckte er, als dann von etwas zu trinken die Rede war. Endlich!
    Nachdem Aquilius gesprochen hatte, ging Rutger auf die Ägypterin zu, mit aufrechter Haltung, und einem freundlichen Nicken, so als wäre er ein geschätzter Gast, und sie die Frau des Hauses.
    "Ne-fahr-thyrri, Heil dir." Ein widerstrebendes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
    "Ich bin Rutger Thidriksohn."

    Rutger verstummte, und lies den Mähnenkamm sinken. Überrascht sah er auf die junge Römerin - was für ein ungewöhnlicher Tonfall.
    "Dies ist Phaidra. Ja, sie ist schön, ein edles Tier." antwortete er ebenso freundlich. "Sie hat viel Temperament, und ist sehr launisch, wenn sie der Hafer sticht."
    Die Stute drehte die Ohren zu Arrecina, als diese sprach, streckte dann den Hals, und schnoberte mit weichen, schwarz umrahmten Nüstern an ihr herum. Ihr Fell glänzte im Sonnenlicht in einem satten Kastanienbraun.
    Die Zikaden sangen ihr eintöniges Lied, die Blätter des Olivenbaumes sahen im Sonnenlicht silbrig aus, und eine friedliche, etwas schläfrige Stimmung lag über dem Hof.


    Rutger grinste, und ein schalkhaftes Funkeln war in seinen Augen, als er feststellte: "Ihr beiden habt fast die selbe Haarfarbe..." Dann zuckte er, wieder ernst, die Schultern. "Ich weiß nicht, wem genau sie gehört. Es ist noch nicht so lange, daß ich hier... - arbeite. Aber ich nehme an, dem Hausherren."
    Phaidra schnupperte an Arrecinas Händen, und versetzte ihr dann einen gar nicht so sanften Stups auf die Brust. Darauf wandte sie sich ab und knabberte an der rissigen Rinde des Olivenbaumes herum.
    "Benimm dich, Frowe!" Rutger gab ihr einen Klaps. "Ja, verfressen ist sie auch."
    Er lächelte zu Arrecina. "Alles in Ordnung?" Bei den Römerinnen hatte er immer den Eindruck, ein Windhauch reichte, um sie umzuwehen.
    Er nahm wieder eine Handvoll der pechschwarzen Mähne, und lies die Zinken des Kammes langsam hindurchgleiten, während er Arrecinas erste Frage beantwortete: "Ich sang ein Lied aus meiner Heimat - ich komme aus dem Freien Germanien." Stolz, und auch etwas Wehmut, klangen in diesem Satz mit.

    Finn... vor Rutgers Augen zogen diverse Möglichkeiten vorbei, diesen Unhold langsam und unter Qualen zu töten. Allerdings... ehrlich gesagt war er gerade nicht in der Verfassung dazu. Diesen Kampf würde er ein anderes mal fechten, beschloß Rutger erleichtert. Seine LISTE würde er nach und nach abarbeiten... kürzer geworden war sie ja schon. Daß Brutus Finn zur Strecke bringen könnte, zog er, fixiert auf seine Rachegedanken, gar nicht in Betracht.


    Rutger nickte bei Aquilius' Worten, wandte sich dann an Brutus, und erklärte ihm eindringlich:
    "Wenn du den Leichnam hinausbringst, dann ist es sehr wichtig, daß du für einen Moment die Decke wegnimmst, und ihn dem vollen Sonnenlicht aussetzt. Und bevor du ihn versenkst, schneide ihm doch bitte den Kopf ab. Es kann sonst gut sein, daß er wiederkommt, um uns zu plagen!"
    Rutger schien es, als ob Aquilius seine Befürchtungen nicht so ganz teilte, deshalb klärte er ihn ernst auf:
    "Er würde das Korn auf deinen Feldern verdorren, und dein Vieh dahinsiechen lassen. Ein Wiedergänger, mag er auch im Leben ein jämmerlicher und schwacher Mensch gewesen sein, vermag im Tode doch so manchen üblen Schadenszauber zu wirken."


    War da nicht noch irgendwo... Rutgers Blick schweifte über den Boden... ja, dort. Er ging zur gegenüberliegenden Wand, bückte sich, und hob langsam das Messer auf, das Aquilius dem Sklavenhändler entrungen und dann weggeschleudert hatte. Es fühlte sich gut an, wieder eine Waffe in der Hand zu halten, auch wenn es nur so ein kleines Ding war. Ob er sich damit den Weg freikämpfen könnte...? Hmm... wohl kaum.
    "Ich muß nun ein paar Runen ritzen." meinte Rutger ruhig zu Aquilius. "Ich gebe dir das Messer danach. Lass mich bitte gewähren."


