Beiträge von Artas Xanthus

    "Mich zieht es fort aus Hispania. Ich war hierher gekommen mit dem Wunsch Soldat zu werden im Dienste des Imperiums. Doch dieser Wunsch wurde mir hier nicht vergönnt und er lässt mir keine Ruhe, brennt wie ein Feuer in mir. Hispania ist ein schönes, doch zugleich sehr ruhiges Land. Es gibt nichts, was mich hier in meinen Sehnsüchten befriedigen kann. Ich strebe in den Kampf. Will mich beweisen können auf dem Schlachtfeld und vor dem Imperium. Das kann ich als Vigil in Tarraco nicht. Es war eine gute Aufgabe, aber auch eine mit wenig Möglichkeiten verbunden, aufzusteigen oder große Dinge zu erleben."


    Antwortete Artas Wahrheitsgemäß.

    Artas öffnete due Tür und trat herein.


    "Savle", grüßte er. "Ich möchte um meine Entlassung aus dem Dienst der Vigilen in Tarraco bitten. Es war eine schöne und erfahrungsreiche Zeit, doch zieht es mich in andere Lande zu neuen Aufgaben."


    Artas versteifte sich, während er auf die Antwort des zweiten Duumvirs wartete.

    Artas richtete seinen Körper steif auf und öffnete die Tür. Gemäßigten Schrittes trat er ein und blieb einige Schritte vor dem Schreibtisch stehen.


    "Salve" grüßte er, "ich komme hierher mit der Bitte, mich aus dem Dienst der Vigilen in Tarraco zu entlassen. Es war eine gute und schöne Zeit, aber sie befriedigt nicht. Hispanien ist ein friedliches Land, zu friedlich für einen Mann wie mich. Mich zieht es hinaus in die Welt, an Orte, wo mehr Dinge geschehen, wo man mich wirklich brauchen könnte."


    Artas verneigte sich leicht und legte das Rangabzeichen des Vigilen auf den Schreibtisch.

    Artas tat seinen Dienst wie gewohnt und schlenderte über das Forum von Taracco. Wenig geschehen war heute. Eine kleine Hütte hatte gebrannt am frühen Morgen und seine Kameraden und er hatten das Feuer schnell unter Kontrolle gebracht. Er hatte sich ein paar Haare angesengt, als er eine Frau aus dem brennenden Haus gerettet hatte. Und auch seine Augenbrauen waren wohl schon mal fülliger gewesen.
    Er verscheute ein paar Bettler, die sich schon seit geraumer Zeit wie eine Klette an seine Ferse geheftet hatten. Was glaubten diese Leute eigentlich, wieviel ein Vigil verdienen würde?
    Sein Blick fiel auf eine kleine Traube von Menschen, die zielstrebig einer vermummten Person folgten. Erst dachte Artas, das es eine Bande von Bettlern wäre, die einen Passanten belästigten und wollte schon eingreifen, doch dann erkannte er, das es sich um Sklaven handelte. Vermutlich ist der- oder diejenige ihr Herr oder ihre Herrin. Er ließ den Griff seines Gladius wieder los und bestellte sich bei einem Stand eine Kleinigkeit zu essen. Belustigt verfolgte er die Prozession der Vermummten Gestalt und ihres Anhängsels quer über den Marktplatz. Artas glaubte, das es eine Frau sein musste, denn so grazil bewegte sich kein Mann. Und Reich ist sie dazu... wer sonst könnte sich solch ein Gefolge leisten? Aber eine Römerin die nicht mit ihrem Reichtum prahlt. Sehr ungewöhnlich. Sie möchte wohl unerkannt bleiben. Nur die Götter wissen weshalb. Er zuckte mit Schultern. Solange nichts passierte, sollte es nicht seine Sorge sein.
    Die Gruppe hielt schließlich vor einem Schmuckstand und die Vermummte nahm eine Kette heraus zur näheren Betrachtung. Eindeutig weiblich dachte sich Artas schmunzelnd.

