Beiträge von Rutger Severus

    Noch vor Sonnenaufgang war er schon auf den Beinen gewesen, hatte die Schafe gemolken und dann rausgelassen, das Feuer geschürt, Wasser geholt, und den Kessel für den Morgenbrei über die Flammen gehängt. Bis das kochte dauerte es immer ewig, und so hatte er die Zeit genutzt, und war den Berg hinaufgestiegen, bis zu dem kleinen Schrein, den er selber gebaut hatte. Dort hatte er, wie schon so oft in den letzten Wochen und Monaten inbrünstig zu den Göttern gebetet, Milch und Käse geopfert, und wieder und wieder darum gefleht, daß sie ihm seinen größten Wunsch erfüllen möchten, denn er hielt es so einfach nicht mehr aus.
    Nun stapfte er schwerfällig durch den Wald zurück zu seiner Behausung, viel zu viel Arbeit lag heute noch vor ihm, auch das wäre anders, wenn sein Wunsch in Erfüllung ginge. Ennius war ein Bär von einem Mann, seine verfilzten Haare, der Vollbart, und der lange Überwurf aus Schafsfell trugen noch zu diesem Bild bei.


    Und wie ein Bär brach Ennius durch das Gehölz hinter Arrecina - und blieb stehen wie vom Donner gerührt.
    Das gabs doch gar nicht! So prompt fand er hier vor, was er eben erfleht hatte: ein Weib. Ein Weib auf einem Pferd, noch dazu, das eben ein wenig unruhig tänzelte.
    "Ich danke euch!" rief er zu den Unsterblichen hinauf, und tapte auf das Göttergeschenk zu. Zwar ein bisschen klein geraten, aber er wollte sich da mal nicht beklagen.
    "Komm, Hübsche, komm zu Ennius!" lockte er das kleine Weib mit seiner brummigen Stimme, so wie er auch ein ängstliches Lämmchen gelockt hätte. "Bei mir wirst du es gut haben!"

    "Weil ich ein Gefangener bin." antwortete Rutger unwirsch. Er rieb sich heftig mit dem Tuch über den Arm, und atmete scharf ein, als er aus Versehen eine Wunde streifte. "Zu Hel!" brach es wütend aus ihm hervor, und er ließ das Tuch sinken.
    Sein grimmiger Blick heftete sich auf Nefertiri, auf ihr nasses Haar, ihre dunklen Augen, - da wurde der Blick schon weicher - auf die Spur seines Bisses in ihrer Lippe, auf den Riss in ihrem Kleid - da wurde der Blick ganz verlegen. Diese Frau hatte sich ihm bedingungslos hingegeben, und war eindeutig nicht die richtige Adresse für seinen Groll.
    "Tut mit leid." brachte Rutger über die Lippen, und strich ihr ein wenig ungelenk über das Haar. "Du bist ja auch eine Unfreie, oder?"
    Er stand auf, einen Moment war es ihm schwarz vor Augen, und er hielt sich schnell am Regal fest, dann versuchte er die Schwäche zu überspielen, indem er noch ein Tuch daraus nahm, und es sich um die Hüften herum schlang.
    "Ich bin müde... Aber sag mir doch bitte, Ne-fahr-thyrri, was ist das überhaupt für ein Haus, in dem ich hier gelandet bin?"

    Jetzt leuchteten Rutgers Augen aber ganz deutlich auf. Ans Meer! Seit sein Bruder Sigmar damals von der großen Fahrt zurückgekehrt war, hatte er sich sehnlich gewünscht, es auch mal zu sehen. Er hatte soviel davon gehört! Die Pläne, die er damals gemacht hatte: auf einem Schiff übers Nordmeer zu fahren, die fremden Völker an seinen Gestaden zu unterwerfen, und sich die Eisige Herrin von Thule zu rauben, hatte Rutger allerdings inzwischen begraben.
    Vergeblich versuchte er nun, sich seine Begeisterung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Sein Blick hatte etwas jungenhaftes, als er geradezu verträumt sagte: "Das wäre schön. Ich habe es noch nie gesehen. Also, ich meine, nie richtig, nur mal von ganz weit weg, auf der Reise." Und da war er gerade sehr mit Überleben beschäftigt gewesen, und hatte den Anblick nicht zu schätzen gewußt.


    Er riss sich zusammen, und griff nach der Wachstafel und dem Stilus. Das kleine Ding sah in seiner Hand tatsächlich etwas deplaziert aus. Auch die Vorstellung, von der verlockenden Ne-fahr-thyrri unterrichtet zu werden, behagte Rutger sehr.
    Was das andere anging - er nahm sich vor, es als Chance zu sehen, den Feind kennenzulernen. Auch wenn das nicht leicht sein würde. Zu Dienen war und blieb nun mal eine Beleidigung für ihn.
    So nickte er recht fügsam, und meinte freundlich, wenn auch noch immer mit hochmütigen Unterton, zu seinem "Herrn":
    "Gut, dann sehen wir mal."