    Er kniete sich neben den Leichnam, schlug die Decke etwas zurück, und setzte die Klinge mit der Spitze auf der Stirn des Toten auf. Dann verfiel er in einen eintönigen rauhen Singsang. Zwischen seinen Augenbrauen stand eine tiefe Falte, als er angestrengt nachdachte. Tiwaz oder Sowilo? Jorun hätte das genau gewußt. Rutger war da mehr ein Amateur. Er entschied sich spontan für Tiwaz, und schnitt die Rune hochkonzentriert, tief bis auf den Schädelknochen, in die Stirn des Toten hinein - es konnte nicht verkehrt sein, den mythischen Stammvater seiner Sippe mit im Boot zu haben.


    "Einhändiger, Herr des Eides, Feind des Wolfes / der Schmied schürt das Feuer."
    Der Runengesang war raunend, 'primitiv', und doch von archaischer Kraft. Er bildete den denkbar größten Kontrast zur nüchternen Umgebung des Arbeitszimmers.
    Rutger ritzte noch zwei weitere Runen, Dagaz und Eihwaz.
    "Das Tals helles Tor, strahlender Morgen, vereint sich der Nacht / Stachel weckt Schläfer.
    Hüter der Flamme, mit rauher Rinde, des Grundes, des Bodens / nur Allvater kennt seine Worte."

    Kleine Schweißperlen standen auf Rutger Stirn, als er die abschließenden Worte sang.
    "So liege, Hel-Runen-fest, jenseits von Midgard / liege solange es sei
    Deine Haut wird gehalten, dein Draug gebunden, deine Leiche gefesselt / solange die Welten bestehen
    Also spreche ich, Rutger von den Hallvardungen / und so soll es sein!"


    Erschöpft schloß Rutger einen Moment lang die Augen und verharrte. Er war sich seines Erfolges ziemlich unsicher. Vielleicht doch Sowilo... Na ja, man würde ja sehen.Schließlich erhob er sich ausgelaugt, ging ganz langsam zum Tisch und legte das Messer darauf ab, der Griff zeigte dabei in Aquilius' Richtung.

    Mit zwei Eimern in der Hand machte Rutger sich auf den Weg zur Zisterne, um Wasser zu holen. Er ging an der hohen Oleanderhecke entlang, die die Stallungen vom gepflegten Garten abgrenzte, und staunte über die weiße und rote Blütenpracht. Hinter dem Stall lag ein kleines Fleckchen Brachland. Stachlige Disteln wucherten dort, umschwärmt von kleinen mattblauen Schmetterlingen.
    Rutger fluchte immer noch über seine verflixten Sandalen, die so gar keinen Schutz gegen die spitzen Distelblätter boten, als er die Zisterne erreichte, und die Eimer dort bis zum Rand füllte. Beim Zurücktragen schwappte etwas Wasser heraus, und kühlte ihm angenehm die Beine. Er musste noch mehrmals hin und her gehen, bis alle Pferdetränken gefüllt waren, und schwitzte unter der heißen mediterranen Sonne. So, endlich fertig! Er schöpfte mit den hohlen Händen Wasser, goß es sich über den Kopf und und wusch sich Schweiß und Staub aus dem Gesicht.


    Nachdem die schöne Stute Phaidra zu Ende gespeist hatte, führte Rutger sie nach draußen, zu dem knorrigen alten Olivenbaum, der vor dem Stall wuchs, und band sie an einem Ast fest. Mit kräftigen Strichen striegelte er ihr das Fell blank und summte dabei wieder leise eine Melodie. Nach einer Weile begann er richtig zu singen, mit rauher aber volltönender Stimme, in seiner hart klingenden Muttersprache.


    "Trüb ist der Tag / am Morgen der Schlacht,
    wild heult der Wind / stürmt durch den Wald."


    Phaidra spielte mit den Ohren und wandte sie aufmerksam zu Rutger.


    "Mit finsteren Mienen / schärfen die Krieger den Speer
    Ein graues Roß / jagt auf den Wolken dahin."


    Rutger entwirrte Phaidras Mähne und kämmte sie sorgfältig mit einem grobzinkigen Kamm aus. Ganz versunken in seine Arbeit sang er weiter sein kriegerisches Lied.


    "Wehrhafte Krieger kämpfen / und zerstören unser Land,
    Rom mehrt seine Macht / wütet unter Freund und Feind.
    Vor Feuer und Hörnerklang flieht / das Volk in den Wald,
    dieser blutige Morgen bringt / für uns den Sieg oder den Tod."

