Beiträge von Quartus Flavius Lucullus

    Die Kühle im Raum wich in meinen Gedanken schlagartig der Hitze, doch da war er jener Mann, der mit mir vor wenigen ungequälten Augenblicken noch über Zierfisch-Liebhaberei palabert hatte. Völlig ruhig saß er da, sicher waren seine Ohren spitzer als jene Schwänze, die Schwertfische hinter sich her zogen. Nein hier würden wir uns niemals offenbaren. Dazu brauchte es einen eigenen Raum, einen wo die Wände so dick waren, das auch angelegte Ohren nur ein leises Summen vernahmen.


    Gracchus war zuweit gegangen, er hatte mich mit seinen verhöhnenden Worten heraus gefordert. Nur weil ich unserem Vater auch nach seinem Tod Gehör schenkte und mich an die vorbereiteten Stufen, Regeln und Tafeln hielt, sollte es mir nun zum Nachteil gereichen. Ich wußte nicht, warum ich so dachte, war es Neid, Missgunst oder unbändige Liebe?


    So wenig hatten wir uns früher zu sagen, so zweischneidig war unser erstes Gespräch seit vielen Jahren. Ich würde warten, geduldig und immer in seinem Schatten. Zeit war genug und bis dahin würde ich versuchen ihn zu verstehen. Doch vorsichtig mußte ich sein. Zuviel Nähe konnte mich mitreißen, konnte mich verraten, würde mich nicht in jenem Licht erscheinen, wo ich stand.

    "Unser Weg wird das Ziel sein, Gracchus und ich werde mit Bedacht nach Unterstützung fordern, sollte das Ziel weiter sein, als eingeschätzt."


    Meine Hand glitt ganz von allein in jene Schale, wo sich einige der frischeren Leckereien tummelten. Es war nicht die Zeit zum Austernessen, auch wenn es Furianus anders sah.

    Ich hatte bis zum letzten Augenblick gehofft, doch die Worte meines Bruders ließen nicht erkennen, das dessen Zeilen voller Wertschätzung an mich gerichtet nicht jenes vermuten würden, was ich selbst damals dachte. Diese seine ausgesprochenen Silben vertieften die Furche meiner Gedanken und doch waren wir einer Familie entsprungen. Mir fehlten drei Jahre, eine lange Zeit. Ich würde niemals in jener Riege aus dem Schatten hervor treten können und dem Wunsch meines Vaters et Acta legen müssen. Doch ich würde abwarten, ja genau das was ich seit dem fünfzehnten Lenz getan habe. Der Geduldige wird immer dem Eilenden voraus sein.


    Meine Worte fassten seine auf, verschlangen sie und sprudelten eben so heraus. Dem Ungeduldigen wäre dabei das Blut in den Adern gefroren.


    "Die Götter werden unseren Dienst zu schätzen wissen."


    Mein Blick traf nicht den Seinen, denn er hatte sich mir abgewandt. Ich mußte ebenfalls eine kalte Pause machen und trank einen Schluck vom Wasser.


    "Ich reiste sehr lange für die Länge der Strecke, aber ich kam gesund und nicht zu erschöpft hier an."


    Der Becher drehte sich in meinen Händen und ich versuchte die Spannung mit einem kleinen Lächeln -nur nicht zuviel- abzubauen.

    Es war für einen Moment Stille im Triclinium eingetreten, denn ich war dabei zu überlegen, warum die Liebhaberrei eben so hieß, wie man sie nannte und wie ich es ausführen würde, wenn sie zu einem beruflichen Spiegelbild wurde. Doch die Götter schienen sich auf ihren neuen Boten zu freuen und erlösten mich von dieser schwierigen Antwort.


    Ein Mann trat in den Raum, den ich auf jenen ersten Blick, der manchmal den gesamten Eindruck bereitete, nicht erkannte. Doch als er so vertraut meinen Namen schwang, konnte es nur Gracchus sein. Mein geliebter Bruder, der weit in der Ferne reifte, während ich ihn in Oberitalien gänzlich vergaß.


