Beiträge von Lucius Flavius Serenus

    Serenus schaute seinen Onkel mit unschuldigen Gesicht an.
    „Ich fürchte ich muß dich korrigieren, Onkel Gracchus. Deine letzte Aussage hinsichtlich der „Jungs“ war, dass du sie nicht bei den Mahlzeiten neben den Klinen haben möchtest. Von deinem Arbeitszimmer hast du nichts gesagt. Aber wenn du möchtest, dann schicke ich Nero zu Gracchus Minor, damit er mit allen Hunden spielen kann.“


    Serenus wandte sich dem riesigen Hund zu, wobei er sich ganz vage daran erinnerte, dass Nero Onkel Gracchus zu Lebzeiten von Tante Leontia in dessen Arbeitszimmer mal ganz übelst angeknurrt hatte. Onkel Gracchus hatte das auf sein Rasierwasser geschoben, aber sich den Hund auf Distanz gewünscht.
    „Nero! Such Minor! Lauf zu Domitian und Sofia! Auf!“

    Der Hund erhob sich mit beachtlicher Geschwindigkeit und verschwand durch die Tür um Klein-Minor und Tante Antonia zusammen mit den anderen Hunden zu erfreuen.


    Serenus musterte den Discipulus mit gütigem Patronus-Gesichtsausdruck und versuchte dessen Namen und Gesicht in seine Klientenlisten einzuordnen. Nein, einer von seinen Klienten war er nicht. Anschließend fragte er in den Raum.


    „Wann fangen wir mit der Unterweisung wo und wie an? Soll ich schon mal ein Opfertier bei den Händlern unseres Vertrauens reservieren lassen?“

    Unmittelbar nach dem Opfer und noch vor dem ersten Gladiatorenkampf bewegte sich Serenus im Beisein seiner beiden Molosserkampfhunde Nero und Domitian zielsicher zu dem Raum, wo die Gladiatoren ihre letzten Vorbereitungen trafen. Ein alter Sklave, welcher quasi schon zum Betriebsinventar des flavischen Theaters zählte, versuchte keuchend Schritt zu halten.


    „Dominus, ihr solltet da nicht reingehen. Die sind gefährlich, die sind unberechenbar. Das sind wilde Tiere. Bestien auf zwei Beinen und sie haben Waffen.“


    Serenus winkte ab. Gladiatoren kannte er aus Baiae und dem Wirkungskreis seiner Oma schon von Klein auf. Und er hatte zu „Bestien“ ohnehin eine Sichtweise, die von der Norm abwich. Ausgebildete Molosserhunde waren seine beiden „Jungs“, Gladiatoren waren stets seine Leibwächter gewesen, Krokodile waren doch auch nur große Eidechsen und sein Löwe Leontius war einfach nur putzig. Da konnte er einfach nicht verstehen, wieso Onkel Gracchus und Tante Antonia den nicht im Garten der Villa haben wollten. Dabei war der bestens ausgebildet worden und hörte sehr gut auf seinen Namen, meistens zumindest.
    Und den Leoparden von seiner verstorbenen Tante Minervia hatte er als kleiner Junge auch schon mal am Schwanz quer durch die Villa geschleift und versucht die Flecken von ihm runter zu bürsten, weil er es damals noch nicht besser wusste. Das hatte dem Tier nicht gefallen. Er war weggelaufen und hatte sich eine Woche vor Serenus in Minervinas Cubiculum versteckt. Katzen waren irgendwie doof, das hatte er damals wieder einmal bestätigt bekommen.


    Er betrat den Raum und musterte die Gladiatoren nacheinander und schaute jedem in die Augen. Insbesondere einem Subjekt, das er kannte und welches den heutigen Tag ganz sicher nicht überleben würde. Zum einen, weil er ihn nicht leiden konnte, zum anderen weil er 5 Sesterzen auf seinen Tod gewettet hatte.


    „Mein Name ist Flavius Serenus. Was ich jetzt sage sollte jeder von euch eigentlich wissen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß es selten schaden kann wirklich wichtige Dinge kurz vorher noch einmal zu wiederholen.


    Es finden heute Kämpfe auf Leben und Tod statt. Das heißt, daß die Hälfte von euch diese Arena nicht lebend verlassen wird. Eventuell werden wir dann entscheiden, ob wir die Sieger der Kämpfe noch einmal gegeneinander antreten lassen. Den Sieger erwarten eine Menge Gold, den Leibarzt der Gens Flavia für seine Wunden und unsterblicher Ruhm. Das Theater ist bis zum letzten Platz besetzt. Es besteht sogar die Möglichkeit, daß der Augustus noch kommt. Sein Terminkalender ist zwar voll, aber man weiß ja wie wankelmütig die Herrschenden sein können, wenn sie hören, daß das Volk zusammen läuft und sie nicht dabei sind oder keiner sie zu vermissen scheint. Und auch zahlreiche Senatoren wurden bereits gesichtet. Mit den anwesenden Eques und Neureichen unter unseren Klienten und den Bürgern könnte man eine Legio aufstellen. Wer heute siegt kämpft vielleicht schon das nächste Mal bei den Spielen eines Aedils oder des Augustus. Die Toten erwartet ein ehrenvolles Begräbnis mit allem Drum und Dran, daß eure Ahnen im Hades vor Neid erblassen.


    Wir erwarten saubere Kämpfe. Kein Gefuchtel, kein schnelles Ende, keine Tricksereien. Also vergesst die üblichen Tricks mit gefüllten Schweineblutblasen, Kampfabsprachen, Schmierenkomödien, kleinen Kratzern, Gejammer und der Hoffnung auf Begnadigung durch die Zuschauer. Zwei Gladiatoren gehen rein, ein Gladiator geht lebend raus.


    Wer von euch meint uns verarschen zu können, der wird feststellen, daß sowohl mein Vater, wie auch mein Onkel, die niederträchtigsten Schinder sein können, die euch je unter die Augen gekommen sind. Sonst würden sie ja keine erfolgreichen Politiker werden. Dann werdet ihr euch wünschen, daß ihr in der Arena verloren hättet.“


    Letzteres war eine fette Lüge. Während Serenus bei Sklavenbestrafungen eher ein Hardliner wie Onkel Senator Flavius Felix oder Oma Flavia Agrippina war, so fielen sein Vater und Onkel Gracchus eher in die Rubrik "Hab-mich-lieb-Bärchen". Aber für die Fälle gab es dann ja noch Serenus als Zünglein an der Waage um harte Bestrafungen zu gewährleisten. Obwohl beide sicher sehr böse werden konnten, wenn sie es wollten.
    Er kannte die Quoten der Buchmacher, er kannte seine eigenen Wetten, er wusste um die Wettleidenschaft des Publikums. Da gab es hier und heute klare Gewinner und Verlierer und kein Unentschieden. Außerdem war man als Flavier und Patrizier nun mal Traditionalist.


