Beiträge von Aintzane

    Sie hatte schon gesehen - es war zwecklos. Assindius säubern zu wollen war ungefähr so, als wolle man eine Kutsche ohne Pferde betreiben. Sie seufzte auf. Dann halt nicht, auch wenn ihr ein ungutes Gefühl blieb. Hoffentlich überstand er das.
    Sie erwiderte also auf das vielleicht Schmeichelhafteste, was er je zu ihr gesagt hatte, mit einem Lächeln: "Ich finde es auch gut, dass wir dich haben. Sogar sehr gut. Und... damit das so bleibt, solltest du jetzt echt in diese blöde Sänfte." Sie sprach absichtlich nur so laut, dass nur er es hören konnte - die anderen Männer waren offensichtlich recht amüsiert über dieses Spektakel.
    In die Sänfte beorderte Deandra Assindius also! Wie ökonomisch! Das Wichtigste war doch, dass die Waren keinen Schaden nahmen. Aber immerhin, man kümmerte sich um ihn, und sie konnte sich um einer neuerliches Problem Sorgen machen.
    Jetzt würde sie mit ihrer Herrin zurücklatschen, und dabei mutterseelenallein einen netten kleinen Waldspaziergang machen! Das gehen machte ihr nichts aus, aber wobei handelte es sich um diesen mysteriösen "Umweg"? Ein Gefühl der Unwohlheit stieg in ihr auf. Irgendwie hatte sie so ihre Zweifel, dass sie das zweite Mal bei so einer Begebenheit noch so relativ gimpflich davonkommen würden. Und sie hasste den Gedanken, nochmals Leute in Lebensgefahr versetzen zu müssen.

    Aintzane ließ ihn los, als sie sah, wie schlimm seine Wunden taten und wie grob ihre Umarmung für ihn sein musste. Sie musterte mit ihren immer noch etwas verquollenen Augen schnell seine Verletzungen und schlug sich ihre linke Hand vor dem Mund. Der Bär hatte ihn sehr schwer verletzt.
    "Das sind sicher mehr als ein paar Kratzer. Das muss behandelt werden. Oder willst du, dass man dir das in Mogontiacum alles abhacken muss?"
    Sie langte zurück auf einen Steffel, wo ein Eimer mit Wasser sowie ein sauberer Fetzen war.
    "Das muss gesäubert werden... ach ja, Assindius? Wozu bei den Göttern brauchst du Hirsebrei?" Jetzt fängt er schon an, zu halluzinieren... es musste schnell was getan werden.
    "Übigens... danke, das du fragst." Sie lächelte ihn an. "Mir ist nichts passiert. Nichts, was von Bedeutung wäre... im Gegensatz zu dir. Komm, dreh dich um."

    Samira fragte sie nach ihrer großen Liebe. Aintzane zuckte zusammen, und sie merkte, wie weh es immer noch tat.
    "Ja... ich war einmal verliebt... er ist tot.", gab sie sporadisch Auskunft.
    Sie schloss kurz ihre Augen und dachte an Taranis. Daran, wie er, ein gallische Hirte auf dem Gut ihres früheren Herrn Ahala, zu Tode geprügelt worden war... vor ihren Augen...
    Sie atmete aus. Sie wollte und musste stark sein. Nur so konnte man als Sklavin überleben.
    Auch Assindius stimmte nach Samira noch ein Lied an, und Aintzane merkte, dass sie wohl wieder an der Reihe war.
    "Ich singe euch jetzt was lateinisches vor, ja?


    Hoch oben und hoch unten,
    überall hab ich gesucht,
    fragte jeden, den ich gefunden,
    nach dem, was jeder will und auch verflucht:
    Nach Würde.
    So viele Wege, soviel zum finden,
    so viele Sackgassen, ich weiß nicht mehr wohin,
    ich frage mich, wo soll das enden,
    wo führt mich sie den hin,
    die Suche nach Würde."