    Staubkörnchen schwebten in der Luft und schimmerten golden im Sonnenlicht, das von draußen hereindrang.
    Edle Pferde standen in ihren geräumigen Verschlägen und knabberten zufrieden an würzig duftendem Heu. Eine dunkelbraune Stute spitzte die Ohren und guckte nach oben, als es über ihr plötzlich knisterte und rumorte.
    Vom Heuboden oben kam durch eine offene Luke hindurch gerade eine große Ladung Stroh heruntergesegelt und landete mitten in der Stallgasse, und hinterher gesprungen kam Rutger, der seinerseits mitten im Strohhaufen landete.
    Er griff nach einer Heugabel und begann das raschelnde goldgelbe Stroh großzügig in den Boxen zu verteilen, die er soeben ausgemistet hatte. Er arbeitete schwungvoll, summte dabei leise vor sich hin und sinnierte über seine Lage. Es hätte schlimmer kommen können, fand er. Das Essen für die Sklaven war ausreichend, nicht mal schlecht. An seinem Schlafplatz war auch nichts auszusetzen - allemal besser, als bei jedem Wetter irgendwo draußen neben der Straße zu übernachten, wie während der Reise. Er schauderte, als er an diese höllische Zeit zurückdachte.


    Dafür musste er nun hier in der Villa arbeiten, für die Römer arbeiten, und das war eines freien Germanen wahrlich unwürdig. Eines freien Germanen in Kriegsgefangenschaft. Nun ja. So langsam kehrten seine Lebensgeister zurück, und Rutger plante nicht unbedingt einen längeren Aufenthalt.
    Jetzt hatte ihn dieses unheimliche alte Weib, Turda, auch noch zur Stallarbeit verdonnert. So wie die ihn angesehen hatte, war sie bestimmt eine Hexe, oder jedenfalls hatte sie den Bösen Blick - Rutger schlug das Zeichen von Donars Hammer - aber die Stallarbeit war ihm vertraut und ging ihm leicht von der Hand. Und was für schöne, kostbare Pferde es hier gab! Zum Beispiel die Dunkelbraune hier, Phaidra, eine feurige und extravagante Frowe.
    Rutger kraulte sie ausgiebig an der Mähne, verteilte dann den Hafer und fegte, noch immer vor sich hinsummend, den Boden um die Boxen und vor dem Stall mit einem Reisigbesen.

    Von seinem Aussichtspunkt aus hatte Rutger fasziniert den Tanz beobachtet, und dabei weiter dem Wein zugesprochen.
    Die fremdartige Musik, das Schlagen der Trommeln, das bizarre Wirbeln der Körper, das Stimmengewirr der vielen Menschen um ihn herum... alles verschwamm ineinander, ihm schwindelte, es war als würde er in einen wilden Strudel hinein gerissen und weit fortgetragen.
    Da begann das Opfer. Mit Scheu, aber doch ganz gefesselt, sah Rutger, wie der oberste Götze der Römer angerufen wurde. Die Rauchschwaden wallten auch zu ihm hin, und für einen Moment war er von ihnen umgeben, wie abgeschieden von allem, so als ob er im dicksten Herbstnebel stünde... ganz gedämpft drang das Licht der Fackeln zu ihm, wie Herdfeuer in der Ferne... vielleicht war er gerade auf den Rückweg von der Jagd, und näherte sich dem Dorf... er roch die Holzfeuer und meinte auch schon, das Rauschen der Birken zu hören... - als der Rauch auf einmal heftig in seiner Kehle kratzte, und Rutger von dem fremden Räucherwerk einen gewaltigen Hustenanfall bekam.
    Abrupt aus seinem Wunschtraum gerissen, rutschte er vom Brunnenrand, und zog sich mit tränenden Augen halbblind zurück, immer wieder vom Husten geschüttelt.
    Das mußte Jupiters Unmut sein, weil er so ungeniert zugeguckt hatte, dachte sich Rutger und floh auf die andere Seite des Hofes.

    Rutger atmete auf, als er die Ketten los war. Als erstes kratzte er sich erleichtert am Sonnenbrand auf den Wangen, dann lehnte er sich müde auf den Rand des Schreibtisches und betrachtete unglücklich seine geschundenen Handgelenke.
    Eine gewisse Dankbarkeit gegenüber Aquilius stieg in ihm auf. Keine Ketten tragen, Gefährte sein, das klang doch ganz gut, Leibwächter, warum nicht... wenn er jetzt noch einen Krug Wasser bekäme, würde er glatt... würde er was? Sich mit dem allem abfinden?! Niemals!
    Beschämt über solche Schwäche ballte Rutger die Hand zur Faust. Er starrte ins Leere und sah vor seinem inneren Auge die Wälder seiner Heimat, die Halle seines Vaters wie sie früher war, die vertrauten Gesichter seiner Familie und die strengen seiner Ahnen. Was würden sie ihm raten? Rutger hatte keine Ahnung. Er fühlte sich leer.


