Beiträge von Flavia Epicharis

    "Ah, Zypern! Ja. Mir war lediglich noch in Erinnerung, dass du von einer Insel stammst", erwiderte Epicharis und nickte. Da hatte sie doch wirklich vergessen, von wo genau Kassandra stammte, doch sie entschuldigte sich nicht, das war nicht angemessen. Dass Kassandras Familie Land bewirtschaftete, war ihr allerdings noch im Gedächtnis, und so nickte sie nur. "Irgendwann, Kassandra, wirst du die Wahl haben, zurückzukehren oder bei mir zu bleiben. Dann, wenn ich dich für deine Mühen entlohnen werde", versprach Epicharis.


    Sie folgte Kassandras Geste mit dem Blick und seufzte. "Wohin...ja, wohin. In den Süden, das wäre mir am liebsten. Aber ich bezweifle, dass mein Vater mir gestatten wird, allein Ägypten zu erkunden. Wenn wir wieder in Rom sind, werde ich ihn gleich fragen", nahm sie sich vor. Sie wandte den Kopf und sah Kassandra an. "Wenn er es gestattet, werdet ihr, du, Dhara und Nordwin, mich begleiten, in jedem Falle. Vater wird mir gewiss noch einen ganzen Stall an Leibwächtern mitschicken...vorausgesetzt, er erlaubt es, heißt das. Ah, es macht keinen Sinn, sich jetzt schon Gedanken darüber zu machen. Lass uns über etwas anderes sprechen." Epicharis verstummte und dachte nach. Ihr kam erneut die Szene mit der Palla in den Kopf, und sie musste leicht lächeln. "Kassandra? Was meinst du, warum er meine Palla haben wollte?" fragte Epicharis, obwohl sie sich denken konnte, dass es sich um ihren Duft drehte. Doch der würde rasch verblassen, und sie hoffte, dass nicht die Erinnerung an sie ebenso schnell verblassen würde.


    Epicharis blieb stehen und ging in die Hocke. Sie hatte wieder eine Muschel gefunden, eine gedrehte ganz in Weiß. Behutsam nahm sie sie auf, befreite sie mittels Pusten vom Sand und steckte sie in einen kleinen Leinenbeutel. "Wie diese Muscheln wohl entstehen?" fragte sie sich nachdenklich. "Weißt du das?" wollte sie von Kassandra wissen.

    Nicht zu Unrecht stutzte Epicharis leicht, als sie die Worte ihres Vaters vernahm. Forschend musterte sie ihn, doch sie konnte nur die Abgespanntheit der Arbeit an ihm erkennen und nichts weiter sonst, das sie hätte in Alarmbereitschaft versetzen müssen. Dennoch erschien er ihr beinahe überfreundlich zu sein. Was wohl der Grund war?


    Epicharis trat ein und lächelte ihren Vater dankend an. Da er noch stand, nutzte sie die Gelegenheit und umarmte ihn rasch, aber liebevoll, ehe sie sich setzte und etwas verlegen drein sah. Sie hatte nie eine Mutter gehabt, die sie mit ihren Problemen und Fragen aufsuchen konnte. Vermutlich war dies aber genau der Grund, aus dem sie so selbständig war wie sie war. Dennoch hatte sie seit der Absprache mit Aristides immer öfter den Rat ihres Vaters gesucht. Nun, deswegen war sie heute hedoch nur zum Teil hier. "Vater, du als Soldat, du musst doch wissen, welche Worte man wählt, um die Gunst des Mars zu erlangen, nicht? Ich würde ihm gern ein Opfer darbringen und ihn darum bitten, meinen Verlobten unverletzt und siegreich aus dem Krieg zu führen, doch ich weiß nicht recht, wie ich meine Bitte vortragen soll", gestand Epicharis und legte die Hände im Schoß zusammen. Fragend blickte sie über den Schreibtisch hinweg Vesuvianus an und seufzte. "Und dann ist da noch etwas... Ich fühle mich rastlos und unterfordert. Ich würde gern mehr, hm, Verantwortung übernehmen oder etwas Sinnvolles tun. Daher möchte ich dich um einen Rat bitten. Oh, es ist nicht so, dass mich die Arbeit für die Acta nicht ausfüllt, es macht Spaß und ist eine Herausforderung, doch mir fehlt etwas.... Und ich vermisse die warmen gefilde Hispanias...und Tante Sagitta", schüttete Epicharis nach und nach ihr Herz aus.

    Es war lediglich Fortunas Einwirken (und einer sich als äußerst dickflüssig erweisenden Menschenmasse) zu verdanken, dass Epicharis nicht sah, was ihr Verlobter keine fünf Minuten nach der Verabschiedung von ihr tat. Es mochte ja durchaus sein, dass er nicht beabsichtigte, Epicharis' Missbilligung und Enttäuschung heraufzubeschwören, doch wenn sie dereinst etwas erahnen oder gar sehen würde, so wäre es wohl unvermeidbar, dass sie Aristides zürnte. Sklaven waren zwar ein nicht zu verachtender Bestandteil der Gesellschaft, sie konnten bisweilen auch zu echten Weggefährten, Freunden und engen Vertrauten werden - aber die Ehefrau eines Patriziers ersetzen, das konnten sie nicht. Da Epicharis aber nichts gesehen hatte, kamen ihr diese Gedanken auch nicht.


    Kassandra erwartete zwar nicht, dass ihre Worte Trost spendeten, doch genau das Taten sie, denn sie klangen so ehrlich, dass Epicharis gar nicht anders konnte, als sich getröstet zu fühlen. Unter Tränen lächelte sie die Griechin an. "Du hast ja Recht. Es ist nur so...ich habe eben ein ungutes Gefühl. Hoffentlich vermag es ihn zu schützen", erwiderte sie.


    Hoch oben neben Medeia und der Sänfte wartete Epicharis nun also darauf, dass Bewegung in die Flotte kam. Etwa eine Stunde nach der Verabschiedung schallten Rufe wie "alle Mann an Deck" und "Leinen loooos" über den Hafen, und der Wind trug die Worte bis zu der Anhöhe, auf der die kleine Reisegruppe stand. Epicharis winkte nur einmal ganz kurz zum Abschied, denn sie konnte Arisitdes ohnehin nicht ausmachen. Die ersten Schiffe liefen aus, ein kräftiger Wind begleitete sie aufs offene Meer hinaus. Epicharis seufzte tief und wandte sich ab.


    Nachdem sie sich ausgiebig von Medeia verabschiedet und versprochen hatte, sie zu besuchen, wenn sie einmal nach Ägypten reisen würde, trennten sich ihre Wege. Medeia würde ebenfalls auf dem Meer abreisen, und Epicharis würde mit den Ihren noch einige Tage in Ravenna verbringen, ehe sie sich auf den Heimweg nach Rom machen würde. So kehrten sie vorerst in ein Gasthaus ein, welches den Namen "Zum Dreizack" trug.


