Beiträge von Flavia Arrecina

    Bei der Vorstellung durch die Latrinen ins Freie zu kommen zog sie die Nase kraus und machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Die ganzen Wege die es gab waren entweder für Kinder oder sie waren einfach versperrt, denn sie konnte schlecht viele Werkzeuge mitnehmen und ausserdem würde man den Krach bis nach oben in die Villa hören, es war alles einfach nur noch zum verzweifeln.
    "Sag es doch gleich es gibt ausser dem offiziellen Ausgang nichts was man benutzen könnte um nach draussen zu gelangen. Die Villa ist ja ein einziges Gefängnis oder Festung oder wie man es nennen möchte. Gibt es denn wirklich nichts wo ein Erwachsener und ich vollkommen ungesehen raus können? Serenus denk nach bitte," seufzte sie und rieb sich über ihre Augen. Sie fühlte sich so schrecklich müde und fertig. Auf der Suche nach einem Ausweg, nach einer Rettung wegen Rutger wäre ihr einfach alles recht, aber es schien ja nichts zu geben und se wusste, dass die Wachen sie verraten würden, hatten sie doch den Auftrag auf sie und Serenus besonders zu achten.

    Arrecina konnte es eigentlich immer noch nicht fassen. Erfahren hatte sie es durch ihren Bruder, denn einen Brief hatte sie nicht bekommen wahrscheinlich hatte einer der Sklaven ihn verschlammt. Sie wusste wirklich nicht was sie davon halten sollte, was sie denken sollte, denn es war einfach die Höhe. Eine Stiefmutter????? Verdammt was hatte sich ihr Vater dabei nur gedacht? Hatte er sie nun wirklich nicht mehr alle? Wie konnte er einfach eine Frau ehelichen die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Und würde er sie vielleicht auch noch dazu zwingen sie Mutter zu nennen?
    Sie hatte sich weder zurecht gemacht noch hatte sie vor lange zu bleiben aber sie wollte die Hexe sehen wie ihr Bruder sie nannte. Viel hatten sie nicht über sie gesprochen aber sie wusste wie er über diese Sponsalia und spätere Hochzeit dachte, denn genauso wie sie selber.
    Arrecina war zum einen auch enttäuscht von ihrem Vater, dass er nie etwas gesagt hatte.
    Hinter einer Säule stehend beobachtete sie das Geschehen und spürte den Hass in ihr austeigen. Es war keinerlei Freude dabei nicht einmal der kleinste Funken, sogar in ihren Augen sah man es und es war die erste Regung ihres alten Ichs seit einer halben Ewigkeit.

    Sie hatte schon bemerkt, dass die Villa eine wahre Festung war. Es schien wirklich aussichtslos zu sein nach einem Weg nach draussen zu suchen. Wenn nicht mal ihr Bruder so wirklich einen wusste wie sollte sie da einen finden?
    So rieb sie sich ihre müden Augen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Was ich machen möchte ist egal, versprech mir einfach, dass du deinen Mund halten wirst, als mein Bruder. Bitte! Ich müsste mit jemandem durchpassen genau und dieser jemand hat mindestens die Statur von Hannibal. Es muss doch geheime Gände geben wo auch größere durchpassen oder irgendwas. KAnnst du dich nicht erkundigen, etwas rausfinden? Du bist doch so gut da drinne. Serenus bitte es ist wirklich wichtig für mich, dass ich solch einen Gang finde....lebenswichtig."
    Zwar war es auch gut zu wissen, dass es innerhalb der Villa auch Wege gab von den Räumen zu anderen zu kommen, aber das half ihr nicht wirklich weiter aus der Villa hinaus zu kommen.

    Es passte ihr immer noch nicht, dass die beiden anderen noch im Raum war, denn Hannibal würde das alles ziemlich merkwürdig vorkommen, da war sie sich sicher. Doch es würde noch schlimmer werden wenn sie mit ihrem Bruder einfach weggehen würde.
    "Serenus ich brauche deine Hilfe," begann sie zu flüstern und sah ihrem kleinen Bruder in die Augen. Er war schon jetzt so sehr Patrizier, dass sie Angst hatte in ein Wespennest zu stechen und doch war er ihr Bruder aber sie konnte mit ihrem Anliegen auch etwas ganz schlimmes lostreten, das wusste sie auch.
    "Nein wir bleiben hier alles andere ist zu auffällig. Du kennst die Villa doch in und auswendig oder? Gibt es hier geheime Ein und Ausgänge?" Arrecina bemühte sich so leise wie nur möglich zu sprechen und sie hoffte innständig, dass er eine positive Antwort für sie haben würde, denn diese brauchte sie.