    Auf Aquilius' Worte hin lachte er bitter auf. "Glück!" - Er spuckte das Wort förmlich aus.
    "Glück! Glück, dir in schmachvoller Knechtschaft zu dienen!?
    Verhöhne mich nicht!"

    Er hob den Kopf und für einen Augenblick stand eine tiefe Verzweiflung in seinen Augen, sie verschwand aber gleich wieder hinter hartem kaltem Stolz. Und kalt und abweisend erwiderte er auch Aquilius forschenden Blick. Dieser Römer war perfide. Seine wohl dosierten menschlichen Gesten bedrohten Rutgers Widerstandsgeist gerade mehr als sämtliche Quälereien auf der Reise.
    "Ja, ich habe deine Worte verstanden. Ich weiß woran ich bin."
    Rutger zuckte hochmütig mit den Schultern. "Wenn du meinst, dass ich dich schützen soll... bitte, ich bin ein ausgezeichneter Krieger."
    Aber, fügte er in Gedanken hinzu, meine Treue schenke ich dir nicht, nur weil du nicht gleich die Peitsche schwingst...
    Und er wandte sich praktischeren Fragen zu.
    "Was machen wir mit der Leiche? Wir sollten sie irgendwo versenken - gibt es ein Moor in der Nähe? Und wir dürfen nicht vergessen, ihm vorher noch den Kopf abzuschneiden und so weiter, solche Leute kommen oft als Draug zurück, das sollten wir nicht riskieren."
    Da fiel ihm siedendheiß noch etwas ein. "Finn! - Dieser Kadaver da hat, glaube ich, noch einen Kumpanen draußen warten, Finn. Der muß natürlich auch sterben."

    Rutger war müde. Er stand mühsam, durch die Ketten behindert, auf. 'Den Tatsachen ins Auge sehen'. Er versuchte es einmal. Die 'Tatsachen' blickten kalt, grausam, und hämisch grinsend zu ihm zurück, versuchten ihn zu lähmen und ihm seinen Kampfesmut auszusaugen. Da schaute Rutger lieber wieder weg.


    "Die Nornen spinnen die Fäden des Schicksals nach ihrem Willen." antwortete er schließlich.
    "Aber, auch wenn meine Fylgien mich verlassen haben, keiner von euch, und schon gar nicht euer 'römisches Recht' kann das enden lassen, was ich bin, und was mich mit meiner Sippe und meinen Ahnen verbindet, denn das liegt nicht in eurer Macht. Dein Vetter hat mich nicht im Kampf besiegt! Nur durch einen niederträchtigen Betrug bin ich in seine Gewalt geraten."
    Angewidert stieß Rutger mit der Spitze seines zerfetzten Bundschuhs gegen die Peitsche, die Syagrius' Hand entfallen war. Sie glitt ein Stück über den Boden und zog eine Tintenspur hinter sich her.


    Rutger bückte sich zu der Leiche, schob den Ausschnitt des besudelten Gewandes zur Seite und zog einen schweren Eisenschlüssel hervor, der noch an einer Schnur hing. Er riß ihn ab, richtete sich wieder auf, und versuchte damit seine Handfesseln zu öffnen. Es war schwierig, er kam nicht richtig an das Schloß, rutschte ab und biss die Zähne zusammen als ein Kettenglied über eine schwärende wunde Stelle scheuerte.
    Widerwillig wandte er sich an Aquilius.
    "Würdest du... - ...bitte..."
    Er hielt ihm den Schlüssel entgegen.

    Syagrius' Bewegungen wurden schwächer und schwächer. Kurze Muskelzuckungen liessen seine Gliedmassen grotesk auf und nieder schlagen. Ein letztes Röcheln entrang sich seiner zerquetschten Kehle, hing einen Moment lang in der Luft und erstarb. Die bläulichen Lippen zogen sich von den fauligen Zähnen zurück, und in die hervorgetretenen, blutunterlaufenen Augen trat das abgrundtiefe Grauen. Dann brachen sie. Es war vorbei.



    Einschub
    ~ Ein kleiner Nachruf ~
    *elegische Streicher*

    Syagrius hatte es im Leben nicht leicht. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, mit geringen körperlichen und überschaubaren geistigen Vorzügen ausgestattet, besaß er doch einige Talente, die da wären Ehrgeiz, Skrupellosigkeit, ein kaltes Herz und eine gewisse Hartnäckigkeit, mit denen er sich erfolgreich bis zum Handlanger in einem florierenden Unternehmen, welches seinen Schwerpunkt im Menschenhandel setzte, hocharbeitete.
    Er betrog sowohl seinen Arbeitgeber als auch die Kunden regelmäßig und dreist, und sparte das Geld eisern, um später einmal einen sorgenfreien Lebensabend verbringen zu dürfen. Tragischerweise sollte ihm dies nicht vergönnt sein. An einem heißen Sommertag wurde Syagrius, in der Blüte seiner Jahre, während er mit vorbildlichem Eifer seinen Geschäften nachging, durch einen heimtückischen Mord jäh und unerwartet vom Antlitz dieser Welt getilgt. Niemand weinte ihm eine Träne nach.