    Serenus nickte den Gladiatoren zu und verließ den Raum ohne sich darum zu kümmern, was diese noch als letzte Worte zu sagen hatten. Er begab sich in Richtung Ehrenloge, wobei er sich auf dem Weg dorthin noch umzog.



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    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    Ja, da tummeln sich leider noch ein paar Altlasten in den Stammbäumen aus der Zeit, als wir es selber noch nicht ganz kapiert hatten, wie das mit dem Ordo läuft. Unsere Anläufe, da endlich mal alles in Ordnung zu bringen waren bisher nicht sonderlich erfolgreich.


    Gut, also gilt der Grundsatz "in dubio pro reo". Im Klartext: Rück den ordo für mich raus, Pleb, oder sieh zu, daß binnen von 2 Tagen alle Altlasten korrigiert sind. Sonst sage ich es Onkel Senator Felix oder Oma Agrippina. :P
    Und ich glaube daß Pontifex Gracchus dann ganz schlechte Vorzeichen für deine Gens sieht, die große Opferungen verlangen. :D

    Sciurus hatte Serenus auf dem Weg ins Triclinium erwischt, wo er nach dem letzten Klienten in der Regel eine Kleinigkeit zu speisen und etwas Abstand zu gewinnen gedachte, während die Scribas bereits die ersten Ergebnisse der Klientenbesuche bearbeiteten.


    Sichtlich ermattet, heute waren einige Klienten wieder besonders anstrengend gewesen, machte sich Serenus mit Sciurus ins Arbeitszimmer seines Onkels auf.


    Zuerst drückte sich Nero, der gewaltige Molosserhund von Serenus durch die Tür. Er warf Quintus Philo einen kurzen Blick zu, schien einmal zu schnuppern und ignorierte ihn anschließend, indes er Flavius Gracchus mit einem lauten „WUFF“ und 3 Schwanzwedlern begrüßte. Dann begab der riesige Hund sich an den Platz wo kurz zuvor Sciurus gestanden hatte. Er legte den Kopf auf die Pfoten und heftete seinen Blick wieder aufmerksam auf Philo.


    Es folgte der fünfzehnjährige Serenus in einer kastanienbraunen Tunika mit farblich passendem Gürtel und Sandalen, in den Händen eine XXL-Wachstafel haltend. Sein Onkel schien sich gerade ebenfalls in einem Patronatsgespräch zu befinden. Zumindest hatte er heute damit einen guten Teil seines Tages ausgefüllt, wie Serenus wusste. Er nickte dem ihm unbekannten Mann höflich zu.


    „Salvete!“


    Dann wandte er sich an seinen Onkel. Es mußte etwas Wichtiges sein, daß es nicht bis zum gemeinsamen Abendessen der Familie warten konnte.


    „Was liegt an, Onkel?“

    Serenus, den sein Vater mit Blick nach oben nicht erkennen konnte, da er in seiner Eigenschaft als Minister hinter ihm und seinem Onkel stand, war innerlich ruhig.
    Während manch anderer Minister im direkten Angesicht und der unsichtbaren Aura sakraler Eloquenz des Pontifex Flavius Gracchus nervös war, so war dies für Serenus doch nur ein weiteres Opfer mit seinem geschätzten Onkel Gracchus.
    Na gut, es unterschied sich von den vielen häuslichen Opfern dahingehend, daß sein Vater zugegen war und auch größere Opfertiere anstanden. Aber ansonsten war Serenus Assistenz für ihn genauso normal, wie daß sein Onkel bei der Wahl der Minister den Arm ausgestreckt und sich Serenus geschnappt hatte. Einen Familiendienst für ihn, ein Augenblick hoher Ehre für die restlichen Minister, die vielleicht das einzige Mal in ihrem Leben Opferhelfer bei einem echten Pontifex-Opfer sein durften.


    Serenus trug ebenfalls eine schneeweiße Tunika, die er nach dem Opfer gegen ein farbenprächtigeres Gewand eintauschen würde. In den Händen hielt er ein großes purpurfarbenes Kissen auf dem die beiden zeremoniellen Opfermesser lagen. Er hatte sich vorher persönlich von deren Schärfe noch einmal überzeugt. Am Altar angelangt wartete er nun darauf den beiden Opferherren im richtigen Augenblick die Klingen zu übergeben.


    Alles war unzählige Male geübt worden bis auch sein Vater seine Rolle im Schlaf konnte. Serenus hatte dabei die unerschütterliche Geduld seines Onkels Gracchus bewundert.




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    Serenus genoß es mit seinem Vater durch die Stadt zu streifen, zumal dessen Zeit nach seiner Wahl sich drastisch reduzieren würde. Und Serenus konnte sich über Arbeitsmangel durch seine Klienten auch nicht beklagen. Sein Molosserhund Nero schnüffelte mal hier und mal dort und lief ansonsten etwas ermattet neben ihnen her. Galten diese Hunde auch als nahezu unermüdlich, so hatte Klein-Minor die Meute des Serenus ordentlich auf Trab gehalten. Sie hatten über 3 Stunden „Fangt den Ball“ mit seinem Neffen im Garten gespielt. Danach sah ein gewisser Spielbereich zwar aus, wie nach einem Kometeneinschlag, aber Klein-Minor hatte vor Freude nur gequietscht. Und zum Schrecken seiner Tante Antonia auch Serenus alten Ziegenrennwagen in einem kleinen Schuppen entdeckt. Zwar hatte Serenus im Moment keine Rennziegen, aber das würde sich nach einem Einkauf für seinen Neffen schnell ändern. Und ein Eimer Farbe für einen neuen Anstrich. Nero begleitete Serenus, Domitian und Sofia, Didos Hündin, bewachten mit Acanthus (in dessen Saturnalien-Freizeit) die Porta. Gewisse Sklaven kannten eben ihre Pflichten.


    Auch Serenus war augenscheinlich eher „bescheiden“ gekleidet und hatte für den Ausflug dezente Farbtöne gewählt. Dabei war quietschbunt in schreienden Farbkontrasten in jungen Patrizierkreisen der angesagte Modetrend. Der Kampfhund zeigte aber dennoch als Statussymbol, dass hier keine „einfachen“ Leute unterwegs waren.


