Leise antwortete Phaeneas: „Das gilt nicht nur für einen Mann in deiner Position ...“ Jeder x-beliebige Sklave und sonstig Ausnutzbare stand vor dem gleichen Problem.
Doch ansonsten nickte er: „Nachdem du mich zu deinem Leibdiener gemacht hast, habe ich auch zu spüren bekommen, wie schlecht sich in dieser Hinsicht Macht und Ansehen auswirken – von einem Tag auf den andern war ich unter den Sklaven der begehrteste Junggeselle; ob sie mir nun die große Liebe versprochen haben oder nur zu repräsentativen Zwecken der Mann oder die Frau an meiner Seite sein wollten, alle wollten sie plötzlich etwas von mir. Aber ich habe kurzen Prozess gemacht und allen der Reihe nach abgesagt.“ Mit fester Stimme hatte er den letzten Satz gesprochen.
„Wenn du keine Frau hättest, wäre es dir offiziell genauso wenig möglich, eine Liebesbeziehung mit einer anzufangen. Du müsstest dabei natürlich dezenter, sprich inoffizieller vorgehen: Auf dem Forum mit einer Frau zu schäkern, wär natürlich ungünstig. Aber eine galante Bemerkung unter nahezu vier Augen auf einem Fest oder dergleichen nimmt dir niemand übel – na ja, und wenn es eine Sklavin wäre, wär es selbstverständlich besonders einfach.“
Weiter meinte er, mit etwas schmäleren Augen, zu seinem Herrn: „Aber es ist schon möglich herauszufinden, wer es ernst mit dir meint, Lucianus.
Gerade wegen solchen Leuten wie Petronilla sollte man beispielsweise potenzielle Bewerber immer hinhalten, sie Ausdauer beweisen lassen. Ihnen nie auch nur für einen kurzen Augenblick die Hoffnung auf Erfolg vor Augen stellen. Und“, fuhr er unbeirrt fort, „man sollte sich nicht immer von seiner besten Seite zeigen. Am besten eher sogar möglichst selten ...“
Diese Sätze erklärten nun ihrerseits so manches über Phaeneas, nämlich die Art, wie er sich anderen gegenüber im Alltag gern gab; denn darin, Leute zu finden, die es ernst mit einem meinten, hatte der Sklave einiges an Erfahrung.
Auf das, was Phaeneas noch hatte wissen wollen, ging Lucianus gar nicht erst ein. Es schien, als würde der sonst so souveräne, selbstbewusste - starke Senator da seit Ewigkeiten über einem Wespennest brüten ...
Beiträge von Phaeneas
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Genauso wie der Brief, der von hier aus seinen Weg nach Rom angetreten hatte, war dieser hier mit einem Schild versehen, das in sehr stark geschwungener, dezent verschnörkelter Schrift (genau die gleiche Handschrift, in der auch der Text auf der Innenseite der beiden Wachstafeln abgefasst war) Cimon als Empfänger bezeichnete, der wiederum als Sklave des Legatus Legionis Titus Aurelius Ursus genauer bestimmt wurde.
Phaeneas Cimoni suo s*
Es freut mich, zu erfahren, dass es dir gut geht und du dich in Mantua gut eingelebt hast.
Ich nehme deine zahlreichen Entschuldigungen vollumfänglich an. Und um dein Ansehen bei mir musst du nicht fürchten. Denn es stört mich nicht, nun eine Nachricht von dir in Händen zu halten. Im Gegenteil, es freut mich sogar und ich möchte mich bei dir bedanken, dass du mir geschrieben hast, Cimon. Ich meine, es ist nur ein Brief, wenn man unsere Abmachung bedenkt. Was ich wesentlich mehr fürchten würde, wäre deine physische Präsenz. So ist das also schon für mich in Ordnung und bietet mir trotzdem die Distanz, die für mich nötig ist.
Du brauchst deine Hände also wirklich nicht auszuschimpfen.Natürlich werde ich Lucianus nach Mantua begleiten und gerne können wir dabei gemeinsam lesen und uns gegenseitig kennenlernen. Dein Brief und das letzte Gespräch, das wir geführt haben, haben bei mir einige Fragen aufgeworfen, über die ich auch gerne mit dir reden würde.
Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen, Cimon. Und das wird schon bald der Fall sein. Bis dann!
Sim-Off: * Phaeneas grüßt seinen Cimon.
siehe http://www.imperiumromanum.net…thread.php?threadid=27541
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Als der Bithynier weiterlas, legte sich seine Stirn in Falten und Sorgen stiegen in ihm auf. Ein Gespräch mit dem Herrn? Was, bei sämtlichen Göttern, hatte der Cimon nur erzählt?! Was hatte den Sklaven dazu gebracht, das, was er da schrieb, zu glauben? Oh, wenn der den armen Nubier in seiner abstrusen Sicht von wegen ‚Ich muss dich lieben, weil ich die andere nicht lieben darf‘ bestärkt hatte ... Hoffentlich hatte der ihm nichts Falsches eingeredet ... Oh, Phaeneas mochte es gar nicht, wenn sich fremde Leute in seine Angelegenheiten einmischten ...
Der nächste Satz brachte ihn schon wieder (ein weiteres Mal zu oft!) zum Schmelzen. Noch ein Leidensseufzer.
<Natürlich werde ich Lucianus nach Mantua begleiten und gerne können wir dabei gemeinsam lesen und uns gegenseitig kennenlernen. Dein Brief und das letzte Gespräch, das wir geführt haben, haben bei mir einige Fragen aufgeworfen, über die ich auch gerne mit dir reden würde.> Auch wenn Phaeneas wahrscheinlich nicht wissen würde, wo er anfangen sollte.
Zum ersten Mal fiel sein Blick auf die Abschiedsformel. ‚In erwartungsvoller Vorfreude‘ – Oh, ihr Götter, das hatte wieder so viel von der für den Nubier typischen, fast kindlichen Begeisterungsfähigkeit (die dem Bithynier vollkommen fehlte)!
Und dann – ‚Dein Cimon‘. Dieser Wortwahl war Phaeneas selbstverständlich nicht mehr Bedeutung beizumessen bereit, als eine harmlose, nette Geste dahinter zu vermuten, ungefähr so wie seine eigene Grußformel. Auch wenn es etwas seltsames hatte, sonst immer so allein zu sein und plötzlich zu lesen, wie sich jemand zu einem bekannte ... ‚Dein Cimon‘ ... Schauer.
<Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen, Cimon. Und das wird schon bald der Fall sein. Bis dann!>
Gedankenverloren klappte Phaeneas die zwei Tabulae zusammen und verschnürte sie. Der Stilus wurde wieder in seinem Beutel verstaut. Unschlüssig streckte der Bithynier die Hand nach Cimons Brief aus und fuhr mit dem Finger über den Papyrus ...Phaeneas Cimoni suo s
Es freut mich, zu erfahren, dass es dir gut geht und du dich in Mantua gut eingelebt hast.
Ich nehme deine zahlreichen Entschuldigungen vollumfänglich an. Und um dein Ansehen bei mir musst du nicht fürchten. Denn es stört mich nicht, nun eine Nachricht von dir in Händen zu halten. Im Gegenteil, es freut mich sogar und ich möchte mich bei dir bedanken, dass du mir geschrieben hast, Cimon. Ich meine, es ist nur ein Brief, wenn man unsere Abmachung bedenkt. Was ich wesentlich mehr fürchten würde, wäre deine physische Präsenz. So ist das also schon für mich in Ordnung und bietet mir trotzdem die Distanz, die für mich nötig ist.
Du brauchst deine Hände also wirklich nicht auszuschimpfen.Natürlich werde ich Lucianus nach Mantua begleiten und gerne können wir dabei gemeinsam lesen und uns gegenseitig kennenlernen. Dein Brief und das letzte Gespräch, das wir geführt haben, haben bei mir einige Fragen aufgeworfen, über die ich auch gerne mit dir reden würde.
Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen, Cimon. Und das wird schon bald der Fall sein. Bis dann!
Sim-Off: Und wer den Film errät, auf den ich im ersten Teil des Titels anspiele, der bekommt ... ein Lob von mir.