    "Wir rasten später." erwiderte Rutger. "Siehst du den Rauch da vorne? Wo ein Feuer brennt sind auch Menschen, vielleicht finden wir da etwas zu essen, und Futter für Phaidra."
    "Sollten wir jemandem begegnen, wirst du dich muxmäuschenstill verhalten, hast du mich verstanden, Römerin? Sonst..." Rutger starrte Arrecina finster an, und schlug sich mit der flachen Hand auf den Nacken, so daß es leise klatschte.
    "Ich scherze nicht damit." knurrte er grimmig. "Obgleich ich es nicht gerne tun würde... also zwing mich nicht dazu."
    Noch ein brennender, durchdringender Blick, dann wandte er sich wieder ab, und ging weiter mit ausladenden Schritten den Pfad entlang. Furchtbar schäbig kam es ihm vor, ein Mädchen so zu bedrohen und einzuschüchtern - allerdings würde dieses holde Geschöpf hier bestimmt auch keinen Herzschlag lang zögern, ihn ans Kreuz nageln zu lassen.


    Das Kreuz... was für ein elender Tod! Kein sauberes, oder wenigstens schnelles Ende wie durch einen Hieb in der Schlacht, oder durch Erhängen - das waren Dinge, die man mit Würde ertragen konnte - nein, eine Kreuzigung war ein endlos hingezogenes Verrecken... eine so grausame Prozedur, daß auch die tapfersten Männer schwach wurden während sie langsam verendeten... und dazu, typisch römisch, auch noch ein Spektakel für die Zuschauer, die die Sterbenden angaffen und sich an ihren Qualen ergötzen konnten... Halt!
    Rutger untersagte sich diese Gedanken. Er würde ganz sicher nicht so enden. Er hatte einen guten Vorsprung, ein schnelles Pferd, eine wertvolle Geisel, und gegen ein paar verweichlichte Römer würde er sich auch zu wehren wissen.


    Zwischen den knorrigen Eichen tauchte jetzt eine flache Talsohle auf. Die weich geschwungenen Hänge waren grün, und mit vielen kleinen weißen Tupfen übersät - weidende Schafe. Eine Hütte mit mörtellosen Mauern aus grob aufgeschichteten Steinen stand neben einem kleinen Pferch. Von dort stieg der Rauch auf. Kein Mensch war zu sehen.
    Rutger band Phaidra an einem dicken Ast an, halbverborgen hinter einem großen Dorngestrüpp mit ledrigen Blättern.
    "Du wartest hier." Sein Lächeln war eisig, als er sich sacht einen Finger auf die Lippen legte. "Psst."
    Er griff nach dem Geldbeutel, den er Arrecina abgenommen hatte, sah im Gehen hinein, trat zwischen den Eichen hindurch, und hielt auf die ärmliche Hütte zu.


    Um Arrecina herum rauschte es leise in den Bäumen. Rutger war ihrem Blick entschwunden. Irgendwo hämmerte ein Specht. Die Stute knabberte, wie das so ihre Art war, an der Baumrinde herum. Von ferne, aus dem Wald, war ein leises Rascheln zu hören. Nach einer Weile wurde es lauter, Äste zerbrachen knackend, und es klang immer mehr so, als würden sich da schwere Schritte nähern...

    "Halt still." Rutger prüfte den Sitz der Stricke - und bekam ein schlechtes Gewissen, als er eine kleine wunde Stelle auf der zarten Haut entdeckte. 'Unsinn!' sagte er sich. Er war doch viel zu weichherzig. Deswegen hatte ihn schon sein Vater früher immer gerügt. Sein Vater, oder sein Bruder Lingwe, hätten das Mädchen auch schon längst getötet, anstatt sie so planlos mitzuschleppen, wie er das gerade tat - ach, keiner von den beiden hätte sich überhaupt jemals von den Römern gefangennehmen lassen...
    Resigniert riss Rutger einen Streifen am Saum von Arrecinas Tunika ab, und knotete die Fesseln auf. Er hielt ihre Hände fest, sah sie warnend an, und wickelte den weichen Stoff als Polsterung um die Handgelenke, bevor er den Strick sorgfältig wieder festknüpfte.
    Wie kalt ihre Hände waren. Er rieb sie kurz in seinen, und schlang dann die Pferdedecke wie einen Umhang um das Mädchen herum.


    Sein Magen knurrte. Rutger führte Phaidra weiter, und hielt auf den Ursprung des Rauches zu. Es ging einen grasbewachsenen Hang hinunter, und dann auf einem ganz schmalen Ziegenpfad durch einen Wald niedriger Korkeichen. Die Luft war kühl und frisch, die Vögel begrüßten zwitschern den Morgen, und die Sonne wanderte schnell höher. Es versprach ein klarer und heißer Tag zu werden.

    Ausgelaugt und wohlig erschöpft lehnte Rutger seine Wange schwer in Nefertiris Hand. Ihre Zärtlichkeit und Freundlichkeit waren nach den langen Monaten der Qual und des Ausgeliefert-Seins wie Balsam für ihn, wie ein warmer Sommerregen auf einem ausgedörrten Feld. Er war froh, daß sie nicht wütend war, weil er so ungehemmt über sie hergefallen war, und wollte ihr gerne etwas nettes sagen, aber eine bleierne Müdigkeit legte sich über ihn, und er fand die lateinischen Worte gerade nicht. "Mein kleines Reh..." flüsterte er wieder, schloß die Augen, genoß es, einfach nur den Klang ihrer Stimme zu hören, und nickte ganz leicht mit dem Kopf. "Hmmhmm..."