    „Meine Studien waren sehr gut. Ich habe sehr intensiv studiert und mich gebildet, während der Rest sich den Ausschweifungen von Land und Leuten hingegeben hat. Ich vermute mal, dass den lasterhaften Ausschweifungen und ihren Reizen ein besonderes Gewicht anhaftet, wenn man nicht in Baiae aufgewachsen ist. So hatte ich von vielen Dingen schon einmal gehört und auch manches gesehen, was dort mit großen „Ah!“ und „Oh!“ als Kuriosität angesehen wurde. Stell Dir vor, da gab es Mitstudenten, die hatten noch nie einen Elefanten oder Krokodile gesehen, kannten keine Gladiatorenspiele auf Leben und Tod, Tänzerinnen-Künstler-Schauspieler der obersten Qualitätsklasse. Hatten sich noch nie in Seide gehüllt, noch keine anderen sakralen Zeremonien wie in Ägypten gesehen. Bei diesen Freizeitgestaltungen haben sie viel Zeit verschwendet. Da nutzte ich das Bildungsangebot, denn wenn ich solchen Dingen nachgehen wollte, dann habe ich ja noch Zugriff auf Roma und Baiae. Obgleich ich Alexandria schon sehr beeindruckend damals fand. Unter kulturellen und sprachlichen Gesichtspunkten. Ich habe für mich während meinen Studien Märchenkunde und Geographie entdeckt. Seitdem sammele ich auch diesbezügliches Karten- und Schriftmaterial.“


    Serenus Blick schweifte über die ausgelassenen Menschen, die zumindest im nüchternen Zustand einen gewissen Abstand zum Hund und damit auch zu den beiden Patriziern zu halten pflegten. Insbesondere wenn der Hund ab und an immer wieder knurrte und bellte.
    Serenus schaute seinen Vater an.


    „Wie meinst du das? Mit Männer und Frauen, Papa? Soll das jetzt etwa ein Vater-Sohn-Gespräch über meine „Stiefmutter“ Epicharis werden? Hat sie sich etwas über mich beschwert? Nun, dann nimm zur Kenntnis, dass ich die Ahnen respektiere und damit auch den Willen meiner verstorbenen Mutter, dass ich jeder Frau, die du noch einmal heiratest, das Leben zur Qual machen werde. Genau so, wie sie es mir in ihren jährlichen Briefen aufgetragen hat. Und dieser Punkt wurde bereits in dem Brief zu meinem sechsten Lebensjahr behandelt. Epicharis oder wen du auch immer nach ihr wieder heiraten wirst wird den Tag verfluchen, dass sie dich geheiratet hat. Das habe ich geschworen und als guter Sohn weiß ich was meine Pflicht gegenüber meiner toten Mutter ist. Oma würde das sicher genau so sehen, wenn sie von den Briefen wüsste. Hannibal kennt den Inhalt der bisherigen Briefe meines Wissens. Schließlich war er lange genug auch mein "Kinderhütesklave" und der hat nie ein Wort darüber verloren. Wenn Hannibal es weiß, dann sicher auch Oma. Schweigen heißt hier dann ja wohl ganz klar Zustimmung, auch wenn Oma mir verboten hat Epicharis bis auf Weiteres zu beseitigen. Und dieses Verbot hat genau dasselbe Gewicht wie "Kein Serenus in der "Verbotenen Zone" in Roma.“


    Serenus fürchtete wenig, aber selbst der Zorn der Götter war nichts im Vergleich ein Donnerwetter von Oma, wenn man gegen ein ausdrückliches Gebot verstieß. Auch wenn das Serenus Bewegungsreichweite auf ganz Roma mit Ausnahme von 99% der Subura und dem Gebiet von Trans Tiberim einschränkte. Zumindest ohne wirklich ausreichende begleitung. Und das bedeutete mehr als nur die typischen 4-6 Leibwächter bei einem Forumsbesuch und einem Rudel weiterer Patrizierkinder mit ihren Wachen.

    Serenus winkte bei Cassanders Worten ab.


    "Ach, dann ist es ja halb so wild. Onkel Furianus ist zäh und stark, so schnell lässt der sich nicht beerben. Und solange Ärzte leise miteinander tuscheln ist es in der Regel nichts Ernstes. Vermutlich tun sie nur so geheimnisvoll, damit sie ihn weiter finanziell schröpfen können. Das ist mit Medici immer so eine Sache. Sie müssen ja nicht wirklich eine Leistung erbringen. Wird der Patient gesund, dann war es ihr Verdienst. Stirbt er, weil sie nichts tun können, dann war es der Wille der Götter, auch wenn sie gepfuscht haben. Während meiner Studienzeit in Achaea habe ich einen Tierarzt kennen gelernt. Dessen Spezialgebiet waren Rennkamele. Der hat selbst totkranke Tiere nicht nur wieder auf die Beine gebracht, sondern auch noch lebend auf den ersten Plätzen über die Ziellinie. Der Mann ist es gewohnt Erfolge zu erzielen, da ihn die Buchmacher sonst auf fatale Weise zur Rechenschaft ziehen würden. So einen Medicus braucht Onkel Furianus. Er sollte mal seine Leibärzte auswechseln. Du wirst sehen wie schnell die plötzlich ihre Behandlungen intensivieren und Erfolge erzielen. Ist es eher ein Leiden, wo die Säfte im Ungleichgewicht sind oder einfach nur eine depressive Phase, die so oft erfolgreiche Politiker überkommt, wenn sie schon alles erreicht haben und die vielen Sesterzen und Ländereien keine Freude mehr bereiten? Obwohl er war ja noch nicht Consul. Eigentlich könnte er sich mal aufraffen und diesen Aeliern zeigen, daß wir Flavier noch da sind und unsere Dolche gewetzt haben. Onkel Furianus als Consul, Onkel Gracchus als Pontifex und die Flavier zeigen mal wieder Farbe. Ach ja, ist er eigentlich immer noch Princeps dieser Verlierer-Factio Purpurea? Russata sage ich Dir, Cassander. Das ist der kommende Rennstall. Das haben selbst Papa und Onkel Gracchus eingesehen."


    Serenus entschied sich für drei weitere Oliven und ein Stückchen gewürzter Schafskäse als sein Vater ihn endlich entdeckte und hoch zog. Der Teller drohte ihm zu entgleiten, wurde jedoch geistesgegenwärtig von Dido gefangen und nebenbei nach Hamsterart geleert.


    "Seit knapp zwei Tagen, Papa, allerdings habe ich fast nur ausgepackt und eingeräumt. Und Dienst an der Porta gehabt. Nun ja, ich hoffe ich wachse noch etwas. Jetzt bleibe ich erst mal in Roma und werde Sacerdos. Politik hat noch Zeit, aber das ist ein Thema für eine andere Gelegenheit."


    Serenus betrachtete seinen Vater. Bei Bacchus, war der aber dick geworden. Offensichtlich wollte die claudische Natter ihn wie eine Mastgans tot mästen. Da galt es Gegenmaßnahmen zu ergreifen: Diät, Gymnastik und viel Bewegung. Morgen würde er Oma informieren.


    Irgendwann im Verlauf des Gesprächs bekam auch Serenus einen Teller gereicht auf den Onkel Gracchus eine undefinierbare Pampe löffelte, die noch schlimmer aussah als manche Spinat- und Gerstenbrei-Kreation. Serenus entschied sich zu einer spontanen Diät, der "Alles außer dieser Pampe Diät".


