Beiträge von Flavia Arrecina

    Irgendwann sollte sie diesem Mann ihre dankbarkeit zeigen, das wusste sie, denn er gab ihr in diesem Moment eine Menge Kraft die sie wirklich gebrauchen konnte. Sie hatte schlimme Ängste in ihrem Inneren, vor allem die Angst sich irgendwann an etwas zu erinnern was sie gar nicht wissen wollte, aber er schaffte es tatsächlich ihr ein wenig von eben diesen Ängsten zu nehmen. Es war ein zaghaftes und wirklich kindliches Lächeln welche sie ihm schenkte als sie zu ihm aufblickte und er seine Finger über ihr Haar streichen ließ. War sie eigentlich jemals wirklich ein Kind gewesen? Wohl kaum, man hatte sie immer nur erziehen wollen, aber einmal Kind sein das hatte die Großmutter so weit es ging immer unterbunden, wahrscheinlich war Arrecina deswegen auch aus diesem ewigen Käfig ausgebrochen und hier her gekommen.
    "Danke für deine Worte sie helfen mir sehr, auch wenn es vielleicht nicht den Anschein haben mag. Ich werde mich dann fertig machen und auf dich warten und auch auf das andere werde ich warten und hoffen, das es etwas bringen wird. Aber ich vertraue dir, du wirst das schaffen," sagte sie und entließ ihn ganz langsam aus dieser Umarmung in der sie sich wohl gefühlt hatte und vor allem geborgen.

    Ja das war eine sehr gut Frage die sie da stellte, denn Arrecina wusste ja selber nicht was sie hier vielleicht verpasst hatte und was nicht. Seit dem sie wieder zurück war hatte sie die Villa kein einziges Mal mehr verlassen. Sie hatte sich nicht getraut und alleine hätte sie eh nicht mehr raus gehen dürfen also hatte sie es vorgezogen es lieber ganz zu lassen.
    "Wenn ich ehrlich sein soll, ich habe keine Ahnung," sagte sie und seufzte dabei erheblich. "Ich bin schon länger nicht mehr draussen gewesen. Wenn dann bin ich hier im Garten aber seit der ganzen Sache habe ich mich nicht mehr nach draussen gewagt. Ich habe Angst wem zu begegnen und nicht zu wissen wer es ist. Was würden sie nur von mir denken wenn ich Freunde oder Bekannte nicht erkenne?" Arrecina würde sich nicht nur dumm vorkommen sondern sie hätte auch Angst vor Mitleid und dem Ganzen.

    Ein Zucken ging durch sie hindurch, als sie die Hand auf ihrer spürte, denn irgendwie war ihr diese Nähe nicht geheuer und dann doch wieder so vertraut als würde sie so etwas jeden Tag spüren. Nur widerwillig ließ sie ihre Hand dort liegen wo sie war und lächelte Calpurnia an.
    "Was mich bedrückt? Es sind die vielen Geschehnisse die in den letzten Wochen und Monaten passiert sind. Ich weiß niicht ob es gut ist darüber zu reden. Ich weiß vieles auch nur weil sie es mir gesagt haben, aber an vieles kann ich mich einfach nicht erinnern. Vielleicht ist es auch besser so wenn ich mich nicht erinner ich weiß aber, dass ich mein Leben jemand ganz besonderen zu verdanken habe."