    Wären nicht jene Scribas und persönliche Sekretäre gewesen, hätte ich wohl nichtmal jene wenigen einfallslosen und monotonen Zeilen an ihn verfasst, die dann weite Wege nach sich zogen.


    Ich blickte ihn an und drang ein Stück tief in Graccus ein. Doch ich wollte ihn nicht verunsichern und ließ so ab von ihm.


    "Gracchus"


    Entrang es meiner Kehle. Erst wollte ich aufspringen ihm um den Hals fallen. Doch wer war er, wer war ich. Wo waren wir? Hier! So blieb ich fast regungslos liegen, folgte seinen Bewegungen und antwortete auf seine Frage, die nicht einfacher hätte sein können.


    "Ich werde dem Wunsch unseres Vaters folgen und in Rom bleiben."


    Wenn es nicht Gracchus war, dann würde er mich nun mit schiefen Blick begegnen, doch ohja ich sehe deine Augen mein Bruder und ich sehe, das du weißt was unser Vater von uns forderte.


    Ich wartete ab, schweigend, die Ruhe in mir aufnehmend.

    Die Diskussion schien etwas hitziger zu werden. Ich versuchte das Tempo mit beruhigenden Worten zu senken.


    "Ich konnte nicht wissen, das du einen Lehrmeister in den Künsten der Architektur hattest und doch wäre es einfacher zu sehen, das du es als deine Deliciae betrachtest, als einen auszuführenden Beruf. Doch es ist dein Weg den du beschreitest. Aber weil du darauf ansprichst... gab es denn göttliche Zeichen, wie einen Vogelflug zum Beispiel, die dir anzeigten, das die Götter dir jenen Weg auferlegt haben? "


    Natürlich wollte ich ihm nicht zu nahe treten, denn erstens war ich sein Gast und brauchte diese Unterkunft und zweitens standen wir in familiären Verhältnis zueinander und waren keineswegs verfeindet auf der Rosta.


    "Ich werde mich dem Quirinus unterwerfen und ihm dienen wie es sich eines Flaviers geziehmt."


    Die Worte sprach ich mit Ehrfurcht und Stolz aus. Zu diesem Grundsatz würde ich mich nie anders bekennen.

    Ich kratzte mir eine Weile am Kopf, denn ich war in meinem jungen Leben noch nicht am Kaiserhof gewesen, so blieb meine Antwort eine Vermutung.


    "Oh ich weiß nicht, wie es dazu kam, das der Kaiser dir eine solche Stelle vermittelte, doch nunja wie soll ich es ausdrücken. Wir Patrizier haben unsere Vorstellungen was dem Dienst am Staat anbelangt und dazu gehören Handwerksbetriebe nunmal nicht. Ich hätte in solch einer Situation womöglich unterwürfig an eine Prüfung gedacht und dankend eine Ablehnung formuliert, denn wir sollten uns mehr um unsere Gründer sorgen und den Göttern huldigen, als jenen weltlichen Arbeiten nachzusteigen. Ich muß gestehen, das ich davon kein ein Freund werden kann. Das liegt aber wohl auch an meiner Erziehung und daran, das ich mich dem Wort meines Vaters niemals aufmüpfig zeigen würde.


    Du hast einen besseren Dienst verdient Furianus. Eine Berufung, eine Tat für das Heil Roms. Eine Karriere im Cultus Deorum. Doch du hast dich wohl weltlich entschieden.


    Ich wog ab, ob meine Worte zu scharf waren, denn ich kannte den Sohn des Senator Felix nicht, doch ich versuchte meine Wort abzurunden und setzte ein Lächeln auf.

    Einige Gedanken flossen mir daraufhin durch den Kopf, doch ich kam nicht umhin sie auszusprechen.