    Ganz langsam drang dann zu ihm durch, was sie eben gesagt hatte. Er sollte bleiben. In ihm stieg schlagartig das Gefühl auf, gerade einen Köder verschluckt zu haben. Die versuchten hier, ihn einzuwickeln, natürlich, warum sonst hätte sie mit ihrer Gunst so freigiebig sein sollen? Rutger setzte sich abrupt auf. Er war enttäuscht, und fühlte sich genarrt. Wie ein Hund kam er sich vor, der glücklich das Fleisch aus der Hand seines Herren verschlungen hatte.
    "Ich habe jetzt genug gebadet."
    Mit schleppenden Bewegungen stieg er aus dem Becken, griff sich ein Badetuch vom Regal, und setzte sich müde auf einen Schemel. Langsam rieb er sich trocken. Der Dreck löste sich dabei in kleinen schwarzen Röllchen von der aufgeweichten Haut, und das Tuch wurde schnell schmutzig.

    Vergiftete Lippen! Was für eine infame Idee. Da konnten wirklich nur die Römer draufkommen.
    "Du meinst, ich soll lesen lernen?" Rutger sah nachdenklich auf die Wachstafel in Aquilius Hand. "Gut."
    Kenne den Feind. Wenn in den Schriften wirklich das Geheimnis der römischen Stärke lag, dann wollte Rutger sie auch studieren. Bei ausreichend Licht. Ja, er würde die Römer kennenlernen, vielleicht verstehen, und später, mit diesem Wissen gewappnet, leichter besiegen. Das hatte der große Befreier vom Stamm der Cherusker doch auch so gemacht.
    "Und trainieren, mit dir? Sicher, gern." Rutger streckte die Beine lang aus, und nickte bereitwillig. Er konnte ja nicht ahnen, daß sich für ihn sehr bald eine unwiderstehliche Gelegenheit zur Flucht ergeben würde, und das seine jetzigen Entscheidungen dann mit einem Schlag hinfällig sein würden.
    "Was soll ich denn eigentlich für dich tun? Ich meine - wie stellst du dir das so vor? Ach, und kannst du mir sagen, wie weit das Meer von hier entfernt ist?"


    Der Morgen graute. Über den Gipfeln der Apenninen verfärbte sich der Nachthimmel zu einem blassen Blau, einige zart gefächerte Schleierwolken prangten in Perlmuttönen, dann glühten die Konturen der Bergkämme rosig auf, und der rote Sonnenball hob sich strahlend über den Horizont. Langgezogene Schatten bildeten sich in den Tälern, und die vom Tau benetzten Flanken der kargen Berge gewannen einen goldenen Schmelz.


    Rutger hatte keinen Blick für die Wunder der Natur übrig. Übermüdet setzte er einen Fuß vor den anderen, die Augen hielt er starr auf den holprigen Pfad vor sich gerichtet, und immer wieder sah er sich gehetzt über die Schulter um.
    Phaidra führte er inzwischen am Zügel hinter sich her. Nachdem sie die ganze Nacht in Bewegung gewesen waren, war auch die feurige Stute erschöpft, und trottete mit hängendem Kopf hinter ihm her. Von Zeit zu Zeit blieb sie störrisch stehen, Rutger zerrte sie dann ungeduldig weiter.
    Arrecina saß jetzt, in dieser einsamen Gegend, aufrecht auf dem Pferderücken, mit gefesselten Händen, die Füße unter dem Pferdebauch mit einem Riemen verbunden.
    Wieder hielt die Stute inne. Rutger gähnte, und lehnte sich kurz an ihrer Seite an. Aufmerksam musterte er die Umgebung. Stieg da hinten nicht ein feiner Rauchfaden in die Luft? Er zögerte. Sie brauchten dringend Proviant. Aber natürlich war es besser, von niemandem gesehen zu werden.
    "Zeig mir deine Hände." sagte er zu Arrecina, und griff auch schon nach ihnen, um ihre Fesseln zu kontrollieren.

    Noch immer waren Rutgers Hände fahrig. Er fühlte sich entrückt, wie abgelöst von seiner Umgebung, als er Arrecina neben der Stute auf den Boden herunterließ.
    "Rühr dich nicht." sagte er mit gepresster Stimme, nahm ihr, noch immer ohne sie richtig anzusehen, ihren Schmuck und ihren Geldbeutel ab, fasste eine Handvoll Erde, und rieb ihr damit das Gesicht schmutzig. Dann löste er einen entbehrlichen Riemen vom Sattelzeug und fesselte ihr damit die Füße.
    Das leise Klingen eines Ziegenglöckchens drang aus dem Wald. Bei dem harmlosen Laut zuckte Rutger zusammen und spähte in alle Richtungen. Keine Menschenseele.
    Hastig nahm er die Satteldecke von Phaidras Rücken, entfaltete sie, riss sie mühsam entzwei, und wickelte den größeren Teil um Arrecina herum. Rauh legte er dann seine Hand halb auf ihre Kehle, halb auf ihr Kinn, hob dieses ein wenig an, und drohte ihr tonlos:
    "Wenn du schreist, breche ich dir das Genick." Eine leere Drohung, war ihm bewußt. Der Moment, ihr das Leben zu nehmen, war unwiederbringlich vorbei.