    Und hier geht es weiter

    Zwei Tage nachdem die Masten der Kriegsschiffe mit dem Horizont verschwommen waren, liefen Epicharis und einige sie begleitende Sklaven am Strand entlang. Die Claudierin ließ baren Fußes, ihre Calcei trug einer der Sklaven. Der salzige Wind zupfte an ihrer Palla und der Tunika, bauschte den Stoff auf und plättete ihn erneut. Die Ornatrix hatte Anweisung bekommen, Epicharis' Haare fest zusammenzustecken, doch trotzdem hatte die Meeresbrise sich einiger Strähnen bemächtigt und spielte mit ihnen.


    "Ich würde gern mal wieder verreisen", offenbarte Epicharis nun Kassandra. "Das Meer hier ist anders als das vor Tarraco, ich vermisse Spanien", gestand sie und setzte einen Fuß vor den anderen in den feuchten Sand. Gelegentlich schaffte es eine Welle, das Ufer so weit zu erklimmen, dass sie die claudischen Füße schäumend nässte. Möwen flogen hoch über der kleinen Gruppe. Epicharis wandte den Kopf und suchte Kassandras Blick. "Von hier ist es nicht mehr allzu weit bis nach Griechenland. Wo genau wohnen deine Eltern, auf der Halbinsel oder vielleicht nahe Athen?" Nur kurz überlegte Epicharis, vielleicht einmal Griechenland zu bereisen, von dem man doch sagte, es sei das Land der Dichter und Denker. Dann aber verwarf sie die Idee, Kassandra einen Besuch bei ihren Eltern zu gewähren. Sie konnten ja nichts anderes als Gram empfinden, wenn sie sahen, dass ihre Tochter einer Patrizierin dienen musste. Epicharis seufzte melancholisch auf. Vielleicht Alexandrien. Irgendetwas musste sie tun. Ginge sie nur nach Rom zurück, würde sie vor Kummer und Langeweile vergehen. Vielleicht würde Tiberia Albina mit ihr reisen.

    Zitat

    Original von Marcus Valerius Mercurinus


    "Kein Problem." Geschwind schreibt der Scriba die Daten auf und hält Aristides die Tafel schließlich vor die Nase. "So alles Recht? Dann wärs das auch schon." Da Verlobungen eigentlich nur eine Formsache sind, sind sie nicht ganz so bürokratisch wie die Eheversprechen.


    Formsache hin oder her, alles sollte seine Ordnung haben, ehe Aristides die heimischen Gefilde für sehr lange Zeit verlassen würde. Epicharis konnte es nicht lassen und sah an der Seite ihres Verlobten auf die Tafel. "Alles prima", entgegnete sie fröhlich an seiner statt und sah zwischen dem Scriba, ihrem Vater und ihrem Verlobten hin und her.


    Nachdem sich alle höflich voneinander verabschiedet hatten, trennten sich die Wege. Vesuvianus kehrte zu seiner Arbeit zurück, Aristides und Epicharis gingen noch in einem nahe gelegenen Park spazieren - tja, und der arme, arme Scriba blieb in seinem Kabüffchen hocken.....

    Zahlen werden klein geschrieben, wenn es nicht bestimmte Zahlen sind, die gemeint werden.


    Beispiel:


    "Ich habe eine Eins in Biologie."
    "Ich habe zwei Kinder."
    "Ich habe den zweiten Platz gemacht."
    "Ich bin Zweiter geworden."


    Ist etwas tricky. :)



    edit:

    Zitat

    Original von Akhom
    Ansonsten empfehle ich Wikipedia, wobei ich nicht beurteilen kann, wieviel aus dem Artikel für nicht Muttersprachler zu verstehen ist...


    Nichts für ungut, aber dann doch besser nichts empfehlen. ;)

    Zitat

    Original von Gnaeus Agricolus Tarquinius


    Ah und das wäre dan alles? :)
    Kein disrespekt gemeint.


    Ja, das ist im Grunde alles. Und Satzanfang, das hatte ich Vergessen, Corax hat es nachgereicht. Disrespekt müsstest du z.B. schon groß schreiben.
    Und die Höflichkeitsanrede wird auch groß geschrieben, also beispielsweise "Ich habe Ihren Brief bekommen, in dem Sie dies und das behaupten."

    So liebevoll und sanft wie er zu ihr war, wäre Epicharis nie im Leben auf die Idee gekommen, dass Aristides ein regelmäßiger Lupanargänger war. Sie gab sich große Mühe, nicht nochmals in Tränen auszubrechen, als er sie zum wirklich letzten Mal koste und ihr wie einem traurigen Kind versicherte, dass er heil zurückkommen würde. Der Gedanke an ein Kind ließ sie sich verwundert fragen, ob denn aus Arisitdes' Familie niemand zugegen war, und wie auf ein geheimes Zeichen hin gewahrte auch sie eine Sklavin, die auch Marcus zu kennen schien. "Ich hoffe es", flüsterte sie mit zittriger Stimme und schloss die Augen, um sich sanft küssen zu lassen.


    Kurz darauf war Aristides im Gewimmel verschwunden und Epicharis und Kassandra blieben allein zurück. Die Tränen rollten nun doch, allerdings kam nicht ein Laut über die Lippen der jungen Frau. Sie riss sich zusammen, ließ sich mit einer unwirschen Geste erneut das Tuch reichen und trocknete die salzigen Perlen, die nun immer zahlreicher zu Tage kamen. "Oh Kassandra" klagte Epicharis. "Ich habe ein so schrecklich ungutes Gefühl bei dieser ganzen Angelegenheit! Gewiss werde ich ihn niemals wiedersehen und als alte, unansehnliche und kinderlose Jungfer sterben!" Epicharis warf Kassandra einen vorwurfsvollen Blick zu und seufzte tief. Erst eine Weile später setzte sie sich erneut in Bewegung, strebte der Menschenmasse und anschließend Hafenmauer zu. Medeia würde weiter oben warten, an der Sänfte, so hatten sie es abgesprochen.


    Epicharis und Kassandra brauchten eine halbe Ewigkeit, bis sie endlich bei Medeia angekommen waren. Zusammen betrachteten sie das Gewühl, in dem ein einzelner Centurionenkopfschmuck gar nicht ins Auge stach, da es derer so viele gab, wie Epicharis enttäuscht feststellen musste. Sie würden hierbleiben, bis die Schiffe ablegten, und wer wusste, ob sie hier oben auf dem Hügel vielleicht besser zu sehen waren als dort unten, in der Nähe des Kais. "Großer Neptun, geleite die Schiffe sicher in parthische Gefilde" flüsterte Epicharis und umklammerte das feuchte Tuch beschwörerisch.



