Beiträge von Sergia Plotina

    Erfreut sah Plotina zu, wie Theodoros mit Appetit zu dem von ihr mitgebrachten Kuchen griff und aß. Wer die Sergierin in diesem Moment im Profil hätte sehen können, dem wäre aufgefallen, dass sie auf ihrem Stuhl vor dem Schreibtisch des Curator libris leicht vorgebeugt saß. Ihr ganzer Körper drückte eine Spannung aus, der man bei einem Blick in ihr lachendes Gesicht nur das Attribut "freudig" geben konnte. Ihre Hände hatte sie in ihrem Schoß und rieb sie vor Vergnügen.


    Denn der schwarzhaarige Mann vor ihr verzehrte ihren Kuchen mit echtem, ungekünsteltem Behagen. Auch deshalb war sie anfangs so nervös gewesen, als sie ihm den Kuchen überreichte: Sie hielt den Alexandriner für unfähig zu jedweder Verstellung, so dass sie bei Nicht-Gefallen des Kuchens auch mit einer deutlichen Abfuhr gerechnet hatte. Da nun genau das Gegenteil eingetreten war, mischte sich in ihre Freude auch Erleichterung.


    Zu diesen beiden Zutaten zum Gefühlsmix der Sergia Plotina trat eine dritte Komponente, die die junge Frau allerdings nicht recht einordnen konnte. Diese dritte Komponente war ebenso angenehm wie die Erleichterung und die Freude; doch sie war mehr. Plotina verspürte sie umso stärker, je intensiver sie in das Gesicht ihres Gegenübers blickte. Je angeregter sie den wippenden Bewegungen folgte, die die Nase Theodors bei jedem neuen Zubeißen machte. Je genauer sie versuchte, die Muskeln des Kiefers auszumachen in seinem markanten Gesicht unter dem schwarzen, glänzenden Bart. Je aufmerksamer sie in seine grauen Augen blickte.


    Ach, sie wollte nicht wissen, was das für ein neues Gefühl war, wollte sich diese Frage jetzt nicht stellen. Stattdessen lachte sie wieder auf bei seiner Frage nach dem Rezept und Aigyptos.


    "Ich danke dir für dein Lob, Theodoros! Ich habe ja so gehofft, dass dir dieser Kuchen schmecken wird! Und deswegen habe ich natürlich nach einem Rezept gebacken, dass ich noch von unserer Hausverwalterin in Sais kannte."


    Indem sie dies sagte, überfielen etliche Kindheitserinnerungen die junge Sergierin.


    "Als ich klein war, hat sie oft mit mir zusammen gebacken. Ihr kleiner Junge war dann auch oft bei uns im Haus in der Küche dabei, und der wollte dann natürlich immer vom Teig naschen. Na, du weißt ja. Seine Mama hat ihm dann immer auf die Finger gehauen, aber wenn sie weggeguckt hat, habe ich dem Kleinen doch immer wieder einen Löffel mit Teig dran gegeben. Der war noch viel jünger als ich, musst du wissen. Manchmal habe ich seine Mutter auch abgelenkt und ihr ganz aufgeregt gesagt, ich hätte draußen vor dem Fenster etwas gehört, sie solle mal nachsehen. - Und das alles nur, um dem Kleinen Teig zu geben. Stell dir das mal vor!"


    Plotina lachte hell auf - und erschrak. Nun fing sie doch tatsächlich an, diesen Wissenschaftler mit ihren Kindheitserinnerungen zu langweilen. Sie senkte ihren Blick, konnte aber auch das nicht lange aushalten und begann daher, ihre Augen langsam wieder zu heben. Dabei glitt ihr Blick über das Bäuchlein des Theodoros, das dieser ja gerade mit Behagen füllte. Sie konnte gar nicht wegschauen; es kam ihr ein Gedanke, alle Kontrollmechanismen versagten, sie sah Theodoros an und sprach:


    "Na, du hast als Kind bestimmt auch ganz gerne genascht, was?"


    Dabei schaute sie lächelnd in seine Augen, und das mit einem Blick, der sicher in keinster Weise demjenigen glich, mit dem sie in ihrer Kindheit den kleinen Sohn der Hausverwalterin gefüttert hatte. Denn Plotina war kein Kind mehr.