    Wieder hob er sie hoch, legte sie quer über den Pferderücken, und zog die Decke zurecht, so daß Arrecina nun ganz darin verhüllt war - nur noch ein langes braunes Bündel vor dem Sattel. In großer Eile verwischte Rutger noch die Spuren, die sie am Ufer hinterlassen hatten, danach führte er Phaidra wieder in den Bach und saß auf. Er hielt die umhüllte Arrecina mit einer Hand fest, als er die Stute antraben ließ. Die setzte sich auch gleich flott in Bewegung.


    Eine Weile lang wollte er noch im Bach reiten, dort blieben Spuren nicht lange bestehen, und die Hunde verloren die Witterung. Bestimmt würden sie versuchen, ihn mit Hunden aufzuspüren. Später würde er an geeigneter Stelle, auf hartem Untergrund, das Wasser verlassen, und so schnell wie möglich auf die Berge zuhalten. Rutger war zuversichtlich. Es würde ihm, mit etwas Glück, schon gelingen, seine Verfolger abzuschütteln. Diese Römer waren doch allesamt Stadtmenschen. Dann hieß es Ansiedlungen und große Straßen vermeiden, sich immer nach Norden orientieren...
    Und endlich wieder frei sein!


    So begann Rutgers Flucht aus römischer Knechtschaft.
    (Oder sollte es nur ein Fluchtversuch werden? Wir werden es bald erfahren.)

    "Du drohst mir, kleine Römerin?" Rutger lachte kalt. "Du sagst, mein Leben ist verwirkt - tja, was habe ich also noch zu verlieren!"
    Grob drückte er Arrecina auf den Boden hinunter, und presste sie mit seinem Gewicht nach unten auf den kiesigen Grund.
    "Du meinst, du hast nichts damit zu tun?" Sein Schatten fiel über sie. Haßerfüllt starrte er auf sie herunter.
    "Oh nein! Da irrst du dich! Du bist Fleisch von seinem Fleisch, und Blut von seinem Blut! Und er muß dafür bezahlen...!"
    Rutgers linke Hand hielt Arrecinas Handgelenke fest gepackt, die rechte fuhr suchend über den Boden hinweg, und schloß sich um einen scharfkantigen Stein. Er war warm von der Sonne, und lag schwer in Rutgers Hand. Feine Adern von Glimmer zogen hindurch, und glänzten in der Sonne, als Rutger ihn hochhob. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Er sah nur noch diesen Stein und Arrecina. Der Moment dehnte sich. Ihm war schwindelig. Die Gedanken jagten durch seinen Kopf.


    Es war das beste so. Rutger mußte sie töten. Er konnte sie nicht mitschleppen. Das war viel zu riskant. Alleine hatte er eine Chance zu entkommen. Es war richtig so. Der Flavier hatte ihm Gytha genommen. Der Flavier hatte ihm die Freiheit genommen. Dreck unter seinen Schuhen sollte Rutger sein. Rutger war ein Sklave. Rutger war entehrt. Er hatte jedes Recht, sich zu rächen. Er war ein Hallvardunge. Er mußte sich rächen. Ziu wollte es so. Seine Ehre würde Rutger durch die Rache zurückgewinnen. Er würde nach Hause zurückkehren. Er würde weiterkämpfen. Sie war nur eine Römerin. Sie war die Brut seines Feindes. Er mußte sie jetzt mit diesem Stein töten. Er mußte ihr jetzt mit diesem Stein den Schädel zerschmettern. Er würde ihr jetzt mit diesem Stein den Schädel zerschmettern.


    Rutger holte aus.
    Der Stein lag warm in seiner Faust.
    Der Stein sauste in einem Bogen durch die Luft.
    Der Stein näherte sich wuchtig Arrecinas Kopf.
    Rutger hielt inne.
    Er ließ den Stein los.
    Der Stein rollte über die Böschung, und fiel platschend in den Bach.
    Rutger schloß die Augen.


    Er konnte das nicht. Sie war nur ein Mädchen. Sie hatte gelacht, als das Pferd sie stupste. Sie hatte sich beim Reiten an ihm festgehalten. Sie hatte ihm vertraut. Sie hatte ihm zugehört. Sie war jung. Ihr Haar war schön. Es roch auch gut. Sie hatte nicht einmal von der Untat ihres Vaters gewußt. Sie hatte Angst.


    Ohne Arrecina ins Gesicht zu sehen löste Rutger den Strick, der seine Tunika gürtete, und umwand ihre Handgelenke damit. Er zurrte ihn fest, und machte einen Knoten. Seine Hände zitterten. Er hob Arrecina hoch, um sie zum Pferd zu tragen.

    Verschmolzen mit der zarten Ägypterin wurde Rutger vom Widerhall ihrer Lust wie von einer gewaltigen Woge mitgerissen. Kraftvoll presste er sie nieder, trank ihr Stöhnen und seinen Namen von ihren Lippen, und grub seine Zähne in tierischer Gier in ihre köstliche volle Unterlippe hinein. Er schmeckte salzig Blut und Schweiß, sah von ganz nah ihre weit aufgerissenen Augen - so dunkel, so fremd, blitzartig stand ihm das Bild eines Rehs vor Augen, das er einmal erlegt hatte - und ungezügelt stieß er noch heftiger in sie hinein, rasend wie ein ausgehungerter Wolf über der Beute, bis er sich schließlich hoch aufbäumte, kehlig aufstöhnte, und sich heiß in ihr verströmte.
    Bebend sank er dann auf Nefertiri nieder, blieb schwer so liegen, und schlang die Arme um sie herum, während sein Atem langsamer wurde. "Mein kleines Reh..." flüsterte Rutger in seiner Muttersprache, und suchte wieder, jetzt sehr viel zärtlicher, ihre Lippen, um sie leicht zu küssen. Dann löste er sich von ihr, drehte sich auf die Seite, und stützte sich auf dem Ellbogen ab.