    "Den rex bibendi haben wir noch nicht gekürt. Ich würde Dido oder mich selbst vorschlagen, sofern wir alle von Wein auf Honigwasser umsteigen. Bei den Mischverhältnissen von Honigwasser und Fruchtsäften kennen wir beide uns hervorragend aus."


    Obgleich Serenus bereits 15 Jahre alt war hielt er sich von alkoholischen Getränken fast immer fern. Nur Versager tranken um ihre fehlende Genialität und Leistung zu kompensieren. Immer einen klaren Kopf behalten. Das waren die Worte seines Faustkampflehrers gewesen und mit der Einstellung hatte der Mann 187 Siege errungen.

    Serenus nahm zur Kenntnis, daß er die claudische Natter wohl eher früher als später beseitigen lassen mußte. Auch wenn Oma schimpfen würde. Die Gens Claudia verschwor sich ja schneller in der Villa als gedacht.


    "Wieso sollte sich Flavia Epicharis um die Güter und das Vermögen von Papa kümmern? Das tun bereits Hannibal, Onkel Gracchus und Oma Agrippina. Obgleich ich befürchte, daß es nur eine Frage dder Zeit ist bis ich von Papa auch Klienten erben werde."


    Hatte sein Vater überhaupt Klienten? Er hatte nie mitbekommen, daß da welche kamen. Hannibal würde das sicher wissen.


    "Allerdings gebe ich zu, daß ich hier noch einige Hände und Scribas gebrauchen könnte. Jedoch ist es undenkbar, daß ich meine Stiefmutter um Hilfe ersuchen werde. Ich bin ein Flavier, ich habe meinen Stolz und ein Gesicht zu wahren!"

    Serenus betrachtete amüsiert die Mimik seiner Tante.


    "Tante Antonia, du bist viel zu ängstlich. Weißt du nicht, daß hysterische und überängstliche Mütter ganz schnell Falten und graue Haare bekommen. Schau Dir doch nur mal die Mutter von meinem Freund Cornelius Cicero an. Die ist noch nicht mal 40 und sieht schon aus wie Onkel Senator Felix, also so um die 100. Und dann daneben mal Oma Agrippina. Oma sieht immer noch aus wie 30 Jahre, kaum eine Falte. Das kommt daher, daß sie sich keine Sorgen macht."


    Serenus setzte sich mit Minor neben den Leiterwagen und entnahm diesem eine Holzente für das badebecken.


    "Na, mein Kleiner, dann schauen wir doch mal was für Geschenke wir hier für dich haben. Aber mal eine andere Sache, kannst du schon schwimmen? Nein? Dann gehen wir die Tage mal in die große Therme in der Stadt und dann bringe ich Dir das bei. Das ist so leicht wie Frösche mit einem hohlen Strohhalm aufblasen. Wie das geht zeige ich Dir dann auch."


    Serenus legte die Ente zur Seite und streckte den Arm in Richtung Dido aus und schon flog ein Plüschtier durch dem Raum um von Serenus sicher aufgefangen zu werden.


    "Also da haben wir zunächst einmal einen Kuschelhund für dich, einen echten Streifus-Hund mit der Golddrachme im Ohr. Zum knuddeln, lieb haben, mit ins Bett nehmen, spielen. Ein Freund für das Leben. Ich selbst habe von Oma damals ein Krokodil und einen Löwen bekommen. Bei dem Krokodil ist nur andauernd der Schwanz geplatzt und Oma mußte den immer wieder stopfen. Ich werde die Tage Oma Agrippina schreiben, wo der richtige Hund für dich bleibt. Sie ist bereits dabei eine Auswahl zu treffen. Bis dahin überlasse ich Dir aber gerne den putzigen Domitian, damit er auf dich aufpasst. Der hat genauso knuffelige Schlappohren wie dein Plüschhund hier. Nur mit ins Bett passt Domition nicht so, denn du hast ja vermutlich noch ein kleines Bett."


    Serenus wies mit der einen Hand auf seinen Kampfhund Domitian und wedelte zugleich mit dem Kuscheltier vor Klein-Minor herum.

    Briganticas erster Gang:


    Serenus betrachte das bescheidene Angebot an Leckereien und ersten Häppchen der Platte, welche nur schwerlich mit den bekannten Kreationen und optischen Aufbereitungen vergangener Jahre mithalten konnten. Dieses Saturnalienfest war ja wohl ein schlechter Witz. Zuerst keine Freien, dann so eine Vorspeisenplatte. Er hoffte ja immer noch, daß Hannibal zu guter Letzt doch noch alles heimlich für seinen Vater organisiert hatte und es nach diesen ersten Pleiten einen fulminanten Abschluss durch Hannibals Bestellungen und einen externen Bringdienst gab.


    Insofern entschied er sich zu höflicher Mäßigung nachdem Dido sich ihren Teller vollgepackt hatte. Ein Stück Brot, ein paar grüne Oliven und einen Klecks Quark mit riesigen Kräuterstücken. Als ob man den Quark über die ungehackten Kräuter geschüttet hatte. Die Würstchen oder war es schwarze Dekoration mied er lieber vorsorglich. Nun ja, bei Oliven Natur konnte man ja nichts falsch machen, der Quark hatte nie Salz oder Pfeffer gesehen, wie es Serenus schien. Aber dafür war das Brot ausgezeichnet. So gut was es sonst eigentlich nie in der Villa. Vermutlich hatte man einen neuen Lieferanten, denn seinem Vater traute er eine solche kulinarische Backleistung nicht zu.



    Aristides Gang:


    Ah, die obligatorischen Eier! Allerdings schien ein Berserker mit einem Messer beim Schneiden gewütet haben. Statt ordentlicher Viertel und Hälften gab es ganze Eier und 1/32 Eier und 1/64 Eier ???


    Und vor allem was suchten Würstchen auf der Eierplatte. Ein Skandal !!! Und keiner nahm Anstoß daran. Was war denn hier los? Serenus war einen schnellen Blick in die Runde. Und sein Vater schien ihn gar nicht zu beachten als er in den Raum kam. Dafür um so mehr die claudische Natter. Vermutlich hatte sie alle Anwesenden außer ihm verhext. Nun gut, als angehender Sacerdos in spe kannte sich Serenus auch mit Fluchtechniken aus. Er würde nach dem Essen gegen die Natter aktiv werden. Oder morgen, je nachdem was es noch zu Essen gab.


    Serenus suchte sich zwei perfekte Eierhälften heraus und träufelte dezent etwas Garum darauf. Beherzt führte er eine Hälfte zum Mund und registrierte zu seiner Erleichterung, daß zumindest das Garum wohl nicht selbst zubereitet worden war. Die restlichen Saucen mied er lieber vorsorglich.


    Es war an der Zeit die Gänge mit etwas Konversation zu überbrücken, damit dieses Desaster nicht so lange dauerte.