    Nachdem der lange Einsatz beendet war, ging Artas grübelnd nach Hause. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Hispanien konnte ihm nichts mehr bieten. Er würde gehen. Nur war er sich noch nicht sicher, ob er sich nach Germanien oder gleich nach Rom wenden sollte.

    Es war ein schöner Morgen, die Sonne schien warm und beleuchtete jeden Winkel der Straßen und Gassen von Tarraco. Artas schlenderte gemütlich und dem Tag entsprechend gut gelaunt umher und machte seine üblichen Kontrollgänge. Zwar war er eigentlich erst für den Abend eingeteilt, doch wusste er nicht so Recht, was er sonst den Tag über hätte machen sollen. Seine Verletzung am Arm war gut verheilt, nicht zuletzt wegen der Hilfe einer blinden Sklavin.


    Auf einmal stürzte eine völlig aufgelöste Frau auf Artas zu und gestikulierte wild mit den Armen. Beruhigend sprach er auf sie ein und sie führte in dann zu einer kleinen Wohnung. Als Artas eintrat sah er sofort den Grund für die Aufregung der Frau. Am Boden lag eine Leiche. Sie war männlich, etwa 60 Jahre alt. Die Kehle der Leiche war von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt und der Mann lag in einer großen Blutlache.
    Artas schickt die Frau nach draußen und befahl ihr, zur Stationes der Vigilen zu laufen und dort zu alamieren. Dann widmete er sich wieder dem Toten und seiner Wohnung. Einen Raubmord schloss er nicht aus, auch wenn nichts zu fehlen schien.
    In der Zwischenzeit war ein kleiner Trupp Vigilen erschienen und sperrte das Gebiet um die Wohnung ab. Ein Optio der Vigiles erschein und ließ sich von Artas über alles informieren. Dann schickt er ihn wieder hinaus, um die Leute auf der Straße zu beruhigen und zum Weitergehen zu animieren. Artas tat wie ihm befohlen und beantwortete zahllose Fragen. Gerne hätte er der Untersuchung beigewohnt, doch er war weder qualifiziert, noch Ranghoch genug. Immer mehr kamen Artas Zweifel über sein tun hier in Tarraco. Sicher, es war eine ruhige Arbeit, doch war dies genau der Punkt, der Artas störte. Zumindest hatte er heute etwas zu tun und wenn auch nur, unter der heißen Sonne Hispaniens zu stehen und Leute zum Weitergehen zu überreden.

    So war sie denn wohl verkauft. Artas sah Publius Matinius Agrippa von hinten an. Bei ihm wird sie es schon aushalten. Er stieß sich von der Wand ab und schlenderte über den Marktplatz. Er warf einen letzten Blick in Richtung von Nike und verschwand dann in einer Nebengasse, um seine alltägliche Arbeit wieder aufzunehmen.

    Artas wusste nicht so recht, ob er lachen oder wütend sein sollte. Aus alter Gewohnheit trommelte er mit seinen Fingern auf den Griff seines Gladius. Er starrte Nike unverwandt an. Zumindest würde sie hier in Hispanien eine gute Zukunft bei einem reichen Römer haben, so wie die Lage derzeit war. Doch brachte dies auch seine Entscheidung, Hispanien baldmöglich zu verlassen ins Schwanken. Noch immer kämpfte Artas einen inneren Zwiespalt seiner Gefühle aus, von denen er nicht wusste, was sie bedeuteten. Doch sein Stolz verbot ihm, auch nur eine Regung davon in seiner Mimik zu zeigen.

    Artas wollte etwas erwidern, doch wusste er nicht, was er hätte sagen sollen. Er erhob sich von seinem Bett und ging zu der Fackel an der Wand. Die letzte Lichtquelle zu solch später Stunde, denn die Sonne war schon seit langem hinter dem Horizont verschwunden. Mit einem Blick, der fast schon Zuneigung ausdrückte, sah er Nike noch einmal an, bevor er die Fackel in einem Eimer Wasser löschte. Er ging wieder in sein Bett und legte sich nieder, darauf achtend, das er seinen verletzten Arm nicht belastete.


    "Ich wünsche eine Gute Nacht." murmelte er noch leise, bevor er sich umdrehte und erschöpft von diesem Tag einschlief.


