Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Schöne Schultern... wirklich schöne Schultern, für eine Frau... den Blick auf diese ansehnliche, von wohltrainierter Muskulatur konturierte, im Mondschein nass glänzende Körperpartie gerichtet war ich nähergetreten. Und erschrak, wich instinktiv zurück, als auf einmal das Gewand noch weiter hinunterglitt, Isis auf mich zukam und mich mit ihrer unverhüllten Weiblichkeit konfrontierte. Bei Morpheus und Phantasos! Wenn das hier doch ein Traum sein sollte, dann war er aber für jemand anderen bestimmt, nicht für mich.
    Irritiert starrte ich auf diese... diese Ausbuchtungen des Fleisches, Makel auf dem ansonsten so wohldefinierten Torso, Weichheit, unschöner Bruch in den klaren Linien kraftvoller Ästhetik - die sich mir entgegenstreckten. Allein die Form, dieses Schwellende, dieses Spitze, das hat so etwas aggressives... Und ganz besonders in Kombination mit den attraktiven muskulösen Partien war es einfach... einfach...brr!!!
    Ich unterdrückte ein Schaudern, wandte schnell den Blick zu dem Gesicht der Frau, aber wie sie grinste und mich ansah, und die blitzenden Reisszähne, und diese laszive Aufforderung, ich fühlte mich wie die Maus vor der hungrigen Katze.


    Verdattert klappte ich den Mund wieder zu. Das war jetzt wirklich zu viel für mich. Ich bin zwar echt nicht prüde und wenn man in der Stadt in bestimmte Strassen einbiegt, bekommt man auch jede Menge blanke Brüste zu sehen, aber da konnte ich mich wenigstens vorher dagegen wappnen – hier jedoch traf dieser Anblick mich unvorbereitet, und in labiler Gemütsverfassung.
    Ich hörte mich lachen, ein peinlich berührtes, abwehrendes Lachen, und dann fiel mir auf, dass dieses Bild mich an eine Statue erinnerte, die ich mal irgendwo gesehn hatte, wo genau und von wem genau wusste ich im Moment nicht – es war jedenfalls eine einheimische Kopie eines griechischen Originals gewesen, namens 'Die verwundete Amazone'.
    ”Ich denke, äh... Nein, ich denke das ist nicht nötig.” Meine Hände flatterten auf, vollführten eine abwehrende Geste. ”So schlimm scheint's ja nicht zu sein. Zieh das bitte wieder an.”
    Ich räusperte mich, und steckte mein Gladius weg. Ein Blick in die Runde offenbahrte, dass meine beiden Gefolgsleute den Anblick offenbar weitaus mehr zu schätzen wussten.
    Wenn uns jetzt der Rest der Bande hätte überfallen wollen – der Moment wäre perfekt gewesen! Ach ja, der Rest der Bande.


    ”Wir gehen”, befahl ich unwirsch, mit einem Blick auf die unübersichtliche, und schaurige Umgebung. Ich bückte mich, hob den Dolch des Toten auf. Um die Leiche sollte sich der Libtinarius kümmern, morgen früh, und dann würde sie bald in der nächsten Grube landen. Die war ja gleich nebenan.
    ”Milites! Entzündet die Laternen.”
    Ich fasste an eine Ecke meines Sagum, und wrang das Schlammwasser heraus. Mir war kalt, ich wünschte mir trockene Sachen zum Anziehen und eine gefüllte Opiumpfeife zum Vergessen. Oder wenigstens eine grosse Amphore Wein. - Die arme Camilla fror offenbar noch viel mehr. Ich befahl dem Soldaten, der noch am trockensten aussah: “Miles, leih dem Mädchen Deine Paenula”, und nahm den Mantel von ihm entgegen.
    Auch wenns nicht meiner war, hier bot sich endlich, endlich die Gelegenheit zu einer beau geste. Galant legte ich Camilla den schweren Mantel um die Schultern – ein leichter Geruch nach Rauch entströmte der gewalkten Wolle – und versprach sanft: ”Wir bringen euch nach Hause.”
    Isis aber strafte ich mit Missachtung, für den Streich, den sie mir gespielt hatte. Und um den Toten machte ich einen grossen Bogen.
    ”Pergite!”
    Der Laternenschein schwankte, fiel auf brackige Pfützen, Wurzelgewirr, Büschel von Binsen. Die Schlammlöcher vermeidend, steuerte ich den Trupp in die Richtung, aus der wir gekommen waren, wieder auf das Stadttor zu.