    „Cassander! Wie geht es eigentlich Onkel Furianus? Macht seine Genesung Fortschritte? War er schon zur Kur? Und was hat er denn genau?“

    Serenus dachte über die klugen Worte von Tante Antonia nach und machte sich im Geiste Notizen, während Dido und Cartografus fleißig mitschrieben. Dann brachte seine Tante die claudische Natter ins Gespräch. Schau an, schau an. So war das mit der Unterwanderung der Gens Flavia durch die Gens Claudia gedacht. Er fragte sich ohnehin, wann die bettelarme Gens Claudia wieder vor der Porta stehen würde um seinem Vater oder Onkel Gracchus die nächste Claudia für ihn anzubieten. Andererseits war er eventuell von Vorteil die claudischa Natter genauer zu beobachten, zu studieren und in Sicherheit zu wiegen, bevor er sie vernichtete. Es war nur eine Frage der Zeit bis Oma Agrippina ihm hierfür die Erlaubnis gab.


    "Und wieso glaubst du, daß meine Stiefmutter besser geeignet ist?"

    Serenus öffnete die Tür und betrat den Raum, während die drei riesigen Hunde an ihm vorbei huschten und sich neugierig und schnüffelnd umschauten, Nur um dann schwanzwedelnd auf den kleinen Minor runter zu schauen.


    Derweil hatte Serenus den Leiterwagen mitten im Raum geparkt, während Dido die Hunde an den Ohren von Klein-Minor wegzog und mit leisen Pfiffen und einigen stillen Handgesten davon abhielt diesen mal ausgiebig abzuschlecken. Artig machten die Hunde an der Tür Sitz.


    "Salve Tante Antonia. Ich wollte mal meinen kleinen Neffen, der eventuell auch mein Vetter zweiten Grades sein könnte, besuchen. Denn Onkel Gracchus ist ja ein Onkel zweiten Grades. Verdammt komplizierte Familienbeziehungen haben wir. Ich habe ihn ja noch nie gesehen. Und als guter Onkel Serenus darf ich ihm auch mal Geschenke bringen."


    Und schon hatte Serenus sich Klein-Minor geschnappt, hob diesen mit ausgestreckten Armen hoch, drehte sich 10 Mal im Kreis und machte mit Klein-Minor den "Flieger", da dieser am anderen Ende von Serenus Armen durch die Luft gewirbelt wurde. Dann stoppte Serenus und warf seinen Neffen hoch in die Luft und fing ihn sicher wieder auf.


    "Na du Schurke! Ich bin dein großer Onkel Serenus und das da hinten ist die liebe Dido. Ach ja und das da sind unsere Kampfhunde, die auf mich und Dido aufpassen. Und jetzt auch auf dich. Das sind Nero, Domitian und Didos Sofia. Vor denen brauchst du keine Angst zu haben. Die sind harmlos, solange wir sie auf niemanden hetzen. Wie das dann geht, das zeige ich Dir wenn du größer bist und von mir auch deinen eigenen Kampfhund bekommen hast. Hunde sind die besten und treuesten Leibwächter die man kriegen kann. Aber jetzt schauen wir mal, was der Onkel dir alles mitgebracht hat."


    Serenus betrachtete seinen Neffen und dessen Reaktionen aufmerksam. Klein-Minor war immerhin ein Flavier. Das Blut flavischer Kaiser floß in ihm und nur eine gute Erziehung und frühkindliche Prägung seiner noch ruhenden Anlagen konnte das claudische Erbe ausgleichen. Zumindest hatten die vielen Opfer an die Götter sich gelohnt und Klein-Minor war mit der claudischen Nase verschont geblieben. Da zeigten sich dann die guten, dominanten Anlagen von Onkel Gracchus. Auch wenn ihm Klein-Minor noch nicht sonderlich ähnlich sah.

    Auch Serenus war zu solch früher Stunde bereits auf dem Markt unterwegs. Allerdings hatte ihn im Gegensatz zu den hier bereits aufgelaufenen plebeischen Senatoren, den professionellen Aufkäufern und Sklavenzwischenhändlern ein weitaus wichtigeres Ereignis so früh aus der Villa getrieben.
    Anstatt eines Sklaven galt es heute primär die neuste Ausgabe von „Sklave Gaius ist der Beste“ zu erwerben. In gewissen Kreisen ein extrem wichtiges Ereignis wie der Auflauf von Klein und Groß an einem gewissen Stand auf dem Forum zeigte. Heute hatten die Verkäufer und Scribas von SGidB ihren riesigen Wanderstand unweit des Sklavenpodestes aufgebaut, wo sich eine lange Schlange vor dem Verkaufsstand gebildet hatte.
    Manch ein angehender Politiker wäre vermutlich froh gewesen, wenn bei seiner res gestae so ein Menschenandrang gewesen wäre.


    Abgekämpft, aber stolzer Erwerber von 2 Ausgaben erster Wahl für sich selbst und Gracchus Minor waren Serenus und seine Leibsklavin Dido in Richtung Sklavenpodest abgedrängt worden. Seine Leibwächter hatte er aus den Augen verloren, aber seine Kampfhunde würden ihn und Dido sicher gleich finden. Hundenasen waren in solch einem Gewühl mitunter von Vorteil. Ansonsten blieb noch eine kleine, verspielte Metallpfeife in Serenus Tasche und die riesigen Schlappohren der Hunde als Option.
    Solange bezog man erst einmal Position neben einem dickbäuchigen Senator, der auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit dem derzeitigen Konsul hatte, aber den Konsul hatte Serenus viel dicker und erhabener in Erinnerung. Vermutlich ein entfernter Verwandter.


    Dido musterte den Sklaven nur kurz und wandte sich dann an Serenus.


    „Dominus! Wenn der Sklave so schlau ist, dann könnten wir ihn doch als „Kinderhütesklaven“ für den Klein-Dominus Flavius Gracchus Minor erwerben. Ich sollte dich erinnern, dass wir uns, neben einem kleinen Bären, für ihn auf dem Markt umschauen wollten. Außerdem brauchen wir noch Farben um deinen alten Ziegenrennwagen für ihn neu zu streichen. Die Ersatzteile wurden vor 2 Tagen geliefert. Und ich glaube dort hinten steht Cassander, der Leibsklave von deinem Onkel, Dominus Flavius Furianus. Falls der Rest uns nicht findet, kann er uns nachher zum Treffpunkt geleiten. Ich weiß nicht, ob die Hunde uns finden, denn die Gewürzhändler hatten Stände in der Nähe.“


    Serenus schaute sich nach Cassander um, entdeckte diesen aber nicht. Dort hinten war etwas wage in der Menschenmenge. Dann musterte er den Sklaven auf dem Podest und schüttelte den Kopf.