    Mit einem erstaunten Blick kam sie in das Zimmer ihres Bruders und sah den großen Hund. Bis jetzt hatte sie sich einfach noch nicht an ihn gewöhnen können, er war so anders als ihr Hund. Ihrer hatte schon beim Anblick etwas liebliches aber er hier, man konnte sich ab und an schon vor ihm fürchten.
    "Salve Serenus. Ähm eigentlich bin ich nicht hier um mich um deinen Hund zu kümmern. Kann ich dich mal unter vier Augen sprechen?"
    Arrecina hatte Dinge mit ihrem Bruder zu besprechen, die nur ihn und sie etwas angingen und sie hoffte er würde dann auch schweigen und ihr nicht etwas auswichen wollen was sie vielleicht in der Vergangenheit ihm angetan hatte. An alles konnte sie sich ja nicht erinnern, aber Streiche schienen sie ziemlich oft gespielt zu haben und nicht nur sich selber.

    Mit einem Kopf voller Gedanken trat sie an die Tür ihres kleinen Bruders und wartete. Sie hatte schon lange nicht mehr mit ihm gesprochen. Sie hatte sich lange Zeit von allen aus der Familie fern gehalten, aus Angst etwas falsch zu machen oder etwas falsches zu sagen. Lange hatte sie sich an keinen von ihnen erinnert, hatte solche Ängste ausstehen müssen und war lieber alleine gewesen, aber nun brauchte sie Hilfe und wer konnte da nicht besser helfen als der kleine Bruder?
    Arrecina klopfte an. "Serenus? Bist du hier?"

    Arrecina hatte kein einziges mal vorgehabt ihren Blick von ihm abzuwenden. Das wäre bestimmt ein Zeichen von Schwäche gewesen und sie wollte nicht mehr schwach sein, wenigstens etwas wollte sie von ihrem alten Leben wieder haben und das war ihre Stärke die sie immer gehabt hatte. Wieder einmal bildete sich eine Idee in ihrem Kopf, sie musste mit ihrem kleinen Bruder reden und zwar dringend. Gedanken über Gedanken und immer noch den Blick auf seinen gerichtet. Es waren fast die gleichen Worte die sie schon einmal von ihm gehört hatte. Schon beim letzten mal sagte er, dass sie den Tod nicht fürchten müsse, aber es war alles so einfach gesagt, aber Gedanken konnte sie nicht einfach in Luft auflösen lassen. Es funktionierte nicht und vielleicht hatte er wirklich deswegen keine Angst weil er den Göttern noch viel näher war als sie.
    „Ich kann nichts dazu, dass ich Angst habe meine Lieben zu verlieren, dass ich Angst habe selber Opfer dessen zu werden. Es sind kleine Gedanken mit doch so großer Wirkung.“Etwas funkelte in ihren Augen auf, ein kleiner Funken vielleicht bedeutungslos, vielleicht aber auch nicht. Dieser Funken schien immer deutlicher zu werden je näher er sich zu ihr beugte. Sie wusste nicht ob sie sich unwohl fühlen sollte oder nicht. Arrecina kannte ihren Onkel zu wenig um ihn wirklich einschätzen zu können, vielleicht würde ihr genau das einmal zum Verhängnis ihm gegenüber werden. Vielleicht….
    Sie versuchte seinem Blick, der etwas bohrendes, suchendes inne hatte nicht auszuweichen auch wenn es ihr ziemlich schwer fiel, denn sie fühlte sich in diesem Moment so nackt. Ja genau das war das perfekte Wort sie fühlte sich nackt weil sie das Gefühl hatte er könne ihr mitten in die Seele sehen und somit ihre Geheimnisse freilegen.
    Sie öffnete ihre Lippen als wolle sie etwas sagen als seine Finger sich unter ihr Kinn legten und ihr jede Möglichkeit raubten ihren Kopf wieder wegzudrehen. Sein Blick hatte sie eh schon gefangen gehalten aber nun war ihr jeder Weg versperrt, denn sie spürte, dass er es nicht so schnell zulassen würde sie einfach ´gehen´zu lassen.
    „Nichts geht über die eigenen Worte einer Tochter Gracchus, er würde es merken, denn er kennt mich so sehr sehr gut, schließlich ist er mein Vater. Ich möchte dich nicht weiter mit meinen diesigen Belangen langweilen, ich denke du hast noch genügend andere Dinge zu tun.“Als er wieder ein Stückchen näher kam schluckte sie was man an ihrem Hals deutlich sehen konnte. Irgendwie brannten sich seine Finger in ihre zarte Haut. Irritiert sah sie ihn an. „Ich weiß einfach, dass er mich nicht verflucht hat. Ich weiß es einfach.“Ganz leicht weiteten sich ihre Augen ein wenig als sein Daumen über ihre Haut strich. Momente lang dachte sie an Aquilius, wie sich die Berührungen der beiden doch glichen und beide waren sie jeweils ein Onkel von ihr, etwas Verbotenes. Ein Schauer schlich sich langsam und schleichend über ihren Rücken und die Hände die auf ihrem Schoß lagen griffen auf einmal in ihre Knie.
    Flüsternd kamen ihre Worte über ihre Lippen die sich kaum zu bewegen schienen. „Ich stehe in seiner Schuld und würde dafür wohl auch alles machen und ich will nicht, dass man ihm auch nur ein Haar krümmt. Er begann einen Fehler aber er ist auch nur ein Mensch und diese machen nun einmal Fehler.“Ihre Muskeln spannten sich an und sie fühlte sich ertappt, aber sie konnte nicht mit Sicherheit sagen ob er auch etwas wusste oder nur seine Spielchen mit ihr trieb.
    „Ich spreche nicht leidenschaftlich über ihn zumindest nicht leidenschaftlicher als über jeden anderen auch,“ beteuerte sie.