    Mit einem gelösten, befriedigten Lächeln im Gesicht strich Rutger mit einer Hand langsam über Nefertiris Körper hinweg, folgte ihren, für ihn so filigranen, Konturen von Kopf bis Fuß. Lange fuhr er auch durch ihr Haar hindurch, das schwarz im Wasser wogte, und ihn an Schlingpflanzen erinnerte, oder an die im Wind schwingenden Zweige einer Weide, oder an dunkel aufsteigenden Rauch von einem großen Feuer.

    "Natürlich vermag ich auch mit bloßen Händen zu töten." meinte Rutger blasiert, und zupfte sich einen Strohhalm aus den Haaren. "So? Und was ist hier so gefährlich? Die schnellen Fuhrwerke? Der erstickende Gestank?"
    Er lächelte abfällig. "Ich glaube kaum, daß du weißt, wie es bei uns zugeht."
    Abwesend spielte er mit den Strohhalm, flocht ihn sich durch die Finger, und zuckte gleichmütig mit den Schultern. Dann horchte er auf.
    "Gode?" Erstaunen, und mit einem Mal auch eine gewisse Scheu lagen in seinem Blick. "Du bist Gode?" Und das auch noch von dem Gott, der die Legionen immer wieder siegen ließ. Das war nicht gut.
    "Nein, ich kann eure Sprache nicht lesen und nicht schreiben. Wozu auch. Unsere Ahnen gaben uns das Wissen anders weiter, in Liedern, und wir haben ein gutes Gedächtnis. Wir brauchen so Zeug nicht." Rutger wies auf Wachstafeln und Schriften. Schamhaft verschwieg er, daß er - vor langer Zeit - immerhin mal gelernt hatte, seinen Namen zu schreiben, und diesen damals mit Begeisterung in Baumstämme hineingeschnitzt hatte. Zum Beispiel in die große Linde auf dem Marktplatz von Colonia, die noch heute, ganz weit oben, soweit ein waghalsiger Junge nur klettern konnte, in ihrer Rinde den schönen Schriftzug trug: Rutger wa hir. Vor wirklich langer Zeit.
    "Es ist auch schlecht für die Augen, habe ich gehört."

    Zitat

    Original von Artoria Medeia
    Olympia sah Rutger nur erstaunt an. Scheinbar war sie ein solches Verhalten ihr gegenüber nicht gewohnt und auch bei Rutgers Worten zeigte sich nur Unverständnis auf ihrem Gesicht. Gehorsam, wie es sich für eine gute Sklavin gehörte, folgte sie dem Gast zu den Klinen und setzte sich. Neugierig musterte sie ihn, unterdrückte das jedoch schnell und sah verlegen gen Boden. Ihre Hände hielt sie auf ihrem Schoss gefaltet. Eine Falte des Ärgers über sich selber erschien auf ihrer Stirn. Sie war doch sonst nicht so schüchtern! Schließlich hob sie ihre Augen und sah Rutger fragend an. „Herr? Was hast Du vorhin gesagt? War das Griechisch? Verzeih, möchtest Du etwas Wein?“ Schnell nahm sie einem anderen Sklaven die Weinkaraffe aus der Hand und goss Rutger den Becher voll.


    Rutger hielt gerade mit skeptischer Miene ein mit Fischeiern gefülltes und adrett mit bunten Gewürzen garniertes Wachtelei in der Hand. Es sah ein wenig giftig aus. Er roch erst mal daran, probierte dann mutig, und sein Gesicht erhellte sich. Sofort griff er nach dem nächsten.
    "Noch Wein? Ja, gern!" Rutger lächelte erfreut und sah tief in Olympias blaue Augen.
    "Komm, trink doch mit mir!" Überschwenglich setzte er ihr den Becher an die Lippen. "Und probier mal diese Dinger hier, sehr lecker! - Bei Bragi, fließt der Wein etwas aus dem Brunnen?!" Rutger staunte.
    "Ich habe mich vorhin gefragt, ob du auch aus meiner Heimat stammst, aus dem Norden. Wegen deines Goldhaars, und deiner Augen, wie..."
    - Rutger suchte angestrengt nach einem poetischen Vergleich - "Vergissmeinnicht!" Sanft nahm er eine Handvoll ihres Blondhaares auf, und ließ die Strähnen langsam einzeln durch die Finger gleiten.
    "Sif selbst würde dich um diesen Schmuck beneiden. Von allen Frauen hier bist du bei weitem die schönste." sagte er ganz ehrlich. "Wie ist dein Name? Mich nennt man Rutger Thidrikson."
    Aufmerksam lauschte Rutger dann der fremdartigen Musik, und betrachtete verwundert, aber durchaus aufgeschlossen, die seltsame Vorführung. Nach einer Weile legte er forsch den Arm um Olympia. Ausserdem aß er die Wachteleier auf, sprach mit Genuß dem Wein zu und nötigte seine schöne Begleiterin immer wieder fröhlich zum mittrinken.