    Je nun, das kommt bei wichtigen Persönlichkeiten eben schon einmal vor. :]



    :D



    /edit: Den ganzen Werbemüll lösch ich aber ungelesen. O tempora, o mores. 8)

    Plotina hatte sich gerade darauf eingerichtet, von Stella nun sehr viel Interessantes über Roma zu erfahren, Dinge, die eben doch nur die Einheimischen wussten, und das aus dem Munde dieser überaus gebildeten jungen Frau. Gespannt hatte die Sergierin sie angesehen - und war doch sehr überrascht, als Stella nun nicht etwa zu erzählen anfing, sondern sich erhob und sich von Plotina verabschiedete. Mit traurigen Augen erwiderte Plotina das Lächeln der Frau.


    "O, das ist schade, dass du schon gehen musst. Aber ich verstehe natürlich, deine Arbeit ist wichtig und nimmt dich sicher sehr in Anspruch."


    Nachdem sie einmal tief Luft geholt und die erste Überraschung verwunden hatte, fügte sie hinzu:


    "Umso dankbarer bin ich dir, dass du die kostbare Zeit deiner Arbeitspause mit mir geteilt hast. Und deinen Rat will ich natürlich beherzigen: mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen."


    Bislang hatte Plotina gedacht, dass sie das schon immer so machen würde - warum fielen ihr dann allerdings bloß zunächst Circusspiele ins Auge? Hatte sie etwa einen Massen-Geschmack? Leicht verwirrt sprach die Sergierin weiter.


    "Ich danke dir auch für dein Kompliment, ich sei eine gescheite Frau. Auch wenn ich das heute im Gespräch mit dir nicht unter Beweis stellen konnte, erlaube ich mir doch das Urteil, dass ich in dir eine äußerst aufgeweckte junge Frau kennen gelernt habe. Und natürlich würde ich mich jederzeit sehr freuen, wenn du den Weg in unsere Casa finden würdest! Ansonsten sehen wir uns bestimmt noch einmal in der Schola wieder."


    Plotina nahm die Hand, die Stella ihr zum Abschied hinhielt.


    "Vale, Furia Stella! Mögen die Götter dich behüten!"

    Während Plotina voran ins Haus marschierte, hörte sie Curio abwehrende Worte sagen. Er war mal wieder viel zu bescheiden!


    "Nun Curio, als einen Gott verehre ich dich tatsächlich noch nicht, nicht ganz! Aber die Ankunft eines Cupidos vor unserer Casa hätte mir nicht viel mehr Freude bereiten können als die deine am heutigen Tage! Also: Feiern!"


    Sie drehte sich zu Curio um und lachte ihn an.


    "Ja, und Lupus musste ich natürlich versprechen, ihn sofort rufen zu lassen, wenn es Neues von dir gibt! Ein Glück, dass wir uns jetzt noch hier getroffen haben, ich war ja schon wieder auf dem Sprung. Ich bin viel unterwegs, weißt du, für die Acta und für mich. Und die Bezahlung? Nun, ich bin zufrieden, und das ist ja auch nicht der einzige Grund, warum man dort arbeitet."


    Nun stoppte Plotina endlich ihren Redeschwall, denn sie überlegte, ob sie sofort ins Triclinium gehen sollten oder ob ...


    "Curio, vielleicht willst du erst eine Zeit für dich allein sein? Ich lasse dich dann rufen, wenn Lupus hier eintrifft."

    Alles - die Worte, der Tonfall und die Blicke der Furia Stella - verrieten ihr Unverständnis über Plotinas mangelnde Kenntnisse. Der Sergierin entging dies natürlich nicht; sie errötete, senkte den Blick und fühlte sich wie bei einer Prüfung, die sie nicht bestehen würde - und zwar zu Recht nicht bestehen würde. Sie fragte sich selbst, wie es möglich war, dass sie noch immer sowenig über Rom wusste. Und auch ihrer Gesprächspartnerin wollte sie eine Antwort auf diese unausgesprochene Frage nicht schuldig bleiben.


    "Du hast natürlich ganz Recht, wenn man den Namen des Palatin hört, denkt man zuerst an Romulus. - Ach, ich merke wie belesen du bist und wie sehr zu Hause in der Welt der Bildung und des Wissens! Ich dagegen dachte natürlich gleich wieder an das ganz Praktische und Nächstliegende, daran, wie es wohl heutzutage auf dem Palatin ist. Und da muss ich zugeben, dass ich in den dortigen Wohnvierteln noch nicht war, sondern nur einige Male bei Circusspielen."