    Aintzane sah den Mann, der Loki hieß, herankommen und sich neben ihr niederlassen. Er meinte zu ihr, noch bevor sie ein Wort äußern konnte: "Alles klar? Auch wenn es gewissen Persönlichkeiten hier nicht gefällt, der Bär ist keine Gefahr mehr für uns."
    Sie lächelte ebenfalls. Gewisse Persönlichkeiten... die hielt sie für das geringste Problem.
    "Loki...", begann sie dann, "ohne dich wäre ich tot. Ich...", sie schluckte, "ich weiß nicht, wie ich mich bedanken soll. Ich meine, das war so tapfer von dir... du hättest dabei sterben können. Danke, Loki. Tausend Dank. Ich schulde dir etwas, das steht fest.", sagte sie. "Und... ich muss mich auch entschuldigen, dass ich dich in eine so große Gefahr gebracht habe. Das wollte ich nicht. Es tut mir ganz entsetzlich leid.", ihr Blick senkte sich schuldbewusst.
    Als sie so ihren Blick senkte, sah sie hinunter auf sein Bein.
    "Das schaut ja schlimm aus", murmelte sie etwas undeutlich, sie wollte ihre Ansichten über den entsetzlichen Zustand seine Fußes nicht preisgeben. "Und so eine Patze schmierst du dir drauf! Du bekommst davon ja Wundbrand!", rief sie entsetzt aus.
    In diesem Augenblick sah Assindius am Pferd drüben. Sie sprang auf und lief auf ihn zu. "Assindius!", rief sie, breitete ihre Arme aus und umschlang herzhaft den hünenhaften Germanen. "Du lebst... ich hatte solche Sorgen um dich."

    Sim-Off:

    @Deandra: Tschuldigung, ich habe mich nicht klar ausgedrückt! Aintzane selbst ist nicht passiert, sie hat in der Lake nur eine Halluzination dessen gehabt, was ihr passiert wäre, hätte der Bär sie erwischt... nichts für ungut! ;)


    Die zwei Korsen kamen her und munterten die vollkommen verzweifelte Aintzane wieder auf. Gemeinsam schafften sie es, ihr durch besänftigende Worte, gesprochen in ihrem rauen korsischen Akzent, Mut zuzusprechen, sodass sie irgendwann wieder zu Besinnung kam. Ihre Augen waren noch immer verquollen vom Weinen, aber sie konnte wieder sprechen, wenn auch mit einer ein bisschen verschnieften Stimme. "Wo ist Deandra?", fragte sie die beiden Träger, als sie merkte, dass diese nicht mehr da war. "Und wo... wo ist Assindius?" Sie stand mit etwas wackeligen Beinen auf und lugte hinter der Sänfte hervor. Sie sah eine deutlich sichtbare Spur im Laub, welche von der Sänfte wegführte und in den Wald hineinging... was hatte diese Wahnsinnige getan? Wollte sie Selbstmord begehen?
    Das konnte ihr recht sein.
    Doch wo waren Assindius und Loki, der, wie sie von dem einen Korsen hörte, ihr das Leben gerettet hatte?
    Sie blickte sich verzweifelt um. "Assindius...? Loki...?"