    Es war schon dunkel in der Villa Flavia als eine kleine, schmale Person durch die Gände huschte und die Treppen zu dem dunklen Keller hinunter schlich. Sie hatte ihrem Hund gut zureden müssen, dass er still in ihrem Zimmer liegen blieb und sie nicht verriet aber es hatte funktioniert. Manchmal glaubte sie ja, dass man ihn heimlich abgerichtet hatte damit er wirklich auf sie aufpasste, damit sie keinen Unsinn anstellte, aber eigentlich war er ja immer bei ihr.
    Ganz vorsichtig tastete sie sich die Treppenstufen nach unten vor und mit den Händen an der kalten Wand entlang bis zu dem Ort wo man ihn eingesperrt hatte. Arrecina hielt die Luft an, denn es würde das erste mal seit der Beschwörung sein, dass sie ihn sah, naja wirklich sehen konnte sie ihn ja nicht. Sie schlich weiter und meinte jemanden atmen zu hören, diese Geräusche ließen ihr Herz immer schneller schlagen und sie spürte wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete.


    "Rutger," sagte sie leise seinen Namen und trat wahlos an eine Tür ran wo sie kalte Stäbe fühlen konnte. "Rutger, bist du hier?" Eigentlich konnte er ja nur hier sein, denn sie wusste nichts davon, dass es hier noch mehr Gefangene gab, denn nichts weiter war der Sklave.

    "Ich wünschte ich könnte dir diese ganzen Fragen beantworten aber ich bin mir nicht sicher, dass es schon immer so mit uns war. ICh weiß es wirklich nicht, aber etwas in mir sagt, dass es schon länger so ist. Es macht mir Angst und doch ist es normal und es ist noch etwas anderes da, aber ich kann es nicht in Worte fassen."
    Bei den heiligen Göttern seine Finger, seine Hände, sein Duft und seine Wärme trieben sie fast in den Wahnsinn. "Ich stellte dir glaube ich schon einmal diese Frage, wer würde es erfahren? Wer? Sage mir wer würde es erfahren Caius? Gib doch deinem Verlagen ein klein wenig nach, gib ihm einen kleinen Tropfen.......tu es......jetzt," hauchte sie ihm verführerisch und süß entgegen. Ihre Augen glänzten im Schein des Lichtes, ihr Körper drängte sich dem seinigen immer mehr entgegen und ihre Hände suchten einen Weg um den lästigen Stoff seiner Tunika etwas nach oben zu ziehen um an seine warme und weiche Haut zu kommen.


    Bei jedem Atemzug bebte ihre Brust und ihr ganzer Körper. "Caius mein ganzes Leben scheint aus verbotenen Dingen zu bestehen da kommt es auf ein verbotenes mehr oder weniger nicht mehr an. Ich bitte dich erfülle mir diesen einen Wunsch. Küsse mich." Was tat sie da nur? Sie konnte einfach nicht ander, es schien das verbotene zu sein was sie anzog oder aber der Fluch dieser Familie, dass sie den verbotenen Männern verfiel. Sie konnte sich nicht dagegegn wehren aber sie wurde von ihrem Onkel angezogen und auch von dem germanischen Sklaven nur wusste sie, dass sie ihn liebte. Sie liebt Rutger, bei den Göttern ja das tat sie.