    Sim-Off:

    Macht doch nichts, Plautius :)

    Epicharis war erst etwa seit einer Woche wieder zurück aus Ravenna. Sie hatte sich während der vergangenen Tage immer wieder gefragt, was Aristides wohl gerade machte, ob er sich vielleicht von Übelkeit befallen über die Reling beugte, ob er einige Probati umher scheuchte, gerade aß oder schlief oder gar schon in Parthien angekommen war. Hatte sie vorher Gefallen gefunden an endlosen Partien, gebeugt über ein Ludus Latrunculorum, so blieb das Spielbrett nun ebenso verwaist wie der Webstuhl. Die junge Dame sehnte sich nach ihrer Mutter oder der Tante, einem weiblichen Wesen zum Reden und Anvertrauen. Nie hätte sie gedacht, dass ihr der Abschied von einem Mann, der ihr im Grunde fremd war, so schwer fallen würde.


    Sie schlief nun länger und begab sich später zu Bett, widmete sich jedoch voller Elan der Arbeit an für die Acta Diurna, denn diese lenkte ab. Kassandra und Dhara erwiesen sich als gute Freundinnen, ihren Vater verstand Epicharis jedoch nicht. Nie hatte er von einem Sohn gesprochen, niemals! Ofella kannte sie wohl und hatte sie für recht seltsam befunden, doch dass diese zweite Frau ihres Vaters ihm einen Sohn geschenkt hatte, das war eine erschreckende Nachricht, die Epicharis in ihrem Gram nach der Rückker aus einem Aufenthalt in Ravenna durchaus schockierte.


    Während der letzten Tage waren sich Vater und Tochter mehr bewusst als unbewusst aus dem Weg gegangen. Epicharis konnte Vesuvianus keinen Vorwurf machen und wollte es auch gar nicht, aber dass er einen Sohn hatte, hätte er ihr ruhig sagen können. Überhaupt herrschte ein reges Treiben in der Villa, seitdem der Kleine anwesend und Myrtilus seinen neuen Pflichten als Augur nachging und hierfür eine Reise unternehmen musste. Vor zwei Tagen war dann auch Ofella angekommen, und Epicharis fühlte sich mehr und mehr nutz- und rastlos, so dass ein Besuch bei ihrem Vater nun unausweichlich schien. Daher begab sie sich nach einem stillen, einsamen Abendessen, bei dem sie nur wenig zu sich genommen hatte, zum Arbeitszimmer ihres Vaters, denn dort, so wusste sie, war der Quästor des Abends zumeist anzutreffen. Sie klopfte höflich und trat erst ein, als man sie dazu aufforderte.


    Nachdem die Tür geschlossen war, fanden Epicharis Hände von selbst vor dem Schoß zueinander. "Guten Abend, Vater. Ich möchte wirklich nicht stören, aber hast du vielleicht einen Augenblick Zeit für mich?" fragte sie ihn beinahe demütig. Gewiss waren ihre Launen seit Aristides' Abreise und seit Lucius' Ankunft zu Ohren gekommen.

    Epicharis schenkte den Worten der Besorgnismilderung kaum Beachtung. Sie wusste von ihrem Vater, dass in einer Schlacht durchaus auch einhunderteinundsechzigMann fallen konnten und nicht nur einige wenige. Dennoch, sicherlich war Mars ein großes Opfer dargebracht worden, wie es nun einmal üblich war vor einem Krieg. Auch hatte Epicharis von dem Ritual gehört, auf welches die Götter mit Wohlwollen hinabgeschaut hatten. Eigentlich konnte nichts schief gehen, doch gerade an diesem Eigentlich störte sich Epicharis gewaltig. Sie hätte ein vorgreifendes Nichts ging schief als sehr viel angenehmer empfunden, doch leider konnte man die Dinge nicht voraussehen. Wie alle Römer hatte sie keine Zweifel am Sieg gegen die Parther, selbst wenn sie mächtig waren, doch auch bei einem Sieg gab es Verwundete und Tote in den eigenen Reihen.


    Tief und ungeniert seufzte die junge Dame mit geschlossenen Augen an der Brust ihres Verlobten. Sie brachte ihn wohl durcheinander, doch das nahm sie gar nicht mehr so recht wahr. Sie genoss ein letztes Mal die Nähe und das Kosen Aristides'. Weinende Kinder, heiser kreischende Möwen, schluchzende Ehefrauen, barsch lachende Soldaten, in der Ferne erklingende Flötentöne und klappernde Schritte an Bord eines nahen Schiffes - dies alles hörte Epicharis nur am Rande. Sacht wogten die Wellen gegen den Pier, und ebenso sacht koste Aristides ein letztes mal seine Verlobte, die sich keinen Deut darum scherte, was wohl der Pöbel sagen würde, wenn er überhaupt tratschen würde, denn waren nicht alle gleich, Sorgende angesichts des Krieges? Epicharis musste sich ein Tuch reichen lassen und winkte Kassandra eilends herbei. Nur so weit, wie es unbedingt nötig war, entfernte sie sich von Aristides und tupfte sich hastig die Tränen fort. Es war ihr schrecklich peinlich, nun doch die Fassung verloren zu haben. Verstohlen sah sie sich um, ob es wohl jemand bemerkt hatte. Und er hatte sie 'meine Liebste' genannt..... Das Versprechen aber, welches Aristides ihr abnehmen wollte, war so absurd, dass die junge Frau zu ihrem Verlobten aufsah und ein Kopfschütteln andeutete. "Ich will es versuchen, auch wenn ich mich sorgen werde", erwiderte sie und tupfte eine letzte Träne fort. Hoffentlich war ihre Schminke nicht verkaufen und machte sie zu einem unansehnlichen Wrack!


    Doch genug der sinnlosen Sorge um das Aussehen, sagte sie sich und gab Kassandra das Tuch entschlossen zurück. "Hast du es? Ah, da ist es ja. Gib es mir bitte", sagte sie zur Sklavin gewandt und wartete, bis diese ihr das kleine Beutelchen aus weichem, geschmeidigem Rindsleder gegeben hatte. "Ich möchte dir etwas mitgeben nach Parthien", sagte Epicharis schließlich und sah zu Marcus auf, das Säcklein in beiden Händen haltend und es drehend. "Es ist nicht viel, und doch ist es kostbar. Ich weiß, dass Mars uns den Sieg gewähren und über die römischen Soldaten wachen wird, doch Glück, Schutz und Hoffnung kann man nie zuviel haben. Darf ich?" sagte sie, wartete jedoch gar nicht auf die Antwort und befestigte das Beutelchen mit geschickten Fingern an dem Gürtel, den Aristides trug. Als sie fertig war, berührte sie zaghaft das Emblem der Ersten Legion, welches auf dem Brustharnisch prangte. "Versprich mir, dass du den Beutel erst öffnen wirst, wenn ihr auf See seid und der Hafen Ravennas längst außer Sicht ist", bat sie ihn.