    Aintzane spürte einen Ruck durch ihren Leib gehen. Natürlich, das war der Bär. Er hatte sie direkt im Gesicht getroffen. Und jetzt war sie tot, TOT!
    Da hörte sie unter sich das Getrampel von Pferdehufen. Da erst realisierte sie, dass der Stoß nicht vom Bären gekommen war, sondern dass sie eine kräftige Männerhand gepackt und sie auf sein Pferd gesetzt hatte. Wie betäubt, immer noch unfähig, sich zu bewegen, ließ sie sich abtransportieren und extrem unsanft am Boden absetzen, wo sie direkt vor den Füßen ihrer Herrin im Staub zu liegen kam. Ihre Glieder schmerzten vorm Sturz.
    Doch das war noch nicht alles.
    Jemand anderes ergriff sie am linken Arm und schleifte sie hinter die Sänfte. Sie erkannte, dass es Assindius war, und stieß ein schwaches, protestierendes Stöhnen aus, als er sie hinter der Sänfte fallen ließ.
    Dort lag sie dann am Boden. Sie konnte sich noch immer nicht bewegen, teils vor Schock, teils vor Schmerzen ob der unvorsichtigen Behandlung.
    Aintzane drehte ihren Kopf mit einer paralysierten Bewegung nach rechts und sah dort, wie Deandra zu ihr hergetragen wurde.
    Da sah sie, noch immer zu jeder Bewegung unfähig, wie Deandra aufstand und Assindius befahl, das Tier am Leben zu lassen.
    In diesem Moment wäre sie eigentlich am Liebsten aufgestanden und hätte ihrer Herrin eine gescheuert. Diese Bestie hätte sie fast getötet! Und jetzt befahl sie Assindius, dass er sich in noch größere Lebensgefahr begeben sollte, indem er den Bären verschonen sollte! Sie schickte Assindius fast schon auf ein Himmelsfahrtskommando!
    Der Ärger auf ihre Herrin und die Sorge um ihren Mitsklaven brachte wieder Bewegung in ihre Gliedmaßen.
    Sie stand ziemlich ungelenk aus und blickte in eine Lache, die sich am Boden gebildet hatte... sie erblickte ihr Spiegelbild drinnen... das Spiegelbild ihres zerfetzten, leblosen, blutigen Gesichts mit nur noch einem Auge drinnen, dass sie untentwegt anglotzte...
    Das war zu viel.
    Sie fiel wieder zu Boden und brach in hemmungsloses Weinen aus.

    Die Herrin hatte ihr aufgetragen, Wasser und Essen zu bringen, und sie tat es auch. Hinten trugen die beiden armen Korsen noch immer das Wasser, und sie nahm ihnen etwas ab. Das Essen holte sie sich von der Rückseite der Sänfte, wo ein bisschen davon herumlag.
    "Bitte!", sie servierte der Herrin Wasser in einem kleinen Reiseschlauch und etwas Brot.
    Die Frage Deandra verwunderte sie doch ein bisschen, aber sie beantwortete sie. "Nun Herrin, ich glaube schon. Meine Götter haben mir immer Kraft gegeben, wenn ich welche brauchte. Ich weiß ebenfalls, sie passen auf mich auf und ich muss nichts fürchten!", behauptete sie standhaft, auch wenn ihr Glaube durch manche Ereignisse doch immer wieder ins Wanken kam... Ereignisse, an die sich sich nicht gern zurückerinnerte.
    "An was ich glaube? Na ja... ich glaube an Mutter Mari, die Mutter der Erde. Es ist die höchste Göttin bei uns und vergleichbar mit eurer Gaia. Sie hat einen Mann, Sugaar, der wohl so etwas ist wie euer Uranus. Darunter gibt es unzählige Urtzi und Sorginak, kleine Gottheiten, die auf unser Wohl und Wehe schauen."


    Deandras Aufforderung kam ebenso überraschend.
    "Ich soll vorgehen? Also... ich meine... ähmm...", sie kam ins Stottern und blickte an den Waldrand. Dort musste sie hinein? Was würde sie dort erwarten?
    Vorsichtig setzte sie sich in Bewegung. Schritt für Schritt bewegte sich sich zum Strauch hin. Ihre Angst stieg von Sekunde zu Sekunde.
    Was würde es sein? Ein harmloses Tier? Oder ein schreckliches Monster?
    Sie trat hinter den Strauch... und erstarrte.
    Vor ihr befand sich ein riesiger Bär.
    Der Bär, schwarz wie die Nacht, mit böse funkelnden Augen, stellte sich vor ihr auf, die Tatzen drohend erhoben.
    Tapsig bewegte er sich einen Schritt auf Aintzane zu.
    Sie riss ihren Mund auf, aber es kam kein Laut heraus. Starr, unfähig, sich zu bewegen, sah sie mit diesem gewaltigen Monster zu, wie es immer näher kam, verschwommen sah sie, wie der gigantische Bär, der fast schon doppelt so groß war wie sie, vor ihr zum Stehen kam, mit seiner gewaltigen Pratze ausholte.........................

