"Ich bin erwachsen geworden, avus ! Ich erinnere mich dunkel an Dich. Doch Du warst weit weg, und wir in Misenum."
Ich trat einen Schritt auf ihn zu.
"Nun bin ich fortgezogen aus der Heimat, nach Rom, wo ein junger Römer seine Zukunft sucht."
"Ich bin erwachsen geworden, avus ! Ich erinnere mich dunkel an Dich. Doch Du warst weit weg, und wir in Misenum."
Ich trat einen Schritt auf ihn zu.
"Nun bin ich fortgezogen aus der Heimat, nach Rom, wo ein junger Römer seine Zukunft sucht."
"Weder noch, fürchte ich."
Ich sah den Schreiber an.
Die Porta öffnete sich erneut und diesmal war es nicht Schraubzieris, der den Raum betrat, sondern ein junger Mann mit einem kräftigen Bart, der aber dennoch sauber gestutzt war. Ob es die neuste Mode war, ließ sich nur schwer beantworten, da die Mode in Rom schneller wechselte, als ein Römer seine Tunika und meine Wenigkeit auch kein sehr modischer Mensch war.
Die Toga mit dem Purpursaum warf ihre Falten, der Schritt war feste und ich trat auf den älteren Mann zu, den ich im ersten Augenblick gar nicht erkannte, wobei ich aber sicher sein mußte, daß dieser der Senator Prudentius Commodus sein mußte, schließlich hatte mich der Sklavenjunge hierhegeführt.
"Salve pater patris ! Erinnerst Du Dich an mich ?"
Ich strahlte.
"Dann bin ich ja tatsächlich richtig hier. Bitte, sollte er im Haus sein, so richtet ihm doch bitte aus, daß sein Enkel Caius Ferrius Minor eingetroffen ist."
Ich schaute ebenso prüfend zurück. Der Senator hat scheinbar einen Sinn fürs Exotische.
"Ist dies die Villa des Senators Prudentius Commodus ?" fragte ich direkt. Ich wollte mich ja vergewissern, daß ich auch richtig war.
Ich trat vor den altehrwürdigen Princeps Factionis, ein Mann, der eine Aura ausstrahlte, mit der er einen ganzen Saal füllen konnte. Gravitätisch, ja irgendwie erhaben saß er auf seinem "Thron". Die Weisheit des Alters sprach aus ihm und seine ausgeprägten Geheimratsecken ließen ihn umso würdevoller erscheinen.
Ich grüßte ihn respektvoll.
"Salve, Princeps Factionis Veneta. Hab Dank, daß Du gewillt bist, mich zu empfangen. Mein Name ist Caius Ferrius Minor, und ich erbitte Mitgliedschaft in der glorreichen Factio Veneta, denn auch ich bin ein glühender Bewunderer dieser Farbe.
Mein Großvater fand einst, als er unsere Familie nach Rom brachte, eine Heimstatt und Zuflucht in der Factio Veneta. Ihm zu gedenken will ich diesem nacheifern und mich mit ganzen Herzen und voller Kraft für das Wohl dieser Factio einbringen."
Nun führte mich mein Weg also hierhin, die Academia Militaris war ein beeindruckender Bau, der die militärische Dominanz Roms in der Welt auszudrücken vermochte.
Obwohl ich kein glühender Militäranhänger war, hielt ich es für meine Pflicht, den mir vorgesehen Weg einzuschlagen und nachdem ich mich durch einige Officien durchgefragt hatte, fand ich schließlich das gesuchte.
Als ich an der Reihe war, sprach ich "Salve, mein Name ist Caius Ferrius Minor. Ich möchte mich für das Examen Primum anmelden."
"Caius Ferrius Minor, Sohn des Aulus Ferrius Theodores, Enkel des Caius Ferrius Magnus." gab ich zur Antwort und folgte dem Sklaven ins Haus hinein.
Meine erste Ankunft in Rom war mit allerlei Pflichten verbunden und so konnte ich es auch nicht vermeiden die hier lebende Verwandtschaft zu besuchen.
Die Villen von Senatoren waren in aller Regel bekannt und ich wunderte mich, daß es noch keinen Stadtplan von Rom gab, in dem die Häuser aller berühmten Persönlichkeiten der Urbs eingezeichnet waren. Das wäre gewiss eine findige Geschäftsidee.
Die prudentische Casa fand ich direkt unterhalb des Capitols und ich trat heran und klopfte.
Die Tür wurde geöffnet. Der Ianitor schaute mich skeptisch an.
"Ich hoffte, daß ich hier richtig sei. Ich ersuche um Mitgliedschaft in der Factio Veneta und hoffe, Du mögest mich zu einem Verantwortlichen weisen, der sich meine Bitte annehme."
Die Pforte wurde rasch geöffnet und ein glatt rasiertes Jüngelchen streckte seinen Kopf durch den Spalt der geöffneten Tür. Ich sammelte meinen Mut zusammen und trug mein Begehren vor.