    Schon lange war sie nicht mehr so sprachlos gewesen wie jetzt. Arrecina war her gekommen um sich einen Rat oder Hilfe zu holen aber hier wurde ihr einfach nur vor den Kopf gestoßen. Nichts erinnerte im Moment mehr an den Onkel der sie in ihrem Zimmer in den Armen gehalten hatte, der ihr Trost mit seinen Worten gespendet hatte und ihr helfen wollte. Rein gar nichts erinnerte mehr an den Mann. Dieser Mann hier war kühl, erschreckend kühl und schien sein Herz irgendwo verloren zu haben und sie hatte absolut keine Ahnung warum das auf einmal so war. Hatte sie vielleicht etwas bei den Geschehnissen im Garten falsch gemacht? Unsicher sah sie ihn an und setzte sich auf den Stuhl, der ihr auf einmal viel zu hart vorkam und vor allem unbequem. Es war irgendwie…..unheimlich war das passende Wort dafür.
    Musternd war ihr Blick als sie die Schatten seines Gesichtes beobachtete, es schien, wenn man sie anschaute, dass sie etwas suche, etwas bestimmtes, aber das tat sie natürlich nicht. Es waren einfach die verwirrenden Blicke der Nichte, nicht mehr oder weniger, oder vielleicht doch?
    „Ich weiß wohl, dass Kriege von nöten sind, dass wir ohne sie nicht überleben könnten, aber ist es dennoch ein Grund mich ein weinerliches Mädchen zu nennen wenn ich Angst um meinen Vater habe?“ Fest waren auf einmal ihre Worte und nicht mehr ängstlich. Arrecina war eine Mischung geworden aus alter und neuer Arrecina. Sie war wechselhaft geworden so wie auch ihre Stimmungen. Sie konnten das eine mal hell hoch begeistert sein und im nächsten Moment war sie das ängstliche Mädchen, dass sie eigentlich früher niemals gewesen war und dann war sie wieder die kühle Patrizierin die keine Gnade kannte. Im Moment konnte man sich bei ihr nicht mehr sicher sein, wer sie war, wie sie war und wann wieder das andere Ich zum Vorschein kam.
    Schmal presste sie ihre Lippen zusammen und suchte seinen Blick, denn sie wollte ihm genau in seine Augen sehen.
    Das Geraschel der Papyri ging ihr auf die Nerven und sie kräuselte immer wieder ihre Stirn. Es schien als wären die Geräusche einfach doppelt oder dreifach so laut als normal und es schallte in ihrem Kopf. Sicher würde sie später wieder Kopfschmerzen haben. „Ich weiß wie man sich als Patrizier zu benehmen hat, keine Sorge, doch glaube ich, dass es andere nicht immer wissen.“
    Sie strich sich ihre braunen Haare hinter die Ohren und straffte ihre Haltung ein wenig mehr. Ihre Gedanken waren nicht ganz hier, denn sie war grade dabei einen Entschluß zu fassen die Rutger betrafen. Sie mussten hier weg, denn sie spürte, dass sie hier nicht glücklich wurde, dass sie beide nicht glücklich werden konnten. Ihre Gedankensprünge würden sie auch noch eines Tages in den Wahnsinn treiben.
    „Mein Vater ist nicht dumm, er kennt meine Schrift und ich werde sicher nicht irgendeinen Sklaven meine Briefe schreiben lassen. Entschuldige, dass ich dir deine Zeit stehle, ich dachte nur, da du mir schon einmal geholfen hast würdest du mir wieder helfen, aber man kann sich auch irren vor allem in dieser Familie kann man es sehr gut und…….“ sagte sie enttäuscht und geriet dann ins Stocken als er auf Rutger zu sprechen kam.
    Das war eine Frage mit der sie nicht gerechnet hatte und sie wich ihm einen Moment mit ihren Blicken aus.
    „Er hat mich nicht verflucht! Niemals hatte er das getan doch jeder glaubte das. Auch du, aber du wolltest mir nur helfen doch machte es mir nur noch mehr Angst. Vor Rutger fürchte ich mich nicht und werde es auch niemals. Ihm habe ich mein Leben zu verdanken aber das interessiert hier ja niemanden.“

