Beiträge von Flavia Minervina

    Als Minervina eine Stimme hinter sich hörte, war sie schon drauf und dran sehr sehr böse zu werden. Sie mochte die Sklaven nicht, die sie in Spanien hatte. Sie sprachen ein sehr eingerostetes Latein und gingen ihr dauernd auf die Nerven. Natürlich wollten sie nur alles richtig machen, doch für diese Patrizierin musste ein Sklave einfach ein Schatten sein. Ein nicht sprechender, leiser, Wünsche von den Augen ablesender Schatten. Langsam begann sie sich umzudrehen und atmete schon tief ein um ein Machtwort zu sprechen, als ihr eine Dame ins Gesicht lächelte. Ein wenig überrascht und nach einer kurzen Sekunde des Fangens lächelte auch Minervina der Fremden entgegen. Einer ihrer Leibwächter hatte alles gut im Auge und war drauf und dran sich zwischen die Patrizierin und diese Frau zu werfen, lies es aber dann doch.


    Ich weiss nicht. Man lehrte mich das Schlechte vom Guten zu unterscheiden, in vielerlei Hinsicht. Wieso fragt Ihr?

    Das Stück glitzerte in der Sonne als sie es ein wenig empor hob. Wieder einmal war es Gold mit einem Opal. Schmuck war nun einfach einmal ihre Schwäche. Doch das machte aus ihr eine kleine Expertin, wenn es darum ging gute Ware zu erkennen. Das war definitiv keine. Der Stein war schlecht geschliffen und falsch gefasst... Kaum zu glauben, dass es solche Stücke noch gab. In Rom wäre diese Händler wohl schon vor dem Bankrott, denn auf den Trajansmärkten war die Konkurrenz wesentlich größer als hier in Tarraco. Sie hob ihren Kopf und sah den Händler an. Ein wenig erschrocken wich er zurück, denn ihr Sklavengefolge war ihm wohl (oder übel) auch aufgefallen und er hatte sich eine gute Partie mit der edlen Dame erhofft. Ein wenig verachtend lies sie das Stück wieder auf den Tisch fallen. Ist das etwa alles?


    Der Händler nahm die Kette in die Hand und prüfte sie genau. Schließlch schüttelte er den Kopf nur wortlos und hob ein Kästchen vom Boden und stellte es auf den Tisch. Langsam öffnete er es und schob es zu der Patrizierin.


    Minervina lehnte sich nach vorn. Sah nur in das Kästchen und blickte wieder den Händler an. Nein... wandte sich vom Stand ab und versuchte ihr Glück beim nächsten Händler.

    Langsam spazierte Minervina über das Forum von Tarraco. Eine kleine Traube von Sklaven und anderen Gefolgschaften trabte hinter ihr her. Die Sänftenträger wies sie an ein wenig abseits zu warten, denn sie wollte keine Blicke auf sich ziehen. Seit den Übergriffen lebte sie schon in Angst, es hatte sie jedoch der Verwalter der Villa Flavia überredet einen Ausflug zu machen. Nach einigen Stunden Überredung begab sich die Patrizierin nun schließlich in die Stadt. Zum Glück hatte sie letzte Woche einige Händler kommen lassen, die sie wieder eingekleidet hatten.


    Der Rummel hier, die Menschen, der wunderschöne Himmel, die gläffenden Köter und sogar die Bettler, das alles hatte sie schon ein wenig vermisst. Eine Kapuze verbarg ihr Gesicht und auch der Rest ihres Körpers war gut in einen Mantel gehüllt. Die Hitze war zwar für Normalsterbliche unerträglich, doch für jemanden der die Sonne Ägyptens gewohnt war, war dies gerade angenehm temperiert.


    Immer wieder blickte sie auf die Stände und blieb schließlich bei einem stehen, der wunderschönen Schmuck führte. Langsam streckte sie die Hand nach einem Kettchen aus und nahm es in die Hand.