    "Ich bin Krieger."
    Rutger setzte sich auf einen Stuhl, zog ein Bein an, und sah Aquilius an, als wäre das Antwort genug, dann zählte er auf:
    "Ger und Frame führe ich, und das Sax, treffsicher sende ich den Pfeil, ich finde die Fährte des Wildes und weiß so manche Rune zu ritzen. Talent, hmm... " - Rutger runzelte die Stirn, und schien angestrengt nachzudenken - "...hmm..."
    Und lächelte Aquilius vergnügt an, als er ihm anvertraute: "Also, ich denke, mein Talent ist es, Römer zu töten."
    Harmlos fügte er an: "Und mit Pferden kenne ich mich auch aus. Oder was willst du wissen?"


    Er sollte "von sich erzählen"? Rutger zögerte. Der Römer wollte doch sicher nur irgendwelche Schwachpunkte bei ihm finden.
    "Ich komme aus "Germanien", bin Sohn eines Drichten, habe gegen euch gekämpft und wurde gefangen." fasste Rutger sein Leben wortkarg zusammen und verstummte. Mißtrauisch musterte er Aquilius. Worauf wollte der eigentlich hinaus? Und würde er diesmal seine, ihm so unnatürlich erscheinende, Beherrschung verlieren?
    "Und du?" fragte er ihn dann herausfordernd. "Was tust du, abgesehen von..." - Rutgers Blick glitt etwas mitleidig über die Stapel auf dem Schreibtisch - "lesen?"

    Seit kurzem hatte man Rutger aufgetragen, im Stall mitzuhelfen. Und dort fand ihn auch Aquilius' Botengänger: an einem Strohballen lehnend, auf einem Grashalm kauend, und vor sich hinträumend - diesmal nicht vom endgültigen Sieg über die Römer und von einem Freien Germanien, sondern einzig und allein von der atemberaubenden kleinen Ne-fahr-thyrri.
    Ob sein "Herr" seinen Müßiggang irgendwie gerochen hatte? Rutger wischte sich den Stalldreck von den Sandalen, klopfte etwas Stroh von seiner groben Tunika, und machte sich erholt zu Aquilius Arbeitszimmer auf.
    Er klopfte an der Türe, wartete auf ein 'Herein', und trat ein, begleitet von einem leichten Geruch nach Pferd. Seine Haare waren zerzaust, und ein, zwei Strohhalme hatten sich noch darin versteckt. Er wirkte recht gelöst, lächelte kurz, als er über die Stelle ging, an der Syagrius sein Leben ausgehaucht hatte, und blieb dann vor dem Schreibtisch stehen. Fragend sah er Aquilius an.

    Zornig funkelte Rutger Aquilius an, dessen elegantes Kontern ihn dann doch etwas aus dem Konzept gebracht hatte.
    Wortlos biß er die Zähne zusammen bis sie knirschten, ballte mit Ingrimm die Faust bei der 'Warnung', und starrte sehnsüchtig auf Aquilius' Nase - sehnsüchtig, diese Nase mit der Faust zu zertrümmern, versteht sich!
    Aber, wenn Rutger auch jähzornig war, ganz lebensmüde war er nicht, und so bezwang er, sehr mühsam, diesen Wunsch, oder verschob ihn jedenfalls auf einen passenderen Moment.
    Zudem war es ihm höchst unangenehm, vor der schönen, wenn auch schamlosen, "Medea" so als Sklave offenbart zu werden - hatte sie doch auf ihrem Fest durchaus freundlich und geneigt mit ihm gesprochen.
    Um so frostiger war jetzt seine Miene, als er hocherhobenen Hauptes neben Aquilius stand, die Arme vor der Brust verschränkt, und distanziert durch das verdorbene Treiben um ihn herum hindurchsah.

    Schwarze Strähnen lagen nass in Rutgers Gesicht, als er eine Hand in Nefertiris Haar vergrub und ihren Kopf weiter in den Nacken zwang. Begierig stieß seine Zunge tief in ihren Mund vor, glitt an ihren Zähnen entlang, und verschlang sich mit der ihren. Keuchend und stoßweise kam sein Atem. Die andere Hand fasste gierig nach ihren Brüsten, zerriss das dünne Kleid, liebkoste sie inbrünstig und rauh, und glitt dann tiefer.
    Mit drängender Lust presste Rutger sich hart gegen ihr Becken, und drückte Nefertiri schwer auf die Stufen nieder. Glühend vor Verlangen strich er über ihr Gesäß und an der Innenseite ihrer Schenkel entlang, tauchte mit den Fingern tief in sie ein, und erforschte lustvoll ihre geheimsten Zonen.


    Er zog die Hand zurück, löste sich von Nefertiris Lippen und sah ihr entrückt in die Augen, als er gierig ihren Geschmack von seinen Fingern kostete. Dann legte er jene Finger leicht und bebend auf ihre Lippen - verharrte - und stieß sie mit einem mal fest in ihren Mund hinein. Rasend vor Lust griff er wieder nach ihren Schenkeln, spreizte sie noch weiter, und ein kehliger Laut kam über seine Lippen, als er mit animalischer Wildheit kraftvoll, und auch brutal, tief in sie eindrang.
    Mit harten Stößen nahm er sie, drang immer tiefer, und keuchte rauh im Takt der Bewegung. Im Taumel seiner Lust begrub er die zarte Ägypterin förmlich unter sich, auch packte er ihre Handgelenke und presste sie über ihrem Kopf eisern auf den Boden, während er sie mit aller Kraft nahm - immer schneller und immer wilder...