    "Dein Vater ist Senator und deine Worte werden immer der selben Meinung meines Vetters sein. Ich denke es ist nicht unerheblich der Sohn eines Secundus Flavius Felix zu sein. Solange dein Vater die Politik beherrscht, wirst du nur sehr schwer aus seinem Schatten treten können."


    Ich versuchte mich so behutsam wie nur möglich auszudrücken. Ich wußte nicht viel vom Senat, doch konnte ich auf die Worte, Geschichten und Ereignisse eines guten wie bekannten Vaters zurückgreifen. Der mir die wichtigsten Tugenden lehren ließ und dazu gehörte auch die Politik. Weniger erfreut war ich über Furianus Worte bezüglich einer Arbeit, die er demnächst anstieg. Ich mußte arg an mich nehmen um meine Zunge im Zaum zu halten.


    "Du wirst eine sehr weltliche Tätigkeit annehmen, ich muß gestehen ich bin überrascht dies von dir zu hören."

    Er nickte ihm freundlich zu. Versuchte er doch nur das Gespräch auf hohem Niveau am Laufen zu halten. Natürlich hätte er nun noch auf die Behänge des Flurianus eingehen können, doch wollte er nicht zu tief dringen, gleich bei ihrem ersten Gespräch.


    "Wo wirst du jene Villa errichten lassen und ist es ein bekannter Architekt, der jenes Vorhaben realisieren wird?"

    Ich zeigte mich überrascht, wußte jedoch auch um die Austernzucht des L.Sergius Orata, der damals im Brackwasser des Lucriner Sees durchaus lukrative Erfolge feierte.


    "Oh du bezweckst es also im Sinne der deliciae. Nun dann kann ich dich nur beglückwünschen. Wobei ich im Falle der Geschichte um des Licinius dich berichtigen muß, denn es war zweifelsohne nicht Lucullus der seine Moräne beweinte, sondern vielmehr Lucius Licinius Crassus, der Censor. Aber er hatte auch allen Grund dazu. Immerhin schmückte er das edle Tier nicht nur mit Ohrringen, sondern erfreute sich auch daran, das jene Moräne mit Edelsteinen besetze Halsbänder trug und nur zu gerne zu einer persönlichen Fütterung angeschwommen kam."


    Oh was für eine angeregte Diskussion ich war förmlich in meinem Element.

    "Das wäre gut möglich, wenn die Zeit reif dafür ist..." sagte ich um danach gleich bei seinen nächsten Worten die Nase zu rümpfen. Schon der Gedanke an Süßwasserfische ließ ihn den Magen umdrehen.


    "Ich denke nicht, das es im Sinne von den Gaumenfreunden ist, wenn man sich einen Teich voller Süßwasserfische anlegt. Es wäre völlig gleich ob man darin Barsche pflegt oder Frösche. Das ist was für den Plebs."


    Dabei wischte ich jenen Gedanken mit der Hand weg, um meine Worte zu unterstreichen und fügte hinzu:


    "Die Becken müssen am Meer gelegen sein, einzigst der stetige Zufluss von salzigem und frischen Wasser hat zur Folge, das man besten Fisch wie Orata, Muraena oder Seebarben züchten kann und du solltest dabei bedenken, das es zwar ein elitäres Hobby ist, doch schon die Menge des Futters ganze Vermögen verschlingen kann."

    Gab es die Möglichkeit, das sein Vetter Felix jene Briefe die er selbst schrieb nicht an jene wie Furianus weiter gab? Es war mir eigentlich auch so recht. Besser konnte ich nicht in das Gespräch kommen.

    "Unsere Eltern entschieden sich dafür Gracchus nach Achaia zu einer angesehenen Familie zu schicken. Dort lernte er seine Künste. Unsere Schwester trat in frühen Alter in den Dienst der Vestallinnen ein und hat es seither weit gebracht. Mich führte der Weg auf unser Landgut am Lago Larius in Oberitalien. Dort lehrte man mich mehr der praktischen Dinge, wie die Organisation von Vieh-, Fisch- und Taubenzucht. Auch die Arten des Landbaus und der nachhaltigen Forstwirtschaft lernte ich dort und eben wie man ein Landgut jener Größe wirtschaftlich hält. Zum Ziel stand es trotzdem, daß wir unsere Linien also Gracchus und die Meine wieder vereinen, sobald ich das Alter dazu erreicht habe.