    Ihr stockte der Atem bei seinen Worten, denn das waren Dinge an die sie einfach nicht denken wollte, denn der Tod war etwas so endgültiges und sie wollte einfach nicht damit rechnen, dass es vielleicht so weit kommen könnte. Sie wollte Rutger nicht verlieren. Sie hatte sich wirklich in ihn verliebt, auch wenn sie noch so jung war, aber dennoch konnte sie in ihrem Alter schon lieben und ihr war der Stand egal. Vielleicht wäre es der alten Arrecina nicht egal gewesen, aber sie war nicht die alte Arrecina sondern eine neue.
    Sie hörte sich alles genau an, folgte mit ihren Augen seinen Bewegungen und sie konnte ihn auf der einen Seite schon verstehen, auch wenn es ihr schwer fiel. Arrecina konnte spüren wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete, aber sie wollte nun nicht anfangen zu weinen, das wollte sie auf keinen Fall und so musste sie immer wieder schlucken je mehr er redete.
    "Nein!" sagte sie mit fester Stimme und legte ihre Hände auf seine die auf ihrer Schulter ruhten. „Ich werde dir nicht diesen Dienst erweisen,“ sagte sie leise und machte eine kleine Pause um sich zu sammeln. Die Worte mochten hart klingen aber sie war ja noch nicht fertig mit dem was sie sagen wollte. "Ich werde dich, sollte es so geschehen was niemals der Fall sein soll, verbrennen und dann werde ich dich nicht einfach ins Meer schütten sondern ich werde dich nach Hause bringen und dich über dein Land verteilen. Ich werde auf die höchste Erhebung gehen und dann für dich Gebete sprechen, werde wenn du es möchtest auch Rituale machen, alles was du willst und erst dann werde ich dich gehen lassen, dass du dich in deinem Land zu Hause fühlen kannst."
    Nun hatte sie doch Tränen in ihren Augen und eine davon fand einen einsamen Weg ihre Wange hinunter und tropfte von dort auf die Hand von Rutger. "Das verspreche ich dir Rutger. Ich werde dich nicht einfach hier lassen und ich werde dich auch nicht alleine auf den Weg schicken wo du vielleicht nie deine Heimat finden wirst. Ich werde dich hinbringen. Das ist der Dienst den ich dir erweisen kann, denn ich liebe dich!" Sie drückte seine Hände etwas mit ihren und fragte dann weiter mit brüchiger Stimme. "Nimmst du das an?"

    Wie ein Blitz durchfuhr es sie, als er sie in seine Arme nahm und sanft an sich zog. Den Duft den sie roch, die Wärme die sie spürte und seine Arme die um sie rum lagen, das alles war so vertraut, dass sie spüren konnte wie es in ihrem Herzen begann zu reissen und sie einfach hätte schreien können.Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust und sie war fast versucht sich aus dieser Umarmung zu lösen aber machte es dann doch nicht. Schlug sein Herz nicht auch schneller, genauso schnell wie ihres? Ein wenig zurückhaltend legte sie ihre Hände auf seinen Rücken und strich in einer leichten Bewegung über diesen.Arrecina konnte den Stoff fühlen über den sie strich und die warme Haut die unter diesem verborgen war konnte sie auch spüren. Zu schnell war diese Verbindung wieder gelöst und sie ertappte sich dabei, dass sie ihre Luft angehalten hatte. Erst als er sie von sich drückte holte sie wieder Luft und sah ihn an, versuchte etwas in seinen Augen zu lesen.


    "Das mussten wir gewesen sein, aber wie nahe wirklich? Täubchen?" flüsterte sie und erinnerte sich an dieses Wort. Ja sie erinnerte sich daran, dass sie immer so genannt wurde von einem Mann, der hinter einer Nebelwand verborgen war. "Du hast mich immer so genannt. Ich war dein Täubchen und.......ich erinner mich.........." Wie ein Wasserfall von einem Berg rauschte, rauschten nun die verschiedensten Bilder durch ihren Kopf. Der verschwommene Mann hinter dem Nebel nahm langsam die Gestalt von Aquilius an und sie wusste,dass er es war. Dann kam eine Erkenntnis die sie ja schon vorher gewusst hatte als sie her gekommen war, aber erst jetzt wurde es ihr richtig bewusst. "Rutger ist dein Sklave, richtig? Du bist sein Herr und du bist mein Onkel und du bist noch mehr für mich, ich spüre es und ich weiß, dass du es auch weißt. Was verbindet uns zusammen? Wenn du etwas weißt dann sage es mir bitte. Ich erinner mich auf einmal an einige Bilder. Ich war hier in diesem Zimmer schon einmal. Es liegt hinter einer Nebelwand aber manches sehe ich. Du lagst auf dem Bett und ich war bei dir,neben dir oder auf dir?"


    Wieder hielt sie die Luft an und sah ihm dierekt in die Augen als würde sie dort nach Antworten suchen. "Was hatten wir für eine Verbindung?" Mit großen Augen sah sie ihn an, spürte Verlangen, Angst und noch so vieles mehr und dann die Sehnsucht nach Rutger die von Tag zu Tag schlimmer wurde wenn sie ihn nicht sehen konnte. Hier an der Stelle hielt sie es nicht aus deswegen überwand sie die kleine Distanz zwischen ihnen schnell und griff nach seinen beiden Händen damit er nicht wieder Abstand gewinnen konnte. Ein wenig schwer atmend sah sie ihn weiter an und wartete.