    Sim-Off:

    Beutelinhalt kommt per PN

    Kurz fragte sie sich noch, wie Medeias Mann die wahrhaftig leise gewisperten Worte hatte vernehmen können, welche sie ihrer Sklavin zugeflüstert hatte, doch da war Aristides auch schon heran und alles andere erschien ihr nun unwichtig. Und - na sowas - täuschte sie sich oder errötete er wahrhaftig? Epicharis sah fasziniert, wie sich ein leicht rötlicher Schimmer auf Aristides' Gesicht ausbreitete, die Wangen überzog und auch vor den Ohren nicht Halt machte. Dass Männer in Verlegenheit gerieten, war ihr doch tatsächlich neu. Früher hatte sie stets alle Männer mit ihrem Vater verglichen, und da dieser nun einmal die Fassung in Person war und sie bisher niemanden des anderen Geschlechts zum Erröten gebracht hatte, sah sie nun ganz aufmerksam hin. Am lustigsten fand sie Aristides' Ohren, welche bald in einem wirklich tiefen Rot zu glühen schienen.


    Epicharis' Mundwinkel umspielte ein sanftes Lächeln ob der ehrlichen Freude, die er offen zur Schau trug. Zwar verstand sie sein Murmeln nicht und hob fragend eine Braue, doch die sich anschließenden Worte waren klar und deutlich. Die Claudierin ließ sich von ihrem Verlobten ein wenig weiter weg führen, doch nur einige Schritte, dann blieb er wieder stehen. Sie hoffte, dass Kassandra ihr folgte, denn sie würde sie und ihren gehüteten Lederbeutel wohl recht bald brauchen, denn Aristides hatte gewiss nicht ewig Zeit. "Beinahe hatte ich befürchtet, wir würden es nicht rechtzeitig schaffen. Ich hätte mich sehr gegrämt, wenn wir den Kai nur mehr verlassen vorgefunden hätten", gestand sie leise und hob den Blick, um Aristides anzusehen. Dieser strich, scheinbar gedankenverloren, über den dunkelblauen Stoff ihrer Palla. Was hätte Epicharis dafür gegen, nun seine Gedanken lesen zu können! Kaum war dieser gedanke zu Ende gedacht, trug Aristides eine unerwartete Bitte vor. Sie wollte ihn schon leicht spöttelnd fragen, ob ihm der Wind so wenig behagte, der hier unten am Meer doch etwas kräftiger war und gewiss auf See noch mehr zunehmen würde, um alles mit der leicht klebrigen, salzigen Schicht Neptuns zu überziehen, da wich ihr verschmitzter Ausdruck einem überraschten, denn Aristides legte ihr die Begründung für seinen Wunsch dar. Zwei oder drei Sekunden lang stand Epicharis die schiere Verwunderung ins Gesicht geschrieben, dann breitete sich allmählich das gleiche warme Gefühl aus, welches sie schon auf dem Turm gespürt hatte, und Epicharis fühlte sich leicht befanden und seltsam schwach. Aristides' Wunsch hatte ihr verdeutlicht, dass es für ihn nicht nur eine Zweckehe war, sondern er sie vermissen würde, und das Wissen darum raubte ihr den Atem und ließ den Abschied, den sie bisher so weit von sich schieben konnte, plötzlich in sehr greifbare Nähe rücken.


    Sie senkte den Kopf, ihr Blick fiel an einem muschelverkrusteten Pfeiler hinab ins doch schon tiefere Wasser. Ein Schwarm kleiner Fische zog seine Kreise und verschwand bald unter dem Kai. Irgendwo hinter sich hörte Epicharis Medeia schluchzen. Und als sie den Blick wieder hob, schimmerten die Augen etwas. Noch konnte sie unterdrücken, was in ihr vorging, doch so stark sie auch sein mochte, die Aussicht, jemanden für Jahre zu verlieren, für den man seine Gefühle eben erst entdeckt hatte, zwang über kurz oder lang jeden in die Knie. Sich fangend, sog Epicharis die salzige Luft ein und zog anschließend ihre Palla von den Schultern, gab damit helle Haut frei, die als Schönheitsmerkmal unter den Frauen Roms galt. "Marcus..." murmelte sie zögernd und leicht hilflos in Ermangelung geeigneter Worte. Er sprach bereits weiter und vom Schreiben. Epicharis nickte tapfer, fragte sich einen Herzschlag später aber, was er wohl sagen wollte. Der Anflug eines Schmunzelns zeigte sich bei ihr, als er erneut errötete. "Ich weiß, dass du nicht viel Zeit haben wirst, und daher freue ich mich umso mehr, dass du mir trotzdem schreiben möchtest", sagte sie und faltete abwesend ihre Palla. Einen Wimpernschlag später sah sie nachdenklich auf den blauen Stoff hinab, reichte diesen dann Aristides mit dem Anflug eines Lächelns. "Dein Wunsch ist sonderbar, aber ich erfülle ihn dir gern, Marcus. Ich werde oft an dich denken.... Was wolltest du eben sagen?"


    Jetzt wäre wohl auch der passende Moment gewesen, sich von Kassandra den ledernen Beutel reichen zu lassen, doch ehe sie auch nur daran denken konnte, war Aristides schneller. Er holte eine Kette hervor, an der ein wunderschöner Anhänger aus hellem Mondstein und blauem Saphir prangte, der Epicharis' Blick gefangen nahm. Die Worte ihres Verlobten über die Herkunft des Schmuckstücks verdeutlichten, was ihm dieser Anhänger bedeuten musste, und dass er ihn Epicharis anvertraute, löste Ehrgefühl wie Zuneigung gleichermaßen in ihr aus. Behutsam nahm sie die Kette an sich, sah darauf hinab und strich mit dem Daumen über den Anhänger. "Schutz und Glück? Brauchst du beides nicht sehr viel dringender als ich?" fragte sie leise und sah auf. "Ich werde dieses Schmuckstück hüten wie einen kostbaren Schatz und es dir unversehrt zurückgeben, wenn du wiederkommst. Marcus...ich weiß, dass ich nichts werde ändern können, aber mir ergeht es nicht wohl dabei, dich gehen zu lassen. Ich sorge mich um dich." Ihre Stimme war nurmehr ein Flüstern. Sie zog die Kette über ihren Kopf und entschied, dass auch eine Patrizierin das Recht hatte, sich gebührend zu verabschieden - besondere Situationen erforderten eben besonderes Verhalten, und den Beginn eines Krieges konnte man wohl durchaus als besondere Situation werten. Da sie nun die Hände frei hatte, Marcus jedoch ihre Palla hielt, machte Epicharis einen schnellen Schritt nach vorn, schlang die Arme um seinen Hals und bettete die Wange so an seinen Brustharnisch, dass ihre Nase seinen Hals berührte. "Mein tapferer Centurio...kehre mir bloß wieder unversehrt zurück, das ist alles, worum ich dich bitte", wisperte sie. Mehr musste wohl auch gar nicht gesagt werden. Und mehr vermochte Epicharis auch nicht zu sagen, denn ihre Stimme versagte, der Frosch war wieder da. Trönen schimmerten in ihren Augen, und sie schloss sie, weil sie doch stark bleiben wollte angesichts des Abschiedes, sich aber doch eingestehen musste, es nicht zu können.