"Entschuldigt, ich komme von weit her. Mein Name ist Caius Ferrius Minor. Ich komme auf Geheiß meines Vaters, Aulus Ferrius Theodores."
und etwas eingeschüchtert fügte ich noch kurz an "Ist der Senator zu sprechen ?"
Zwischen Circus Maximus und Forum Boarium, dem Vieh- und Rindermarkt der Stadt lagen die Häuser großer Factiones, der sogenannten Rennställe, die ihre Gespanne in den Rennen im Circus Maximus antreten ließen und deren Fahrer wahre Berühmtheiten waren und hoch im Kurs standen.
Von Misenum aus hatte ich von ihnen gehört, Lupus, Dominator Spectatorum, Dareios und auch der alte Haudegen Diokles, ein Grieche, sie alle genossen meine Bewunderung, doch mehr als alle anderen waren es die Fahrer der Blauen, dem Rennstall unseres geliebten Imperators, die mich faszinierten.
Ich hoffte, daß man für mich Verwendung finden würde, als ich an diesem Tag das Domus der Factio Veneta aufsuchte und nach einigem Suchen schließlich den richtigen Eingang fand und folglich gegen die Türe klopfte.
Da war es, die Villa, sie demonstrierte, daß ihr Bewohner ein einflussreicher und mächtiger, vorallem aber ein vermögender Herr sein mußte, ein Senator eben, wie sie Rom bevölkern.
Zaghaft, ein wenig unsicher, näherte ich mich der mächtigen Eingangspforte. War es nicht ein wenig forsch, so heranzutreten ? Würde der Senator mich auch empfangen ? Würde ich ihn sprechen können ? Tausend Fragen schossen durch meinen Kopf, als ich vor der Türe stand.
Ich merkte, daß ich nicht der einzige war, der an diesem Morgen, sich den Weg hinauf zum Senator gemacht hatte. Vor der Casa standen auch schon zahlreiche andere Menschen unterschiedlicher Coleur, Klienten, ohne Frage.
Rechts von der Tür baumelte eine meterlange Kordel, die mit einer Glockenkonstruktion die Bewohner des Hauses auf neuen Besuch aufmerksam machten. Vorsichtig zog ich daran und vernahm von innen ein dumpfes Läuten.
Ich wartete.
Erbitte untertänigst um ein Konto.
Die Ankunft in Rom verlief problemlos. Auf den vollen Straßen, an denen am Tag an weiterkommen nicht zu denken war und auf denen in der Nacht die Fuhrwerke mit ihrem unmenschlichen Lärm manch braven Bürger aus dem Schlaf rissen, hatte ich mich durchgeschlängelt bis ich sie erreichte, meine provisorische Heimstatt.
Hier sollte ich leben und wohnen in der nächsten Zeit. Rom hatte einen tiefen Eindruck in mir gelassen, schon in diesen ersten Tagen. Ich kannte nur die ländliche Idylle Misenums und das türkisblaue Wasser des Golf von Neapel. Dabei war Misenum auch keine kleine Stadt und mit dem Militärhafen in der Bucht, dem Hauptstützpunkt der römischen Flotte, nahm es astronomische Ausmaße an.
Ich reiste über Wasser als ziviler Passagier in Begleitung eines Transportschiffes der römischen Flotte. Ich war oft auf dem Stützpunkt gewesen in früher Jugend, und doch hielt ich mich mehr in den Gängen und Fluren der Administration auf, als an den Kaimauern und Docks persönlich.
Nun im 26. Jahr meines Lebens, nachdem ich vieles gelernt und die Tätigkeiten im Umfeld von Misenum mich ermüdeten, ergriff mich der Drang aufzubrechen und die Wahl meines Reizes fiel auf Rom, jene verheißungsvolle Stadt des Universums, wo die Kaiser regieren und der Pöbel waltet.
Am nächsten Morgen in der früh, ich wollte rechtzeitig da sein, stand ich auf und verließ mein kleines Kämmerlein. Ich hatte einen Besuch abzustatten und dank der präzisen Wegbeschreibung meines Vaters Haussklaven würde es mir nicht schwer fallen, die richtige Casa ausfindig zu machen.
Vater: Aulus Ferrius Theodores
Mutter: Ferria Leontia
Danke Magnus, werde ich hoffentlich haben.
Was mich jedoch gleich zu der Frage bringt, welche ruhmreichen und glanzvollen Taten du vollbrachtest, daß man Dir den ehrenvollen Beinamen "Magnus" verlieh ?
Wann darf ich denn loslegen ?
Ich erbitte Zutritt ins Reich und um Erlangung der römischen Staatsbürgerschaft.
Man sagt mir eine optische Ähnlichkeit mit meinem Großvater nach, dabei ist es nicht mal mein leiblicher Großvater.
Als Wohnsitz wähle ich selbstverständlich Rom, immer bereit dem Kaiser zu dienen.