    Plotina hatte es, während sie gesprochen hatte, auch wieder riskiert, ihren Blick auf ihre kluge Gesprächspartnerin zu richten. Wie dumm kam sie sich neben dieser nun vor!


    "Es freut mich jedenfalls, dass du es mit deiner Wohnung so angenehm getroffen hast. So, wie du es beschreibst, muss es wunderschön dort sein! Und ich wünschte, ich könnte mich mehr meiner eigenen Bildung widmen und all das klassische Wissen mit dem Alltäglichen verbinden, wie es dir so gut gelingt. - Ich nehme an, du bist in Roma geboren?"

    Die Hochzeitsfeier von Corvus und Aelia ging noch eine geraume Zeit nach dem Brautzug in fröhlicher Stimmung weiter. Plotina drängte es dann aber auch irgendwann zum Aufbruch. Sie wünschte ihren Bekannten Lebewohl, sagte Lupus Bescheid, winkte den Sklaven (die sich offenbar tapfer gehalten und keinen schlechten Eindruck hinterlassen hatten) und begab sich zum Ausgang.


    Fast wäre sie dabei mit einem kleinen, dicklichen Zecher mit roter Nase zusammengestoßen, der gerade im Begriff war, wieder zum Tisch mit den Speisen zu wanken. Plotina war diese Kreatur schon den ganzen Abend auf die Nerven gegangen. :P Dass sich so etwas überhaupt Eingang in die Casa Germanica hatte verschaffen können, und dann zu einem solchen Anlass! Sicher war hier Bestechung der Sklaven im Spiel! :P


    Plotina war indigniert, und das vollends nach ihrem überaus anregenden Gespräch mit Artoria Medeia, das sie in Hinsicht auf Benimm und Stil wieder besonders empfindlich gemacht hatte. Schon vor dem Brautzug schien dieser Mann derartig viel "geladen" zu haben, dass er mit den kindlichen Gesichtszügen eines Betrunkenen auf einer Kline gelegen und diese dadurch für andere, würdigere Gäste blockiert hatte. Nur ab und an hatte er sich aufgerappelt und nach etwas Essbarem gelangt.


    Nun schien er jedoch wieder zu sich gefunden zu haben; er wankte also wieder zum Tisch mit den Speisen, doch vielleicht war sein selig-kindlicher Blick auf der Kline nicht nur dem Lavendel-Wein geschuldet, sondern auch einem Kuss der Musen. Denn auf einmal begann er - reichlich spät für den Brautzug zwar, doch nie zu spät für ein Lob der Gattin! - zu deklamieren:


    Corvus, der Stolz aller Männer, da schleicht er
    hinter der Aelia her. Damit gleicht er
    so vielen anderen tapferen Helden:
    Einmal beweibt, ham se nix mehr zu melden.

    Umsichtig leitete er Legionen,
    ohne die eigenen Kräfte zu schonen.
    Doch seit ihn Aelias Arme umschlangen,
    sank er zusammen und sitzt nun gefangen.

    Blickt man auf Aelia, kann man's verstehen,
    hat man nur Augen, die wirklich was sehen.
    Und hast du Ohren, die wirklich was hören,
    wird sie alsbald auch wohl dich noch betören.



    Ob dies noch ein Gast hörte außer der Sergia Plotina - wer weiß? Enthusiasmos und die Gunst der Musen waren eben doch oft eine einsame Angelegenheit ....

    Die Aufregung der Plotina schwand ein bisschen, als Theodoros ihr sogleich ein Glas Wein einschenkte und ihr dazu Wasser reichte; offenbar störte sie ihn nicht, und er wollte sie durchaus ein bisschen länger bei sich im Officium behalten. Selbstverständlich hätte sich die Sergierin jetzt sofort für seine zuvorkommende Behandlung bedanken und sich sogleich auf den Stuhl setzen müssen, den er ihr schon vor einer ganzen Weile angeboten hatte. Sie tat allerdings nichts von alledem, sondern blieb einfach stehen und beobachtete fasziniert die flinke Betriebsamkeit des kleines Mannes, der nun alles unternahm, um diesen Dankes-Besuch angenehm auszugestalten.


    Erst als Theodoros mit einem Messer ohne große Umstände den Kuchen anschnitt, nahm Plotina endlich Platz.