    "Vielleicht", entgegnete Epicharis mit einem freudigen Lächeln. Um genau zu sein, sollten die junge Dame und einige ihrer Sklaven sogar schon bald einen Grund bekommen, nach Ägypten zu reisen, doch da Epicharis hiervon noch keinerlei Kenntnis hatte, bleibt diese Tatsache vorerst unerwähnt. Dass Medeia vermutlich allerdings gar nicht mehr mit zurückreisen würde, überraschte Epicharis dann doch. "Du bleibst also gleich hier, oder kehrst du noch einmal mit zurück nach Rom?" fragte sie die Ältere und suchte ihre Haarsträhnen zu bändigen, an welchen der Wind besitzergreifend zupfte.


    Der Centurio, ein gestandener Mann mitte Vierzig, wirkte missgelaunt und brummig, als sich die kleine Eskorte für die beiden Damen in Bewegung setzte und dem Feldzeichen zustrebte, dem der kleine Pumilus bereits entgegenwatschelte, um die Damen anzukündigen. Amüsiert vernahm Epicharis Medeias Worte, äußerte sich jedoch nur auf jene, welche die Griechin direkt an sie richtete, während sie bereits gingen. "Ja, das wäre mir sehr recht. Diesen wunderbaren Sonnenschein sollte man genießen", pflichtete sie bei. Mit etwas Abneigung auf den Gesichtszügen vernahm sie schließlich auch die Worte des Legionärs, denn immerhin ging sie direkt neben Medeia. Ein mobiles Lupanar? Epicharis grübelte noch darüber nach, ob die Frauen, die sich dort anboten, wohl wirklich jedem Mann ihre Dienste anboten, als der Mann bereits weitersprach und Medeia mit Komplimenten überhäufte. Das nahm Epicharis gar nicht wahr. Stattdessen schob sie den Gedanken, ihr Marcus würde sich ebenfalls diesen Damen widmen, beiseite und winkte Kassandra herbei. "Das Meer ist wundervoll, nicht? Es muss dich an deine Heimat erinnern. Vielleicht bleiben wir noch einige Tage.... Sag, du-weißt-schon-was ist sicher verwahrt?" hakte sie nach unf trug einen besorgten Ausdruck zur Schau. Kurz darauf zuckte sie erschrocken zusammen, als ein Ruf über die Menschenmasse hinweg schallte. Man verlangte nach Aristides, die Ursache war gewiss die Ankündigung des Sklaven Medeias, der augenscheinlich bei Matinius Plautius angelangt war. Vorfreude packte Epicharis. Sie liebte nette Überraschungen mindestens ebenso sehr wie Geschenke, doch fast noch lieber machte sie selbst Geschenke oder überraschte jemanden. Heute war es ihr Verlobter, den sie zu überraschen suchte, da er sie nicht erwartete. Immerhin hatte sie alles daran gesetzt, dass er nichts von ihren Absichten erfuhr, mit der Frau seines Präfekten nach Ravenna zu reisen, und wie es aussah, war dieses Unterfangen geglückt.


    Sie gingen noch ein paar Schritte, dann kam ihnen Plautius bereits entgegen, und kurz darauf trafen sie aufeinander. Dem Präfekten folgte ein ganzer Stall voller Bannerträger, Scribae und anderen Soldaten, deren Bestimmunh Epicharis nicht einmal zu erraten vermochte. Die Begrüßung ließ Epicharis schmunzeln. Vermutlich waren sie so schnell gefunden worden, weil zum einen viele Leute Medeia kannten, zum anderen sie mit ihrer leuchtend roten Haarpracht doch etwas aus der Menge heraus stach. "Salve Matinius Plautius! Ich freue mich auch, dich noch einmal zu sehen, ehe ihr in See stecht", erwiderte sie den höflichen gruß. Nach Aristides zu fragen brauchte sie nicht, immerhin hatte sie eben bereits dessen Namen über die Soldaten hinwegbranden gehört, bestimmt würde er bald ankommen. Epicharis neigte sich zu Kassandra, welche neben ihr stand. "Wie sehe ich aus?" wisperte sie ihr zu. Schließlich wollte sie, dass dieser - diesmal wirklich - letze Abschied ihm in Erinnerung blieb. Vielleicht würde er sich mit den Gedanken an den Abend auf dem Wachtturm und an jenen Nachmittag hier in Ravenna an einsamen Nächten in Parthia bei Laune halten können.


    Wenig später spuckte die emsig umherwuselnde Menge der Soldaten auf dem Kai ihren Verlobten aus. Epicharis' Augen glitzerten verschmitzt, ein spitzbübisches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Zuerst sah es so aus, als würde dieser stattliche, sich mit großen Schritten nähernde Soldat sie tatsächlich liebevoll in die Arme schließen, doch kaum war er angelangt, ließ er sie sinken. Epicharis hätte sich vermutlich herzen lassen, doch schickte es sich nicht, wie eine bereits verheiratete Plebejerin vor tausenden von Augenpaaren zu geben. Aristides behielt also recht mit seiner Vermutung. Dennoch, seine Worte erwärmten ihr Herz und ließen sie ob des Überschwangs an Komplimenten etwas erröten. Epicharis ließ Medeia und Plautius einen Moment unbeachtet und wandte sich ganz Aristides in seiner polierten Rüstung zu, dessen Hände sie beidseitig ergriff und freudig drückte. "Mein lieber Marcus, deine Worte schmeicheln mir. Ich freue mich sehr, dich zu sehen. Du schaust ganz wunderbar aus in deiner Rüstung, ein wahrhaft stattlicher Soldat", grüßte sie ihn und hätte benahe behauptet, er sei ihr stattlicher Soldat, doch im letzten Moment unterdrückte sie das M, was sie beinahe ausgesprochen hätte. "Ja, Medeia und ich hatten beschlossen, euch zu verabschieden. Ich hoffe, das ist dir genehm?" fragte sie im Scherz und erstrahlte dabei in Freunde um das Widersehen.


    "Ist der Kaiser denn bereits hier?" fragte sie in die Runde.

    Epicharis hatte Aristides zwar versprochen, in Mantua zu bleiben bis zum endgültigen Abmarsch der Legion, doch war die unverhoffte Hochzeit von Aelia und Germanicus Corvus dazwischengekommen, sodass sie doch nach Rom reisen musste. Auf der Feier hatte sie mit Medeia, die sie kurz zuvor auf deren eigenen Hochzeit in Mantua kennengelernt hatte, ausgemacht, dass sie zusammen nach ravenna reisen würden, was sie letztendlich auch getan hatten. Epicharis empfand Medeia als sehr angenehme Person, mit der sie sich recht gut unterhalten konnte, und so kam es, dass den beiden auch nie langweilig wurde auf dem Weg zum Sammelplatz der Legion.