    „Nein, Dido, der da taugt nichts. Das ist ein Thraker wie du gehört hast. Schlechtes Sklavenblut. Thraker sind alles Meuchelmörder und undankbare Unruhestifter. Ich erinnere dich nur einmal an Spartacus. Der war auch Thraker. Im Ergebnis hat er gegen seinen Herren die Hand erhoben, seine Villa nebst Gladiatorenschule niedergebrannt, das Anwesen verwüstet und ist dann marodierend durch ganz Italia gezogen und hat die römische Republik und unsere Legionen in arge Bedrängnis gebracht. Sklavenunruhen gab es schon öfters, aber dieser Thraker hat einen echten Härtefall geschaffen. Jeder Thraker ist im Innern ein kleiner Spartacus, egal wie sie sich nach Außen geben. So etwas kauft man nur für die Arena oder die Bergwerke, aber nicht für das Haus. Thraker brauchen zu viel Aufmerksamkeit und eine strenge Hand. Heute fütterst du sie, morgen ermorden sie einen und fallen über deine Frau, die Kinder und die Haustiere her. Außerdem sagt man Thrakern nach, dass sie zwischen den Beinen sehr gut bestückt sind und die meisten Römer klar übertreffen sollen. So was sorgt für Unruhe im Haus, vor allem wenn sie dann den weiblichen Sklaven nachstellen oder manche keusche Ehefrau sich in Versuchung geführt sieht. Da kauft man besser Parther. Die hassen uns Römer und da weiß man gleich woran man ist.“


    Serenus wandte sich an den dickbäuchigen Senator neben ihm.


    „Sagt Senator, wo stehen denn die Gebote und wer hat denn das letzte Gebot abgegeben?“

    Nachdem Onkel Lucullus sich als der "Stier von Roma" bekannt hatte und zu Serenus Freude auch noch in der Nähe der claudischen Natter Platz genommen hatte, begann er leise mit Dido zu tuscheln. Dabei wurden immer wieder vielsagende Blicke auf die böse Stiefmutter geworfen, nachdem Serenus Dido erklärt hatte, daß sein Onkel Lucullus nichts mit dem "Stier von Tarraco" zu tun hatte über den man ab und an auf dem Forum Geschichten hörte. Onkel Lucullus Landsitz lag ja in Italia und nicht in Hispania. Und überhaupt war ein flavischer, patrizischer Stier mit Sicherheit potenter als ein plebeiischer Stier.


    So langsam bekam Serenus aber auch Hunger. Vielleicht wäre es Zeit mal die Küche aufzusuchen und zu schauen, was das Essen machte. Oder zumindest schon mal für sich und Dido ein paar Eier mit Garum, etwas lukanische Wurst, aufgeschnittenen Schinken mit Melonenstückcken, Oliven, Quark, Schafskäse und Brot als Häppchen für den ersten Hunger zu organisieren. Eine Schale klare Hühnerbrühe mit Gemüse und Fleischeinlage würde auch anregend sein. Da er zwei Hunde hatte, die er auch selbst fütterte, kannte er den Weg in die Küche gut, da er sich dort wöchentlich mit den Köchen für das Hundefutter abstimmte.


    Außerdem konnte er sich dann auf die Suche nach einem Boten machen, der ihm eine Nachricht zu Cornelius Cicero brachte. Selbst an den Saturnalien gab es Sklaven in der Villa, welche sich ihrer Stellung bewusst waren und "höfliche" Bitten nicht abschlugen.


    Zuvor ließ er seine Blicke aber einige Augenblicke auf der Sklavin ruhen, welche sich so ausländisch gekleidet hatte, was Serenus einen giftigen Blick von Dido einbrachte. Was hatte er denn jetzt gemacht? Frauen ... vermutlich mußte man so schlau wie Onkel Gracchus sein um sie zu verstehen. Er betrachtete wieder Fiona. Gewagte Frisur, offensichtlich war sie mit ihren Haaren nicht fertig geworden. Das Gewand dagegen war echt ungewöhnlich, aber nun ja, so genau kannte sich Serenus mit Frauenmode nicht aus. Aber irgendwie schien es ihr zu stehen. Ihr Hintern kam darin gut zur Geltung und ihr Gesicht war auch ... niedlich?


    Nebenbei hörte er den Ausführungen des Parthers aufmerksam zu. Mit Federvieh hatte er es nicht sonderlich, nachdem er im Alter von 7 Jahren an einer Kampfhähnezucht kläglich gescheitert war. Die potentiellen Kampfhähne hatten infolge eines Fuchses im Hühnerstall alle am Grill geendet. An Falken hatte er sich bislang noch nicht versucht. Aber grundsätzlich ein interessantes Thema. Ein abgerichteter Bär oder Wolf wäre schon interessanter, aber Oma Agrippina war stets gegen solche Haustiere gewesen. Wölfe seinen Rudeltiere, man würde also ein Wolfsrudel anschaffen müssen und dann würde es stets Gerangel mit den Kampfhunden geben. Und ein Bär würde auf Dauer einfach zu groß werden und den ganzen Winter über nur schlafen. Daher sei er als Haus- und Spieltier ungeeignet für ein agiles Kind, vom Geruch mal ganz zu schweigen.


    Dido wedelte mit ihrem leeren Becher. Serenus registrierte, daß sein Becher auch leer war und begann aus diversen Fruchtsäften und Honigwasser für sich und Dido ein neues Mischungsverhältnis auszutesten.



    Sim-Off:

    Kleiner Lump? Oha, da will jemand auf der Liste der Lieblingsonkel noch auf den Platz hinter Onkel Furianus und Onkel Aquilius. :P

    „Salve Tante Antonia. Nicht wirklich, Roma hat sich verändert, meine Freunde starten alle in politische Ämter oder vorbereitende Tätigkeiten. Und immer mehr werden verlobt, verheiratet und ziehen weg, vor allem die Mädchen. Und einige davon haben sich in der Zeit meiner Abwesenheit ganz schon gewandelt. Von hässlichen, plappernden Harpyien durchaus zu ansehnlichen und intelligenten Personen. Andere zicken nur doof rum. Dido hat im Moment auch solche und solche Tage.
    Zumindest wurde mein ganzes Reisegepäck ausgepackt und einsortiert. Ich weiß nicht, mit jeder Reise und je älter man wird, desto mehr Ochsenkarren voller Gepäck kommen zusammen.


    Ich brauche deine Hilfe. Ich blicke nicht mehr durch. Oma Agrippina hat Onkel Gracchus angewiesen mir einige Übungsklienten abzugeben, damit ich es lerne ein guter Patron zu sein. Klientenarbeit sieht sie als sehr wichtig an. Verbindungen sind einfach alles in unserer Welt, zumal die Zukunft ja ganz klar dem diplomatischen Politiker gehört, nachdem unsere Legionen alles erobert haben. Papa war vermutlich in Parthia einer der letzten Eroberer unserer Familiengeschichte.