    "Du züchtest Bienen? Das ist wirklich sehr interessant! Ich will hoffen, dass die Sklaven den Honig für diesen Kuchen von dir bezogen haben - und ich bin gespannt, ob du selbst das rausschmecken kannst!"


    Dabei zeigte sich auf Plotinas Gesicht jetzt das breite Grinsen, das ihre Nase noch viel größer erscheinen ließ als sie ohnehin schon war und das die Sergierin deshalb bei diesem Besuch auf jeden Fall hatte vermeiden wollen. Sie wollte doch hier nur den besten Eindruck machen .... :D

    Hätte da irgendjemand Beliebiger so vor Plotina an seinem Schreibtisch gesessen - es wäre der sensiblen Sergierin nicht verborgen geblieben, wie verlegen er auf ihren Besuch reagierte. Auch so registrierte sie es unbewusst, schenkte dem aber keine größere Beachtung. Stattdessen stand sie strahlend vor ihm, konnte sich gar nicht satt sehen an ihm und sog seine Worte ein.


    So verging ein Moment, nachdem der letzte Satz des Theodoros verklungen war, bis Plotina selbst antwortete. Zu viele Gedanken gingen durch ihren Kopf, jetzt, da sie vor ihm stand. Da half es nichts, dass sie sich eben diese Szene in den vergangenen Tagen wieder und wieder ausgemalt hatte.


    "Chaire, Theodoros!"


    sagte sie in ihrer Verwirrung noch einmal, raffte sich dann aber wieder ein wenig zusammen.


    "Ich kann dir gar nicht genug Glück wünschen - und dir gar nicht genug danken für deine diskrete Hilfe nach dem peinlichen Zwischenfall in der Taberna "Ad Neptunis", für den ich in Kooperation mit diesem ... Flusskrebs ... gesorgt habe."


    Die Sergierin machte eine kleine Pause und sah an sich herunter, da sie in beiden Händen vor ihrem Bauch irgendetwas trug, das mit einem sauberen Leinentuch bedeckt war. Dann lächelte sie Theodoros wieder verschmitzt an:


    "Natürlich verschmähe ich deinen Wein nicht, ganz im Gegenteil! Aber um dir zu danken - und dir hoffentlich auch eine kleine Freude zu machen - bin ich, wie du siehst, selbst nicht mit leeren Händen gekommen. Ich habe für dich - also, ich selbst, nicht eine Sklavin - einen Honigkuchen gebacken; in der Taverna schien mir, dass du Süßes magst - wenn ich mich daran erinnere, mit wieviel Honig du deinen Wein versüßt hast."


    Bei dieser Erinnerung leuchteten die Augen der Plotina hell auf. Im gleichen Moment stellte sie vorsichtig das Tablett mit dem Kuchen auf den Schreibtisch des Theodoros, immer darauf bedacht, seine wichtigen Dokumente nicht etwa zu beschmutzen. Dann zog sie das Tuch von dem Kuchen, der nun seinen ganzen süßen Duft entfalten konnte.


    "Ich hoffe, ich trete dir damit nicht zu nahe ..."


    Erwartungsvoll, nun aber doch auch etwas ängstlich sah sie den Curator libris an.

    Zitat

    Original von Lucius Octavius Detritus
    @Plotina


    "Ich versuch auch hin und wieder zu entspannen, gönn mir zum Beispiel ein Bad oder einen Spaziergang."[/font] 8)


    Plotina, die nach ihrem unvorsichtigen neuerlichen Genuss des Weines geistig ein bisschen weggetreten gewesen war, fand erst wieder zur alten Form einige Zeit nachdem Octavius Detritus sie direkt angesprochen und ihr versichert hatte, dass er sich hin und wieder auch entspanne, zum Beispiel mit einem Bad oder einem Spaziergang.


    Während sie den Gedanken daran vertrieb, was er sich wohl sonst noch so zur Entspannung gönne, raffte sie sich wieder zusammen und versuchte die Empfangshalle der Casa Octavia mit ihrer Anwesenheit so weit es ihr möglich war zu schmücken.


    Gerne hörte sie, dass Detritus die Idee, selbst Kurse in der Schola Atheniensis abzuhalten, nicht grundsätzlich von sich wies.

    Die Erzählung von ihrem eigenen Zuhause hier in Rom hatte Plotina wieder einigermaßen beruhigt. Trotzdem war sie sehr dankbar, als Stella nochmal einmal leicht ihre Hand berührte, um sie zusätzlich zu beschwichtigen.