    Zitat

    Original von Marcus Classicus


    In hohem Bogen segelte ich über die Schulter meines Widersachers. Oh nein! Kurz sah ich die Welt kopfüber, dann drehte sie sich rasant, und der Boden kam näher. Mist! Ich wand mich, bog mich, zappelte wie ein Fisch an der Angel und entglitt im allerletzten Moment – eine Schulter berührte schon den Boden - doch noch der Umklammerung dieser stählernen Arme. Das war knapp! Mich abrollend schnellte ich mich wieder hoch, auf die Beine. Um Atem zu schöpfen, hielt ich erst mal Abstand, umkreiste Classicus, starrte ihm in die Augen und versuchte seine nächste Attacke zu erahnen... Eines war klar, wenn der Mann mich einmal wirklich fest in seinen Pranken hielt, dann konnte ich diese Runde vergessen – also spielte ich auf Zeit, versuchte die Entscheidung herauszuzögern, und entzog mich immer wieder gerade noch rechtzeitig gewandt seinen Angriffen. Das war vielleicht nicht die allerspektakulärste Vorführung, aber ihn zu ermüden schien mir die beste Strategie... und ich hatte mich im Gegensatz zu ihm immerhin gerade ein wenig ausruhen und was trinken können.


    Wer aber wirklich arm dran war, das war dieser Zivilist, der Gallier, der ausgerechnet den tollwütigen Koloss erwischt hatte – ich erhaschte nur aus den Augenwinkeln einen kurzen Blick, aber das sah richtig übel aus, und wenn ich nicht vollauf mit meinem eigenen Gegner beschäftigt gewesen wäre, hätte ich ihm heftig die Daumen gedrückt.
    Trotzdem, einen kurzen Moment war ich doch abgelenkt, und schon waren die Arme des Classicus wieder mit meinen verschränkt. Schweiss lief mir über die Stirn, und meine Zähne knirschten, so fest presste ich die Kiefer zusammen in diesem verbissenen Zweikampf darum, wer zuerst zu Boden ging. Stück für Stück musste ich weichen, verlor immer mehr den festen Stand, aber dann versuchte ich es mit einem Trick – stemmte mich nochmal mit aller Kraft gegen Classicus, und gab ganz plötzlich nach, um seine gewaltige Kraft ins Leere laufen zu lassen, dazu duckte ich mich schnell und packte ihn um die Leibesmitte, versuchte so ihn rumzureissen und zu Fall zu bringen.

    Gespannt verfolgte ich die Speerwürfe. Es war schwer mich zu entscheiden 'für wen ich war', ich fieberte sowohl mit Redivivus, als auch mit meinem Cousin, als auch mit Licinus. Das Ergebnis war äusserst überraschend, ich hätte nicht gedacht, dass es unter den Seesoldaten so fähige Speerwerfer gab. Aber ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass die Würfe allesamt überragend gewesen waren, die der Prima-Soldaten sowieso, und die Leistung von Redivivus, den ich ausgebildet hatte, lag nur fünf Fuss hinter der des Siegers! Das freute mich sehr, auch weil es mir bestätigte, dass man selbst (beziehungsweise: ich selbst) kein Meister in der Praxis des Pilumwurfes sein musste um dessen Prinzipien erfolgreich zu vermitteln.
    Lautstark applaudierte ich allen Teilnehmern, als die Ergebnisse verkündet wurden, dann ging's zum Ringkampf. Ausgerechnet der Sieger von gerade eben war mein Gegner... Ich zwang mir eine lockere Miene auf und trat ihm federnden Schrittes entgegen, so als könnte ich es kaum erwarten, mich mit ihm zu messen. Aber dabei dachte ich: oh je, bei diesem Muskelpaket werde ich eine Menge - eine grosse Menge gute Technik - brauchen, um gegen ihn bestehen zu können. Wenn ich dieses Kreuz sah - wie ein Kleiderschrank! - diese kraftstrotzenden Arme - wie Bäume so stark! - dann wünschte ich mir, ich hätte im Vorfeld mehr trainiert. Der Kerl ruderte wahrscheinlich den ganzen Tag bei der Classis (wenn er nicht gerade Speere warf, oder mit Haifischen rang, oder mit bloßen Händen Wälder rodete).
    "Glückwunsch Miles, das waren fantastische Würfe."
    Mit einem trotzdem 'zuversichtlichen' Lächeln nahm ich ihm gegenüber Aufstellung und wartete auf das Startsignal. (Und hoffte heimlich, dass mein Gegner sich bei der letzten Disziplin so richtig verausgabt und seine Kräfte allesamt erschöpft hatte.)