    Als die Sonner wieder die Erde küsste war Minervina schon wach. Seit ein paar Tagen war sie nun schon hier, ganz alleine in Tarraco. Sie hatte sich schon überlegt die Stadt zu besichtigen, doch ihre Angst ausserhalb der Villa Flavia wem in die Hände zu fallen war zu groß. Dieses Domizil war zwar unglaublich schön, großzügig, hell und für einen normalsterblichen niemals erreichbar, doch ihre Angst machte daraus einen goldenen Käfig. Der Verwalter hatte sie schon vorsichtig darauf angesprochen, ein mutiges Unterfangen, doch Minervina hatte ihn ingoriert, zumindest dachte er das. Natürlich wollte sie nach draußen, wollte die Natur sehen, wollte zum Mercatus, wollte alle Gebäude genau studieren und erklären lassen. Doch lieber blieb sie hier, ging in den hortus und studierte wieder alte Schriften, bis sie sich wieder langweilte.

    In den letzten Tagen war sie nie aus der Villa Flavia gekommen. Nicht dass sie nicht durfte, sein sie wollte einfach nicht. Sie räkelte sich bis zu Mittag in dem riesigen weichen Bett, lies sich dann das Frühstück bringen, lag in der Sonne im Garten oder lag einfach nur da und las, einmal leichte, einmal schwere Lektüre. Es war wunderbar. Jeden Tag den besten Käse den man in Tarraco finden konnte und wunderbares frisches Brot, das genauso zubereitet wurde wie sie es wollte. Die Sklaven brachten ihr was sie wollte, egal wie absurd der Wunsch auch war.


    Genau dieses Leben hatte sie vermisst. Keine Verpflichtungen, keiner der ihr wildes Gemüt zur weißglut brachte. Niemand.

    Nachdem ihr ein Sklave die Türe geöffnet hatte setzte sie sich kurz. Es war eine anstrengende Reise gewesen die hier, in einer leeren Villa ihren Höhepunkt fand. Selbst die Flavier aus Hispania hatte es irgentwann nach Rom gezogen, denn alle wollten dort ihren Weg machen. Minervina spazierte ein wenig herum und lies sich alles genau zeigen. Es war wunderschön, vor allem ihr Zimmer, was sie für die Zeit ihres Aufenthalts bekommen hatte. Briefpapier war reichlich vorhanden, und noch bevor sie den Sklaven anwies ihr Gewand zu richten und dies und das in der Stadt zu besorgen, saß sie auch schon und schrieb einen Brief an ihren Bruder.



    Manius Flavius Gracchus
    Villa Flavia Felix
    Italia/ Roma



    Flavia Minervina
    Villa Flavia
    Hispania / Tarraco



    Liebster Bruder!


    Wie du vielleicht unschwer erkennen kannst, verweile ich zur Zeit in der Villa Flavia in Tarraco. Vielleicht fragst du dich wieso ich nicht mehr im Lager der Prätorianer bin, das hat leider so einige Gründe. Zu allererst war es nicht mehr zu ertragen in einem Lager voller Prätorianer zu "wohnen", die Vergnügen, die man als Patrizierin nun mal so genießt, gingen mir ab. Zweitens gab es leider Streit mit dem Caecilier Crassus. Es war wieder einmal die alte Leier über den Unterschied zwischen Plebejern und uns Patriziern. Nur war seine Argumentation meines Erachtens sehr fragwürdig. Die Details dieses Streits zu erläutern wäre wohl nicht sinnvoll, denn es wäre wohl nicht genug Papier hier um alles aufzuschreiben.
    Sonst kann ich nur sagen, dass er mir gut geht. Ich bin wohlbehalten in Tarrco angekommen, auch wenn die Reise schrecklich unbequem war. Nun werde ich einen Sklaven schicken mir all das aus der Stadt zu bringen, was ich so lange nicht genießen konnte. Der Sklave gehört ausserdem Crassus. Mein Leibsklave wurde bei der Entführung getötet, was sehr ärgerlich ist, aber solche Dinge geschehen nun mal.
    Bis zu deiner Ankunft wird es sicherlich nicht mehr lange dauern und so werde ich auf dich warten und dann mit dir nach Rom kommen. Ich freue mich schon dich und Antonia wiederzusehen, es wäre doch eine wunderbare Idee, wenn sie auch gleich mitkommen würde. Vielleicht hätte ich dann auf der Reise zurück ins schöne Italia Zeit, sie ein wenig besser kennenzulernen. Sonst hoffe ich, dass alles gut läuft in deiner Arbeit. Grüße mir alle in der Villa Flavia Felix.


    Vale, deine Schwester Flavia Minervina


    Sie winkte den Sklaven her und gab ihm den Brief und ein wenig Geld, damit er schnell in Rom ankommt.