    "Ich danke dir, Stella! Dass du jetzt mich beruhigst statt umgekehrt, zeigt mir nur, was für eine starke Persönlichkeit du bist! Es wäre mir eine Ehre, dich in unserem Haus begrüßen zu können!"


    Plotinas Interesse an ihrer Gesprächspartnerin wuchs immer mehr. Als sie hörte, dass diese am Palatin wohne, musste sie ein bisschen lächeln.


    "Du musst wissen, dass ich mich hier in Rom auch noch gar nicht so gut auskenne, ich bin nämlich in Aegyptus aufgewachsen. Also, wenn ich "Palatin" höre, muss ich immer an die vielen Circus-Spiele hier in Rom denken. Du wohnst dann also ganz in der Nähe dieser ganzen Einrichtungen?"

    War es ihr altes Interesse an Medizin oder schlichte Neugierde, die Plotina dazu veranlasste, einen Schritt von Antipater zurückzutreten und ihn dabei zu beobachten, wie er, während er litt, selber zu überlegen schien, woran eigentlich?


    "Vielleicht sollten wir einen Arzt rufen!"


    rief sie dem Wirt zu.

    Plotina hatte geglaubt, mit ihren Worten - und mit Hilfe der Götter - Stella ein wenig beruhigt zu haben, und in der Tat machte es auch den Eindruck. Als Stella dann allerdings noch leise anfügte, ihre eigene Mutter sei einst im Feuer umgekommen, war es Plotina, die entsetzt aufstöhnte.


    In ihrer eigenen Erschütterung, sicher aber auch unwillkürlich ihre Gesprächspartnerin nachahmend, hielt sie sich eine Hand vor ihren Mund. Sie starrte Stella entsetzt an, dann sah sie betroffen zu Boden, um dann ihre Gesprächspartnerin wieder anzuschauen. Selbstverständlich respektierte sie deren Wunsch, das Thema zu wechseln.


    "Stella, ich ... Es fällt mir nicht leicht, jetzt so einfach über unser Haus zu sprechen. Aber wenn es dein Wunsch ist, sage ich dir natürlich gerne, dass ich in der Casa Sergia, also dem Haus unserer Familie, hier in Rom lebe. Es liegt in der Via Nomentana."


    Mitten in ihren Ausführungen musste Plotina schlucken. Sie war selbst immer noch sehr mitgenommen von dem, was Stella gesagt hatte, und rang um Fassung. Still schickte sie ein Gebet zu den Göttern. Danach ging es ihr ein wenig besser.


    "Leider bin ich dort häufig allein, denn mein nächster Verwandter ist der schon erwähnte Sergius Lupus von den CU, und der schläft natürlich in der Castra. Und Sergius Curio ist oft längere Zeit außer Haus unterwegs."


    Allmählich erhellte sich die Miene Plotinas wieder.


    "Komm mich doch einmal besuchen! Wobei ich dir gleich sagen muss, dass die Casa Sergia nicht gerade eine Bibliothek ist. - Wo wohnst du, wenn ich fragen darf?"

    "Tja, wenn ich das wüsste, lieber Lupus, dann wäre ich schon ein ganzes Stück weiter."


    Plotina sah versonnen vor sich hin, raffte sich dann aber auf und nahm noch einen Schluck Bier.


    "Es gibt schon so viele Betriebe, und ich habe den Eindruck, dass es sehr schwer ist, damit was zu verdienen."

    Mit vor Anspannung zusammengekniffenen Augen lauschte Mereb der Antwort des Wachhabenden. An der Stelle, die er für die entscheidende hielt, jauchzte er auf:


    "Aaaah! Ihr sagen Lupus alles? Das freut Plotina! - Aber Plotina Sklavin? Nein. Plotina ist von Lupus" -


    ja, was war sie nur?


    "auch Verwandte! Serrrgia! Grrroße Familie! Wünsche ich Euch auch: Grrroße Familie, viele Kinder! Möge Isis Euch schenken Glück!"


    Mit solchen und ähnlichen Dankesworten feierte Mereb beim Fortgehen den tapferen Wachsoldaten und sich selbst, hatte er doch diesen ersten Auftrag seiner "Plotina" so herrrvorrrragend errrledigt. :D

    Der arme Mereb hatte längst nicht alles von der wohldurchdachten Antwort des Wachsoldaten verstanden, ging aber trotzdem sicherheitshalber einen Schritt zurück. Soldaten machten ihm Angst. Mit Schweißperlen auf der Stirn arbeitete sein Gehirn einen weiteren Versuch aus zu sagen, was er zu sagen hatte.