    .....Langsam trat sie hinter der Sklavin in den Raum ein und sah einen Mann da stehen der ihr den Rücken zukehrte. Das war nicht grade die feine Art, aber etwas daran kam ihr vertraut vor auch wenn sie nicht sagen konnte was es genau war. Nachdem die Sklavin gegangen war und sie das Schließen der Tür gehört hatte begann ihr Herz nur noch schneller zu schlagen. Das war ein Herzschlag wie es immer nur in der Nähe von Rutger war und da fiel ihr etwas ein was sie die ganze Zeit immer wieder gehört hatte, denn dieser Mann hier war Rutgers Herr. Er hatte das Leben von ihm in der Hand und vielleicht konnte sie ihn davon überzeugen, dass Rutger kein schlechter Mensch war und ihm nichts geschehen durfte.


    Als er sich dann rumdrehte meinte sie ihn zu erkennen und dann doch wieder nicht, sie war sich nicht sicher, aber das Gesicht hatte was vertrautes wie alles hier und das machte sie wahnsinnig. Ihre Augen musterten ihn von oben bis unten auch als er etwas näher kam und sie den Stoff der Tunika hörte wie er raschelte. Das alles waren Geräusche die sie mit einem mal viel deutlicher und lauter wahr nahm als sie eigentlich waren. Es schien als wären ihre Sinne ums tausendfache geschärft. Gedankenverloren fuhr sie sich mit der Zungenspitze über ihre Lippen und bedachte dabei nicht was sie damit vielleicht bei ihm auslösen könnte.


    "Aquilius?" fragte sie ihn flüsternd und versuchte eine Erinnerung in ihren Gedanken zu finden, wenigstens etwas ganz kleines und da war auch etwas aber das wollte sich nicht so ganz definieren lassen. Sie fühlte die unterschiedlichsten Gefühle ihm gegenüber und das machte sie vollkommen durcheinander. "Ich.....ich erinner mich nicht wirklich an dich," gab sie dann schließlich zu, da sie nicht wusste inwieweit er über sie bescheid wusste. "Du bist mein Onkel? Aber ich spüre noch etwas anderes," fügte sie noch viel leiser an. Ihre Augen versuchten sich schon fast in seine zu bohren, als würde sie versuchen seine Seele zu ergründen. Nun traute sie sich noch einen Schritt auf ihn zu, so dass sie nun nur noch etwa zwei bis drei Schritte voneinander trennten.

    Sie schickte Argos auf seinen Lieblingsplatz und machte sich dann zusammen mit der Sklavin auf den Weg zu dem Cubiculum von ihrem Onkel. Sie spürte ein seltsames Ziehen in ihrem Bauch, was sie sich nicht erklären konnte und sie war sich auch nicht sicher ob sie nicht doch ein paar wenige Erinnerungen an ihn hatte oder nicht. Wahrscheinlich musste sie sich auch hier etwas überraschen lassen aber das Herzklopfen welches sie hatte war schon merkwürdig. Langsam betrat sie das Cubiculum.......

    Still und ohne auch nur einen Laut von sich zu geben hatte Arrecina neben ihr gesessen und zugehört. Jedes Wort hatte sie in sich aufgenommen und sie tat ihr einfach nur leid. Dass ihr eigenes Leben im Moment so durcheinander war und sie auch schlimme Dinge erlebt hatte rückte auf einmal in den Hintergrund, denn ein Kind zu verlieren oder besser gesagt zwei Kinder zu verlieren war doch einfach nur grausam und das hatte doch kein Mensch verdient. Arrecina musste schlucken und hörte weiter zu, versuchte sich nicht zu bewegen um sie nicht zu unterbrechen. Es war Ironie des Schicksals, dass ihre kleine Tochter den Tod gefunden hatte. Der Traum hatte sie in die Irre geführt und sie hatte genau das falsche getan was sie nie hätte machen dürfen. Manchmal waren die Wege die die Götter einem gaben unergründlich und unverständlich. Sie stellten einen immer wieder vor Prüfungen und hier war es eindeutig, dass die Prüfung nicht bestanden wurde.


    Bedrückt sah sie auf den Boden als Calpurnia geendet hatte und suchte nach Worten. Vielleicht welche die ihr Trost spenden konnten, falls es in einer solchen Situation überhaupt Worte des Trostes gab. "Das tut mir leid zu hören. Es muss schlimm sein seine Kinder zu verlieren und dann noch auf eine solche Weise. Ich hoffe, dass du hier vergessen kannst oder halt damit umzugehen. Ich hoffe, dass diese Familie die ein wenig Hilfe geben kann damit du dich besser fühlst."