    "Das ist das Leben..." sagte Arrecina. Rutger starrte sie ausdruckslos an. Er hätte es sich ja denken können, daß er von ihr kein Verständnis erwarten konnte - warum auch? - aber das hier war doch der blanke Hohn.
    Warum hatte er gerade überhaupt so viel geredet? Er hatte doch damit nur kostbare Zeit verschwendet.
    Rutger stand auf und ging Schritt für Schritt auf sie zu. Die Steine am Ufer knirrschten unter seinen Füßen. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Schatten waren kurz und die Grillen zirpten laut. Phaidra döste mit hängender Unterlippe. Das Grün der Pinien war von leuchtender Intensität. Eine große blauschillernde Libelle glitt schnell über die Wasseroberfläche dahin.


    "Die Geschichte ist noch nicht zu Ende."
    Rutger stand jetzt direkt vor Arrecina. Seine Stimme war schneidend kalt. Ein gefährlicher Unterton von mühsam, sehr mühsam im Zaum gehaltenem Zorn lag darin.
    "Ich habe Rache geschworen. Ich werde diesen Mann vernichten. Er hat mir alles, alles was zählte, genommen - Gytha, und meine Freiheit. Und dieses Leid soll er selber spüren. Und deshalb werde ich ihm auch etwas sehr, sehr wertvolles nehmen... etwas, woran er ganz sicher sehr hängt... - "
    Rutgers Hände schossen vor, und er packte Arrecina mit festem Griff an den Handgelenken.
    "Seine Tochter."
    Ganz nah beugte sich Rutger an sie heran, unversöhnlicher Hass stand in seinen Augen.
    "Weißt du, Flavia Arrecina, es war wirklich ein schöner Ausritt, und ich denke du bist ein nettes, wenn auch ein wenig boshaftes Mädchen - aber du bist nun mal Flavius Aristides Tochter."


    Fest wie in einem Schraubstock hielt Rutger Arrecina, während die Gedanken in seinem Kopf rasten.
    Was würde den Neiding am härtesten treffen?
    Er konnte sie jetzt erwürgen, oder ihr den Schädel mit einem Stein einschlagen.
    Er konnte ihrem Vater ihren Kopf in einer Kiste schicken.
    Er konnte sie auch schänden.
    Er konnte sie entführen, und als Sklavin in die Hände eines ebenso grausamen Händlers wie Syagrius geben...


    Rutgers Blick bohrte sich mit einem lodernden, archaischen Durst nach Rache in Arrecinas Augen.
    "Was würdest du an meiner Stelle tun, hmm, kleine Römerin?"

    Rutger brach geistesabwesend kleine Stückchen des Zapfens ab und schnippte sie in das schnell strömende Wasser des Baches, während er Arrecina aufmerksam zuhörte. Wider Willen musste er auch grinsen, als sie so vergnügt erzählte, dass sie ihrer Großmutter entwischt war.


    "Zu deiner Frage - ja, natürlich führen wir Krieg, was ist daran schlecht? Wo sonst kann ein Mann seine Tapferkeit zeigen, und sich einen Namen machen? Und im Krieg macht man natürlich auch Gefangene. Soll man die etwa alle gleich umbringen?" fragte er verwundert.
    "Der Unterschied ist folgender: wir kämpfen um unser Land, das uns schon lange zu eigen ist, wo wir siedeln und jagen, wo unsere Ahnen in ihren Gräbern wohnen, und unsere Götter in den Hainen und heiligen Stätten. Die Römer dagegen, wollen unsere Land einfach nur haben, damit ihnen alles untertan ist. Sie beklagen sich, wie du gesagt hast, es sei zu dunkel, zu neblig, und überhaupt zu rauh. Trotzdem schlachten sie jeden ab, der sich nicht wehren kann, um ein Land zu beherrschen, das sie gar nicht brauchen, nicht mögen, und das sie nicht willkommen heisst. Ja, es ist wahr, das Land selbst, die Wälder, die Moore, die Geister, ist ihnen feindlich gesonnen, und es wehrt sich gegen die Besatzer - es schickt wilde Tiere oder Unwetter, oder einen Steinschlag, und viele Legionäre sind schon auf ewig im Moor versunken!"


    "Und außerdem kämpfen wir ehrlich, Mann gegen Mann, so daß es auf Mannesmut und Kampfesgeschick ankommt. Wir ehren unsere Götter Wodan, Donar und Ziu, wenn wir tapfer kämpfen, und verstecken uns nicht feige hinter Stahl, und ausgeklügelten Formationen, wo es gar nicht auf den einzelnen ankommt. "
    Rutger nickte bekräftigend, völlig überzeugt von seinem Standpunkt.
    "Zudem halten wir unser gegebenes Wort. Ziu, der Stammvater meiner Sippe, ist der Herr des Eides, und niemals würde ich einen Schwur brechen. Aber die Menge der Lügen, Vertragsbrüche und listigen Betrügereien, die sich die Römer uns gegenüber erlaubt haben, ist ungeheuerlich!
    Es ist also ganz und gar nicht das gleiche."