    "Casparrrius Lupus selbst wollten, dass Plotina ihm sagt: Wenn Herr Caius Serrrgius Curio, lieber Verwandter, endlich ist wieder in Casa Serrrgia zurrrükk."


    Dabei vergaß er vor lauter Aufregung, dass die erwähnte "Plotina" sicherlich nicht stadtbekannt war. Dann trat Mereb doch wieder einen Schritt näher an den Wachhabenden und sagte noch lächelnd:


    "Curio war laaange weg, jetzt wieder hier. Jetzt freuen sich alle! Serrrgius Lupus muss es wissen, will es wissen."

    Von der Vorstellung lohend brennender Schriftrollen und Bibliotheken, die ihr da auf einmal in den Sinn gekommen war, war auch Plotina ganz entsetzt. Ihr Erschrecken war aber nichts gegen die Erschütterung, die sie mit ihrer Äußerung bei Stella hervorgerufen hatte. Diese war offenbar ganz außer sich. Mit so einer Reaktion hatte Plotina nicht gerechnet! Beschwichtigend hob sie ihre Hände:


    "O nein, Stella, soweit werden es die Götter sicher nicht kommen lassen! Ich merke, wie sehr du deine Bücher liebst. Es war taktlos von mir, diesen Gedanken zu äußern. Ich wollte dir keinen Schrecken damit einjagen; der Gedanke kam mir einfach, ich war selbst erschrocken, und schon lag er mir auf den Lippen. Verzeih' mir, ich hätte besser nachdenken sollen!"


    Plotina machte sich selber schwere Vorwürfe wegen ihrer Unachtsamkeit. Es war ihr aber auch nicht entgangen, wie fromm ihre Gesprächspartnerin zu sein schien.


    "Du hast ganz Recht, Stella, wenn du in einer solchen Situation zu den Göttern betest. Ich finde es sehr sympathisch, dass du so großes Vertrauen in sie setzt. Manchmal habe ich nämlich den Eindruck, dass die Religion in Rom ein weing vernachlässigt wird."


    Sie sah ihre Gesprächspartnerin aufmerksam an.

    Zitat

    Original von Titus Sergius Lupus
    Nun, gerade weil ich Capsarius geworden bin werde ich Roma nicht verlassen, wäre das die Art sich bei der Cohortes Urbanae indem ich ihr den Rücken kehre? Warum glaubst du wohl hab ich dir Germanicus Octavianus vorgestellt habe?


    das er bei der Vorstellung vielleicht an mehr Gedacht hatte als es Plotina in den Sinngekommen war, oder ob sie nicht auf etwas falsches gekommen war wusste er nicht ....


    Plotina, die nun selber wirklich lange genug geredet hatte, lauschte aufmerksam der Antwort des Lupus. Seine Worte waren natürlich nicht das, was sie erhofft hatte, doch konnte sie ihm ihren Respekt für seine klare Haltung nicht versagen.


    "Mir imponiert deine Treue zu den Cohortes Urbanae sehr, Lupus! Man kann sich dort wirklich glücklich schätzen, einen so zuverlässigen Mitarbeiter wie dich zu haben!"


    Umso bedenklicher fand sie seine Bemerkung über Germanicus Octavianus. Was sollte das nur bedeuten? Falls Lupus damit irgendwelche intimeren Absichten verbunden hatte, würde sie das sicherlich nicht hier diskutieren - und am liebsten gar nicht. Aber da waren Lupus und Plotina eben verschiedener Meinung.


    Mit einem gewissen Seufzen wandte sich Plotina nun wieder Artoria Medeia zu, deren Anblick ihr Gesicht sofort wieder erhellte und die Sorgenfalte glättete, die sich an Plotinas Nasenwurzel gebildet hatte, als sie über die Pläne ihres Cousins rätselte. Ihre Grübeleien wurden vollends zerstreut, als sie ihre gesamte Konzentration dazu aufwenden musste, der Vielzahl an gelehrten Anspielungen und begeisterten Assoziationen zu folgen, die ihre Gesprächspartnerin in der Lage war zu nennen. Plotina war überwältigt!