    Ob diese Worte die richtigen gewesen waren? Sie wusste es nicht so wirklich. "Es tut mir leid, dass ich keine passenden Worte habe, aber ich weiß nicht was ich sagen soll. Da kommen mir meine Probleme wie Kleinigkeiten vor."

    Selten sah man sie lachen, aber ihr kleiner Welpe, der schon ein ganzes Stück gewachsen war machte grade so süße Gesichter, dass sie gar nicht anders konnte als ihn die ganze Zeit anzulächeln. Sie warf grade einen kleinen Ball durch ihr Cubiculum, als die Sklavin in der Tür stand und Arrecina inne hielt.
    Ihr Lächeln verschwand langsam als sie den Namen hörte der irgendetwas in ihr auslöste was sie nicht nachvollziehen konnte. Sie hatte den Namen schon öfters gehört, denn ihr Vater hatte erzählt, dass sie mit ihm auf der Suche nach ihr gewesen war und dann hatten sie sich aus den Augen verloren oder so ähnlich. Sie erinnerte sich nicht mehr an den genauen Wortlaut, aber das war ja auch egal gewesen.
    "Aquilius?" fragte sie flüsternd und spürte nicht einmal wie eine warme und feuchte Nase sich in ihre Handfläche drückte damit sie weiter mit ihm spielte. Arrecina sah die Sklavin immer noch an und versuchte ihre Gedanken zu sortieren, aber so wirklich gelingen wollte ihr das auch nicht.
    "Kannst du mich zu ihm bringen?" fragte sie die Sklavin anstatt es ihr zu befehlen, dass sie das machen sollte. Alles was sie von diesem Mann wusste, war, dass er ihr Onkel war und das war es schon. Einzig alleine das Gefühl in ihrem Bauch machte sie etwas durcheinander und sie wünschte sich, sich erinnern zu können warum das so war.

    Arrecina konnte nur hoffen, dass er seine Worte wirklich ernst meinte. Sie hoffte es zumindest, denn er war doch der einzige dem sie hier wirklich vertrauen konnte, der einzige der sie kannte und wusste wer sie war und wie sie war, und er kannte beide Seiten. Das alles verband sie einfach noch viel mehr und sie konnte sich nicht vorstellen, dass sich ihre Gefühle irgendwann mal ändern würden, auch nicht wenn sie sich wieder erinnern konnte. Vielleicht würde sie das ja auch niemals mehr. Vielleicht würde sie immer so bleiben wie sie nun war und musste alles und jeden neu kennen lernen, denn das alles war möglich, wenn auch unwahrscheinlich. "Und ich habe noch nie einen Mann wie dich getroffen Rutger." Nachdem sie das gesagt hatte wusste sie gleich, dass es da doch noch wen gab, jemanden der ihr sehr nahe stand, aber an den sie sich nicht erinnern konnte und der wie alle andern in ihrem Kopf ein verschwommenes Gesicht hatte. Alles was sie wusste war nur, dass sie ihm sehr nahe stand, vielleicht näher als gut war.
    Die Haare auf ihren Armen stellten sich bei diesen Gedanken auf und sie schüttelte ihn auf der Stelle wieder ab, denn er gehörte hier einfach nicht hin und so verbannte sie das alles wieder und konzentrierte sich auf den Mann in ihren Armen. Lange sah sie ihm einfach in die Augen und sie konnte spüren wie ihr Herz klopfte und wie es sich immer wieder verkrampfte weil sie solche Angst hatte, dass ihre Familie diesem Sklaven etwas antun könnte.
    "Der nächste Morgen wird das bringen wie immer, dafür werde ich sorgen, denn ich werde nicht zulassen, dass sie dir etwas tun. Sie müssen auf mich hören, denn nur ich kenne die Wahrheit soweit ich sie weiß. Ich denke mein Vater würde sicher nicht gegen meinen Willen handeln, deswegen werde ich es schaffen, dass sie dir nichts antun werden. Sie dürfen das einfach nicht, denn das würde ich nicht durchstehen." Der Gedanke machte sie wirklich wahnsinnig und so vergrub sie ihr Gesicht an seiner Halsbeuge und hielt ihn einfach ganz fest. Sie liebte den Duft der von ihm ausging, vor allem so wie er jetzt war und sie mochte seine Art. Es war verboten was sie hier machten, auch sich zu sagen, dass sie sich liebten war verboten und sie wusste, auch wenn sie die anderen nicht kannte, dass sie das niemals tolerieren würden wenn sie davon erfuhren. Sicher würde man sie irgendwohin schicken und ihn verkaufen. Nein darüber durfte sie einfach nicht nachdenken, denn das brach ihr das Herz.
    "Ja wir werden einen Weg finden, da bin ich mir ganz sicher!"