    Mein Vater sieht dabei für mich die religiöse Karriere vor, an welche sich nahtlos ein politisches Leben anknüpft oder sie durchspringt. Dazu muß ich natürlich auch weltliches Wissen mit dem Religiösen vereinen, was mir eine besondere Freude bereiten wird."


    Ich hoffte nicht zuviel verraten zu haben, doch waren meine Ansichten damit ganz gut erklärt.

    Ein relativ junger Mann erwartete mich bereits. Es mußte dieser Furianus sein. Er selbst hatte dieser Geschichte, die damals vor einigen Jahren die Runde durch die ganze Familie machte, nur wenig Glauben geschenkt. Doch sein Vetter Felix wohl mehr. Ich betrachtete ihn eine ganze Weile schweigend und nahm dann auf jener Kline Platz.

    "Ich bin der Bruder des Gracchus nur kenne ich ihn sehr wenig. Unsere Eltern hatten verschiedenen Ausbildungswege für uns eingeplant, die sich nun vor dem Altar der Götter wieder vereinen werden."


    Ich vermied es meinen Namen zusätzlich zu nennen. Ein Flavier kannte die Familienchronik und wußte das dem Bischof seine gerechte Strafe ereilt hatte.

    Der unsichere Sklave tat jenes, was ihn in dieser Situation für richtig erschien. Mit gesenktem Haupt trat er vor seinen Herren und lauschte dessen Wünschen.


    Natürlich hatte ich die Worte des Torsklaven verstanden, doch würde er mit Sicherheit keins meiner Worte hören, sondern Gregor würde dies tun.


    "Mein Herr," so sprach Gregor, als er wieder vor der Türe stand "wünscht den Vertreter des Hausherren zu sprechen, um das Wohnrecht zu paktieren, danach möchte er seinen Bruder Gracchus sehen."

    Seine kräftigen Arme waren nach unten geglitten, Gregor versuchte ein nicht gar zu grimmiges Gesicht zu machen.


    "Mein Herr Quartus Flavius Lucullus, Sohn des Titus Flavius Vespasianus kommt von den Langgütern der Flavier in Oberitalien. Mit Erreichen des Mannesalters wurde ihm der Weg in die ewige Stadt gewiesen. Hier wird er nun eine Bleibe finden. Melde ihn dem Hausherren Secundus Flavius Felix an!"


    Lucullus blickte hindes gleichgültig drein. Ich hatte auch die Geschehnisse an der Pforte nicht im Visier, sondern erfreute mich an dem Schwirren zweier Schmetterlinge.

    Sie hatten die Sänfte abgesetzt und ich war ihr entstiegen. Meine Kleidung wurde von einem Sklaven gerichtet. Es war so üblich, das ich nicht selbst zur Pforte schritt, sondern einer der Sklaven machte dies.


    Lasst es Gregor sein. Ein stämmiger Mann mit straffen Gesichtszügen und einem kleinen Geist. Doch zum Anklopfen reichte seine kräftige rechte Hand, die von einem überaus muskulösen Arm gehalten wurde.


    Gregor klopfte also an, während ich mich umsah und die Gegend wohlwollend betrachtete.

    Die Sänfte gleitete durch die Straßen und Gassen. Die Sklaven vorneweg wußten den Weg, besser als ich ihn mir hätte jemals einprägen können. Mit dem Kopf gestützt auf die Hand hockte ich in der Sänfte und fühlte mich elend. Dieses Geschrei, dieser Lärm, diese wirren Laute und das Gepläff unzähliger Hunde zehrten an meinen Nerven.