    Diese Mischung war mir sehr recht, und ich trank zugleich mit Celeste, setzte das Glas allerdings erst deutlich später ab.
    "Ach, Hispania...", sagte ich wehmütig, "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist, seine Wurzeln nicht zu kennen. Meine Familie wurzelt nämlich sehr tief in der Gegend von Tarraco. Seit vielen Generationen, seit der Zeit von Scipio Africanus, haben Decimer dort das Land bebaut, Wein gekeltert, Weizen gesät, und Vieh gezüchtet. Und selbst wenn man, wie ich, und wie viele heutzutage, was ganz anderes macht - es bleibt doch eine Verbundenheit."
    Ja, ich hatte es genau vor Augen, wie all diese Ahnen über ihre Felder geschritten waren, zufrieden die dunkle Erde zwischen den Fingern zerbröckelt hatten - das ist gute Erde - und mit schwieligen, breiten, von der Arbeit gezeichneten Händen über die goldenen Weizenähren gestrichen hatten - das wird eine gute Ernte. Auch mir steckte das irgendwie noch im Blut... vielleicht war's ja diese Erdschwere gewesen, die meine Künstlerallüren damals daran gehindert hatten, sich in die Lüfte zu schwingen?
    Ich schnürte meine Caligae auf, streifte sie ab und zog die Füsse zu mir auf die Kline. Den Ellbogen auf die Lehne gestützt betrachtete ich forschend Celeste und gab meine Expertise ab:
    "Hm... ich finde auch, dass Du eher keltisch aussiehst. Germanen haben ja mehr so einen stechenden Blick und rötliches Haar."
    Nicht, dass ich mich mit Germanen so besonders auskennen würde. Mein Onkel Magnus hatte zwar eine Germanin (eine romanisierte, versteht sich) geheiratet, aber ich hatte sie bisher noch nie getroffen.
    "Kleine Keltin... hm ja, passt" wiederholte ich, angesteckt von diesem schalkhaften Grinsen, und neckte Celeste: "Ich hoffe nur, Du hast keine kleine Kopfsammlung zu Hause!"
    Was gab es besseres, um die Schwermut zu vertreiben, als in angenehmer Gesellschaft was trinken zu gehen?
    "Beflissen." Ich zog eine kleine Grimasse und spülte mir das Wort mit einem tiefen Schluck von der Zunge. Beflissen klang irgendwie so... bemüht. Noch ein Schluck. Ich schenkte nach.
    "Hispania ist wunderbar. Lichtdurchflutet, schroff und lieblich zugleich... Nichts gegen Italia, aber hier ist die Landschaft doch schon sehr domestiziert, sehr gezähmt. Tolle Strände gibt es auch, bei Tarraco. Und die Menschen dort sind, wie das Land, etwas hitziger als die Italier. Heissblütiger. Vielleicht nicht ganz so verfeinert, aber dafür unmittelbarer!" Ich grinste breit, und liess bei diesen Worten den iberischen Akzent durchschimmern: Heisssblütigerrr!
    Der Musiker hatte zu spielen begonnen, leise Töne, die geschmeidig durch den Raum flossen, ihn unaufdringlich erfüllten, so dass man sich getrost weiter unterhalten konnte, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich sah zu ihm hinüber, betrachtete das flinke Spiel seiner Finger auf den Saiten. Wovon hatten wir es vorhin noch gehabt? Ach ja, die Lesungen.
    "Ja, es wurden Geschichten vorgetragen, als ich mal bei einer Lesung war. In Versen. Und Oden. Magst Du Gedichte, Celeste?"