    *ein letztes Aufschluchzen der Geigen - dann Grabesstille*
    Einschub Ende


    Rutger kniete schwer atmend auf dem Boden. Sein rasender Zorn ebbte ab und hinterließ eine angenehme Mattigkeit. Von oben blickte er zufrieden auf das tote, entstellte Gesicht herab. Die Kette, die seine Handgelenke verband, lag noch immer um den Hals seines Feindes, tief hatte sie sich ins Fleisch eingegraben.
    Viel Blut war nicht geflossen, aber eine große blaue Tintenlache hatte sich um den Toten herum gebildet, und auch seine Angreifer besudelt. Ein heller Bogen Papyrus trudelte sacht in die Lache hinein. Zuerst erschienen kleine blaue Flecken auf der beigen Oberfläche, dann bildete sich ein netzartiges Muster als einzelne Fasern sich schnell vollsaugten, zuletzt nahm das ganze Blatt eine leuchtendblaue Farbe an.
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über Rutgers Züge. Sein Atem beruhigte sich. Langsam löste er die Kette, zog die Hände zurück und wischte sie an seiner zerschlissenen Hose ab. Rache... Rache war etwas schönes.


    Erst dann blickte er auf. Warum die beiden Männer eingegriffen hatten, war ihm nicht ganz klar. Wollte der Flavier das Geld sparen? Oder war er in einen plötzlichen Blutrausch verfallen?
    Rutger erwiderte Aquilius' Blick mit aufreizender Gelassenheit.
    "Ich danke dir, daß du ihn entwaffnet hast." sprach er langsam, mit rauher Kehle und hartem Akzent.
    "Aber ich bin freier Chatte. Rutger Thidriksohn ist mein Name, ich entstamme edler Sippe, und mein Vater gebietet als Drichten über viele Krieger. Seit ich die Frame halten kann, habe ich gegen euch Besatzer gekämpft."
    Mit ungebrochenem Stolz erklärte Rutger hoheitsvoll:
    "Ich bin kein Sklave. Ein Gefangener wohl, aber kein Sklave."

    ... stand in Syagrius´ erbleichendem Gesicht geschrieben, als er hastig die Hand wieder zurückzog und einen kleinen Sicherheitsabstand zwischen sich und Aquilius brachte.
    "Herr," säuselte er besänftigend, mit zitternder Stimme, "aber gütigster Herr, es besteht doch kein Grund..., es muß sich um ein Mißverständnis halten, ein bedauerliches Mißverständnis, der Vetter des Herren war doch sehr in Eile als er den Auftrag erteilte, wie schnell vergisst man da so ein kleines (und doch so bedeutsames) Detail zu vermerken..."
    Er hustete verlegen und zog sich mit beschwichtigenden Gesten Richtung Aquilius noch etwas weiter zurück.
    "... nicht dass ich ihm da einen Vorwurf machen wollte, nein keineswegs! Und doch, mit Verlaub, hochedler Herr, habe ich jede einzelne von den zweihundert, öh... äh... dreihundert Sesterzen sauer verdient, aber selbstverständlich lässt sich über den Preis reden, keine Frage, oder vielleicht bevorzugt der Herr ja die praktische Form der Abwicklung über einen netten kleinen Schuldschein... "
    Er schielte fragend zu Aquilius hoch. - "Nein?"


    Doch dann straffte er sich und erschien im Gegensatz zu vorher geradezu würdevoll, als ehrliche Empörung ihn beseelte - vielleicht weil Syagrius sich diesmal in einer für ihn ganz ungewohnten und extrem raren Situation befand: Er war im Recht! (Oder jedenfalls schien es ihm so.) Vielleicht war es aber auch bloss seine unbändige Gier, die ihm die tollkühnen Worte in den Mund legte:
    "Mein Herr, die Lage ist doch die: ich habe die Leistung erbracht und der Sklave ist hier. Dein Eigentum ist er erst wenn Du den Transport bezahlt hast, bis dahin ist er... - nein, lass mich ausreden! - bis dahin ist er nach Recht und Gesetz mein Pfand. Und wenn du nicht zahlen willst, landet er eben bei den Ludi. Sobald er wieder gut im Futter steht, bekomme ich da gut das doppelte für ihn."
    Er drehte sich zu dem Germanen um. Der hatte sich längst von der Szene abgewandt und blickte abwesend durch das Fenster nach draußen in den Garten. Eine schlanke Zypresse zeichnete sich dort fast schwarz vor der strahlenden Bläue des Himmels ab.
    "Auf gehts, du Stück Dreck! Wir gehen."
    Syagrius zückte seine Peitsche, schwang sie lässig aus dem Handgelenk, und mit einem feuchten Klatschen fand sie ihr Ziel - wieder die Kniekehlen. Ein rauhes, abgehacktes Keuchen kam von den zusammengepressten Lippen des Germanen, und blanker Hass glomm in seinen Augen. Syagrius lächelte suffisant.
    "Zu den Löwen, hähä." Er wandte sich wieder um und verbeugte sich knapp vor Aquilius. "Vale. Wenn Du es Dir noch anders überlegen solltest, Du findest mich bei..." -
    Ab da ging plötzlich alles sehr schnell.