    War es das, was sie vor mir verborgen hatten? Meine Seele brodelte und meine Gedanken umschlungen die schönen Erinnerungen an den Lago Larius und der Ansammlung unzähliger natürlicher Wunder. Ich versuchte mich damit abzulenken, doch schien dieser Weg unendlich. Ich zwänkte meinen Geist in eine unsichtbare Hülle und bot ihm nur den Ausweg der Wiesen und Äcker. Die Leute da draußen waren mir egal, ich wollte weg von hier und war noch nichteinmal richtig da.


    Was taten sie mir an, das sie mich hierher holten, warum sollte ich hier sein, an jenem Ort, der vor Krawall, Prollität und unzivilisierten Volks bebte? Es ist eine Prüfung, nur eine Prüfung und Morgen, ja Morgen wird es anders sein, versuchte ich mich zu beruhigen, doch mit jeder Meile wurde es schlimmer. Bis ja bis zu jener Kreuzung, wie ein Schlagbaum hüllte mich das Schweigen ein, selbst Vögel glaubte ich zu hören und das Bellen der Hunde wich einem Glucksen der Fasane.


    Man sah mich überrascht, die Straße schlängelte sich hindes einem Berghang hinauf. Das Gelände wurde offener und an den Berghängen blühten Blumen. Sie durchquerten einige Obstgärten, bevor die Straße einem sandigen, jedoch fest verstampften Weg wich. Ich blickte mich um und sog diese Stille ein. Es war ein gänzlich anderes Lebensgefühl, was mich hier erwartet hatte und nun fand ich mich dort wieder wo vor zwei Wochen meine Reise begann.


    Die Sonnenstrahlen wiesen den Weg und so konnte ich schon von weiten eine jener prächtigen Villen erkennen, die die Gens Flavia so berühmt gemacht hatten. Die Steine schimmerten im Licht und die reichlichen Verzierungen an den Außenwänden glänzten wie am ersten Tag ihrer Geburt. Ich blickte nicht überrascht drein, denn ich war es gewohnt gute Häuser zu bewohnen und so war es auch dem Stande angemessen in Rom so zu leben. Doch wunderte ich mich darüber, das meine Eltern mir diese Kleinod doch solange verwehrt hatten. Ihre Gründe waren sicher zweckmäßig und wohl bedacht. Oder einfach nur jene von besorgten Eltern.



    Mein Weg war hier zuende, mein Leben stand im zweiten Kapitel.

    Warum waren seine Eltern so darauf bedacht gewesen, das ich diese Stadt solang nicht zu Gesicht bekam. Was würde sie aus mir machen? Würde sie meine Ruhe und Gelassenheit zum Beben bringen, sollte sie mein reines Gewissen beschmutzen? Die größte Stadt, die ich kannte war Pisae gewesen. Mit ihren knapp dreihunderttausend Einwohnern ein Glanzstück römischer Baukunst. Und doch ein so typisches Beispiel einer römischen Stadt. Die durch ihre immensen Reichtümer weit hin bekannt war.


    |Was Lucullus jedoch in Rom erwarten würde, konnte er sich nur schwer vorstellen. Zu mythisch waren jene Geschichten, die die Lehrer ihm erzählten. Zu ungläubig stand er jenen Worten gegenüber, als das er sich ein wahres Bild jener Stadt machen konnte, die durch seine Urahnen errichtet worden war und nun den Nabel der Welt bildete.|


    Mit einer letzten Kehre in der Straße erreichte die Reisegruppe bestehend aus mehreren Edelleuten, Kaufmännern und Reisenden die mächtigen Aequaduktanlagen vor Rom. Sie vereinten sich hier: Aquae Alsientina und Aquae Traiana nurnoch fünf Kilometer bis zur Porta Aurelia. Wie oft hatte ich mir jene Skizzen angesehen, die Straßenverläufe eingeprägt. Doch jetzt als die mächtigen Bollwerke der Stadt Rom in greifbare Nähe rückten umhüllte mich ein Schleier der Furcht.