    Zitat

    Original von Paullus Terentius Staius


    "Gut..." Der Miles beendete die Durchsuchung und warf dem Kollegen mit dem Wachbuch ein lässiges "Sauber" hin. Während der 'Paulus Terentius Staius - zur Probatio' notierte erklärte der erste:
    "Ins Rekrutierungsbüro. Das ist in der Principa" - er wies mit der Hand entlang der breiten Lagerstrasse, die vom Tor aus schnurgerade ins Innere der Castra führte, auf das grosse Gebäude im Zentrum zu.
    "Probatus Cotyla zeigt dir den Weg", beschloss der Miles, und schreckte damit einen jungen, milchgesichtigen Rekruten auf, der bis dahin, verträumt auf seine Hasta gestützt, in die Betrachtung der Passanten vertieft gewesen war.
    "Viel Glück Terentius", wünschte der Wächter noch, dann führte der junge Cotyla den Anwärter Terentius Staius durch das Tor, die Via Praetoria entlang und in die Principa hinein, durch den imposanten Innenhof, um schliesslich vor einer festen Holztüre halt zu machen. Mit gedämpfter Stimme (denn er fürchtete sich vor dem Optio, der über dieses Officium herrschte), meinte der Rekrut:
    "Da ist es."





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    Rupus nickte beifällig zu Macros Ermahnungen und warf ihm die Grimasse zurück. Ganz schön überrascht hörte er den Namen, den der Fremde nannte - gehörte der zur Verwandtschaft des Centurios? In dem Fall sollte Rupus sich wohl besser nicht zu unbeliebt machen...
    Grummelnd gab er dem ungewöhnlichen Anwärter einen Wink einzutreten und führte ihn, ohne ihn noch eines Wortes zu würdigen in die Castra hinein, zur Principa und dort zum Officium Conducendi, wo es für den Decimer weitergehen würde.




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    Zitat

    Original von Paullus Terentius Staius


    "Salve", grüsste ein wettergegerbter Torwächter den den atemlosen Anwärter. "Du hast es ja eilig, Tiro. Man könnte meinen du bist auf der Flucht!"
    Er schmunzelte, und fuhr fort: "Bist Du unverheiratet, und bereit Dich für zwanzig Jahre Dienst zu verpflichten? - Dann mal die Arme ausstrecken, damit ich dich auf Waffen durchsuchen kann."
    Routiniert machte er sich an die Durchsuchung, die jeder Besucher der Castra über sich ergehen lassen musste.





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    Original von Lucius Decimus Marcellus


    "Da musst du dir ganz schnell 'n anderen Tonfall zulegen!", grollte Rupus.
    Jetzt lachte der auch noch. Erbost machte der Hüne noch einen Schritt nach vorne und versetzte diesem frechen Vagabunden einen kräftigen Stoss vor die Brust.
    "Sonst gibt's Prügel anstatt von ner Rekrutierung, verstanden? Haste das verstanden, ja?"




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    Dies war aber noch nicht der Höhepunkt der Inszenierung gewesen. Beifälliges Murmeln wurde laut, Glückwunschrufe, und es gab natürlich auch neidische Blicke, aber dann ballte sich die Aufmerksamkeit wiederum um den Optiostab zusammen, den ich in der Hand hielt. Es war der, den ich bis zu meiner Beförderung selbst benutzt hatte, und davor hatte er einem anderen Optio in der Prima gehört, der auch recht bald befördert worden war. Vielleicht brachte der Stab seinem Träger Glück in der Hinsicht? Er war jedenfalls noch in gutem Zustand, das dunkle Holz lag griffig in der Hand und die Kugel an der Spitze glänzte mit Redivivus' Rüstung um die Wette. Meine Vitis hatte ich neben mir in den Sand gesteckt, jetzt stiess ich ganz zeremoniell mit dem Optiostab auf den Boden, und hielt ihn dann genau lotrecht.
    "Miles Galeo Redivivus Tychicus! Vortreten!"
    Da gab es einige staunende Gesichter, schliesslich war er noch nicht so ewig lange dabei. Aber lange genug um sich zu bewähren!
    Feierlich verlas ich seine Urkunde, und übergab sie zusammen mit dem Optiostab an meinen frischgebackenen Stellvertreter.
    "Princeps Prior Galeo Redivivus Tychicus, hier das Hastile, um damit in Zukunft Deines Amtes zu walten. Meinen Glückwunsch."
    Auch hier bewahrte ich eine würdevolle Miene, nickte ihm gemessen zu.
    "Milites, movemini. Abite." , befahl ich dann, um den Männern Gelegenheit zu geben den beiden zu gratulieren, und den beiden neuen Principales Gelegenheit diesen besonderen Moment auszukosten, an dem die Ränge noch funkelnagelneu waren, und von keiner lästigen Alltagsarbeit belastet.