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Antias hielt sich zwar wie versprochen im Hintergrund, hörte aber doch aufmerksam zu, was der Anmeldesklave so im Einzelnen alles erzählte, schließlich wusste man nie, wie viel der kleine Charmis davon behalten würde.
Doch der schien ganz Feuer und Flamme – nahm geschmeichelt die Verbeugung entgegen - , lauschte still und mit sooo großen Ohren, um dann – sobald der fremde Diener berichtet hatte – eifrig zu nicken: „Aber ja, natürlich ist der Herr unseres Hauses bereit, deinen Herrn zu empfangen!“ Was man mit der Empfehlung anfangen sollte, da war der Junge etwas überfordert, also beschloss er, dazu zu schweigen. „Dein Herr darf gerne Antias folgen, der bringt ihn sofort ins Atrium, wo er mit Vinicius Lucianus sprechen kann.“
Mit einer leichten Verbeugung deutete Antias genau das an. Na, das hatte ja geklappt. Der Junge hatte sich nichtmal blöd angestellt, jedenfalls nicht ungeschickter als man das von einem Kind seines Alters erwarten konnte. -
Charmis war an der Haustüre zurückgeblieben – natürlich nicht alleine, Tigranes, ein besonders großer, kräftiger Sklave, der oft an der Tür Dienst schob, um aufdringliche „Gäste“ fern zu halten, Tigranes war also bei ihm, um ihn bei seiner neuen verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen.
Antias war bei dieser Angelegenheit kurzerhand zum Laufburschen ernannt worden und deshalb war er es nun, der an Charmis‘ statt Iulius Proximus ins Atrium geleitete.
Dort wandte er sich höflich an den Besucher: „Wenn du dich setzten möchtest, Herr, stehen die Klinen hier bereit. Einen Moment wird es dauern, bis ich meinen Herrn über deinen Besuch informiert haben, aber nur einen Moment“, schränkte er lächelnd ein.
Dann wandte er sich um und strebte gen Vinicius Lucianus‘ Arbeitszimmer. -
Na, das gab doch schon etwas, was es wert war, aufgeschrieben zu werden. Phaeneas suchte sich Schreibzeug zusammen und machte sich an eine Antwort. Beziehungsweise erst einmal die Adresszeile. Doch er wusste schon haargenau, was er dabei schreiben wollte. Schließlich bekam man auch als Analphabet von Briefeverfassern mit, wie die den Empfänger so grüßten. <Phaeneas Cimoni suo s* > Das ‚salutat‘ war wesentlich persönlicher als das ‚salutem dicit‘. Ihn ‚seinen Cimon‘ zu nennen, war allerdings nach Ansicht des Bithyniers ihrer momentanen „Beziehung“ absolut angemessen, schließlich musste es ja nicht mehr bedeuten als dass sie gute Bekannte waren. Viele Politiker schrieben das wirklich nur, rein um sich einzuschleimen. Und das wollte Phaeneas ja nicht. Also gab der Gruß eine gewisse Distanz wieder, gleichzeitig aber eine Art ... freundschaftliches Verhältnis – auch wenn der vinicische Sklave das Wort ‚Freundschaft‘ in diesem Zusammenhang komplett hirnrissig fand.
<Es freut mich, zu erfahren, dass es dir gut geht und du dich in Mantua gut eingelebt hast.>
Weiter in Cimons Brief: nachdenken, genau, haargenau das hatte Phaeneas von ihm gewollt. Bei dem nächsten Satz dann blieb dem Bithynier die Luft weg. ‚Ich muss zugeben, bester Phaeneas, das Deine Gegenwart mir fehlt und ich selbiger entgegen sehne.‘ Im ersten Moment des Trotzes war er geneigt, heftig zu protestieren, dass diese Sehnsucht nichts gegen das war, das der Vinicische zur Zeit ausstand. Aber ... noch nie hatte er so etwas, etwas so intensives, in Schriftform, auf Papyrus gebannt, vor sich gehabt, er konnte blinzeln und es stand immer noch dort. Immer schwerer fiel es Phaeneas zu leugnen, dass der Brief ihn nicht komplett kalt ließ.