    Wie würde ich jenen Hügel finden, der meine Seele beherbergte, wie konnte ich die Pforte Flavia entdecken, wenn sich die Gruppe im dichten Gedränge verlor. Mit einem Handschlag wischte ich jene Gedanken beiseite und blickte hinüber zu den Türmen, die die Mauer verstärkten. Vor dem Stadttor wurde der Inhalt des Wagens umgeladen. Na klar in der Stadt herrschte am Tage Fahrverbot. Träger übernahmen nun die kostbare Fracht und ich durfte in einer edlen Sänfte Platz nehmen.


    Natürlich würde ich zuerst zur Villa Flavia gebracht werden. Gespannt war ich und auch nervös, was mich erwartete. War Gracchus da, würde ich meine Schwester sehen, wie ging es jenen die mir so liebe Briefe geschickt hatten und denen ich mit den Worten eines unbedarften Jungen immer und immer wieder antwortete. Doch nun da ich in Rom war, sollten diese Briefe der Vergangenheit angehören. Ich würde mich schon zurecht finden in dieser Stadt. Mit Sicherheit mußte man einen Großteil der Viertel meiden und die Blüte der Stadt würde messbar sein.


    So setzte sich nach einigen Verabschiedungsfloskeln die Gruppe auseinander. Die Händler zogen nach Ostia weiter, einige Kaufleute strömten in das Mekka der Stadt Rom dem Trajansmarkt. Andere zog es zu den Familien und Patronen. Ich hingegen wurde durch die Stadt getragen. Ein angenehmes Gefühl, anders als auf einem Pferderücken zu reisen und sehr bequem zugleich...


    Intressiert blickte ich mich um und versuchte alles in mir aufzunehmen, aber es war zuviel und es war unangenehm laut.

    Als er Rom verließ, war sein Leben noch heil. Im Bauch der Mutter Diva Lacrima Flavia Nyreti sah er nichts von jener Stadt, die nach zwanzig Jahren sein Ziel sein sollte. Sie reisten damals auf das Landgut in Oberitalien auf dessen Fluren - die so weit das Auge reichten- vorallem die edlen Früchte der Erde angebaut wurden. So gab es feinen Wein, saftige Oliven und schmackhaftes Obst an den leicht ansteigenden Berghängen der Krete. Ihr Ziel war es den vierten Sohn in einer anderen Umgebung zu lehren, als Gracchus zum Beispiel.


    Er der nach Achaia geschickt wurde, war Lucullus nur durch einige wenige Briefe bekannt und doch sogleich völlig fremd. Er selbst hatte das Leben auf eben jenen Gut genossen, wurde durch verschiedenste bekannte Gelehrte erzogen und gebildet. Lernte die Welt von ihrer traditionellen Seite kennen, derjenigen ehrbaren, welche die alten Familien beherrschten.


    Doch irgendwann hatten seine Eltern gesagt und das wo der Zeitpunkt fest stand: nämlich sein einundzwanzigster Geburtstag, sollte er nach Rom gehen und dort das Quartier im Schutze des Kapitols suchen. Sie würden ihn leiten und er sollte bis dato die ehrbaren Voraussetzungen haben, um ihnen zu dienen. Dabei würde er auf seiner Reise zwischen Larius und Rom schon erfahren, wer die Quadriga in seinen Augen lenkt und er würde eben jenem Lenker sein vollstes Vertrauen aussprechen und vorallem jenes der Familie mehren, das sie so reich und einzigartig gemacht hatte.


    Mit einem Wagen voller Andenken und Erinnerungen war Lucullus am zweiten Tage nach seinem einundzwanzigsten Geburtstag aufgebrochen und auf dem Weg nach Rom. Am dreizehnten Tag überquerte er den Umbro und folgte der Via Aurelia weiter gen Süden. Nach nochmal so vielen Tagen sollte er die ewige Stadt erreichen und jenen Punkt in seinem Leben, der zur Fortführung seiner Bildung bestimmt wurde.