    Bei seiner Erzählung bekam sie eine leichte Gänsehaut denn das erinnerte sie wieder daran wo sie gewesen war als das alles passierte. Das Blut, die Frau, der Mond der hin und wieder zwischen den Wolken durchgeschaut hatte. Wie sollte sie nur jemals diese ganzen Bilder und Eindrücke aus ihrem Kopf bekommen? Das konnte doch nicht gut gehen und sie würde das ganz bestimmt niemals schaffen.
    Sie konnte nicht sagen warum aber es tat einfach gut von ihm in die Arme genommen zu werden, vielleicht weil sie wusste, dass hier die Erwartungen ganz anders waren als bei den anderen Flaviern. Hier kannten sie sich auch nicht wirklich und es war alles einfach ander. Vorsichtig lehnte sie ihre Stirn an seine Brust und schloss ihre Augen. Sie wollte einfach mal nur einen kleinen Moment an rein gar nichts denken, einfach nur einen freien Kopf haben mehr nicht, das war alles was sie grade in diesem Moment wollte. Gerne wollte sie einmal mehr über diesen Mann erfahren der sie nun in seinen Armen hielt. Es war schon irgendwie seltsam wenn man bedachte, dass alle Flavier für sie irgendwie Fremde waren udn doch lag immer wieder etwas sehr vertrautes in der Luft.
    "Ich danke dir dafür was du für mich tust. Im Moment weiß ich einfach nicht weiter, auch nicht was ich machen soll, denn ich habe Angst etwas falsches zu machen oder zu sagen. Ihr seid alle Fremde für mich, ich kenne eigentlich niemanden, zumindest nicht in meinen Gedanken. Ich werde bereit sein und warten, dass ich geholt werde, versprochen."
    Arrecina hoffte wirklich, dass er mit seinen Methoden Erfolg haben würde und ihr hier wirklich nichts geschehen konnte. Sie wollte tapfer sein und sich ihre Angst nicht ganz so schlimm anmerken lassen, deswegen versuchte sie leise und lange ein und aus zu atmen während sie sich immer noch in der Umarmung fest hielt.

    Arrecina folgte mit ihren Blicken der Hand von Calpurnia. Das rote Kissen ließ sie einen Augenblick ihre Augen zusammenkneifen und sie unterdrückte nur mit aller Mühe ein Seufzen, dann aber setzte sie sich einfach hin und legte ihre Hände an die Ecken der Bank. Das Kissen war weich und angenehm von der warmen Sonne gewärmt, die ihr immer noch auf die dunklen Haare und seitlich ins Gesicht schien. Lange Geschichten hörte sie immer sehr gerne und sie freute sich eine unbekannte Cousine neben sich sitzen zu haben, denn vielleicht konnte man sich ja anfreunden und so ganz ohne Vorurteile sich kennenlernen.
    "Ich finde es immer wieder erstaunlich welche Verwandten man neu kennenlernt. Aber vorweg möchte ich sagen ich habe noch einen kleinen Bruder hier, er wäre ja dann dein Cousin. Serenus ist sein Name und wenn ich mich nicht täusche ist er neun und rennt immer mit einem großen unschönen Hund durch die Gegend." Seit langem brachte sie einfach ein liebliches Lächeln zustande welches einmal nicht erzwungen war sondern freiwillig über ihre Lippen kam.
    "Ja mein Vater ist bei der Legion hier irgenwo in Mantua war das glaube ich. Er ist selten hier, aber es kann sein, dass ich auch nach Mantua muss, oder ich glaube es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass er mich in seiner Nähe haben möchte aber ich weiß es nicht genau."