    "Medeia, ich sehe in dir eine echte Kennerin der asiatischen Kulte vor mir! Nein, nein, du brauchst es nicht abstreiten, du bist da viel zu bescheiden! Mein griechischer Paedagogos hat mich vor diesen Kulten immer sehr gewarnt, und ich muss sagen, dass ich ihnen bis vor kurzem auch nicht viel abgewinnen konnte. Viel habe ich davon auch nicht mitbekommen, höchstens etwas vom Kult der Isis - aber da natürlich auch nur vom Hörensagen. Wenn ich jetzt aber deine Begeisterung für diese Dinge spüre, frage ich mich doch, ob ich meine Vorurteile nicht revidieren sollte ..."


    Sinnend sah Plotina vor sich hin und erinnerte sich an ihre kurze Begegnung mit dem Priester der Ishtar hier in Rom. Dann sah sie wieder ihre Gesprächspartnerin an.


    "Wenn dein Interesse an diesen Dingen so groß ist, steht dir in Alexandria und in Ägypten natürlich eine ganze Welt offen! Und die Philosophenschulen werden durch deine Beteiligung rege Impulse erhoffen können, da bin ich mir sicher! Wobei es in unseren Tagen ja auch so manchen gebildeten und edlen Wanderphilosophen in die ewige Stadt zieht." ;)


    Besonders interessant fand Plotina die Tatsache, dass offenbar auch Medeias Mann Plautius ein offenes Ohr für all diese Gegenstände einschließlich der orientalischen Kulte hatte. So jedenfalls hatte Plotina eine kurze Bemerkung Medeias an Plautius gedeutet. Es schien also etwas dran zu sein an den Gerüchten, dass sich diese Kulte im Heer immer weiter ausbreiteten. Überhaupt verhielt er sich wie ein wahrer Philosoph und schwieg fast die ganze Zeit über und machte dabei einen äußerst würdevollen, aber auch ernsten Eindruck.


    Aus den neuerlichen Grübeleien, in die Plotina wieder zu verfallen drohte und in die sich nach soviel "Ägypten" nun allmählich doch wieder so etwas wie Heimweh mischte, wurde Plotina jäh gerissen durch die Bemerkung der Medeia, dass ihr Leib und ihr Leben schon einmal bedroht gewesen seien. Was war passiert? Hatte man sie verletzt? Plotina wusste ja von nichts. Entsetzt sah sie Medeia an, und sie spürte, wie ein kalter Schauer ihre Glieder durchfuhr. Sie wagte allerdings nicht, ihre Gesprächspartnerin darauf anzusprechen, schließlich kannten sie sich nicht lange - und möglicherweise war es Medeia ja auch nicht recht, auf ein solches Thema angesprochen zu werden. Immerhin hinterließen solche Erlebnisse nicht nur körperliche Wunden.


    Der Schauer, der Plotinas Glieder erbeben ließ, wurde verstärkt, als Medeia sie kurz darauf lächelnd mit ihren geheimnisvollen grünen Augen fixierte. Plotina wäre diesem seltsamen Blick am liebsten ausgewichen, konnte ihre Augen jedoch nicht von denen Medeias lösen. Heilfroh war sie, als Medeia selbst den Bann brach und herzlich lachte - wobei in Plotinas Kopf kurz der Gedanke aufleuchtete, warum eine Frau mit einem so wunderbaren und von Herzen kommenden Lachen dieses so selten zeigte, ja, es im Gegenteil zu verstecken schien, zu hüten wie einen Schatz; nun, ein Schatz war es ja auch.


    Dieser Gedanke der Sergia Plotina wurde jedoch alsbald ausgelöscht, als sie gewahr wurde, dass Medeia sie nun doch wieder auf dieses Training von Männern und Frauen in Alexandria ansprechen wollte. Und dabei hatte Plotina so gehofft, Medeia hätte dieses Thema schon vergessen vor lauter orientalischen Kulten! Jetzt blickte auch noch Plautius erwartungsvoll auf sie. Plotina errötete und sah Hilfe suchend um sich. In diesem Moment aber standen die meisten Gäste auf, denn der Brautzug setzte sich in Bewegung. Aus diesem Grund bestand auch Medeia nicht mehr auf ihrer Frage, sondern schlug selber vor, sich dem Zug anzuschließen. Ihr Mann nickte, und Plotina erhob sich jetzt.