Nun folgten Entschuldigungen, wie sie für den Nubier typisch waren. Und er hatte vollkommen recht, die Worte waren genauso gewesen.
‚ ... was mich bewegt ...‘
Fast hätte Phaeneas ansonsten gelacht, schließlich war dieser Brief das harmloseste in dieser Angelegenheit. Wenn es nicht so gar nicht zum Lachen gewesen wäre. ‚Ach, treue Hände, wenigstens ihr lasst mich nicht ganz im Stich.‘ Soweit die Gedanken des Bithyniers dazu. Phaeneas nahm den Stilus wieder auf. Doch dann stockte er. Wenn Cimon ihm persönlich gegenüberstehen würde, würde er jetzt seufzen. Wo sollte er nur anfangen. Hm ...
<Ich nehme deine zahlreichen Entschuldigungen vollumfänglich an. Und um dein Ansehen bei mir musst du nicht fürchten. Denn es stört mich nicht, nun eine Nachricht von dir in Händen zu halten. Im Gegenteil, es freut mich sogar und ich möchte mich bei dir bedanken, dass du mir geschrieben hast, Cimon. Ich meine, es ist nur ein Brief, wenn man unsere Abmachung bedenkt. Was ich wesentlich mehr fürchten würde, wäre deine physische Präsenz. So ist das also schon für mich in Ordnung und bietet mir trotzdem die Distanz, die für mich nötig ist. Du brauchst deine Hände also wirklich nicht auszuschimpfen.>
Immer mehr machte sich in Phaeneas das dumpfe Gefühl breit, ziemlichen Quatsch zu „Papyrus“ zu bringen (schließlich schrieb er, allein schon in Mangel eines Siegels, auf Wachs). Aber sonst musste er sich schließlich nie um sowas Gedanken machen. Und wenn, dann höchstens spontan im direkten, persönlichen Gespräch. Und er hatte noch nie einen Liebesbrief, einen solchen Beinahe-Liebesbrief schreiben müssen. Das hier war der allererste aus seiner Feder.Sim-Off: * Phaeneas grüßt seinen Cimon
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Lucianus lächelte und Phaeneas kannte eigentlich Lucianus‘ Lächeln, aber das hier war ein trauriges ...
Die ersten zwei Wörter entsprachen noch vollkommen dem, was er in diesem Zusammenhang erwartet hatte, und erstaunten ihn deswegen nicht – doch das dritte und das vierte Wort ließen ihn aufhorchen und Lucianus in einer seltsamen Mischung aus Überraschung und Ungläubigkeit ansehen ... Aber trotzdem mischte sich darin auch das dezente Leuchten der Augen und eine Art spontaner ... Elan. Als wäre er mit einem Schlag vollends wach (und sonst in ewiger Müdigkeit gefangen) und als hätte ihn ein plötzlicher Gemütsaufschwung ergriffen, der nun Kraft durch seinen müden Körper (und Geist) pumpte – was sich schon an seinem deutlicher klopfenden Herzen zeigte.
So selten war Phaeneas von jemandem ‚mein Freund‘ genannt worden (d.h. von Schleimern natürlich öfter) und so selten hatte er selbst für jemanden diese Bezeichnung benutzt. Es zu hören, es ... es hatte so viel von Vertrautheit, von ... irgendwohingehören ... Und gerade noch, wenn es so beiläufig dahingesagt war – nun gut, vielleicht hatte Lucianus diese Formulierung einfach nur benutzt, weil es an dieser Stelle rhetorisch so gut passte, aber trotzdem ... Phaeneas ließ es kein bisschen kalt.
Und weiter musste er fast über das Wortspiel schmunzeln, das da so geschickt eingeflochten war.
Mit dieser nüchternen Sprache, die Lucianus da benutzte, während er etwas ziemlich Deprimierendes erzählte, konnte der Sklave etwas anfangen. Er selbst machte es schließlich meistens genauso. Genauso ohne mit der Wimper zu zucken.