    Wie hätte sie nur früher auf eine solche Konfrontation reagiert? Sie wusste es nicht, aber irgendwie war sie froh, dass sie jemanden vor sich hatte, den sie wirklich nicht kannte und das war auch gut so, denn sie wusste wenn ihr Gedächtnis nicht bald wieder kommen würde, dann würde sie durchdrehen, das war sicher.
    "Ich bin die Tochter von.....," sie stockte kurz und musste überlegen was ihr ziemlich peinlich war ".......von Marcus Flavius Aristides und meine Name ist Arrecina. Entschuldige ich kann mich nicht so an alles erinnern auch nicht wen ich kenne und wen nicht," versuchte sie sich nun zu entschuldigen um nicht ganz dumm dazustehen, schließlich wollte sie es sich bei einer ganze neuen Person sich nicht gleich verscherzen.
    "Wo warst du die ganze Zeit wenn du sagst es ist lange her, dass du hier warst?" Ein klein wenig wurde nun doch ihre jugendliche Neugierde geweckt, was wohl auch an der Unbekanntheit liegen mochte, denn hier musste sie nicht überlegen wie sie sonst zu der Person gewesen wäre. Hier war alles anders und für beide alles neu, deswegen musterte Arrecina die Frau vor sich auch etwas genauer. Vielleicht war das ja auch eine Tante von ihr.

    Wenn sie gewusst hätte, dass sie hier draussen nicht alleine war hätte sie sich wohl lieber wieder in ihrem Zimmer verkrochen und zwar in der hintersten Ecke, aber wie sie ihr Glück kannte wäre auch dort irgendjemand aufgetaucht nur um sie zu fragen wie es ihr ginge. Ihre Hände berührten grade eine Ecke dieser Statue als sie den Schatten sah und dann auch gleich diese fremde Frauenstimme hörte. Sofort drehte sich Arrecina um und blickte die Frau an. Musste sie diese kennen? Wie waren sie verwandt? Kannten sie sich? So viele Fragen gingen ihr durch den Kopf, dass sie keine Antworten finden konnte und sie einfach nur einen geschlagenen Moment anstarrte bis sie sich wieder fing.
    "Salve, ich, ja....bei dem Wetter ist es das beste man geht nach draussen anstatt den Tag in einer tristen und langweiligen Villa zu verbringen," versuchte sie mit fester Stimme zu sagen was ihr aber nur halbwegs gelang. "Kennen wir uns?" fragte sie dann mit einem Blinzeln in die Sonne als diese sie blendete.

    Es war fast wie eine Flucht, denn wenn man die junge Flavierin sah wie sie durch die Villa eilte hätte man meinen können, dass sie versuchte sich vor wem oder etwas zu verstecken oder, dass sie etwas ausgefressen hatte. Aber wirklich war es einfach nur so, dass Arrecina vermeiden wollte einem dieser vielen fremden Gesichter zu begegnen, denn alle waren ihr einfach fremd sogar ihr kleiner Bruder, der ihr ab und an auf die Nerven ging. Ihren kleinen Hundewelpen hatte sie irgendwo in der Villa verloren aber sie war sich sicher, dass er sie wiederfinden würde, denn er war hier fast ihr einziger Freund den sie hatte. Rutger war etwas ganz Besonderes für sie und mit ihrer Sklavin hatte sie sich nun auch schon angefreundet, aber alles andere mied sie weiterhin.
    Es war klar wo ihre Flucht enden würde, nämlich im Hortus der Villa. Hier verbrachte sie sehr viel Zeit, wenn sie nicht grade in ihrem Cubiculum saß und sich dort versteckte. So trat sie dann auch heute mit eiligen Schritten nach draussen und bermerkte nicht, dass sie nicht alleine war. Ihre Füße trugen sie gradewegs zu der Statue an der sie sich mit Rutger getroffen hatte. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an diesen Sklaven.

    Begierig erwiderte sie jede seiner Zärtlichkeiten auch wenn in ihrem Inneren etwas klick machte und kurz Bilder aufflammten die nicht schön waren. Sie brachen wie eine Welle an einer Bucht über sie rein, aber Arrecina hatte sie weitesgehend unter Kontrolle um es sich nicht anmerken zu lassen. Sie wusste, dass er etwas getan hatte, etwas was mit ihr zusammenhing und nicht gut gewesen war, aber nun war alles anders, denn sie konnte seine Gefühle spüren, seine Liebe und, dass er es ernst meinte. Sanft strich ihre Zunge an seiner Oberlippe entlang und sie nahm seine Worte tief in sich auf. Er liebte sie.....welche Frau wünschte sich nicht diese Worte immer wieder zu hören? Ihr ganzer Körper war eine einzige Flamme und diese hatte nur er entfacht und sie konnte nicht anders als sich ihm hinzugeben. Ihr Körper kribbelte und wollte gar nicht mehr aufhören damit und hin und wieder spürte sie auch die Stiche des Strohs auf dem sie lagen, aber das überspielte sie gekonnt. So schnell wie diese Bilder gekommen waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden und alles was an Gefühlen blieb, waren die wundervollsten die sie sich vorstellen konnte. Arrecina war glücklich so nahe mit ihm zusammen zu sein und machte sich auch keine weiteren Gedanken über mögliche Konsequenzen denn sie glaubte, dass das keiner sehen würde was sie hier taten.