    Ach, hätte es in der Antike doch schon elektrische Föne gegeben! Aber ohne diese nicht nutzlosen Maschinchen war Aintzane nun ziemlich hilflos. Was sollte sie tun? Sollte sie zu Vater Sugaar beten, dass er die Haare Deandras trocknen möge? Oder sollte sie ein Handtuch nehmen und die Haare abrubbeln? Äußerst unklug. Das könnte dazu führen, dass der Herrin die Haare zu Berge stehen würden.
    Da fiel ihr etwas ein. Die Lockenwickler! Neben dem Schminkkasten - schön, dass alles schon bereitsteht - lag ein kleiner herdartiger Ofen, in dem die zwei Lockenwickler aufgeheizt wurden.
    Sie nahm die beiden heraus und fuhr damit knapp über Deandras haar in der Luft herum.
    Tatsächlich half es ein bisschen, die Haare sahen schon in Kürze matter und trockener aus. Sie musste nur aufpassen, dass sie nichts verbrannte.
    In der Zwischenzeit hoffte Aintzane, dass Deandra kein Kreischen des Entsetzens entfahren würde, wenn sie herausbekam, mit welchen unorthodoxen Mitteln da Aintzane ihre Haare trocknete.

    Auf sie aufpassen? Auf sie aufpassen!!? Aintzane entgegnete dieses Kommando Deandras mit einem sehr erstaunten Blick. Sie bedachte Assindius mit einem beißenden Blick. "Wage es bloß nicht!", zischte sie ihm zu. Dann verwandelte sich ihre verbiesterte Miene in ein helles Lachen. "Auf mich aufpassen! Hihi... huch!", rief sie, als sie auf einem riesigen nassen Laubblatt ausrutschte und fast hinfiel. Sie brachte aber sich wieder ins Gleichgewicht. Das einzige, was sie jetzt noch zu ihrem Glück brauchen würde, wäre ein blöder Kommentar von Assindius.

    Aintzane entgegnete Samiras Blick. "Ich fand es schön. Und man muss nicht singen, um ein Lied vorzutragen. Das war eines der besten Gedichte, dass ich je gehört hatte. Durchaus würdig, ein Lied gennant zu werden. Und es erinnert mich an etwas."


    Sie begann wieder zu singen.


    "Basoilarrak kantatzen dizu:
    Iratiko basuan;
    Ihurk elezakezu: pentsa
    nik zer dudan goguan:
    Gaiak oro iragaiten tut
    maitearean ondoan."


    Sie beeilte sich, das Lied zu übersetzen.


    "Die Auerhähne singen
    im Wald von Irati.
    Niemand kann sich auch nur ansatzweise
    vorstellen, was ich denke,
    die Nächte, die ich mit ihnen verbrachte,
    Seite an Seite mit meiner großen Liebe."

    Ein zweiter Spiegel? Aintzane tastete in den Schminkkasten hinein und fummelte unbeholfen einen zweiten Spiegel heraus, während sie voll Sorgfalt die Gesichtszüge Deandras studierte. Sie war augenscheinlich zufrieden.
    Sie hielt Deandra den Spiegel an den Hinterkopf. Es sah eigentlich ziemlich gut und vielversprechend aus.
    "Ich denke, die Haare müssen noch vollständig trocknen, bevor die Haarfarbe sichtbar wird. Ich denke, es wird sehr hell sein, die Tinktur hier war wohl recht stark." Sie überlegte und schaute das Haar ihrer Herrin an. "Es wird rötlich-blond oder so ähnlich werden. Ich bin mir sicher, damit wirst du ziemlich germanisch aussehen.", zog sie ihre Schlussfolgerung, zufrieden mit sich selbst.
    Währenddessen hoffte, betete sie, dass sich ihre Prophezeihungen bewahrheiten werden würden. Was, wenn das Haar abfiele oder eine scheußliche Farbe hätte? Die Folgen wären für sie unabsehbar. Zum wiederholten Male rührte sie mit einem hölzernen Stecken in ihrem Sud herum. Wenn das nur gut ginge.

