Teil 3
Serenus führte seine Tanten zum Geschäft von „Bessergehtnix – Mode aus Lutetia – Schneider des Augustus und der Augusta – Palastlieferant“.
Die Filiale in Roma sah schon von Außen so aus, dass man hier ein Vermögen ausgeben konnte. Da bedurfte es kaum noch der Werbebotschaft im Geschäftsnamen.
Bessergehtnix stand in dem Ruf die Mode des Imperiums so lenken zu können, wie der Augustus es mit dem Senat und dem Imperium zu tun pflegte.
Serenus betrat mit Nero und Dido selbstsicher den Laden, seine Tanten im Schlepptau.
Ein normaler Geschäftsinhaber wäre dem Umstand, dass ein Junge, eine unscheinbar gekleidete Sklavin und ein Ungetüm von einem Hund in seinen Laden kamen, sicher mit Unmut begegnet.
Nicht so aber „Verkaufgutwienix“, welcher als gallischer Angestellter von „Bessergehtnix“ bereits seit über 20 Jahren die Kleidung an den patrizischen Mann und die patrizische Frau brachte. Vom patrizischen Nachwuchs bis zum Augustus und der Augusta. Dabei erfüllte es sein Herz mit Freude, dass man sich ausschließlich auf patrizische Kundschaft beschränkte. Für die Neureichen und Emporkömmlinge unter den Plebeiern gab es ja noch den Rest.
Mit einem Blick taxierte Verkaufgutwienix den jungen Patrizier. Er erkannte, dass der Junge eine maßgeschneiderte Gewandung von Bessergehtnix trug und auch einen Siegelring. Der gewaltige Hund war ein teures Tier und gepflegt. Die Sklavin sah aus wie ein gerupftes Huhn. Zumindest was die Kleidung betraf. Vermutlich befand sich der junge Patrizier gerade in einer Selbstfindungsphase und die einfache Gewandung der Sklavin war ein Ausdruck seiner Individualität um sich vom Rest seiner Familie abzuheben. Verkaufgutwienix war sich sicher, dass man auch hier was tun konnte, das etwas harmonischer später zu dem Jungen passte. Dahinter kamen noch einige Damen in den Laden. Vermutlich die Begleitung des Jungen oder, was wahrscheinlicher war, weitere potentielle Kunden, wenn man es gut anging. Und Verkaufgutwienix war ein unbestrittener Meister in solchen Dingen.
„Salve werter Dominus. Salve werte Dominas. Mögen die Götter euch stets so gewogen sein, wie sie es uns sind, daß ihr unser bescheidenes Geschäft mit eurer Anwesenheit beglückt. Womit können wir dienen?“
Der Verkäufer verbeugte sich sehr tief vor Serenus und den Frauen. Sein Tonfall war freundlich und keinesfalls schleimig. Er sprach mit leiser, harmonischer Stimme.
Verkaufgutwienix wusste, dass Kinder tiefe Verbeugungen mochten, denn dadurch wurde ihre Größe gewürdigt. Ihm selbst erlaubte die Verbeugung einen Blick auf den Siegelring des Jungen: Gens Flavia – also der Preisklasse des Augustus würdig. Und er bekam einen Blick auf das Schuhwerk aller Personen: durchweg alles Patrizier.
Bei einem gewöhnlichen Händler hätte jetzt schon die Geldgier und Aussicht auf viele Sesterzen in den Augen gestanden. Verkaufgutwienix zeigte keine Regung in diese Richtung. Er wusste bereits jetzt, dass diese Personen ein Vermögen bei ihm lassen würden. Niemand kam in dieses Geschäft, der sich nur umschauen wollte. Und zufriedenen Kundschaft kam immer wieder. Und über Geld wurde auch nie gesprochen. Die Kundschaft zahlte anstandslos um den guten Ruf zu wahren.
„Ich wünsche eine neue Ausstattung, da ich wieder etwas gewachsen bin und meine Tanten wollten sich derweil nur etwas umschauen.
„Sehr gerne werter Dominus.“
So, so, nur umschauen. Das altbekannte Spiel. Zuerst wurden die Kinder vorgeschickt und die Erwachsenen schauten sich nur um. Später brauchte es für die Einkäufe der Erwachsneen mehr Träger als für die Kinder.
Verkaufgutwienix begann mit seiner Beratung und der Neueinkleidung von Serenus, wobei er Dido mit einbezog. Sehr feinfühlig vermittelte er auch die erforderliche Neueinkleidung der Sklavin am Rande mit Gewandungen, welche sowohl einem individuellen Aspekt von Serenus Rechnung zollten, wie auch mit dessen neuer Gewandung harmonierte.
Der Stapel mit neuer Kleidung für Serenus und Dido wuchs und wuchs. Serenus verschwendete keinen gedanken an die hohe Rechnung dieses Einkaufes, denn schließlich war die Gens Flavia nur 5 Sesterzen ärmer als der Augustus. Onkel Senmator Felix hatte so viel Geld, daß er es gar nicht alleine ausgeben konnte. Sicher war er Serenus und den Tanten heute abend sogar dankbar, daß sie ihren Beitrag dazu geleistet hatten.
Sehr feinfühlig präsentierte Verkaufgutwienix dabei eine beachtliche Kollektion der neusten Mode und Farben, in welche die vielen männlichen und weiblichen Sklaven und Bediensteten des Ladens bereits gekleidet waren. Die Patrizierinnen bekamen so schon einmal den Mund etwas wässig gemacht, was denn alles so möglich war. Vom seriösen Bekleidungsstück für die Audienz beim Augustus und der Augusta bis zur intimeren Gewandung im heimischen Cubiculum.
Langsam neigte sich die Bedienung von Serenus und Dido dem Ende zu und die Aufmerksamkeit des Personals richtete sich sehr dezent auf die anwesenden Frauen aus.