    Was du hier siehst ist laut dem Scriba Cartografus nur ein Bruchteil der Klienten von Onkel Senator Felix, die ich jetzt alle geerbt habe und die bis dato von Onkel Gracchus mitverwaltet wurden. Ich habe mal versucht Beziehungsdiagramme und Prioritäten zu skizzieren. Allerdings bin ich kläglich gescheitert. Ich durchblicke das System nicht. Eques, Plebeier und Freie ist es schon mal nicht. Und eine Wichtigkeitseinstufung gibt es auch nicht, ebenso wie kein Roma und der Rest von Italia.“


    Serenus zeigte auf eine überquellende Kiste neben der Tür.


    „Daß ich der neue Patron sein soll hat sich wohl herum gesprochen. Es kommen andauernd Termingesuche an, obwohl gestreut wurde, dass ich mich bei ihnen melden werde. Gestern kam ein ganzer Sack voller Post an, heute füllt Acanthus schon den 2. Sack und Dido steht seit drei Stunden an der Porta und notiert Klientennamen und nimmt die Boten entgegen. Hannibal ist nicht aufzufinden. Onkel Lucullus ist unpässlich. Onkel Gracchus ist als Pontifex unterwegs. Sciurus macht Besorgungen in der Stadt. Papa ist mir ohne Hannibal sicher keine Hilfe.


    Wie geht man das an? Und wo empfange ich die alle? Unsere Villa ist zu klein. Wir müssten ein Theater anmieten. Und die meisten Klienten haben Sorgen, Probleme und wollen Hilfe. Bei Oma kommen die meistens nur vorbei, lassen sich kurz sehen und wünschen einen guten Tag und eine lange Gesundheit. Ich dagegen brauche mindestens 20 weitere Scribas und 150.000 Sesterzen so wie sich die bittenden Anliegen in der Kiste anhören. Das Geld hat unsere Gens sicherlich, aber da sind solch abstruse Wünsche drin, da sehe ich nicht ein zu zahlen oder mich persönlich darum zu kümmern, dass der Hund von Klient Alpha dem Klienten Beta seinen Haufen vorsätzlich vor den Laden macht. Und was interessiert es mich, wenn der Sklave eines Klienten im Sterben liegt und er gerne eine finanzielle Zuwendung für einen neuen Sklaven will. Wir haben doch sicher noch irgendwo ein paar unnütze Sklaven auf Vorrat rumstehen.“

    Kurz nach der erneuten Ankunft von Serenus in der Villa und nachdem mehrere Tonnen patrizischen Reisegepäcks von unzähligen Sklavenhänden abgeladen, eingeräumt und ausgepackt waren, zog eine Prozession durch die Villa um wie die Heiligen Drei Könige ein Neugeborenes zu beschenken.


    Allerdings waren es schwere wirtschaftliche Zeiten, wie überall in den Gassen der Stadt und auf dem Forum gejammert wurden, was Angesichts des neuen Augustus ja auch kein Wunder war. Und so war auch in der Villa Flavia das Personal für Serenus Bedürfnisse gekürzt worden.
    Anstelle der Heiligen 3 Könige und aufwendigem Gefolge bestand die Prozession nur aus Serenus mit einem Leiterwagen voller Geschenke für Klein-Minor, seiner Leibsklavin Dido mit einem echten Fellhund vom exklusivem Knuddeltier-Hersteller Streivus (die mit der Golddrachme im Ohr) und den 3 Kampfhunden von Serenus und Dido. Ein Trägersklave hatte sich auf die Schnelle nicht auftreiben lassen. Nut gut, dass der Leiterwagen noch im Spielzimmer gestanden hatte. Die Erkältungswelle hatte die Villa, insbesondere die Sklavenschaft, noch fest im Griff. Der verbleibende Rest war mit lauter wichtigen Tätigkeiten beschäftigt. Vor den Saturnalien schien der Putzwahn in der Villa besondere Ausmaße anzunehmen. Überall wurde gewienert, geschrubbert und gewischt. Oder aufgrund der Kälte weiteres Holz im Garten gehackt und zum Anwesen getragen. Die Fußbodenheizung brummte, was bei der schneidenden Kälte draussen gut war. Noch ein oder zwei Tage und man würde auf den zugefrorenen Teichen im Garten laufen können. Serenus und Dido hatten auch mit einigen Eimern Wasser bereits eine 15 Schritt lange Schleimerbahn auf einem Gartenweg gegossen, der jetzt mit einer schönen Eiskruste bedeckt war.


    Die Prozession erreichte das Cubiculum von Tante Antonia und Onkel Gracchus und es wurde geklopft. Hoffentlich pennte Klein-Minor nicht. Serenus war gespannt wie er aussah.

    Serenus hatte ein zufriedenstellendes Mischungsverhältnis für sein Honigwasser gefunden, als Hannibal herein kam. Immer noch auf Griechisch wandte er sich an Hannibal.


    „Salve Hannibal. Willst du auch ein Honigwasser haben? Dann sind wir wohl verloren, was den heutigen Abend angeht, sofern du nicht alles für ihn organisiert hast. Und das lässt auch nicht viel Hoffnung auf ein Festessen zu. Ich gehe dann später mit Dido meinen Freund Cornelius Cicero besuchen. Es werden sich ja sicher neben den Jungs ein paar Leibwächter finden lassen, die uns dorthin bringen.“


    Dann betrat sein Onkel Lucullus den Raum und Serenus wechselte wieder ins Lateinische, während er seinem Onkel freudig entgegen kam.


    „Salve Onkel Lucullus! Wie geht es Dir? Schön, daß du kommen konntest. Du siehst noch etwas blass um die Nase aus, aber ich denke es freuen sich alle, daß deine Leibärzte und die vielen Opfer an Apollo dich wieder auf die Beine gebracht haben. Stütz dich ruhig auf mich und lass mich dich zu einer bequemen kline direkt neben meiner werten „Mutter“ führen.“


    Onkel Lucullus war der Dauerkranke der Familie, welchen die Götter mit permanentem Siechtum gestraft hatten. Aber er war ein verdammt zäher Hund, der sämtlichen Todesgöttern, insbesondere Pluto, jedes Mal auf´s Neue die Stirn bot und überlebte. Serenus war stolz auf seinen Onkel, denn solcher Kämpfergeist zeichnete echte Flavier aus. Niemals aufgeben! Die meisten Römer fürchteten sich vor Krankheit, aber Serenus kannte die Prophezeiungen der Sibylle und wusste, daß er, Serenus, nicht an einer Krankheit sterben würde! Und vielleicht hatte er ja Glück und Onkel Lucullus steckte die claudische Natter Epicharis mit einer schlimmen Krankheit an, die sie langsam dahin raffte.