    Nach dem Lärm des Kampfes, dem wilden Hin und Her, war es auf einmal so still. Ein Röcheln verklang zu meinen Füssen. Ich hörte auch ein Husten und ein Scharren... Dann flutete wieder das Mondlicht über uns. Alle Sinne geschärft, alle Muskeln angespannt blickte ich um mich, bereit mich meiner Haut weiter zu erwehren! Kein Feind weit und breit. Nur die Totenhügel, und zwei Frauen. Von meinem Gladius floss das Blut. Tropf. Tropf. Tropf.
    Zu meinen Füssen lag ein Toter. Und da war kein Krummschwert, überhaupt keine Waffe bei ihm... Einige Schritt entfernt lag ein Dolch, blass schimmernd im Mondlicht.
    "Scheiße...!", flüsterte ich, als mich langsam, langsam kalt das Rückgrat hinaufkriechend, die Erkenntnis überkam, dass ich einen Waffenlosen erstochen hatte. Und dass es schon wieder passiert war, wie in der Villa Tiberia, dass ich auf einmal ganz woanders war... mich ganz woanders wähnte, bessergesagt. Ich war drauf und dran den Verstand zu verlieren! Verzweifelt fasste ich mir an die Stirn, starrte auf den Toten hinab. Es war natürlich kein Parther. Ich hatte noch nie jemanden getötet, der kein Parther war! Aber angegriffen hatte er mich doch. Oder nicht?
    Und wenn das, was ich eben noch für wahr gehalten hatte, nur ein Albtraum gewesen war, wer sagte mir dann, dass das jetzt nicht auch einer war?! Vielleicht war's aber auch ein Wunschtraum? Oder die Gestalten beiden Frauen würden im nächsten Moment im Mondschein zerfliessen, und von einem kalten Hauch davongetragen werden.


    Meine Hand zitterte, als ich nach einem Zipfel meines Sagum griff, und mit fahrigen Bewegungen das Blut von meinem Gladius wischte. Diese vertraute Bewegung beruhigte mich irgendwie. Und die Frauen sahen nicht wie Geister aus. Auf den Dank wusste ich erst mal nichts zu erwidern, es kam mir alles so unwirklich vor, eher als würde ich in einer Schriftrolle darüber lesen, als es selbst zu erleben.
    Ich rieb mein Schwert sauber. Man darf niemals das Schwert noch blutig in die Scheide stecken, den Rost bekommt man nie wieder weg. Die Frauen sahen mich an. Die eine, die sich so tapfer gewehrt hatte, eher argwöhnisch, die andere, die mich zu Fall gebracht hatte, hatte einen ganz komischen Ausdruck im Gesicht, wahrscheinlich war sie noch völlig verstört von der ausgestandenen Gefahr, die Arme, und völlig schlammbesudelt war sie auch.
    Jetzt sollte ich besser auch mal etwas sagen.
    Haltung, Faustus.
    "Ähm." Ich räusperte mich nervös. "Gern geschehen. Ich bin Centurio Decimus Serapio." Wie es der Zufall wollte tauchten nun auch die beiden anderen Soldaten auf. Sie schienen ebenfalls Probleme mit dem Schlamm gehabt zu haben, was erklärte warum sie etwas länger gebraucht hatten. Aber jetzt waren sie da, und sicherten wachsam das Gelände. Gut, denn der Torwächter hatte ja von mehreren Banditen gesprochen. So langsam trat der Schrecken über meinen Aussetzer wieder in den Hintergrund, verdrängt von der gegenwärtigen Situation.


