Sulla ging es ähnlich; er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen; was dieser greise Mann dort vorschlug war unvorstellbar und undurchführbar und doch... war es nicht absurd, sondern zeugte von Humanität und Vernunft. Sulla wusste nicht wie er reagieren sollte: Mehrmals setzte er zum Reden an, doch blieb ihm immer wieder das Wort im Halse stecken: Dieser Plan war einfach kurios und naiv zugleich. Schließlich sprang er auf und begann unruhig gestikulierend an zu sprechen, während er nervös im Raum auf- und abging.
"Vielleicht hast du an meiner Reaktion ersehen können wie sehr mich dein Vorschlag aus der Fassung gebracht hat. Dein Plan ist einfach...
Ihm fehlte das passende Wort
Dieser Plan ist einfach ... undurchführbar. Du hast ein edles Motiv, dass ich dir sehr zu gute halte, doch du verkennst dabei einige Faktoren. Glaubst du wirklich, dass es mit dem Abzug einiger Anführer aus den rebellierenden Städten (denn es ist eben nicht nur Corduba, sondern etwa 70% der Städte Baeticas) und den Soldaten getan ist? Fast jeder Einwohner, der noch am Leben ist, hat irgend etwas für den Aufstand getan. Blut ist bereits Unmengen vergossen worden und ich gebe zu, dass mich hier eine große Schuld trifft und ich es oftmals energischer hätte verhindern müssen. Die meisten männlichen Bürger Baeticas, die sich am Leben befinden, dienen haupt- oder nebenamtlich in den Milizen. Wenn all diejenigen mit ihren Familien abziehen würden, wäre der Großteil Baeticas entvölkert. Wo sollen sie alle hin? Denkst du etwa der Kaiser wird die geflohenen Rebellen nicht auch in der Provinz Africa jagen? Der Kaiser und all seinen Lakaien wollen Köpfe rollen sehen. Sie brauchen Täter, derer sie habhaft werden können, um sie dem Pöbel in Rom als Verräter präsentieren zu können. Alles andere wäre für den Kaiser und seine persönliche Eitelkeit unbefriedigend. Außerdem wollen die kaiserlichen Soldaten bei der Besetzung der Stadt ihre Beute machen. Niemand von ihnen will umsonst nach Hispania gekommen sein - Nein, sie würden über die schutzlos zurückgebliebenen Bürger Baeticas herfallen, sie ausplündern und massakrieren. Ich war selbst jahrelang bei den Legionen und kenne das römische Soldatenherz. Ich glaube dir, dass du das zu verhindern versuchen würdest, doch die Prätorianer wollen Rache üben, schon allein wegen der Beleidigung, die wir ihrem Kaiser mit diesem Aufstand zugefügt haben und werden dabei nicht aufzuhalten sein.
Er machte eine kurze Pause, leerte schnell seinen Weinkrug und fuhr fort:
"Dein Vorschlag zeugt von deiner Redlichkeit und dein persönliches Engagement ist ein bewunderswerter Akt der Menschenliebe, doch ich bin überzeugt, dass er sich nicht umsetzen lässt. Im Übrigen bin ich hier nicht der alleinige Diktator. Es gibt noch etliche andere Truppenführer und Politiker, die sich für Bestimmer halten und es war eines meiner Ziele hier ein DEMOKRATISCHES System zu errichten wie es die weisen Athener vor 600 Jahren hatten. Für mich persönlich käme eine Flucht auch nicht in Frage; eher würde ich den Freitod wählen als nicht zu dem zu stehen, was ich hier angefangen habe. Die Situation ist verfahren und du wirst es mir vielleicht nicht glauben, doch ich habe oft daran gezweifelt, ob es das richtige war, was wir hier getan haben, doch die Zeit lässt sich nicht mehr umkehren und wir müssen mit dieser Situation leben.
Sulla beendete sein Rede, goss Sophus und sich neuen Wein ein und leerte den Krug sogleich in einem Zug, woraufhin er die Prozedur sofort wiederholte. Obwohl er verbal eindeutig Stellung bezogen hatte, konnte er das Gefühl hier einen riesigen Fehler zu begehen, nicht ganz verdrängen. Er schaute seinen Gast in einer Mischung aus Bewunderung, Mitleid und Widerwillen an.