    Es schien so, dass er nicht da war und sie hatte schon grade gehen wollen als sie ihn nahe bei sich spürte. Sie drehte ihren Kopf auf die Seite und sah ihren Onkel an spürte nur kurze zeit später seinen Finger unter ihren Kinn und wie er es anhob. Leichte Verwunderung über diese Nähe lag in ihren Augen, war er die ganze Zeit doch meißt auf etwas Abstand bedacht. So schaute Arrecina ihm genau in die Augen und runzelte leicht ihre Stirn. Zwar war es nicht so, dass er sie nie anfasste, aber berührte er sie doch nie so, doch dieses Gefühl verschwand auch so schnell wieder wie es gekommen war und sie blinzelte einmal kurz.
    "Ja ich habe dich gesucht," meinte sie bevor er in sein Arbeitszimmer trat und sie ihm einfach folgte. Nur wenige Meter blieb sie hinter ihm stehen und erwischte sich wieder einmal bei dem Gedanken, dass er gar nicht so schlecht aussah wie sie es schon einmal gedacht hatte. Seit ihre Gedanken fast alle wieder zurück waren und sie sich erinnern konnte kam auch immer mehr das alte Ich von ihr zurück und sie wusste nicht so ganz ob ihr das gefiel aber Rutger konnte sie nicht vergessen.
    "Ich habe einen Brief von meinem Vater bekommen wo er schrieb, dass er in den Krieg ziehen muss und er sagte auch, dass du noch einmal nach Mantua reisen wirst um ihn zu besuchen und ich vielleicht mit könnte. Ich habe Angst um ihn egal was geschehen war in der Vergangenheit. Du hast mir schon einmal geholfen die Ängste zu überwinden, kannst du es wieder machen?" Wieder hatte sie diesen flehenden Ausdruck in ihren Augen den sie schon damals gehabt hatte als sie solche Angst hatte von den Geistern geholt zu werden. "Ich hatte versucht ihm zu schreiben aber mir fallen einfach keine Worte ein."

    Sie hatte es nicht geschafft irgendwelche Zeilen an ihren Vater zu schreiben. Irgendwie fehlten ihr die Worte, aber vielleicht würden sie ja kommen, wenn sie bei ihrem Onkel gewesen war, denn wenn sie wüsste, dass sie zu ihrem Vater gehen könnte bevor er in den Krieg zog kamen vielleicht auch die Worte wieder schneller aus der Feder, zumindest hoffte sie es und sie hoffte auch, dass ihr Onkel ihre Ängste wieder würde niederschlagen können.
    Deswegen huschte nun die kleine und schmale Gestalt von Arrecina durch die Villa Flavia, in einer Hand den Brief und die andere Hand frei um an die Tür des Arbeitszimmers von Gracchus zu klopfen als sie endlich vor diesem stand. Sie wusste nicht einmal ob er hier war, aber es war ein Versuch wert ansonsten musste sie eben die ganze Villa nach ihm absuchen oder Aquilius fragen, aber sie wusste wenn sie bei Aquilius war würden ihre Gefühle wieder verrückt spielen. Es schien als wäre sie immer noch mit einem Fluch belegt und zwar mit einem Fluch der ihre Gefühle vollends auf den Kopf zu stellen vermochte.

    Anaxandra war es die den Brief an ihre Herrin übergab. Arrecina ging es langsam besser, auch wenn ihre vielen Gedanken sie immer wieder verwirrten und sie nicht mit allem klar kam vor allem nicht mit dem Wissen wie sie immer gewesen war. es erschreckte sie und auf der anderen Seite war es einfach etwas normales immer gewesen. Nachdem Anaxandra ihr den Brief gegeben hatte setzte sie sich in einen Sessel und begann ihn zu lesen.


    An Flavia Arrecina
    Villa Flavia
    Roma



    Cinilla, mein Sonnenschein,


    weder war es mir in den letzten Wochen vergönnt etwas von Dir und Deinem Befinden zu erfahren, noch Dich zu sehen. Mein Goldstück, mein Ein und Alles, wie geht es Dir? Ich hoffe sehr, das Bemühen von Gracchus- sofern er schon es vollzogen hat- den Fluch um Deine Erinnerung zu brechen gelungen ist. Dich hat doch das Ganze nicht zu sehr erschreckt, mein Sonnenschein. Doch meine kleine Cinilla, fürchte Dich nicht, denn Dein Onkel hat die guten Geister und Götter auf seiner Seite und wenn jemand den Fluch brechen kann, dann wird nur Gracchus dazu in der Lage sein. Mein Golstück, gräme Dich nicht in der villa Flavia, denn jeder aus der Familie wird Dir stets zur Seite stehen, selbst wenn Du ihnen noch nicht von Deiner Erinnerung vertrauen schenken kannst. Aber sie sind Deine Familie, Cinilla.