    "Seid ihr verletzt? Wie sind eure Namen, und was ist euch widerfahren?"
    Besorgt sah von der einen zur anderen. Besonders die kleinere sah aus als hätte sie gerade in einer exklusiven Themenanlage ein heilsames Moorbad genommen. Aber so viel besser war meine Erscheinung wahrscheinlich auch nicht. Als mir klar wurde, wie wenig das arme Mädchen an hatte, verspürte ich kurz den Impuls, ihr galant meinen Mantel zu überlassen. Doch nachdem der teils schlammig teils blutig geworden war, wäre das wahrscheinlich nicht so gut angekommen.
    Ein gutes Stück misstrauischer musterte ich die Grössere. Was ich da vorhin gesehen hatte, konnte ich im Nachhinein kaum glauben... und dazu noch bei einer Frau! Mir fiel auf, dass sie am Arm blutete.
    "Lass mal sehen.", bat ich freundlich, und trat auf sie zu um einen Blick auf die Wunde zu werfen. Dabei behielt ich, nur für alle Fälle, das Gladius vorerst gezogen, die Spitze aber in harmloser Haltung schräg zu Boden gerichtet.

    'Herr' genannt zu werden, das besänftigte Rupus zwar ein wenig, aber als der Fremde auf einmal laut wurde, verdüsterte sich seine Miene gehörig. Mit einem Schwert den Kopf abschlagen und sein Schuwerk stehlen... Moment! Rupus runzelte die Stirn, dahinter arbeitete es sichtlich, dann fuhr er wütend auf:
    "Willst Du etwa sagen, wir von den Cohortes wären Halsabschneider und Schuhdiebe?! Willst Du das etwa behaupten??!!!"
    Schnaubend wie ein Stier machte er einen Schritt auf Marcellus zu und ballte die grobe Faust. Den Kerl wollte er Respekt lehren, vor den Vertretern von Recht und Ordnung! Um aber sicher zu sein, dass er nichts falsch verstanden hatte (das passierte ihm gelegentlich), hielt Rupus dann doch nochmal inne, und warf Macro, seinem klugen Kameraden, der als Tesserarius sicherlich den Durchblick hatte, einen fragenden Blick zu. Ein stummes soll ich? darf ich?! lag darin.





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    Heute machte meine Centurie aber wirklich eine gute Figur. Ich fand kaum etwas auszusetzen, als ich in aller Ruhe die Reihen entlang ging. Ob etwas bis zu Redivivus durchgesickert war? Seine Rüstung glänzte heute besonders schön. Und Macro... ja Macro zu betrachten war heute mal wieder ganz allgemein ein Genuss. Es war aber nicht deswegen, dass ich mich so sehr beherrschen musste, eine gleichmütige Miene zu behalten, als ich an ihm vorüberging. Trotz aller Anstrengung kräuselte sich mein Mundwinkel dabei ein ganz kleines bisschen - kurz.
    Als nächstes gab ich die Tagesbefehle aus, Patrouille für die einen, Wache an den Stadttoren für die anderen. Ich spürte förmlich wie die Spannung stieg, und ich muss zugeben, dass mir das schon Spass machte. Aber dann war der Moment der Offenbarung gekommen. Hochaufgerichtet und feierlich begann ich:
    "Milites der vierten Centurie der ersten Cohorte! Der Praefectus Urbi hat verfügt, dass heute zwei Soldaten aus euren Reihen aufgrund ihrer besonderen Verdienste in den Rang von Principales erhoben werden.
    Miles Kaeso Caecilius Macro! Vortreten!"

    Ich trat ihm gegenüber und war selbst ganz bewegt von der Feierlichkeit dieses Augenblick. Das blanke Morgenlicht, das auf den Rüstungen spielte, die stramme Haltung der Männer, die kräftig bemuskelten Arme, die tadellose Ausrichtung der Reihen - so viel gebündelte Kraft, die auf Befehl hin losschlagen konnte. Disziplin und Stärke, das war der römische Geist, und wir, hier, heute, verkörperten ihn... das war wahrlich ein erhabenes Gefühl.