    Ihr Herz raste als wäre sie gerannt ohne ein Ende zu finden, doch sie lag in seinen Armen und strich ihm mit den Fingern ganz leicht über seine Brust hinweg. Arrecina suchte immer wieder seinen Blick und versank in seinen Augen und wollte aus diesen auch nicht mehr weg. Wie gerne hätte sie nun einfach seine Hand genommen und wäre mit ihm aus diesem Haus spaziert, einfach ganz weit weg. Weg aus Rom und all den Erinnerungen. Weg von ihrer Familie. Sie wusste, dass sie ihm überall hin folgen würde, egal wo es sein sollte. Arrecina würde auch mit nach Germanien gehen, denn das war ihr ernst. Ihr Vater würde sie sicher vorher umbringen aber auch das würde sie in Kauf nehmen nur um ihrem Herzen zu folgen.


    Auch sie versuchte nun in dieser Zweisamkeit ihm einige kleine Zärtlichkeiten zukommen zu lassen und schenkte ihm zarte Küsse auf die Wange. "Bitte lass mich niemals mehr alleine," sagte sie ihm dicht neben seinem Ohr und ihre Stimme zitterte irgendwie dabei als sie es sagte.

    Sie hätte nicht gewusst wie sie die Götter hätte erzürnen können, denn sie glaubte nicht daran, dass ihre „Flucht“ von ihrer Großmutter darunter zählen könnte und sonst verhielt sie sich ja immer wie eine richtige Patrizierin, zumindest früher, die alte Arrecina. Mit leuchtenden, dunklen Augen sah sie ihren Onkel an und versuchte seinen Worten zu folgen und hoffte er hatte recht, oder wäre es ihr nicht doch lieber in diesem jetzigen Leben zu leben? Sie konnte ja keinen klaren Gedanken deswegen fassen und sich nicht entscheiden was nun besser sein würde. "Wo soll ich dann hinkommen morgen? Ich denke ich kann das schaffen," sagte sie tapfer auch wenn sie sich unsicher war. Worte sprechen, das müsste sie können, wenn das alles war was sie machen musste dann würde sie das schaffen und dann würden sie alle sehen ob es was brachte oder eher nicht. "Aber was ist wenn ihre Seele mich in dieser Nacht heimsuchen wird? Ich habe solche Angst zu schlafen, denn ich sehe sie immer wieder auf dem Boden liegen und dann das Blut. Es war alles voll und beinahe wäre ich es gewesen die ihr den Dolch ins Herz gerammt hätte, aber ich war es nicht." Sie hatte bis jetzt so wenig über diese Vorfälle gesprochen, dass es für andere sicher ein klein wenig verwirrend erscheinen konnte wenn sie begann.
    Arrecina fürchtete sich aber dennoch auch wenn seine Worte vielleicht beruhigend wirken sollten so schafften sie es nicht ganz sie aus ihren Gedanken zu reißen. "Ich fürchte nicht diesen Tod, ich fürchte eher den, den sie mir hatte beibringen wollen. Das alles……" Sie wusste es einfach nicht zu beschreiben, fand nicht die passenden Worte dafür. "Was geschieht mit Rutger?" Wieder diese Frage aber sie konnte nicht aufhören sich Sorgen um ihn zu machen. "Kannst du etwas für ihn tun?"

    Es war für die das wundervollste Gefühl so von ihm in die Arme gezogen zu werden, zu spüren, dass er sie wirklich liebte. Sie fühlte sich überaus glücklich und konnte nicht sagen wie sehr. Arrecina erwiderte seine Umarmung und drängte sich dicht an ihn, wollte ihn auf keinen Fall mehr los lassen, am besten nie wieder und doch wusste sie, dass das nicht gehen würde, aber daran wollte sie nicht denken. Er ließ ihr gar keinen Moment Zeit um ihm zu antworten, so stürmisch überraschte er sie mit seinen Küssen und auch diese erwiderte sie mit voller Hingabe. Leise kichernd landete sie im Heu und ließ sich wieder an den Sklaven ziehen und sah ihm in die dunklen Augen. "Ich liebe dich," flüsterte sie ihm noch einmal zu, während sie eine bequeme Position im Heu suchte damit sie nicht ständig gepiekst wurde, aber auch das wurde gleich darauf wieder besser.