    Sehnige Arme schlangen sich von hinten um den Hals des kleinen Sklavenhänders. Die kurze, straff gespannte Kette zwischen den Handgelenken wurde ruckartig zurückgerissen und grub sich tief in Syagrius faltigen Hals.
    Der Germane knurrte etwas unverständliches, und rasende Wut verzerrte seine Züge als er Syagrius Kopf mit voller Wucht gegen die Kante von Aquilius´ Arbeitstisch schmetterte. Es gab einen dumpf knirschenden Schlag, der Händler röchelte erbärmlich, ein Stapel Papyri wurde aufgewirbelt und trudelte durch die Luft wie welke Herbstblätter... Auf der Tischkante blieb eine verschmierte Blutspur zurück, und einige rote Sprenkel landeten auf der Res publica.
    "Z..z..zu...ch...h...hilfe!" krächzte Syagrius, zappelte wild, stieß dabei ein Tintenfass um, und suchte panisch nach dem Messer in seinem Ärmel, während der Germane mit einem Ausdruck tiefer Genugtuung die Kette um seinen Hals gnadenlos fester und fester anzog...

    Zitat

    Original von Artoria Medeia
    ...wenn Du wünschst, berichte ich Dir später gerne mehr von diesem griechischen Helden und seinen Abenteuern." Andeutungsweise und freundlich nickte sie Rutger zu und wandte sich wieder um.


    "Ja, gern!" Rutger sah Artoria Medeia sehr angetan hinterher. Er lauschte ihrer kleinen Ansprache, konzentriert um alles zu verstehen. Das war also die Gastgeberin. Was für eine holde Frowe!
    Als sie allerdings von einem Opfer sprach, das noch folgen sollte, richtete er sich alarmiert auf. Misstrauisch starrte er auf den großen Götzen mit der Holzmaske. Der Flavier hatte ihn doch wohl nicht mitgenommen, damit er, Rutger, heute Abend hier als Ernte-Opfer endete?! Zuzutrauen wäre es dem Neiding...
    Wobei - Rutger war sich ziemlich sicher dass die Römer die Menschenopfer für ihre Götter prinzipiell in der Arena veranstalteten, und nicht zu Hause. Das wäre ja als würde man einen Legionär, um ihn dem Allvater zu übergeben, am Gebälk der Großen Halle aufknüpfen, anstatt im Heiligen Hain. Völlig verkehrt. Undenkbar.


    Beruhigt lehnte er sich wieder zurück und winkte einen kleinen Ganymed herbei, der ihm anstandslos einen Becher Mulsum brachte. Skeptisch lies Rutger das unbekannte Getränk im Becher kreisen und nippte erst mal vorsichtig daran - ein bisschen süß dieser Wein, aber seit Monaten zum ersten mal überhaupt wieder Wein! Er trank langsam und andächtig und kostete jeden Schluck voll aus.
    Zufrieden zog er ein Bein an, stützte das bekränzte Haupt auf die Hand, und saß so ganz bequem und sehr dekorativ auf dem Brunnenrand, während er aufmerksam die anwesenden Römer beobachtete. Der Centurio von vorhin hatte - wenn er auch gewiss ein verabscheuungswürdiger Schlächter war - in einem schon recht: Kenne den Feind. Rutger war sich sicher, hier viel lernen zu können. Doch allzuschnell wurde sein Blick von einer stolz einher schreitenden jungen Frau gefangen genommen. Wie rot ihre Lippen waren! Wie Erdbeeren, süß und verlockend. Versonnen betrachtete Rutger diesen Feind, und als sie gerade in seine Richtung blickte, warf er ihr auch ein verwegenes Lächeln zu. Schön.