    Ich entrollte die erste Urkunde und verlas sie mit lauter, klarer Stimme, dann überreichte ich Macro das Dokument. Das war sein Exemplar, das andere lag schon im Archiv der Castra, so hatte alles seine Ordnung. Und auch die Tafel gab ich ihm, als Zeichen seiner neuen Würde.
    "Tesserarius Kaeso Caecilius Macro, diese Tafel ist für die Wachparole, die Du in Zukunft einholen und verbreiten wirst. Die Einteilung der Wache und ihre Kontrolle obliegt ab sofort Deiner Verantwortung."
    Ich nickte ihm zu, zu überschwänglich durfte ich jetzt nicht werden, denn ich wollte nicht, dass der Eindruck entstand, Macros Beförderung hätte etwas mit unserer Freundschaft zu tun. Deswegen hatte ich sogar etwas geschwankt, ihn vorzuschlagen, ich fürchtete in den Ruch zu geraten, meine Kameraden die mit mir von der Prima gekommen waren zu bevorzugen. Aber er hatte es sich einfach verdient, und es wäre unfair gewesen, ihm das aus so eigennützigen Erwägungen vorzuenthalten.
    "Glückwunsch."

    Sorgfältig hängte ich unsere Umhänge auf, dann liess ich mich auf der anderen Kline nieder. Gut, dass es Celeste anscheinend hier gefiel. (Mir fiel aber auf, dass sie mit ihrem 'auf den ersten Blick' nur vorläufig urteilte. Ob das daran lag, dass ihr Misstrauen so allgegenwärtig war, dass es sich nicht nur auf Personen, sondern auch auf Orte erstreckte? - Gleich darauf wunderte ich mich, warum mir so viel daran gelegen war, zu verstehen was in ihrem Kopf vorging.) Ich jedenfalls mochte den Laden, auch wenn er recht künstlich wirkte, so wie alles aufeinander abgestimmt war, und trotz der Farben etwas kühl.
    "Ja, früher hin und wieder. In letzter Zeit aber nur ganz selten. Ich mag das Flair... Manchmal machen sie hier auch Lesungen."
    Mein Kopf fuhr herum, als die Türe sich öffnete, und einige weitere Gäste hereinkamen. Beschwingt, locker scherzend, suchten sie sich einen Tisch in der Nähe der Musikers. Niemand war dabei, den ich kannte... Ich wandte mich wieder Celeste zu, doch ich hatte komplett den Faden verloren. Da kam zum Glück schon der Wein, und natürlich das Wasser. Formvollendet wurden die Karaffen vor uns abgestellt, dazu zwei Weinkelche aus matt bläulichem Glas.
    "Ah, der Wein", kommentierte ich, bedankte mich, und griff schon nach der Karaffe. Bevor ich einschenkte, erkundigte ich mich, mit einem Hauch von Augenzwinkern: "Welche Mischung soll es denn sein, Celeste? Du bist heute abend die Regina Bibendi. Ich muss aber warnen, gar zu sehr verdünnen darf man einen Tempranillo nicht... er ist von sich aus nicht so sonderlich stark, eher fruchtig, mit einem feinwürzigen Aroma, jedenfalls wenn's ein guter ist. Aus Hispania kommen doch die besten Weine, finde ich, und ich sage das nicht nur, weil ich auch von dort komme... Woher stammst Du eigentlich?"
    Dass der Wein nicht schlecht war, davon ging ich eigentlich aus, aber natürlich würde ich es überprüfen müssen. So ein guter Tropfen am Abend, das war mir in letzter Zeit schon wichtiger geworden, um nach der Arbeit zu entspannen, um den Dingen die Schwere zu nehmen... Ich schenkte uns beiden die Mischung ein, welche die Dame verlangte, und hob mein Glas.
    "Auf gute Zusammenarbeit."

    Wirklich schade! Ich hatte unheimlich viel Spass beim Spiel mit Dir, und ich bin ein Fan Deiner Texte, die ich ganz sicher sehr vermissen werde.
    Aber ich muss mich meinen Vorschreibern anschliessen, es ist absolut verständlich, und nachdem ich den ersten Schreck verdaut habe finde ich Deine Entscheidung sehr gut.