    Aintzane kam mit ihren zwei Korsen, schwer bepackt mit Wasser, wieder her. "Hallo miteinander! Ich habe das Wasser!", sagte sie, etwas keuchend, und zeigte die Schläuche stolz her wie ein Seemann den größten Fisch, den er je gefangen hatte.

    Sie hatte eine Strähne, die sie aus der Mitte von Deandras Haarwusch hatte, gefasst, und tauchte sie ins Bad hinein. Es brodelte. Dies würde diverse ästhetische römische Anspruche beileibe nicht erfüllen, und Aintzane war froh, dass Deandra das nicht sehen musste. Der Geruch erinnerte sie im Übrigen an Kuhfladen. Ein entferntes Gefühl von Heimat stieg in ihr auf.
    "Achtung...", machte sie mit zusammengebissenem Mund und hob die Haare heraus.
    Sie hätte einen Sprung in die Luft machen können. Dem Haar konnte man noch deutlich seine natürliche Farbe ansehen, nichtsdestotrotz sah man einen eindeutigen blonden Stich.
    "Es funktioniert!", rief sie aufgeregt aus. Die Aufregung kam nicht daher, dass die Haare von Deandra nun ihre Haare wechseln würden, sondern daher, dass sie die richtige Farbe gefunden hatte. "Sieh!" Sie kramte einen Spiegel hervor und hielt ihn Deandra vor die Nase.

    Sim-Off:

    Fast vergessen, wie peinlich! :(


    Assindius sang noch ein sehr schönes Lied. Sie stimmte in Samiras Beifall ein, wenn auch verhaltener und sie hörte früher auf. Was war denn los? Sie klatschte wie eine Verrückte, als ob sie Mücken töten wollte, und konnte mit der Lobhudelei gar nicht aufhören.
    "Ähm... schön, dass du das sagst. Sehr nett von dir. Und mir geht es wirklich so manchmal mit diesem Lied, es geht mir immer durch den Kopf, wenn mir melancholisch zu Mute ist. Ich finde wirklich, es ist eines der besseren Lieder, die die Traditionen meines Volkes hervorgebracht haben. Und jetzt, bitte, sing du doch was!", drängte sie, scharf vom Thema abschweifend.

    Als Aintzane zurückkam, sah sie, dass ihre Herrin die andere Sklavin schon längst weggeschickt hatte.
    "Heller färben? Ich meine... also..." Nun gut, wieso nicht? Es war nicht ihr Haar, und sie hatte wahrhaftig keine Lust, zur Haute-Couture-Beraterin einer Römerin zu werden. Ihr eigenes dunkles Haar würde sie nie umfärben wollen. Sie nickte schnell, etwas hastig, ging zum Schminkkasten hin, der dort schon eine Weile herumstand, und holte ein paar Haarfärbemittel hervor. Henna? Nein, Deandra wollte sicher kein rotes Haar. Bleichmittel? Sie schluckte. Konnte man das verwenden?
    Etwas hilflos blickte sie die Tinktur an. Sie versuchte sich krampfhaft an eine Begebenheit zu erinnern, wo sie schon einmal Haare gefärbt hatte. Fehlanzeige.
    Also nahm sie eines, wo irgendetwas von blond draufstand. Hoffentlich war das das Richtige... bei den Göttern, hoffentlich.
    Nebenan stand ein Kessel mit schon vorerwärmtem Wasser. Gut, dass daran gedacht worden war. So wie sie glaubte, war es die andere Sklavin gewesen.
    Sie stellte den Kessel direkt hinter Deandra auf und schüttete das Mittel hinein. Mutter Mari, hilf, rief sie innerlich.
    Tatsächlich schäumte es ein bisschen, das Wasser bekam einen gelblichen Stich.
    Sie umfasste ganz vorsichtig Deandras Kopf. "Zurückbeugen... aufpassen, Herrin!"