    Zu gerne hätte ich Dich besucht, mein Ein und Alles, aber an den Grenzen im Osten zu den Parthern sind schlimme Dinge vorgefallen, die den Kaiser zwingen in den Krieg zu ziehen. Und mit ihm wird die Legion, in der ich diene, ebenfalls nach Armenia und womöglich sogar Parthia ziehen. Somit werde ich wohl schon innerhalb der nächsten Wochen Italia verlassen müssen. Doch meine kleine Cinilla, Du wirst nicht alleine sein. Deine Onkel, deine Cousins und Tanten, aber auch Deine Großmutter und Dein Bruder werden stets für Dich sorgen können. Und meine liebe Cinilla, wenn Du Dich vielleicht immer noch nicht daran zu entsinnen vermagst: Du bist und bleibst meine Tochter, mein Ein und Alles, mein größter Schatz, der mir von den Göttern anvertraut wurde.


    Vielleicht- Dein Onkel Gracchus will in nächster Zeit nach Mantua kommen- werden wir uns doch noch vor unserem Abmarsch sehen können, so Du es auch wünschst und die Reise mit Deinem Onkel zusammen auf Dich nehmen möchtest. Mein Goldschatz, ich würde mich sehr freuen, Dich zu sehen. Wenn es Dir jedoch nicht gut genug geht, dann verstehe ich das und dann sollst Du Dich lieber weiter in der villa Flavia auskurieren. Vielleicht kann Dir Deine Tante, Leontia, in dieser Zeit gute Gesellschaft leisten, ist sie doch auch nur wenige Jahre älter als Du und ein liebes Mädchen.


    Mögen die Götter über Dich wachen, meine Tochter.
    Dein Vater



    Es erschreckte sie, dass ihr Vater in den Krieg ziehen würde. Zwar hatte sich ihr Verhältnis seit der Sache mit Rutger zu ihrem Vater schon verändert aber sie liebte ihn immer noch sehr. Krieg bedeutete immer etwas schlimmes und sie hatte Angst um ihn und sie wollte ihn wiedersehen, sie musste ihn wiedersehen, deswegen wollte sie noch mit ihrem Onkel sprechen ob er sie nicht mitnehmen würde. Sie hoffte es einfach mal. Noch einmal und noch einmal las sie sich den Brief durch und wusste nicht was sie ihm zurückschreiben sollte und ob sie nicht zuerst mit ihrem Onkel sprechen sollte, dann dachte sie aber wieder daran, dass wenn sie die Villa verließ auch Rutger alleine lassen würde.

    Neugierig sah sie ihren Onkel an als er wieder ihren Raum betrat. Sie war fertig und hatte nur noch auf ihn gewartet, deswegen nickte sie ihm auf seine Frage auch zu und war gespannt und auch ängstlich was nun kommen würde. Ihr Onkel sah gut aus mit dem was er trug erwischte sie sich bei diesem Gedanken und wunderte sich selber darüber, dass sie so dachte. Früher hätte sie wohl auf der Stelle versucht sich an ihn ranzupirschen und ihn um den Finger zu wickeln um ihn zu betören. Arrecina wusste ja nicht, dass er von dem anderen Geschlecht eher angezogen wurde als von dem weiblichen, aber das war ja im Moment eh nur Nebensache.
    "Sie werden mir nie wieder etwas anhaben können? Und was ist wenn die Geiser mir nicht wohlgesonnen sind?" brachte sie ängstlich einen Einwand.
    "Muss ich wirklich dann heute Nacht alleine hier bleiben?" Sie wusste, dass das unumgänglich war. Er würde schon wissen was er tat und sie wusste, dass sie ihm vertrauen sollte aber sie konnte nichts dazu, dass sie so verängstigt war wenn sie daran dachte heute alleine zu sein.

    Tränen glänzten in ihren Augen weil sie nicht verstehen konnte warum das alles auf eine so grausame Art geschah. Am liebsten hätte sie sich losgerissen um Rutger zu helfen doch sie spürte wie ihre Kräfte einfach nachließen und sie nichts machen konnte. Es war als hätte man ihre ganze Energie geklaut und nur eine Hülle dagelassen die nichts machen konnte. Die ganzen Bilder waren wieder da, wie die Frau umgebracht wurde und das ganze Blut was hier war es war auch da gewesen. Ihr wurde schwindelig aber sie hielt sich dank der beiden Sklavinnen auf den Beinen.
    Ein Blick traf wieder Rutger und es tat ihr so leid was man ihm antat, das hatte sie doch alles nicht gewollt. Sie hatte ihn doch schützen wollen und was war nun? Er war verletzt und wurde gedemütigt. Sie musste ihn retten, irgendwie musste sie das schaffen nur wusste sie noch nicht wie, aber es musste geschehen. Sie hatte solche Angst davor, dass man ihn noch wirklich töten würde oder so verletzten, dass er daran starb und keinem die Schuld zugewiesen konnte. Was würde ihre Familie sagen wenn sie erfuhren, dass sie ihn liebte? Ihr Vater würde sicher auf der Stelle kommen und ihn töten.
    Warum Gracchus sie nicht ansah sondern die Befehle an die Sklavinnen gab verstand sie nicht. Vorwurfsvoll sah sie ihn dafür an auch wenn er das nicht sehen konnte, doch sie musste mit ihm später noch einmal sprechen,w as war aus dem Onkel geworden der sie so liebevoll in den Arm genommen hatte. Als sie wieder zu Rutger sah bildeteten ihre Lippen ein es tut mir so leid, aber sie sprach es nicht aus, zeigte es ihm nur. Dann brachten die Sklavinnen sie in ihr Cubiculum und ihr Beine kamen ihr beim Laufen so unendlich schwer vor.