Die große Liebe? Das klang für Phaeneas seltsam, denn über eine „große“ Liebe hatte er sich noch nie Gedanken gemacht. Für ihn gab es immer nur den momentan Verehrten, der war im Moment Cimon und wenn der aus Phaeneas‘ Leben würde gehen müssen, dann würde es irgendwann – man wusste nie, wann – einen Neuen geben. Und alle wurden in der Erinnerung des Sklaven einsortiert und keinen davon bevorzugte er in irgendeiner Weise. Sie alle hatten ihre Zeit, zu der sie richtig und das Zusammensein mit ihnen herrlich gewesen war ...
Aber durch diese Geschichte verstand der Bithynier Lucianus in vieler Hinsicht wesentlich besser und sah nun so manches, was vorher gewesen war, in einem anderen Licht.
Nachdenklich antwortete Phaeneas: „Sie geht vorbei, ja ... Aber laut meiner Erfahrung kommt sie auch immer wieder und sei es nur, um uns an ihre Vergänglichkeit zu erinnern und uns mit ihrem immer neuen Ende zu quälen ...
Du solltest die Sache nicht so einfach verloren geben, Lucianus. Wenn die Götter es gut mit dir meinen, hast du noch ein langes Leben vor dir – wer weiß, was die Parzen noch für dich vorgesehen haben? Wie du sagst, Hoffnung gibt es immer ...“
Und wenn Phaeneas eines über das Leben wusste, dann, dass es einsam ziemlich scheußlich war ...
„Wie ist es dazu gekommen, dass du sie begraben musstest?“ Sie, sprich die große Liebe. -
„Aaaach, immer darfst nur du den Besuchern aufmachen und ich darf sie nur ins Atrium führen oder ihnen was zu trinken bringen ... Immer das Gleiche sagen, immer das Gleiche machen ... Ich will auch endlich mal Ianitor sein und all die wiiiichtigen Gäste begrüßen! Das muss doch viel spannender sein ...“, und hier sprach der Sklavenjunge Charmis leiser und geheimnisvoller, das Ganze wurde von abenteuerlichen Gesten begleitet, „wenn man die Tür aufmacht ... und noch gar nicht weiß, wer da davorsteht, ... und schwupps – da sieht man denjenigen!“
Antias kam langsam aus dem Augenverdrehen nicht mehr raus. „Ja ja, schon gut, du kleine Nervensäge – dann bist du hiermit Türöffner der vinicischen Villa! Damit du’s auch lernst, wenn du alt genug dafür bist. Dem nächsten Gast machst du auf!“ Charmis‘ Augen leuchteten.
Und da klopfte es schon prompt. Sofort stürmte der Junge zur Porta ... und bekam sie nur mit Unterstützung von Antias angemessen weit auf. „Herzlich Willkommen vor der Villa Vinicia!“, strahlte Charmis. „Wen darf ich wem anmelden?“ -
Während der, der ihn da angesprochen hatte, noch Phaeneas‘ Entschuldigung verdaute und an seiner Tunica herumzupfte, also nicht so direkt den Eindruck machte, als ob er wüsste, was er sagen wollte, während all dem ließ der bithynische Sklave weiterhin seine Augen über die ausgestellten Bücher schweifen. Nun aber über die im Schrank daneben, was ihn ungefähr einen Schritt näher an den Fremden heranführte. Wobei er versuchte, eben dem geringstmöglich das Gefühl zu geben, sich mehr für die Schriften zu interessieren als für ihn, ihm im Gegenteil die Beachtung zu schenken, die einem Freien vor einem (wohlerzogenen) Sklaven zustand. Möglichst beiläufig und unscheinbar zog er also eine Papyrusrolle auf, davor noch einen aufmerksamen Blick auf den anderen werfend, und überflog – fast wie desinteressiert – die ersten Zeilen von dem, was ihm da in die Hände gefallen war.
Caesars schriftlicher Vorschlag wurde den Consuln überreicht. Nur mit Mühe setzte man bei ihnen auf stärkstes Drängen der Volkstribunen durch, dass er im Senat verlesen wurde. Dass sein Inhalt aber auf die Tagesordnung gesetzt wurde, konnte man nicht erreichen.