    Rutger warf den zerrupften Zapfen in hohem Bogen quer über den Bach.


    "Familie? Also, ich habe viele Verwandte, und meine Eltern, und drei von meinen Geschwistern leben noch. Meine Schwester stand kurz vor ihrer Vermählung, als ich in Gefangenschaft geriet... Aber ich habe kein Eheweib. Die, die ich eigentlich.." - er brach ab.
    "Ich bin ziemlich weit abgeschweift, glaube ich."
    Er fuhr sich etwas fahrig durch die Haare und lächelte gezwungen.
    "Ich fang noch mal von vorne an. Also, an jenem Tag, in der Nähe von Colonia, trafen wir auf einen Römer, der sich alleine in unseren Gebiet herumtrieb, wohl um uns auszuspionieren. Ich kämpfte gegen ihn, und bezwang ihn, und wir nahmen ihn gefangen, um ihn später gegen welche von unseren Leuten auszutauschen.
    Wir haben ihn gut behandelt, denn wir halten nichts davon, einen besiegten Feind noch weiter zu demütigen!
    Er war verwundet, also wurde er gut gepflegt, und versorgt... Aber das hat er uns übel vergolten. Die Heilerin, die sich um ihn gekümmert hat, hat wohl..."
    - Rutgers Miene wurde hart, und seine Stimme eisig - "...Gefallen an ihm gefunden. Irgendwie hat er sie dazu gebracht, ihr Volk zu verraten. Sie besorgte ihm eine Waffe, und verbarg vor uns, dass er sich gut erholt hatte, und schon wieder auf den Beinen war."


    "So gelang es ihm... eines Nachts... ich war nicht darauf gefasst... mich zu überwältigen. Er nahm mich als Geisel. Und dann, als er sie nicht mehr brauchte..." - Rutger sprach jetzt sehr langsam, tonlos, das Gesicht eine Maske aus Stein - "Als er sie nicht mehr brauchte, hat er Gytha die Hände und Füße mit einem Strick zusammengebunden, und sie in einem Zelt auf dem Boden liegen lassen. Das hat er dann angezündet. Und es brannte wie Zunder. Die Wochen davor waren sehr heiß. Das war das letzte was ich von unserem Lager gesehen habe. Das Zelt, in dem Gytha verbrannte."
    Starr sah Rutger auf das vorbeirauschende Wasser. Ohne eine Regung zu zeigen, sprach er dann weiter.


    "Dieser Römer hat mich Sklavenhändlern übergeben. Die haben mich in eiserne Bande geschlagen, und mein Haar geschoren, und mich mit ihren Peitschen, und... ihren kleinen Spielchen..., über die Alpen geschleift. Wir Gefangenen waren alle aneinandergekettet. Wenn einer starb, dann wurde die Leiche oft noch mitgeschleift, bis sie sie dann irgendwann abnahmen, und in den Straßengraben warfen. Und um mich rum sind die Leute gestorben wie die Fliegen.
    Aber ich habe es überlebt. So kam ich nach Rom."

    Rutger schwieg.

    Rutger atmete schwerer, als Nefertiri sich dem Kuss hingab, und nur widerstrebend ließ er zu, dass sie sich ihm wieder entzog. Seine Brust hob und senkte sich schnell. Wie hypnotisiert blickte er in ihre großen dunklen Augen, und starrte gierig auf ihre köstlichen Lippen, als sie sich mit der Zunge darüberfuhr. Und wie sie seinen Namen aussprach - so warm, etwas gedehnt, das 'r' ein wenig guttural... das machte ihn wahnsinnig! Essen? Wunden verbinden? Rutger wollte gerade nur eines, und das jetzt!
    Mühsam beherrscht folgte er Nefertiri mit den Augen. War das jetzt so ein Spielchen um ihn vollends verrückt zu machen - oder war er ihr einfach noch zu dreckig, und sie wollte, dass er sich erst mal ausgiebig wusch?
    Als sie ihn dann wieder berührte, lief ein heißer Lustschauer durch seinen Körper, und mit der Beherrschung war es vorbei. Fest umfasste er ihr Handgelenk, nahm ihr den Schaber aus der Hand, und legte ihn auf dem Rand des Beckens ab.


    "Viel zu lang." antwortete er rauh, und richtete sich auf. Das Wasser floß an ihm herunter, und offenbarte seine Erregung. Einen Moment stand er so vor ihr, dann zog er sie in rasendem Verlangen heftig an sich, und so wie sie war mit ins Wasser hinein. Heiß strich sein Atem über ihr Gesicht, als er mit ihr halb auf den Stufen zu liegen kam, die in das Becken führte. Er hielt sie festumschlungen, vergrub seine Lippen an ihrem Hals, und stieß seine Zunge in die kleine Grube über ihrem Schlüsselbein, die ihn schon die ganze Zeit gelockt hatte. Eine Hand strich gierig an ihren Schenkeln entlang, und schob ungestüm den nassen Stoff zu Seite.
    "Ich will dich jetzt." keuchte Rutger, und bedeckte Nefertiris Hals mit glühenden Küssen und hungrigen Bissen, so als ob er sie gleich ganz verschlingen wollte.