    Vorbei an weiten, grünen Flächen, kleinen Wäldchen, sich schlängelnden Bächen und gen Ende auch am Meer entlang waren sie gereist. In Ravenna angekommen, war Epicharis sogleich beeindruckt von der sich ihnen eröffnenden Landschaft und der Stadt an sich. So anders als in Rom oder auch Mantua erschien es ihr. Frischer und luftiger, was wohl nicht zuletzt am strahlenden Blau des funkelnden und heute ausgesprochen ruhig daliegenden Meeres und an der angenehm lauen und leicht salzigen Brise lag, die ans Land wehte und den Odeur der See mit sich trug. Epicharis sog diesen erfrischenden Geruch tief ein, drehte das Gesicht in die strahlende Sonne, die gutes Wetter und eine ruhige See verkörperte, und nicht zuletzt Sol invictus selbst. Das Vorhaben stand unter einem guten, wenn nicht zu sagen sehr guten Stern. Epicharis zweifelte nicht daran, dass die Römer wieder einmal siegreich heimkehren würden. Der Wind schnappte sich die ein oder andere Haarsträhne - denn Epicharis hatte sich entschieden, das Haar heute schlicht zu tragen; lediglich zwei schmale Zöpfe, je zur Rechten und zur Linken geflochten, vereinten sich am Hinterkopf auf den ansonsten glatten, offenen Haaren, gehalten von einer zierlichen silbernen Spange - und spielte damit, als würde er sich die Zeit bis zum Eintreffen der Soldaten vertreiben, Ein Blick zu Medeia zeigte, dass es ihr nicht anders erging. "Das hoffe ich doch. Sicher kommen sie bald", sagte sie zu Medeia gewandt.


    Auch Epicharis fühlte sich zugleich angespannt wie rastlos. Die Niedergeschlagenheit ließ sich zumindest bis jetzt noch gut verdrängen, doch die Claudierin wusste, dass sie früher oder später wohl von dem spitzenbesetzten Taschentuch würde Gebrauch machen müssen, welches sich verborgen in ihrer dunkelblauen, aufwendig gearbeiteten Tunika befand. Kassandra hatte ihr vorhin noch beim Ankleiden geholfen und nun behütete sie das Wichtigste vom Wichtigsten am heutigen Tage, versteckt in einem kleinen Lederbeutelchen. Epicharis streifte die Sklavin, welche sie mitgenommen hatte, damit sie das wunderbare Meer sehen konnte, mit einem Blick, dann ruhte jener kurz auf dem Beutelchen. Bald aber wandte sie erneut den Kopf, da Medeia von Ägypten sprach. "Das Angebot nehme ich nur zu gern an, Medeia. Auf das Museion bin ich schon sehr gespannt. Marcus hat mir versprochen, Africa mit mir zu bereisen, wenn er nur erst wieder zurück ist. Wirst du denn gleich abreisen, wenn Plautius fort ist?" fragtesue interessiert. "Ja, das ist vielleicht besser. Obwohl...eigentlich müssten sie doch hier vorbeikommen, nicht? Vielleicht warten wir doch lieber, und legen den letzten Rest des Weges gemeinsam mit ihnen zurück?" Epicharis und Medeia waren bei weitem nicht die einzigen, die heute hier standen und warteten. Zahlreiche Frauen aus allen Schichten, Sklaven, Kinder und alte Menschen waren gekommen. Viele hatten Geschenke dabei oder auch Blumenkränze, die sie den Soldaten übergeben wollten. Selbst fahrende Händler sahen in der angesammelten Menschenmasse fette Beute und genierten sich nicht, ihre Ware feilzubieten. Epicharis betrachtete Medeia nachdenklich, als sich nun doch einige Soldaten näherten, vermutlich die Vorhut. Epicharis deutete auf die näherkommenden Männer. "Schau!" sagte sie. Kaum waren die Männer heran, trugen sie einen etwas eigentümlichen Befehl vor, den die junge Claudierin schmunzeln ließ. "Oh weh, na gut, wir fügen uns in unser Schicksal", klagte sie schmunzelnd und schickte sich an, an Medeias Seite den Männern zu folgen.

    Wenn sie wirklich einige Jahrhunderte später, in einer anderen Zeit und unter anderen und doch ähnlichen Umständen gelebt hätten, so hätte Epicharis auch durchaus ein wenig mehr Romantik von Aristides erwartet. Doch auch sie war Römerin im Hier und Jetzt, und so war sie schon jetzt beeindruckt von dem - wie sie glaubte - ungewöhnlichen Verhalten ihres Verlobten, denn für beinahe alle Patrizier war und blieb die Ehe nun mal eine Zweckverbindung, zumeist aus politischen Gründen. Und bei einer solchen Verbindung, so hatte sie gehört, nahm sich der Mann nötigenfalls auch mit Gewalt, was er wollte, auch wenn die gesellschaftlichen Gepflogenheiten eingehalten wurden. Von Romantik war da kaum eine Spur. Deswegen glaubte Epicharis, mit Aristides großes Glück gehabt zu haben. Wenn sie beispielsweise Antonias Erzählungen Glauben schenkte, war Gracchus ein liebloser, kalter und grober Klotz. Nein, nein...da war sie schon besser dran, so zärtlich wie ihr Aristides gegenübertrat.


    Die Claudierin vermutete allerdings keinerlei lasterhafte Hintergedanken, welche mit seinem Verhalten kamen. Hätte sie etwas davon geahnt, wäre sie vermutlich etwas empört gewesen, denn es war für sie klar, dass er sie erst in der Hochzeitsnacht entblößt sehen würde. Genauso klar übrigens war es für sie, dass er sich in der Ehe nur ihr widmen würde und sonst keiner, ob Sklavin, Lupa oder was auch immer. Auf keinen fall wäre sie ihm gefolgt, hätte er es versucht. So viel Willenskraft brachte sie in jedem Falle auf. Doch war es müßig, darüber nachzudenken, denn ihre Gedanken blieben vor Aristides verborgen, genauso, wie die seinen sich ihr nicht erschlossen - was vielleicht gut so war.