    Syagrius wartete mit gefalteten Händen auf das Ergebnis von Aquilius´ Musterung, und schaute dabei drein als könne er kein Wässerchen trüben. Als sich das Schweigen dehnte, begann aber seine Nase nervös zu zucken, und als die Stille immer schwerer lastete, scharrte er unruhig mit den Füßen...
    Erleichtert atmete er auf als Aquilius dann sprach, doch dessen Vorwürfe trafen ihn anscheinend mitten ins Herz. Schockiert rang er die Hände, zog ein gekränktes Gesicht, katzbuckelte und schien sich gar eine Krokodilsträne aus dem Augenwinkel zu wischen.
    "Aber mein Herr, hochedler Herr, ich versichere Dir daß ich höchste Sorgfalt habe walten lassen! Du tust mir unrecht!"
    Er schniefte betrübt, sah unterwürfig zu Aquilius auf und schnurrte schon beinahe wie eine Katze, als er weiterflunkerte:
    "Deinen kostbaren Besitz habe ich gehütet wie meinen Augapfel, ich versichere Dir, keinen ruhigen Moment habe ich auf der langen (und sehr beschwerlichen) Reise gehabt, ach was, kein Auge habe ich zugetan, damit das Eigentum der hochverehrten Flavier keinen Schaden nimmt!"


    "Aber ich muss schon sagen , " - er wies anklagend auf den Sklaven - " das Ding hat es mir nicht gerade leicht gemacht! Als ich ihn in Empfang nahm war er noch völlig roh, ungezähmt, ein gemeingefährlicher germanischer Wild-Fang, zu jeder Greueltat bereit! Mein treuer Diener Finn musste erst mal mit einem Knüppel Deinen - edlen - Verwandten raushauen, weil dieser Unhold hier ihm gerade an die Kehle ging wie ein toller Hund!!"
    Syagrius verdreht die Augen, packte sich am Hals und gab eine kleine schauspielerische Einlage. Dann stemmte er die Hände in die Seite, richtete sich hoch auf und verkündete Aquilius im Brustton moralischer Überlegenheit:
    "Und das habe ich nicht in Rechnung gestellt."
    Er nickte bekräftigend, starrte den Germanen verächtlich an und ein hämisches Grinsen huschte über sein Gesicht.
    "Dir mißfällt, dass er ein bisschen mager ist? Kein Wunder, hat er doch anfangs das Essen verweigert, störrisch wie ein wildes Tier! Die Barbaren machen das leider manchmal. Und, nun ja, den Trichter verwende ich nicht gerne..." - fromm wandte er den Blick gen Himmel - "...ich bin ja kein Unmensch."
    Empört berichtete Syagrius weiter: "Dafür hat er einem wertvollen Angestellten von mir, einem Wächter, der nur seine Pflicht tat, wirklich ein guter Mann - dem hat er zwei Finger abgebissen!"
    Todernst sah er Aquilius tief in die Augen und dämpfte die Stimme zu einem schaurigen Raunen - "Und verschluckt!"


    "Aber," - der Sklavenhändler lächelte strahlend - "davon haben wir uns nicht entmutigen lassen. Mit unermüdlicher Arbeit, Konsequenz, und nicht zuletzt einer harten Hand haben wir ihn Gehorsam und Disziplin gelehrt. Und ich muß sagen, bei aller Bescheidenheit, wir haben ihn ganz gut hingekriegt."
    Stolz wippte er auf den Zehenspitzen und zeigte auf den Sklaven. "Nicht wiederzuerkennen. Ta-del-los!"
    Der Germane um den es da ging schüttelte nur langsam den Kopf. Er schien von dem ganzen absurden Theater ein wenig fassungslos.
    Syagrius verbeugte sich noch mal schmeichlerisch vor Aquilius und schnurrte: "Also, wir haben ihn nicht nur transportiert, wir haben ihn auch unter Lebensgefahr zu einem guten, gefügigen Sklaven geformt, der Dir treue Dienste leisten wird, Herr, und das zu einem Spottpreis! Wenn ich nun also so frei sein dürfte untertänigst um das vereinbarte Sümmchen zu bitten...?"
    Gierig streckte er schon die Hand danach aus.

