Gravitätisch stolzierte Syagrius in das Arbeitszimmer. Der Germane folgte ihm widerwillig. Das Klirren seiner Ketten hallte laut von den mamornen Wänden wider.
Sich vielfach tief verbeugend trat der Sklavenhändler auf Aquilius zu.
ZitatOriginal von Marcus Flavius Aristides
Der Mann war eher von Zwergengestalt. Sein Gesicht war rund wie der Vollmond und eine lange, spitze Nase zierte den Apfelkopf. Dabei zeigte die obere Rundung kein Härchen, nur eine etwas fettige, schmierige Schicht, die von seltenem Waschen zeugte. Auch seine Kleidung hätte durchaus auf dem Boden alleine stehen können, so sehr strotzte sie von Dreck und Körperfett.
Treuherzig, mit einem untertänigen Lächeln, sah er zu Aquilius auf. Seine Nase krauste sich und zuckte ein bisschen.
"Salve edler Herr, Salve! Gestatte dass ich mich vorstelle - ich bin Syagrius, Kompagnon im Sklaven- und Gladiatoren-Großhandel des ehrenwerten Lucianus, des 'Keltenhändlers', der Dir sicherlich ein Begriff ist..."
Ein salbungsvoller Unterton trat in seine näselnde Stimme.
"Zuerst lass mich Dir sagen, dass es mir eine große, überaus große Ehre ist, den edlen Flaviern zu Diensten sein zu dürfen!" Die trüben Augen richteten sich mit einem Ausdruck tiefer Ergriffenheit auf Aqulilius. Im Raum verbreitete sich langsam ein übler Dunst: in eine säuerlich-schweißige Grundnote mischte sich ein Hauch von ranzigem Bratfett mit einer Nuance von billigem Rosenwasser.
"Werter Herr, ich überbringe Dir hier den Sklaven, den Dein Verwandter Dir schickt, pünktlich und in allerbestem Zustand, obwohl unsere Reise, wenn ich das anmerken darf, durch allerlei widrige Umstände sehr erschwert wurde, mal hatten wir Gluthitze, mal die schauerlichsten Unwetter, Überflutungen, Erdrutsche, Schneestürme, marodierende Banditen..."
Bei den letzten Worten ballte er die rundlichen Hände ergrimmt, dann überzog mit einem mal ein strahlendes Lächeln seine Gaunervisage, und in einer Geste tiefer Rührung presste er die Fäuste auf die Brust.
"Nichtsdestotrotz! - Syagrius steht zu seinem Wort! Hier stehe ich nun, und bin stolz, überaus stolz, Dir trotz aller Hindernisse diesen wackeren Germanen hier zu übergeben, wahrlich ein Prachtexemplar, ein wahrer Achilles!"
"Denk an die Löwen und benimm dich!" raunte er dem "Achilles" leise aber unheilschwanger zu. Und lauter: "Zeig dich!" .
Hocherhobenen Hauptes trat der Germane vor, ein großer und gestählter Mann, in dessen Bewegungen auch jetzt, in Ketten, eine kraftvolle Gewandtheit lag, wenn er auch sehr erschöpft schien, und man unter seinem zerfetzten Hemd die Rippen einzeln zählen konnte. Teils frisch blutig, teils verschorft war die Haut um die Eisenbänder an seinen Hand- und Fußgelenken und am Hals, sowie die Striemen auf dem Rücken.
Aus schmalen graugrünen Augen musterte er den Flavier feindselig. Seine zusammengepressten Lippen waren trocken und schrundig, und auf Nase und Wangen schälte sich gerade ein ordentlicher Sonnenbrand ab.
Ölig lächelnd fuhr Syagrius derweil fort:
"Vierhundert Sersterzen, so bin ich mit dem edlen Herrn Flavius Aristides verblieben, das ist der Preis für den Transport - natürlich kam ich ihm da entgegen, aufgrund der enormen Ehre für Eure Gens tätig sein zu dürfen, jawohl - jedenfalls hat er schon hundert angezahlt, verbleiben noch dreihundert, und so es Dir beliebt, hochedler Herr, die Summe huldvoll zu begleichen, ist er Dein.
Der Sklave, meine ich."
Und Syagrius gönnte sich einen tiefen, leicht pfeifenden Atemzug.