    Statt also den Vorschlag zu vernehmen, ihm zu seiner Unterkunft zu folgen, hörte sie schöne Worte, die sie erneut verlegen lächeln ließen.
    "In jedem Falle, Marcus. Das machen wir." Nötigenfalls würden sie seinen Vetter um Hilfe bitten können, schließlich war er ein Sacerdos. Und was den Termin anging, würden sie sich vertrauensvoll an Epicharis' Verwandten Myrtilus wenden können, der ihnen als ehrenwerter Augur sicherlich den Willen der Götter deuten würde. Doch solche Gedanken waren noch weit entfernt, denn Aristides würde vermutlich für Jahre nicht einmal in Epicharis' Nähe verweilen. Jene Nähe war es auch, die sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte, denn abermals streichelte er sie sanft und sprach liebe Worte. Als Epicharis aufsah zu dem Mann, welcher ohne weiteres auch ihr Vater sein konnte, gewahrte sie die Ehrlichkeit in seinen Augen, und dieser Blick prägte sich ihr dauerhaft ein. "Und ich werde einen guten Grund haben, die Götter um Beistand zu bitten, auf dass Rom siegreich sein wird, auf dass du siegreich sein wirst, damit ihr rasch wieder heimkehrt, Marcus", flüsterte sie inbrünstig und auf den Zehenspitzen stehend nahe an seinem Ohr, ehe er sie erneut mit einem liebevollen Kuss bedachte.


    Kurz darauf schlug er vor, wieder zurück zu gehen, wie sie es bereits erwartet hatte. Sie nickte nur und ließ sich an der Hand nehmen, damit er sie sicher zurück zur laut und fröhlich feiernden Gesellschaft würde führen können. Worte des Abschieds sprach sie nicht auf dem Weg, denn zum einen ging sie davon aus, ihn nicht jetzt zum letzten Mal zu sehen, zum anderen hatte sie ohnehin noch eine Überraschung für ihn parat, nachdem sie sich am Tag der Abreise der Legion aus Mantua bereits voneinander verabschiedet haben würden. Als sie von der Wehrmauer hinunter stiegen, bemerkte sie, dass es weiter unten beinahe windstill war, ganz im Gegensatz zu der Plattform des Turmes.


    Auf dem Rückweg schwieg Epicharis und hing den Gedanken nach. Eine sonderbare Stimmung hatte von ihr Besitz ergriffen und ließ sie dauerhaft lächeln. Nur wenig später betrat sie an Aristides' Seite erneut das Legatenhaus, in dem die Hochzeit noch in vollem Gange war.

    Wie konnte ein Mann, der bald vielerlei parthische Barbaren mit seinem Gladius niederstrecken würde, nur so sanft sein? Das fragte sich Epicharis. Dieser Gedanke war aber zugleich auch alles, was ihren Kopf in jenem Moment der Süße füllte. Alles weitere war ausgeblendet, ihre Sinne vollkommen auf Aristides und den Kuss ausgerichtet. Ihr Körper befand sich in einem inneren Aufruhr sondergleichen. Sie schmeckte ihn, hörte seinen Atem und spürte ihn zugleich auf der weichen Haut ihres Gesichts. Ganz selbsttätig hob sich ihre Linke und legte sich zart und anschmiegsam an die Wange des Geliebten, welche etwas rauh und doch weich war, ein Paradoxon für sich. Epicharis schob die wettergegerbte Haut auf den täglichen Dienst unter freiem Himmel, doch schob wurde sie erneut im Denken gestoppt, weil sich der Kuss nun veränderte.


    Bei der heiligen Iuno, was tat Aristides mit ihr? Immer noch zeigte sich Gänsehaut, doch inzwischen war da noch etwas anderes, was sie auslöste. Epicharis glaubte, keinen Atem mehr zu haben, denn Aristides hatte ihn ihr geraubt. Kurz hob sie die Lider und sah ihn liebevoll an, dann schloss sie die Augen erneut und ließ sich leiten von ihm, dem zärtlichen Soldaten. Derweil fuhr sie hauchzart, fast so, als traute sie sich nicht recht, fast einem Schmetterlingsflügel gleich, an seinem Kieferknochen entlang zum leicht stoppeligen Kinn und wieder zurück. Unbewusst umarmte sie ihn mit dem anderen Arm. So standen sie eine ganze Weile eng beieinander und schenkten sich einen letzten, ungestörten Moment der Zuneigung.


    Ohne Worte, dafür aber mit einem lieben Blick, ließ er schließlich von ihr ab, musterte sie kurz und zog sich dann seinen Umhand von den Schultern, um ihr Frösteln zu lindern. Epicharis umschlang ihren Körper in einer schützenden Geste mit den Armen und sah dankbar zu ihm auf, während er ihr das dünne Stück Stoff um die Schultern legte und die Schnalle klicken ließ. Seine nahe Präsenz hatte sie nicht mehr frieren lassen, doch nun, wo sie erneut einen gewissen Abstand voneinander hatten, spürte sie doch wieder die Kühle des Windes und ärgerte sich darüber, denn gewiss würde Aristides deswegen bald vorschlagen, sich wieder zu den anderen zu gesellen - und das wollte die junge Claudierin nicht, zumindest noch nicht. Doch wenn sie dies zugab, so würde sie ein Zugeständnis machen, das sie Aristides noch nicht machen wollte - immerhin sollten Frauen nie zu viel von sich preisgeben, damit sie für die Männer interessant blieben.


    Seine Worte ließen sie verlegen lächeln und sie senkte kurzweilig den Blick, seine Berührungen spürend. Ehe sie sprach, schluckte sie vorsorglich, denn der Frosch schien ihr noch nicht gänzlich aus der Kehle gewichen. Was er sagte, überraschte sie, denn es klang aufrichtig und ehrlich - nicht dahergesagt. Sie schwieg noch einen Augenblick, suchte nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht. "Marcus, ich bin...ich weiß nicht, was ich sagen soll", gestand sie und lächelte. "Noch vor einem Monat habe ich es als meine Pflicht angesehen, dem Wunsch meines Vaters zu folgen. Von Mal zu Mal aber lerne ich dich besser kennen, und in mir reift die Überzeugung, dass es keinen besseren Mann hätte geben können für mich. Umso schmerzlicher wird es sein, dich nun für lange Zeit zu verlieren." Epicharis' Blick wurde etwas wehmütig, doch das Lächeln schwand nicht. Sie würde vermutlich noch den ganzen Abend lang lächeln, so beschwingt fühlte sie sich.

    Medeia, Plotina, Plautius und Epicharis


    Es erschien Epicharis ein freundliches Angebot des Matiniers zu sein, doch konnte sie sich der Vermutung nicht erwehren, dass er ein bisschen schadenfroh dabei aussah, als er ihr den Vorschlag machte, Aristides etwas auszurichten. "Das ist nett von dir, vielen Dank. Doch ich denke nicht, dass dies nötig ist", entgegnete sie höflich.