Oh nein, Politik – das rief bei Phaeneas wirklich Desinteresse hervor. Ihn für seinen Teil haute solches Hin- und Herdebattieren jedenfalls kaum von den Socken und davon in seiner Freizeit zu lesen, das kam ja mal gar nicht in Frage. Aber was für ein Werk war das hier eigentlich? Oh, C. Iulius Caesars ‚Der Bürgerkrieg‘. Was wollte man da schon auch erwarten? Außerdem – sich mit Kriegen zu beschäftigen war der Unfreie genauso wenig gewillt wie mit Staatsgeschäften. Für ihn war das nur massenhafte, rohe Gewalt. Und wie viel Sinn Gewalt machte, davon hatte er sich sein ganzes Leben lang überzeugen können.
Mit sichtbarer Abneigung gegen die, immer noch aufgerollte, Schrift in den Augen widmete er also wieder seine volle Aufmerksamkeit dem grauäugigen Fremden. Während die anders verbrachte Zeit minimal gewesen war. Aber eben trotzdem da.
Die Vorstellung erwies sich dann tatsächlich als fruchtbar: Ach ja, stimmt, ausnahmswiese konnte Phaeneas‘ (sonst ja nicht so sehr auf Dauer ausgelegtes) Gedächtnis sogar eine Information hierzu liefern, schließlich hatte ihm der Flavier damals eine äußerst amüsante Anschauung vom Wesen der Politik ermöglicht. Außerdem konnte der Lucian’sche Leibsklave mit dem Namen grundsätzlich etwas anfangen, schließlich erfuhr man ganz von selbst immer wieder sämtliche – öffentlichen; wahren oder erfundenen – Neuigkeiten über sämtliche Mitglieder der vornehmen Schicht Roms; und Patrizier waren da ganz besonders leicht zu behalten, schließlich gab es davon nicht allzu viele.
„Aber ja, Flavius Piso, ich erinnere mich“, reagierte der Bithynier, etwas lebendiger nun als bisher, aber nachwievor eher ... steif. „Ja, ich war der anwesende Sklave, als du meinen Herrn besucht hast, der Wahl wegen. Mein Name ist Phaeneas ...“ - aber die Aussage ‚der eine Sklave‘ machte doch noch eine Ergänzung erforderlich - „ ... und ich bin Leibdiener meines Herrn.“
Wäre er jetzt jemand anderes, würde er nun auf die Wahl oder ihr Ergebnis eingehen, aber so schwieg er einfach und wartete in aller Seelenruhe auf das, was der Flavier weiter von ihm wollen würde – der war hier schließlich der Herr.
Wobei der Bithynier zugeben musste, dass es etwas Beunruhigendes an sich hatte, dass ihn dieser Mann vor ihm, der ihn schließlich nur einmal gesehen hatte, im Gedächtnis behalten hatte. Über Gebühr Beachtung zu bekommen war laut Phaeneas´ Erfahrungen eine gefährliche Angelegenheit, denn das bedeutete, dass jemand ein Auge auf einen hatte – und dementsprechend auf mögliche Fehler, bzw. die Möglichkeit hatte, Schwachpunkte zu erkennen.
Hm, aber halt ... Cimon war über seinen Namen auch längst informiert gewesen, als sie das erste Mal miteinander gesprochen hatte. Nein, nicht schon wieder Gedanken an ihn! Die hatte er doch dank des Flaviers inzwischen ganz gut verdrängt ... -
Wie überrascht war Phaeneas gewesen und was für ein ungewohntes Gefühl war es gewesen, als Antias mit einem Brief – mit einer Papyrusrolle! – zu ihm gekommen war mit der Behauptung, der wäre für ihn abgegeben und als für ihn bestimmt gekennzeichnet worden. Wie verrückt war es gewesen, die Rolle in die Hand gedrückt zu bekommen, wie sonst die Herrschaften (bis jetzt hatte der Bithynier es doch immer anders herum erlebt?). Und mit welch neugieriger (auch wenn er es vor den anderen Sklaven nicht zu zeigen versucht hatte) Miene hatte er das Schreiben in eine möglichst stille Ecke des Hauses geschafft.