    Im Schlepptau der Soldaten gelangte Rutger in den Innenhof. Geblendet von der ganze Pracht blieb er stehen, blinzelte, und seine Augen wurde groß vor Staunen. Was für wunderschöne Frauen!
    Nun ja, alles Römerinnen...ihre Geschmeide waren mit dem Blut der unterworfenen Völker bezahlt, und ihre Hände waren so fein und zart weil unzählige Sklaven sich ihre blutig schuften mussten... und doch wunderschön.
    Eine fremdartige Musik lag in der Luft, irgendwie... interessant. Der Flavier war plötzlich verschwunden, aber das störte Rutger keineswegs - ah, doch, dahinten bei den Säulen war er.
    Hmm, wie er sich so umsah beschlich Rutger doch der Argwohn, das seine Anwesenheit hier eigentlich nicht so gedacht war. Was soll´s.
    Mit einem Schulterzucken setzte er den Kranz auf - Tarnung war alles - und zog die vermaledeite Tunika wieder zurecht. Sie war schwarz, trug am Rand ein Mäandermuster und zeigte wirklich "gewagt viel Bein".
    Rutger ging langsam und noch immer staunend am Rande des Hofes entlang. Hungrig plünderte er die Dekoration von einem Säulenkapitel und bewegte sich kauend auf die Quelle dieser wunderlichen Musik zu. Dabei wich er gekonnt der kleinen Flavierversammlung an den Säulen aus - nicht daß die jetzt irgendwas von ihm wollten, Wein servieren oder sonst so etwas unwürdiges.
    Schließlich langte er am Brunnen an. Da hatte er einen guten Blick auf die Bühne und den Skalden.
    Er schwang sich auf den Rand des Bassins, ließ die Beine hängen, und lauschte andächtig. Zwischendurch guckte er in den kleinen Beutel, der offensichtlich ein Gastgeschenk war, zog einen Opferkeks hervor und biß, noch immer hungrig, hinein. Oh, wie hart! Die Römer hatten schon einen komischen Geschmack.
    Wieder versunken in die homerischen Verse lies er eine Hand durchs kühle Wasser gleiten und betrachtete den Widerschein der Fackeln auf der sich kräuselnden Oberfläche. Schön. Worum es wohl in dem Lied ging?
    Unbefangen wandte er sich an eine Dame in der Nähe, und bat sie neugierig, in seinem harten Latein:
    "Sag mir bitte, edle Frowe - hmm, edle Dame - wovon singt der Mann?"

    Rutger bückte sich langsam und hob Pumillus´ Stock vom Boden auf. Er wog ihn in der Hand. Sein Blick heftete sich auf Marcus´ Nacken.
    Er trat näher heran, hob den Stock... - und reichte ihn höflich an Pumillus zurück.
    "Hier ist Dein Stab, ehrwürdiger Albe."
    Als er die Sklavin erblickte, wurde sein Herz schwer. Er musste an seine Schwester denken, Jorun, die hatte auch so schönes Haar... was sie jetzt wohl gerade machte...
    Mechanisch nahm er Kranz und Beutel entgegen, die ihm der benebelte Ianitor fälschlicherweise reichte, kämpfte das Heimweh nieder und folgte den anderen neugierig in den Hof.

    Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    Dabei vergaß er sogar seinen geliehenen Sklaven Rutger nicht, dem er großmütiger Miene einen Traubenzweig reichte.


    Natürlich übersah Rutger hochmütig die angebotenen Trauben in der Hand seines Feindes.
    Als die Tür aufflog und der rasende Pumillus erschien, erschrak er.
    Ein kleiner Troll! Und er schien sehr zornig zu sein, schien sie gar zu verfluchen! Rutger wußte welche Macht Trollflüchen innewohnte. Vorsichtig tat er einen Schritt zurück und schützte sich mit dem Zeichen von Donars Hammer. Verwundert sah er zu wie leichtsinnig Avitus das Unheil noch weiter heraufbeschwor.

    Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    ...
    Wütend knurrte Marcus auf, trat einen Schritt auf den Germanen zu und holte mit der Flachen Hand aus. Er gab Rutger einen Klaps auf den Nacken, schmerzhaft genug um ihn aufschrecken zu lassen, aber nicht zu hart.
    "Hab ich Dich etwas gefragt, Sklave?"
    ...


    Rutgers Wangenknochen mahlten, er ballte die Fäuste und seine Fingerknöchel wurden weiß als der Flavier ihn schlug. Wenn er doch nur... er würde ihn... aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
    Rutger hatte eine LISTE, und die würde er zu gegebener Zeit abarbeiten.
    Höchst verwundert sah er zu Plautius, als der sich auf Germanisch über Modefragen ausließ, und ganz betreten guckte er dann an sich runter. Das konnte ja heiter werden. Er fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut, als er der Truppe folgte.

    Mit finsterer Miene schritt Rutger neben dem Flavier her, den Kopf hoch erhoben.
    Alles Römische was er auf dem Weg antraf (und das war eine Menge) bedachte er mit verächtlichen Blicken.
    Schon neugierig sah er auf die erleuchtete Casa - aber nur einen Moment lang, dann lag wieder die angemessene Kälte in seinem Blick, und auf Marcus Ermahnungen hin schnaubte er nur feindselig.
    Sein größtes Problem gerade war aber: er fühlte sich nackt. In der furchtbar kurzen Sklaventunika, da war man doch nicht richtig angezogen! Oh wie er ein paar anständige Hosen vermisste.
    Verfluchte Römer!