Onkel Gracchus schien schon einmal eine staubige Mumie zu sein, was das Thema „Spaß haben“ anging. Bestimmt gehörte er auch zu diesen Zierfischzüchtern unter den Patriziern. Die Zustände hier waren ja schlimmer als in Baiae. Kein Wunder, dass Oma dort wohnte. Durch die Äußerungen von Onkel Gracchus wurde der von Aristides vererbte Rebell im kindlichen verhalten geweckt.
„Das Tier ist mein Leibwächter und vermutlich schlauer als die meisten Sklaven hier im Haus. Er ist treu, widerspricht nicht, ist unbestechlich und eine Kampfmaschine, die mich gegen jeden verteidigen wird. Zur Not auch gegen Familienmitglieder, wenn ich es sage. Insbesondere da ich ja keinen Leibsklaven habe, der das übernehmen kann. Ich habe ihn selbst abgerichtet. Er hat keine schlechten Angewohnheiten. Als mein Leibwächter geht er normalerweise dorthin wo ich bin und wird daher auch nicht im Haus herum streunen. Und der Stammbaum meines Hundes kann es mit der Ahnenreihe mancher Gens aufnehmen. Zumindest was die Länge betrifft, denn Oma hat schon immer Wert auf bestes Blut und Qualität gelegt. Wir beide sitzen also quasi mit einem Patrizier unter den Hunden am Tisch. Nero streunert nicht!
Was das Thema Manipulation betrifft, so habe ich Oma zumindest so verstanden. Da vielen Worte wie steuern und beeinflussen. Das liegt doch alles nah beieinander.“
Serenus überlegte kurz, während er weiter den Nachtisch auswählte. Ja, aus Sicht eines 9-Jährigen war das doch alles dasselbe. Er blickte Onkel Gracchus an.
„Du sagst mein Stand ermöglichst die höchsten Ziele und ich bin Patrizier. Heißt das ist werde eines Tages Imperator anstelle des Imperators sein, wenn unser geschätzter Imperator Ulpius irgendwann stirbt, keinen Erben hat und kein anderer aus der Gens Flavia Imperator werden will? Oma deutete ab und an leise an, dass es wieder an der Zeit wäre, dass unsere Gens mal wieder einen Imperator stellt. Insbesondere wenn wir in der Ahnengalerie bei unserem Ahnen, den wir namentlich nicht erwähnen dürfen, ankamen. Du weißt schon, der verhüllte Imperator. Sie wird dann immer sehr sentimental.“
Serenus genoss den Nachtisch und überdachte kurz das Thema Hochnäsigkeit. Oma hatte immer betont, dass die Flavier die Elite unter den Patriziern wären. Andererseits hatte er gehört, dass Onkel Gracchus mit einer Patrizierin der Gens Claudia verheiratet war. Sicher wollte er nichts über die neue Tante von Serenus kommen lassen, die seltsamerweise nicht den Namen Flavius angenommen hatte. Sehr verwirrend das Ganze. Das forderte einen Nachschlag beim Nachtisch.
Er nickte als Onkel Gracchus die priesterliche Laufbahn ansprach. Wieder etwas um das er sich nicht kümmern musste, weil seine Onkels zusammen mit Papa alles regelten. Die würden schon wissen was er werden sollte. Und wenn es nicht richtig lief, dann würde er Oma einen bitterbösen Brief schreiben und die würde dann mit Onkel Senator Felix, den restlichen Onkels und Papa schimpfen. Und dann lief garantiert alles.
Er lauschte genau den Worten von Onkel Gracchus als dieser vom Wagen sprach.
„Ich dachte auch weniger an das Fahren auf der Strasse. Auf der Strasse fahren nur die „Plebs“. Ich bin ein Profi, kein Amateur. Wir Patrizier fahren auf den Gartenwegen oder über den Rasen. Der Garten der Villa soll riesengroß sein. Da kann ich gut fahren. Außerdem werden wir die Trainingsrennen ohnehin abwechselnd hier und bei der Villa Cornelia machen müssen. Es ist nicht gut, wenn man sich zu sehr auf den Heimvorteil verlässt. Außerdem brauche ich nach dem letzten Unfall noch ein neues Rad und auch eine neue Radaufhängung. Vor allem müssten wir aber auf dem Viehmarkt eine neue Rennziege kaufen. Geld habe ich. Wann kann ich denn mal auf den Viehmarkt?
Und wann darf es hier im Haus mal laut sein? Immerhin ist das eine Villa, wo Leute leben und kein Mausoleum. Welche Onkels sind denn eigentlich noch da? Und dann habe ich doch noch eine Tante Agrippina, die eine Vestalin ist. Können wir die mal besuchen gehen oder darf die uns auch zu Hause besuchen?"
Serenus lehnte sich satt zurück. Also der Nachtisch war sehr gut gewesen.