    Zusammen mit den anderen wechselte sie den Ort des Geschehens und steuerten die Sitzgelegenheiten an. "Das war nur ein kleiner Scherz, Plotina, der keineswegs ernst gemeint war. Es gibt zwar in beinahe jedem Artikel etwas zu berichtigen, doch sind es zumeist nur Flüchtigkeitsfehler, vor denen keiner gefeit ist. Mach dir also keine Sorgen", beruhgte sie die Subauctrix, während sie auf die Stühle und Liegen zugingen. Epicharis zog einen bequem aussehenden, mit rotem Stoff bespannten Sessel einer Liege vor und ließ sich dort nieder. Ein Sklave reichte ihr einen Becher Wasser, von dem sie kurz nippte und ihn anschließens fort stellte. "Ravenna? Um ehrlich zu sein, Medeia, habe ich mit dem Gedanken gespielt, ja. Du wirst reisen? Vielleicht kann ich mich ja anschließen, wenn du gestattest?" ...und ich meinen Vater um Erlaubnis gefragt habe. Epicharis glaubte zwar nicht, dass Vesuvianus etwas dagegen haben würde, aber sicher war sicher. Sie biss von dem Huhn ab musste schließlich lachen, als Medeia sie darauf ansprach, dass sie einander bisher kaum kannten. "Da hast du wohl recht, aber das kann man schließlich leicht ändern, nicht wahr? Ich bin die Tochter des Claudius Vesuvianus und meinen Verlobten kennst du ja bereits. Ach, frage einfach, wenn du etwas wissen möchtest", fasste Epicharis gut gelaunt zusammen.

    Es schien Epicharis gar, als sei Aristides von einer seltsamen Vorfreude erfüllt, als fieberte er dem Abmarsch entgegen und könnte es gar nicht mehr erwarten, endlich loszumarschieren. War dies wirklich nur Kaisertreue und Vaterlandsliebe, oder sehnte sich ihr Verlobter nach dem Gemetzel, nach dem Rausch des Blutes? Vermutlich hoffte er gar, die Erfüllung in diesem Krieg zu finden. Epicharis schwelgte einen Moment stumm in Gedanken. Die Rufe und das Gelächter der Männer im Lager drangen gedämpft zu ihnen herauf, aus einem nahe liegenden Wäldchen schallte der verschlafene Ruf eines Käuzchens über das Umland und irgendwo am Fuße der Mauer streifte ein Fuchs entlang.


    Epicharis blickte nun wieder Aristides an, war versucht, ihm zu sagen, dass sie fröstelte, beließ es aber bei ihrem Blick, als sie den seinen sah und sogleich dessen Intention herausfilterte. Die Claudierin hielt still und erwiderte das gegenseitige Ergründen der Augen des jeweils anderen, nur ihre Brust hob und senkte sich rhythmisch mit jedem Atemzug. Aristides' Finger schienen eine wärmende Spur auf ihrer hellen Haut zu hinterlassen, und schlagartig war Epicharis nicht mehr kalt, sondern angenehm warm. Gelegentlich blinzelte sie und unterbrach damit den Blickkontakt. Und obwohl sie wusste, wofür diese Situation, in der sie sich befand, prädestiniert war, so war sie doch innerlich erstaunt, als Aristides' Gesicht sich näherte und sie plötzlich seine Lippen auf ihren spürte. Nicht feucht, wie Tante Sagitta es prophezeiht hatte, und nicht widerwärtig war das gefühl, sondern auf gewisse Weise gleichsam interessant und neu. Epicharis schloss nicht die Augen, sondern sah Marcus an. Ihre Lippen schienen der wärmste Teil ihres Körpers zu sein. Mehr nebenbei spürte sie, wie Aristides sie an sich zog, behutsam und liebevoll, und nun schloss die Claudia doch die Augen, drehte den Kopf um eine Winzigkeit und gab sich ganz dem hin, was gerade passierte. Dass dabei ihr Herz bis hinauf in den Hals schlug, ist wohl unnötig zu erwähnen. Aufregend fand sie auch das aufegeregte Kribbeln im Bereich des Magens, und ganz plötzlich realisierte sie, woher der Begriff kam, Schmetterlinge im Bauch zu haben.


    Wenn sie auch zu Anfang nicht wirklich davon überzeugt gewesen war, dass sie Aristides mehr schätzte als eine arrangierte Ehe es verlangte, so war sie sich nun sicher, dass er dieses Kribbeln nicht würde auslösen können, wenn sie ihn lediglich respektierte - Epicharis hatte sich tatsächlich verliebt, auch wenn so ziemlich alles dagegen sprach, was sie je von anderen gehört hatte. Sie wusste es noch nicht, aber wenn Aristides genauso empfand, sollten sie beide wohl einst gänzlich das Gegenteil von dem darstellen, was Antonia und Gracchus füreinander waren.

    Sim-Off:

    Derzeit im Stress, sorry, wird nur kurz :(


    Epicharis hatte dem Opfer begewohnt und war unter jenen gewesen, die freudig das Brautpaar hochleben lassen hatten, als die Litatio verkündet worden war. Inzwischen befand sie sich allerdings mit einem Becher in der Hand nahe des Buffets, wo sie zuerst alle Köstlichkeiten beäugte und sich dann dazu entschloss, die Nachspeise zur Vorspeise zu machen. Sie ließ sich also kandierte Rosenblätter und in Honig gewälzte, mit Mandeln bestreute Datteln auftun und wandte sich überrascht um, als Medeia sie ansprach. "Oh, Medeia, schön, dich so schnell wiederzusehen. Marcus wäre gern mitgekommen, doch er hat wohl noch einiges zu tun, und dann ist da noch die Ausgangssperre, ganz recht. Salve auch, Matinius Plautius", erklärte sie und grüßte Medeias Ehemann. "Ihr habt eure Festtage gut überstanden, wie ich sehe", fügte sie alsdann hinzu und biss ein kandiertes Rosenblatt entzwei. Kurz darauf fand sich noch eine weitere Mitarbeiterin der Acta bei ihnen ein, welche sich als Sergia Plotina vorstellte. Epicharis musterte sie interessiert und neigte schließlich grüßend den Kopf. "Salve, ich bin Claudia Epicharis, die Lectrix, und ich finde jeden noch so winzigen Fehler", stellte sich Epicharis zu und musste anschließend lachen. "Na, dann willkommen. Ich bin auch noch nicht so lang dabei, aber man gewöhnt sich schnell an die Hektik einen Tag vor einer neuen Ausgabe."

    Da wurden sie nun also eingelassen. Epicharis folgte den beiden Männern und stand zwischen ihnen, als der Scriba sie nach ihrem Anliegen fragte. Aristides brachte jenes selbstsicher vor und stellte auch Epicharis und ihren Vater im gleichen Atemzug vor. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und grüßte den armen Scriba mit einem "Salve."


    Vermutlich war es nicht das, was der Mann erwartet hatte. Sie bemitleidete ihn irgendwie. Glücklicherweise waren die Räume der Acta luftig und hell, nicht so wie dieser Raum, der klein und stickig war und nach abgestandener Luft roch. Ob sie nun auch noch in Einverständnis kundtun musste, wusste sie nicht genau.