    "Ich werde warten, ich werde solange warten bis du meinst die Zeit ist reif. Ich denke sie werden mich auch im Moment nicht aus den Augen lassen. Sage mir wenn ich etwas für dich tun kann, ich will nicht, dass sie dir weh tun oder dich gefangen halten, das kann mein Herz nicht aushalten." Sie biss sich auf die Lippen, denn das wollte sie nicht hören, dass sie ihn umbringen wollten. "Ich werde das nicht zulassen, dass sie dich umbringen, hörst du? Ich werde das nicht zulassen und alles unternehmen, damit sie dir nichts tun." Ein Zittern begleitete ihre Stimme und ihr Blick hatte sehr viel Ernst angenommen, denn sie würde wirklich alles machen damit man ihm nichts antat. Sie hasste ihre Familie dafür, dass sie ihr nicht zuhören und glaubten, dass Rutger unschuldig ist.


    Ein Seufzen entrang sich ihrer Kehle, als seine Hand immer weiter wanderte und ihre Tunika zur Seite schob. Ihre Hände hatte sie zu seiner Schulter geschoben und sie wandte ihren Kopf immer wieder auf die Seite vor allem, als er an ihrem Hals war und sie seinen warmen Atem spüren konnte. Was sollte sie nur sagen, denn er machte sie ja selber vollkommen wahnsinnig. "Ich will es auch, ich will es auch," flüsterte sie heiser ihm entgegen und griff nach seinem Kopf um ihn näher an sich zu ziehen und dann seine Lippen zu küssen.

    Arrecina hielt die Luft an als sie zusehen musste was die Sklavin im ersten Moment vor hatte. Ihr krampfte sich bei dem Anblick der kleinen, erhobenen Phiole, der Magen zusammen und sie hätte am liebsten geschrieen, dass sie das nicht machen sollte. Ihre Angst war enorm groß, dass sie wegen so etwas den Tod finden würde, sie war doch noch so jung. Ihr Herz drohte in ihrer jugendlichen Brust zu zerspringen, doch es wandte sich zum Guten und Olivia zeigte Herz. Sie tat ihr leid wie sie dastand und selber nicht weiter wusste. Zwar konnte sie sich nicht in diese Sklavin versetzen, aber sie hatte ihr Mitleid und ihren Dank, als sie ihr tatsächlich die Phiole überreichte. Arrecina hätte es ahnen müssen, dass diese andere Frau sie auf jedem Weg versuchen würde umzubringen und das verriet die Sklavin ja in dem sie ihr sagte wie viele Tropfen sie tatsächlich nur nehmen durfte. "Ich danke dir über alles vielleicht können wir dir helfen," flüsterte Arrecina mit zitternder Stimme und hatte fast keine Kraft mehr das Messer noch in ihren Händen zu halten, doch sie merkte sich diese zehn Tropfen und im nächsten Moment spürte sie wie ihr das Messer aus der Hand gerissen wurde, oder verging doch noch mehr Zeit? Sie konnte es nicht nachvollziehen, denn es geschah alles so schnell und langsam zugleich. Verschwommen wurde teilweise ihr Blick und das Grauen was sie da sehen musste wurde durch das Mittel nur noch mehr verstärkt und machte ihr Angst.


    Das viele Blut wie sollte sie das nur jemals aus ihren Gedanken bekommen? Wahrscheinlich niemals. Durch den Schrei hätte sie fast die Phiole fallen lassen und war kurz davor sich die Hände auf die Ohren zu halten oder einfach umzufallen, damit sie diesen Anblick nicht mehr länger ertragen müsste. Erschrocken tat sie einen Schritt nach hinten und geriet etwas ins wanken konnte sich dann aber wieder halten. Alles begann sich zu drehen und sie nahm kaum noch etwas wahr nur als Rutger sie stützte lehnte sie sich gegen ihn, dass ihr Kopf gegen seine Schulter rutschte, doch die Phiole hatte sie feste in ihrer Hand verschlossen, auch wenn sie kaum noch Kraft hatte sich auf den Beinen zu halten. "H…e….l….f…..m…i…r…b…i…t….t..e," brachte sie die Worte noch so über die Lippen. Die Finger ihrer freien Hand krallten sich in die Kleidung die er an hatte um sich zu halten.