    Serenus blickte den Mann an und überdachte dessen Angaben. Onkel Furianus war ein wichtiger Mann und einflußreicher Senator, der derzeit in Athena seine Gesundheit pflegte, obgleich Baiae und seine Quellen dafür sicher besser gewesen wären. Aber ob sein Leibsklave wirklich ein Cassander war. Serenus konnte sich an einen solchen Sklaven nicht erinnern. Na gut, sollte der Mann nur ein Haussierer sein, so würde er jetzt auf die harte Tour erleben, daß an dieser Porta Haussierer unerwünscht waren.


    "Warte einen Moment!"


    Serenus schlug die Porta zu. Er lief schnell zu Acanthus und nannte den Namen des Neuankömmlings. Dann rannte er zurück. Ketten rasselten und dann öffnete sich die Porta um Cassander ein zu lassen. Sobald dieser durch die Porta war, legte Serenus die Ketten und Riegel wieder vor.


    "Geh dort drüben an dem Fenster der Stube vorbei. Besser ist das für dich, Cassander!"


    Serenus zeigte auf die Stube in der Acanthus saß und vom kleinen Fenster aus die Porta einsehen konnte. Sollte der Sklave nicht von Acanthus erkannt und dem genannten Namen zugeordnet werden können, dann würde Serenus die drei Kampfhunde auf ihn hetzen, während Acanthus mit dem Knüppel aus der warmen Stube treten würde.

    Serenus hatte freiwilligen Dienst an der Porta.


    Normalerweise war es ihm strengstens untersagt die gewaltigen Flügel der Porta alleine zu öffnen, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit. Denn dies war unter seiner patrizischen Würde und die Hauptaufgabe von Acanthus, der seine Aufgabe sehr persönlich nahm. Immerhin stellte sie seinen Lebensinhalt dar und repräsentierte die patrizischen Traditionen. Nicht jede Gens leistete sich noch einen Ianitor, der sich auch noch freiwillig an das Tor ankettete.


    Verbotenes war immer schön. Heute kam dazu, daß er aufgrund der fehlenden Freien sich so um eventuelle Aufräumarbeiten oder sogar den Abwasch drücken konnte.


    Die Aufgabe war auch ohne jedes Risiko, denn sollte jemand Arges im Schilde führen, so war Serenus an der Porta ja nicht alleine. Acanthus saß mit einigen anderen Sklaven in einer warmen Stube in Rufreichweite. Binnen weniger Augenblicke wäre er zur Not mit seinem rieisgen Knüppel da. Dazu kamen die beiden Kampfhunde von Serenus und die Kampfhündin von Dido, welche ihm zusammen mit Dido Gesellschaft leisteten. Sie hatten auf bequemen Hockern in der warmen Sonne gesessen. Serenus hatten Dido einige spannende Märchen aus Thessalien vorgelesen als es an der Porta klopfte.


    Serenus versicherte sich, daß die 3 schweren Türketten angelegt waren, dann entriegelte er die Porta und öffnete diese einen Spalt, soweit es die Türketten zuließen.


    Die drei Hunde streckten die Köpfe durch den Spalt und grummelten auf Handzeichen von Dido unfreundlich.


    Zuerst musterte er die Person vor dem Tor einige Augenblicke. Kein Senator, kein Patrizier, kein bekanntes Familienmitglied, kein Eques, kein hochrangiger Priester.


    "Salve! Wer bist du? Was willst du?"
    brummte er daraufhin so unfreundlich, wie Acanthus ihn angewiesen hatte, wobei es ihm fast perfekt gelang diesen zu imitieren.

    Serenus saß mit zerrauften Haaren in seinem Arbeitszimmer und brütete über einer Unmenge von Kliententafeln mit Informationen, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten. Dido stand derweil auf einem Hocker und befestigte mit kleinen Nägeln und einem Hammer große Pergamente an den freien Wandflächen auf die Serenus Klientendiagramme und Beziehungen in Ansätzen zu strukturieren versucht hatte. Cartografus, einer der Scribas der Gens Flavia betrat mit verschnupfter Nase und mit einem dicken Wollschal um den Hals das Arbeitszimmer. Eine Erkältungswelle rollte gleich einem Inferno durch die Villa. Überall wurde geniest, gehustet oder man sah kranke Sklaven. Selbst seinen Hund Domitian hatte die Erkältung erwischt. In den Armen hatte der Sklave einen mittelgroßen Weidenkorb mit weiteren Schriftrollen und Wachstafeln, welchen er ächzend zu sechs weiteren Weidenkörben stellte.


    "Cartografus, das können doch nicht alles Klienten von Onkel Senator Felix sein? Oma Agrippina schrieb Onkel Graccus, daß ich erst einmal nur ein paar unbedeutende Klienten von ihm zum Üben bekommen sollte. Sowie einige ausgewählte Klienten von Onkel Gracchus, bei denen Sciurus mit bei den Besprechungen dabei ist."


    "Dominus! Das sind nur ein Teil der Klienten von Senator Flavius. Und die Klienten von Senator Pontifex Flavius hat mir Sciurus noch nicht gegeben. Er wollte sie mir bringen, sobald er mit diversen Kostenaufstellungen fertig ist. Dominus!"


    "Bei Mercurius Schatzkiste, wie hat Onkel Gracchus es nur all die Jahre geschafft gleichzeitig seine Klienten, die Klienten von Onkel Senator Felix und die Klienten von Papa während dessen Feldzug zu organisieren und zu verwalten. Ich blicke hier nicht mehr durch. Geh und richte Sciurus aus, daß er Zeit mitbringen soll, wenn er mir die Klienten von Onkel Gracchus bringt. Aber zuerst gehst du bei Tante Antonia vorbei und bittest sie höflich bei mir mal vorbei zu schauen."


    Serenus vertiefte sich wieder in die Unterlagen. Also wenn hier jemand durchblicken würde, dann sicher Tante Antonia. Immerhin verwaltete sie mit Hilfe von Sciurus ein Multi-Millionen-Sesterzen-Wirtschaftsimperium der Gens Flavia, während Onkel Gracchus weitgehend nur Dinge unterschrieb und in Auftrag gab. Wo empfing man die nur alle? Morgens war die Villa immer voll mit wartenden oder bestellten Klienten, aber für solche Massen brauchte er ja ein Theater mit vielen Sitzplätzen.


    Und mit der Frage wer sein Patron sein sollte mußte er sich auch noch herum schlagen. Der Imperator fiel aus. Onkel Furianus saß irgendwo in Athen. Onkel Gracchus wirkte in der letzten Zeit nur noch gestresst und rannte zwischen irgendwelchen Tempel, dem Senat und der Villa nur noch hin und her. Der war schon richtig dünn geworden von der vielen Rennerei. Sein eigener vater? Verdammt, der konnte ja nicht mal richtig Griechisch und hatte sicher von seinen Vermögenswerten gar keine Ahnung. Das regelte alles Hannibal und wenn Serenus nicht aufpasste, dann würde die claudische Natter bald das Ruder in die Hand nehmen.