    Am nächsten Morgen erhob sich Artas früh und ließ Nike schlafen, als er selbst zum Officum der Stadt ging und die Vorgäng des gestrigen Tages meldete. Er erfuhr, das der Zirkusvorsteher und seine Leute wirklich im Zirkus der Unterhaltung des Publikums dienen sollten. Artas vermied es, genaueres über Nike zu erzählen, meldete nur, das er im Besitz einer blinden Sklavin sei, die nun rechtlich gesehen dem Staat gehöre. Noch bevor der Beamte sich großartig Gedanken machen konnte, sagte Artas, er würde die Sklavin einem Händler weiterreichen, der sie gewinnbringend verkaufen würde. So verließ er das Officum schnell wieder und der Beamte zuckte nur mit den Schultern, machte eine Notiz und der Vorfall verschwand in den Akten des Imperiums.


    Artas tat wie gesprochen und übergab Nike, wenn es ihm auch sichtlich schwerer fiel als ihm lieb war, dem örtlichen Sklavenhändler. Schon bald darauf wurde Nike auf dem Marktplatz zum Verkauf angeboten und Artas kam nicht herum, dem beizuwohnen. Aus irgendeinem Grund hatte er all sein Geld in einen kleinen Beutel gesteckt und führte dies nun an seiner Hüfte mit sich. Er beobachtete das Geschehen aus einiger Entfernung.

    Auch Artas hatte sich auf dem Sklavenmarkt eingefunden und beobachtete das Geschehen. Er lächelte, als der hörte, was die Leute über Nike sagten. Doch er wusste, das er zu beginn ebenso gedacht hatte. Artas lehnte sich an eine Wand, verschränkte die Arme vorsichtig vor der Brust, denn seine Verletzung schmerzte immer noch ab und zu, auch wenn er das aus dienstlichen Gründen nicht zu zeigen bereit war, und wartete erst einmal ab, was weiter geschehen würde. Bin ja mal gespannt, ob überhaupt jemand für sie bietet.

    Artas setzte sich wieder und nippte an seinem Weinbecher.


    "Nein.. das wird er vermutlich nicht." Artas dachte eine Weile nach. "Was auch immer die kommenden Tage bringen werden, sie werden für mich den Aufbruch in ein neues Kapitel sein. Lange kann mich Hispanien nicht mehr halten."


    Er sah Nike eindringlich an. "Vielleicht kreuzen sich unsere Wege irgendwann noch einmal."

    Artas grinste vor sich hin. "Das Leben ist lang. Der beste Reiter meines Volkes bin ich sicherlich nicht, aber reiten kann ich dennoch. Und was mir fehlt, das lerne ich schnell. Sollten die Ala mich nicht wollen, so kann ich immer noch weiter ziehen nach Rom."


    Artas stand auf und ging zwei Schritte auf und ab.


    "Ich kann mir kein Pferd leisten, das ist wahr. Und eine Reise in einer Karawane für zwei kann ich nicht bezahlen. Nicht mal für einen. Aber ich habe Füße, die mich tragen können und ich habe gelernt zu Jagen."


    Artas lachte plötzlich.


    "Der Weg ist weit, aber er wäre es wert."


    Artas sah Nike eine Weile nachdenklich an. "Du gehörst dem Staat, das ist richtig. Doch weiß jemand von dir? Niemand wird sich die Mühe machen, einer blinde Sklavin nach zu jagen. Ich könnte sagen, du gehörst mir...."

    So langsam dämmerte Artas, worauf Nike hinaus wollte. Er lachte.


    "Das gute Reiten kann ich auf dem langen Weg nach Germanien sicher lernen. Doch... wo sollten wir ein Pferd hernehmen?"


    Wollte sie ihm wirklich vorschlagen, das sie gemeinsam nach Germanien ritten? Dabei.. die Idee war nicht mal schlecht. Er würde sich über Gesellschaft freuen, doch eine Blinde Sklavin war wohl sicher nicht die einfachste Begleitung. Und Nike schon gar nicht.