    Seine Worte stießen in ihrem Kopf auf ihre Gedanken und es war als würde sie beginnen einen endlosen Kampf auszufechten. Er hatte ja Recht sie durfte lieben und es war egal wen sie liebte ob es ihr Onkel oder ein Sklave war den sie liebte, es zählte doch nur, dass es Liebe war. Einen Moment erschreckte sie der Gedanke,dass sie grade gedacht hatte, dass sie ihren Onkel liebte, aber so wie sie hier stand wie er sie berührte und wie ihre Haut zu bizzeln begann als seine Finger sich an sie legten, es war ein unglaubliches Gefühl. Früher wäre ihr das wohl alles egal gewesen aber sie musste an Rutger denken, denn diesen wollte sie irgendwie einfach nicht enttäuschen, sie hatte ihm doch ihre Liebe gestanden, aber was war mit Aquilius. Ihre Gefühle flogen nur so durch ihren Körper und Kopf und begannen sie langsam wirklich wahnsinnig zu machen.


    Sein Zittern schien langsam in sie überzugehen und sie wollte wissen was seine Gedanken waren, was er nun gerne machen wollte, was er fühlte, warum er fühlte......


    "Es kann doch nicht jede Liebe in Hass enden. Du zitterst, was ist los?" fragte sie ihn sanft und ließ ihre Finger in sandten streichenden Bewegungen über seinen Rücken streichen. Ihr war nicht bewusst was sie mit diesen Berührungen auslösen konnte doch sie tat es einfach. "Was denkst du in diesem Moment jetzt? Was fühlst du?" fragte sie erneut leise und lehnte ihren zarten Körper ein wenig mehr an den seinen.

    Arrecina hatte Angst als sie Rutger sah, denn sie hatte Angst um sein Leben, hatte Angst vor dieser ganzen düsteren und unheimlichen Atmosphäre, hatte Angst davor was kommen würde, denn sie glaubte nicht daran, dass es etwas Gutes sein würde. Nein es würde nichts gutes sein, nicht hier draussen, nicht hinter diesen Mauern, in diesem Garten unter diesem Himmel!
    Ihr Herz schlug bis zu ihrer kehle und sie konnte ihrem Atem hören, der schwer ihre Nase verließ und wie sie bald durch den Mund atmen musste. Die beiden Sklavinnen, darunter Anaxandra der sie eigentlich vertraut hatte, Vertrauen geschenkt hatte nach so langer Zeit, legten beide ihre Hände an ihre Arme als wollten sie vermeiden, dass sie abhauen oder etwas anderes machen wollte. Sie hatte bis dahin ja noch keine Ahnung was geschehen sollte und es wäre ihr auch lieber gewesen es nicht zu wissen. Der Herzschlag in ihrer Brust tat unendlich weh und wurde immer schlimmer genau wie auch die Luft in ihren Lungen zu brennen schien, als hätte alles in ihr Feuer gefangen.
    Arrecina schluckte als sie sah wie das Messer in die Hand von Gracchus gelangte und ihre Augen weiteten sich, doch als sie sich bewegen wollte hielten sie Hände zurück.


    Sie konnte nichts dagegen machen nur ihr überraschter Blick traf ihren Liebsten und die Bewegung ihrer Lippen die ein lautloses NEIN bildeten. Es war fast als würde sie hören können wie das Messer seine Haut anritzte und das Blut hinausquoll auch wenn es fast keine Chance zu Anfang hatte zu laufen da da noch die Hand des Flaviers war.