    Aintzane und die zwie Korsen, die sie mitführte, betraten die Villa durch einen Seiteneingang. Während die Korsen ins Atrium gingen, um Wasser zu holen, lehnte Aintzane eine Wachstafel, die sie unterwegs geschrieben hatte, gut sichtbar ins Vestibulum. Der Text lautete:


    An die Familia Aurelia
    Claudia Aureliana Deandra hat sich zu einem Ausflug ins Hinterland Germaniens entschlossen, um die Geheimnisse und die Landschaft des Landes besser kennen zu lernen. Angeführt wird sie vom Germanen Loki. Mit sich führen wird sie eine Schaar von Sklaven, die sie nach besten Können bedienen und unterstützen werden. Das Reiseziel ist nicht gewiss, allerdings werden wir in der Nähe des Rheins bleiben.
    Heute noch werden wir aufbrechen. Es ist nicht sicher, wann wir zurückkommen, allerdings wird es nicht allzulange dauern.
    Aintzane
    im Namen von
    Claudia Aureliana Deandra


    Inzwischen hatten die Korsen das Wasser eingefüllt. Sie nahm ebenfalls zwei große Schläuche und gemeinsam schleppten sie sich zurück.

    "Oh!", sagte Aintzane, ohne irgendeinen ironsichen Unterton in ihrer Stimme. "Wir gehen dorthin, wo uns die Götter hinführen! Danke für diese Information. Damit werden die Römer in der Casa Aurelia sicher viel anzufangen wissen." Diese Germanen!
    Dann wandte sie sich der Herrin zu. "Meinst du mich? Eine Wachstafel? Ich schreibe es selbstverständlich in Latein." Hatte die Herrin ernsthaft erwartet, sie würde ihre Nachricht auf griechisch, gallisch oder gar baskisch verfassen? Aintzane sah sie mit einen verwunderten, etwas verwirrten Blick an, und griff dann in einen Korb, der mitgeführt worden war, hinein, um eine Wachstafel samt Griffel herauszuholen.
    Dann wandte sie sich an die Korsen. "Also, ich muss jetzt Wasser holen. Kommt ihr mit? Damit würdet ihr mir sehr helfen." Sie schenkte den beiden ein hübsches Lächeln, das sie sich für ganz seltene Anlässe aufhob, und die Korsen waren sofort Feuer und Flamme für eine Partie Wassertragen. "Dann kommt mit! Wir haben nicht ewig Zeit!" Sie gingen zur Villa.

    Aintzane selbst war einigermaßen erstaunt, dass ihre Herrin so gelassen reagierte. Wie hätte sie reagiert, wäre ihre Herrin die Sklavin und sie die Herrin gewesen? Irgendwie gefiel ihr diese Vorstellung so gut, dass sie gar nicht mehr ihrer Frage nachging. Mit Mühe unterdrückte sie ein burschikoses Grinsen.
    "Oh. Wie du meinst, Herrin.", sagte sie, wieder die brave Leibessklavin spielend. "Nein, nein, nein! Ich amche das schon!", rief sie aus, als ihre Herrin sich ungelenk durch die Haare fuhr. Da kam es ihr in den Sinn, dass sie noch Helena benachrichtigen musste.
    "Warte kurz, Herrin! Ich benachrichtige Helena, dass du sie in die Stadt mitnehmen willst. Dann richte ich dir die Haare, solange macht das... macht das... machst du das!", rief sie und deutete auf eine weitere Sklavin, die ihr vor die Augen rannte. "Kannst du bitte die Haare der Herrin herzurichten beginnen, bis ich wieder da bin? Es dauert nicht lange. Danke!", meinte sie, ohne die Meinung der Sklavin erst abzuwarten, und ging ab.