    Ein Lebe Wohl? Vieles, aber DAS hätte sie sich sicher nicht erwartet. Vor allem auch nicht, dass er ihr nicht einmal die Möglichkeit gab sich zu verabschieden. Sie packte die letzten Dinge selbst ein und setze sich auf den Stuhl um darauf zu warten wieder eine Reise anzutreten.

    Wie schon gesagt Crassus... meinte Minervina ein wenig kühl... Ich renne nicht von dir weg, auch wenn das Gespräch gestern nicht das erfüllteste war dass ich je geführt habe.. Sie schaute ihm wieder tief in die Augen. Komm als Ganzes zurück...ich werde für dich beten Minervina drehte ich wieder um und ging zum Schreibttisch.
    Wann kann ich mit der Abreise rechnen?

    Minervina nickte. Ich denke ein letztes Mal kann ich auf Bequemlichkeit verzichten. Wenn du mir dann noch einen Sklaven für die Reise mitgeben könntest wäre das sehr förderlich. Dass er den Sklaven sofort wieder bekommen würde war ihm sicherlich klar.

    Minervina sah ihn an und es brauchte ein wenig bis sie ihm antwortete. Je eher desto besser, schließlich wird der Weg umso länger, je näher wir Corduba kommen. Aber wenn es derzeit nicht geht, da du all deine Miles für den Kampf brauchst, kann ich das natürlich verstehen und werde mich einstweilen in Geduld üben.

    Guten Morgen, Crassus! Sie stand auf und ging zu ihm hin. Ich wollte dir eine Bitte vortragen. Ich würde gerne in die Villa Flavia nach Tarraco reisen. Ein wenig schorf hörte sich das nach dem gestrigen Streit schon an... Ich bin nun schon länger hier und mir fehlt der patrizische Lebensstil, das muss ich zugeben. Ausserdem hat eine Dame wohl nichts in einem Lager voller Prätorianer verloren... Der perfekte Mittelweg gelang ihr nicht wirklich. Sie war schon ein wenig nachtragend und immernoch stur wie ein Esel... Es ist auch nicht so, dass ich von dir davonlaufen will... Nun ja, wenn sie genau darüber nachdachte war es schon auch ein Grund. Wenn auch nur ein geringfügiger... Ich gehöre nur nicht hier her.

    Die Sonne lachte vom Himmel, die Luft war noch kühl, denn es war noch sehr früh. Minervina hatte sich schon frisch gemacht und ein einfaches Gewand übergestreift. Sie wusste nun, dass es im Ausland wohl geschickter war einfach gekleidet durch die Welt zu spazieren. Denn Patrizier waren wohl ein beliebtes Ziel.
    Sie stand auf und zupfte noch schnell alles zurecht. Ihr Blick in den Spiegel bestätigte ihr auch dass ihre Frisur korrekt saß. Das war schon eine Kunst, schließlich hatte sie nur wenige Utensilien zur Verfügung, und keinen Sklaven. Eine Bürde war das ohne Sklave. Alles musste man selbst machen, vor allem ihre Nägel und ihre Haut litten sehr unter diesen neuen Mühen. Aber sie ertrug es.
    Minervina ging schnell zum Zelteingang, wo immernoch ein Miles stand. Sie bat ihn kurz zu seinem Präfecten zu gehen, denn sie wünschte ihn zu sprechen. Das Murren, das der junge Prätorianer an den Tag legte ignorierte sie gekonnt. Sie hoffte ja selbst, bald aus diesem Lager verschwinden zu können. So sehr sie Crassus auch mochte wollte sie nicht mehr in einer Horde Prätorianer leben. Er würde das sicher verstehen.

    Sie sah ihm noch nach. Zumindest hatte er fast das getroffen was sie wollte. Trotzdem wollte sie immernoch einen Brief an Gracchus schreiben. Aber Crassus würde das nie zulassen. Minervina zog sich um und begab sich zu Bett. Lange noch lag sie wach und dachte über ihre Zukunft nach. Sie war noch jung. Und sie vermisste Rom. Irgentwann fielen ihr aus Erschöpfung die Augen zu.

    Wenn du sarkastisch werden musst und nicht normal mit mir sprechen kannst, dann lass es Crassus.