    Noch bevor sie sagen konnte was sie eigentlich wollte spürte sie diese blutverschmiert Hand auf ihrer Stirn und sah ihren Onkel mit großem Entsetzen an. "Ihr seid wahnsinnig," flüsterte sie als er sich wieder von ihr wandte und sah zu Rutger um sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. Wie ein Feuermal prangte der Schnitt auf seiner Stirn und ein weiterer dünner Blutfaden lief an seinem Gesicht entlang. Wie gerne wäre sie nun einfach weggerannt, zusammen mit ihm, einfach weit weit weg. Dies hier war ein Schauspiel dem man nicht beiwohnen sollte, weder als Zuschauer noch als Beteiligter.

    Zwei Sklavinnen hatten sie fertig gemacht. Arrecina wusste nicht was geschehen würde und sie hatte Angst davor, auch wenn ihr immer gesagt wurde, dass sie keine Angst haben musste. Sie war doch noch so jung und hatte keine Ahnung von solchen Riten und Bräuchen. In den letzten Tagen hatte sie nicht einmal Rutger besuchen können und wusste nicht wie es ihm ging. Sie hatte Angst um ihn, dass man ihm etwas anhaben konnte. Arrecina hatte ihm Versprechen gegeben die sie einhalten wollte, aber die nicht passieren durften denn sie hatte ihm auch versprochen, dass sie ihn beschützen würde. Nun trug sie ein langes Gewand und wurde langsam an den Ort gebracht wo das Ritual durchgeführt werden sollte. Was genau geschehen würde wusste sie nicht und sie behielt ihren Blick auf den Boden gerichtet und ließ sich von den Sklavinnen führen. Es gab Dinge aus ihrem Leben an die hatte sie sich angefangen zu erinnern aber es waren nicht wirklich viele, aber der Anfang, nur von was?


    Als sie neben den Sklavinnen raus trat blieb ihr die Luft weg, denn sie musste sehen wie Rutger in Ketten dort war. Ihr Herz setzte einen langen Moment einfach aus und sie blickte ihn an. Oh nein sie durften ihm nichts tun, das würde sie nicht zulassen und mit diesen Gedanken ging sie die letzten Schritte näher und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

    Er war der Schlüssel zu einem Teil den sie in ihrem Leben haben wollte. Er war der Herr von Rutger und hatte sein Leben in der Hand. Ideen blitzen in ihrem Kopf auf zwischen den ganzen anderen Bildern die sich wie ein Puzzle zusammenfügen wollten. Sie war sich nicht sicher ob sie das zulassen wollte oder nicht, hatte Angst ein Puzzleteil könnte schlimme Dinge aus dem Verborgenen zu Tage bringen was sie nicht sehen wollte, doch es musste geschehen, wenn sie auch wusste, dass es Zeit in Anspruch nehmen würde und nicht von heute auf morgen geschehen würde.
    Immer noch strichen ihre Finger wie von selber über seine Hände als hätte sie nie etwas anderes getan. Es war diese anziehung die sie eigentlich willenlos ihm gegenüber machte und wieder versank sie in seinen Augen und vergas dabei fast was sie eigentlich sagen wollte.


    "Ja Vater hat uns gefunden und uns nach einer längeren Reise wieder hier her gebracht, nach Hause wie er es nannte. Ich weiß nicht ob ich mich hier zu Hause fühlen soll oder nicht. Manchmal kommt es mir wie ein Gefängnis vor, aber das scheint auch mein Körper oft genug zu sein. Ich weiß zwar nicht alles aber es ist schon, dass du wieder hier bist. Es lässt mein Herz wärmer werden," flüsterte sie.


    Es war nur ein kleiner Schritt den sie tat und dann war sie ihm so dicht wie seit langer Zeit nicht mehr. Sie merkte es gar nicht oder wollte es einfach nicht merken, aber fast berührten sich ihre Körper und wenn jemand hier gewesen wäre hätte er sicher die Spannung sehen können die zwischen den beiden herrschte. Seine Worte hatten einen schmerzlichen Ton in ihren Ohren, denn verzehrte sie sich nicht nach einem Mann den sie eigentlich nie haben konnte? Ruter.....Aquilius....Rutger.....Aquilius.....Ru...........


    "Habe ich etwas anderes verdient? Ich bin doch schon in einem nie endenen Kreislauf den ich nicht vertehe und aus dem ich nicht ausbrechen kann. Ich liebe einen Mann den ich nicht lieben darf, nach dem ich mich aber verzehre und was mich auffressen wird....irgendwann." Arrecina sagte nicht, dass es sich dabei eigentlich um Rutger handelte, aber gleichzeitig galt es ja auch für Aquilius. Auch nach ihm verzehrte sich ihr Körper und sehnte sich danach von ihm erobert, angefasst und besessen zu werden.