    "Ja, das dürfen wir uns wohl nicht entgehen lassen!"


    Einerseits war sie froh, auf diese Weise eine Antwort auf die ominöse Frage schuldig bleiben zu können. Andererseits wusste sie, dass dies nun das unweigerliche Ende ihres außergewöhnlichen Gesprächs sein würde. Bevor sie den Zug erreicht hatten, sagte Plotina daher noch zu dem Ehepaar gewandt:


    "Ich möchte mich bei dir, Plautius, und natürlich bei dir, Medeia, für den überaus angenehmen Tag bedanken! Dieses Gespräch wird mir lange in Erinnerung bleiben! Für euch beiden wünsche ich das Beste: Für dich, Plautius, den Segen und das Heil der Götter! Ich werde für dich beten. Für dich, Medeia, eine gute Reise und Ankunft in Alexandria! Übrigens werde ich wohl in naher Zukunft auch dorthin reisen."


    Der Brautzug hatte sich schon in Bewegung gesetzt.

    Mit schnellen Schritten, ja, fast gleich einer Antilope schwebte Mereb von der Casa Sergia aus zur Castra. Er war eine neue Erwerbung der Sergia Plotina, die ihn aus nostalgischen Gründen gekauft hatte - schließlich kam er aus Ägypten - und damals wohl auch glaubte, mit dem jungen, kräftigen Mann ein Schnäppchen gemacht zu haben. Bis sie feststellen musste: Er sprach nicht gut Latein ...


    Nun hatte sie ihn also geschickt, um den Capsarius Titus Sergius Lupus von den neuesten Geschehnissen in der Casa Sergia schnellstmöglichst in Kenntnis zu setzen.


    Vor dem Wachhabenden stellte er sich in Positur, setzte ein hintergründiges Lächeln auf und sprach:


    "Salve, mein lieber, guter Mann! Kann kommen Casparrrius Titus Serrrgius Lupus? Ist Nachricht von Casa Serrrgia. Drrringend! Bitte!"

    Caius war anzusehen, dass er vom stürmischen Empfang durch Plotina nicht wenig überrascht war. Diese musste darüber schmunzeln, denn sie konnte Curio gut verstehen. Da kam er nun nach einiger Zeit - ihr war sie sehr lang vorgekommen! - von seinem Landgut wieder nach Rom, und an der Casa Sergia angelangt, wurde ihm mir nichts, dir nichts die Tür vor der Nase aufgerissen und er ohne Chance zu irgendwelcher Gegenwehr umarmt. Und außerdem kannte der Arme ja noch nicht das Temperament seiner Verwandten! Leider hatten sie sich ja bis jetzt nur sehr flüchtig kennengelernt.


    Dass sich das nun wohl ändern würde, erkannte Plotina freudig daran, dass es eine ganze Menge an Gepäck war, welches Curios Sklaven jetzt in sein cubiculum schafften. Er gedachte also offenbar, länger in Rom zu bleiben. Genau danach - und nach so vielem anderen - hätte Plotina ihn nun auch gerne gefragt, sie hielt sich aber zurück, weil sie sich vorstellen konnte, dass Caius nach seiner Reise nun sicherlich keine Lust auf ein sofortiges Verhör hatte; das überließ man besser dem miles Lupus. :) - A, richtig, Lupus!


    "Dass du wieder hier bist, müssen wir natürlich feiern! Ich lasse dir etwas zu essen zubereiten. Und ich werde Lupus rufen lassen. Er hat mir das Versprechen abgenommen, ihn sofort zu informieren, wenn du wieder kommst."


    Sie gab einem Sklaven ein entsprechendes Zeichen, und dieser machte sich auf den Weg.


    "Es ist sehr nett von dir, dass du nach mir fragst! Nun, das bedeutendste Ereignis, von dem ich dir berichten kann, ist wohl, dass ich jetzt für die Acta Diurna arbeite. - Die Zeitung des Imperiums, die kennst du doch wohl?"


    Plotina sah ihn durchdringend an. :D

    "Es ist wirklich lieb von dir, dass du mir Mut machst!"


    Plotina war wirklich froh, Lupus hier in Rom an ihrer Seite zu haben und um Rat fragen zu können, gerade auch in dieser Sache, die sie seit einiger Zeit sehr beschäftigte.


    "Vielleicht frage ich wegen des Betriebs auch mal Curio ..." ;)



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