    Ich bin nicht einer deiner Soldaten die kleinbeigeben, nur weil du es sagst. Ich "gehorche" dir nicht denn ich unterstehe dir nicht. Vielleicht bin ich in deinem Lager, aber ich bin keiner dieser Prätorianer. Und wenn du glaubst alles von einem Privatsekretär protokollieren zu lassen, dann mach das. Denn dann würdest du vielleicht erkennen, dass du dich widersprichst. Aber da du das nicht tun wirst, da du nicht eingestehen kannst einen Fehler gemacht zu haben, einerseits in deiner Diskussionsweise, andererseits in der Lektion "wie benimmt man sich gegenüber einer Dame aus gutem Hause", erachtete ich es für besser nach Tarraco zu reisen.


    Aber selbst da findest du es nicht für angebracht meine Privatsphäre zu respektieren und öffnest Briefe, die nicht an dich adressiert sind. Wie ich das herausfand? Ich habe niemals in deiner Gegenwart derartig gegen dich gewettert, sondern nur in diesem Brief und wie ich sehe hat er die Wirkung nicht verfehlt. Verkaufe mich nicht für blöd. Ein Prätorianerlager ohne freies Reittier, das glaubst du doch selbst nicht. Dass ich dich am ehesten durch eine Schrift erreiche, die meinem Bruder zustand war wirklich einfach herauszufinden. Denn in ihm siehst du wahrscheinlich deinen größten Feind wenn es darum geht mich an dich zu binden, wo du vielleicht nicht unrecht hast.


    Nun drehte sie sich zu ihm um.


    Ich bin Flavia Minervina, und kein Miles oder Centurio oder Optio. Wenn du das verstanden hast, dann können wir gerne wieder ein kultiviertes Gespräch führen. Ein Gespräch in dem du mich achten wirst.


    Sie hob die Augenbrauen.


    Ich möchte mich nun zu Bett begeben. Wenn ich bitten darf.

    Noch immer hatte sie sich nicht zu ihm gedreht. Du sagst, dass die Patrizier eh alles in den Schoß gelegt bekommen, und immer Starthilfe haben, dass sie sich nichts erarbeiten müssen... DAS meine ich. Meine Antwort darauf war dann, dass das nicht stimmten kann, denn so viele Sitze haben die Patrizier nicht mehr im Senat. sie sprach ganz ruhig. Minervina wusste dass sie recht hatte.

    Wieder kam eine Predigt. Wieder widersprach er sich. Crassus es geht nicht darum, dass du mich gerettet hast. Es geht auch nicht darum, ob du dem Kaiser dienst oder nicht. Es geht lediglich darum, dass du vorhin alle Patrizier in einen Topf geworfen hast. Nie und nimmer würde mich das aufregen, nur dachte ich dass gerade DU, eben weil du mich gerettet hast anderst sein würdest. Anderst als die Plebejer auf der Rostra, die nur wettern... Sie strich sich ihr Kleid zurecht.


    Minervina erkannte, dass sie auf eine Entschuldigung vielleicht vergeblich warten würde.

    Minervina saß immernoch auf ihrem Stuhl und hegte nicht einen Gedanken sich zu ihrem "Gast" umzudrehen. Zuerst schüttelte sie nur den Kopf. Wieso machte er ihr Vorwürfe. Von wegen Meinungen zu schnell gebildet. Er war im Prätorianerzelt fast ausgerastet. Jeder hätte es gleich gedeutet.
    Deine Reaktion zeigt anderes, und das macht mich traurig. Fasse den Kaiser aus. Dann bleiben noch genug andere... andere von denen du gesprochen hast... Der Wunsch nach Tarraco zu reisen wurde immer größer. Ich bin dir nicht böse. Ich bin nur entäuscht.

    Crassus saß hinter ihr. Sie hatte sich nicht umgedreht als er das Zelt betreten hatte. Nein, Blöße würde sie sich keine geben. Zuerst sprach er nichts. Man konnte nur hören, dass Crassus sich setzte. Schließlich durchbrach er die Stille.
    Minervina drehte sich nicht um. Sie atmete tief durch. Ein Blinder konnte nun sehen, dass er den Brief gelesen hatte. Ein Brief der nicht für ihn bestimmt war. Ein Brief an ihre Familie. Doch würde sie es nicht ansprechen. Es wird einen Weg geben Gracchus zu kontaktieren das wusste sie.


    Ein Blinder könnte es sehen...
    Deine Worte, so voller Hass...
    Deine Augen funkeln vor Zorn wenn du über sie sprichst...
    Deine Stimme bebt...


    Es war nicht schwierig zu erkennen...