Es war erstaunlich wie schnell die Zeit bis zum großen Moment vergangen war. Andererseits war Albina auch froh darüber, dass ihr die Zeit zum großen Nachdenken gefehlt hatte. Sie wollte es hinter sich bringen... und das, obwohl sie nichts erwartete, worauf sie sich hätte freuen können. Aber es war eine Aufgabe, die es zu erledigen galt und genau das würde sie tun.
So hatte sie schon früher am Tag die Reste ihres Kinderspielzeuges und eine alte Kindertunika zusammengesucht und den Göttern geopfert. Dass Albina in Wirklichkeit schon längst alles kindliche verloren hatte, schien das ganze Unterfangen nur noch unwirklicher zu machen. Schweigend jedoch nahm sie auch dies hin. Sie war froh, dass alle um sie herum der Meinung zu sein schienen, dass sie zu aufgeregt zum reden wäre und sie daher in Ruhe ließen. Dass sie einfach unglücklich war, sie ohnehin nicht wusste, was sie Sinnvolles hätte sagen sollen und alles Unsinnvolle der Situation nicht angemessen gewesen wäre, merkte niemand.
So saß sie dann auch in die selbstgewebte tunica recta gekleidet mittlerweile auf einem Stuhl in ihrem Zimmer, während die umstehenden Frauen damit beschäftigt waren ihr mit der hasta caelibaris ihr Haar entsprechend der Tradition zu frisieren. Gedankenverloren schaute Albina dabei aus dem Fenster und strich über den als nodus Herculis gebundenen Wollgürtel ihres Gewandes. Während um sie herum reges Treiben herrschte, war die junge Tiberierin längst in eine ferne Welt abgedriftet. In einer lange vergangenen Zeit, in der sie noch glücklich gewesen war. Sie stellte sich vor, es wäre Verres, dem es am nächsten Tag galt, das Eheversprechen zu geben. Sie dachte an die wenigen liebevollen Momente, die die beiden miteinander verbracht hatten. An seine Stimme, seine Augen... und gerade als die Frauen fertig waren, der Kopf mit einem Blumenkranz geziert worden war und der rote Schleier über ihr Gesich herabsank, lief ihr eine leise Träne die Wange herunter über die Lippen, bis sie am Kinn abperlte und auf den Knoten des Wollgürtels tropfte...
Die Vorbereitungen waren abgeschlossen. Sie würde heiraten... doch nicht Verres. Von ihm trennte sie mehr, als nur der Stand und die Entfernung. Mittlerweile trennte die beiden der Styx. Albina würde morgen die Frau des Senators Purgitius Macer werden - und von ihm trennte sie nur mehr eine vermutlich viel zu kurze Nacht.