Es war Phaeneas‘ erster Brief. Der erste, den er im Leben bekam. Und wenn der aus zwei zusammengeklappten Wachstafeln, gut verschnürt für den Transport, bestanden hätte, wäre es schon die Nerven strapazierend genug gewesen, aber dieser hier war auf Papyrus abgefasst – welch herrschaftliches Schreiben! – , wer verschwendete schon Papyrus für einen Sklaven (wie so oft vergaß er, dass er längst nicht mehr irgendein Sklave war), und dann war das Ganze noch gesiegelt?! Von Lucianus´ Korrespondenz kannte Phaeneas viele Siegel von vielen wichtigen Männern, aber das hier war keines davon. Auch war es viel schlichter gehalten als repräsentative Siegel. Nur ein ‚C´ stand dort.
‚Cimon!‘ war das erste, was dem bithynischen Sklaven durch den Kopf schoss, und sein Mund fühlte sich sofort staubtrocken an. Konnte es sein ... ? Sollte es sein ... ?
Entschlossen (und begierig, das Geheimnis zu lüften) griff er nach der auf dem Tisch abgelegten Rolle und brach das Siegel. Welch seltsames Gefühl, das Siegel des eigenen Briefes zu brechen!
Mit einem (hastigen) Blick hatte er die Grußzeile entdeckt und prompt wusste er, von wem der Brief stammte. ‚Bester Phaeneas‘ Nur einer sprach ihn so an. Das Schreiben war wirklich von Cimon.Mit dieser Erkenntnis fiel alle Ungeduld, mit der er gerade eben noch den Brief aufgerollt hatte, von ihm ab. Konzentriert, ja fast schon kühl und mit unbewegter Miene wanderten seine Augen über den ersten Absatz.
Etwas arg viel Militär sprang ihm entgegen. Aber wie der Nubier es schrieb, passte zu Cimon. Und vor allem offenbarten diese ersten Sätze eine wichtige Angelegenheit: Er war wohlauf. -
Prinzipiell hatte allein Lucianus‘ Gegenwart für Phaeneas etwas Beruhigendes, Sicherheitvermittelndes an sich – er glaubte schließlich nicht an Umstände, sowas änderte sich schnell, er glaubte nur an Menschen, auch wenn man denen ihrerseits nur vertrauen konnte.
Aber hier schien Lucianus nicht recht zu wissen, was seine Worte für den Bithynier, in Angesicht seiner Vorgeschichte, bedeuteten. Dass diese Worte nicht einfach, so wie sie gemeint waren, als aufmunternder Kommentar ankamen.
Sachlich nüchtern erklärte Phaeneas deshalb: „Der Tag, an dem ich aufhöre zu denken, bedeutet meinen sicheren Tod. Oder etwas noch wesentlich Schlimmeres.“ Der ruhige Tonfall stand in krassem Gegensatz dazu, wie er gleich nach dem Hereinkommen geredet hatte.
Trotzdem verdrängte er für einen Augenblick die Verzweiflung, von der er immer noch aufgezehrt wurde, die Cimons ‚Vielleicht‘ in ihm hervorgerufen hatte. Zwischen Hoffnung und Enttäuschung ... das war so ziemlich das Schlimmste, was der Bithynier sich ausmalen konnte.
„Aber sag, Lucianus“, fragte Phaeneas also und sah ihn prüfend an, „ist dein Leben wirklich nur rein von solchen offiziellen Dingen geprägt? Was ich sagen will, hat die Liebe in deinem Leben genauso wenig Platz?“ Schließlich war dem Bithynier längst aufgefallen, dass nicht nur der Sklave selbst ziemlich lange nichts mehr mit der Liebe zu tun gehabt hatte. -
Momentan bin ich ziemlich mit Terminen vollgekleistert und die restliche Zeit, die davon noch bleibt, leide ich unter chronischer Motivationslosigkeit.
Wer gerade mit mir schreibt, tut also gut daran, mit etwas längeren und v.a. unregelmäßigen Abständen zwischen meinen Beiträgen zu rechnen. -
Bei ihrem Aufeinandertreffen im Park hatte Phaeneas Cimon ja schon etwas einsilbig zurückgelassen, aber – bei den Göttern – er war ja auch komplett durch den Wind gewesen. Völlig verunsichert, was hätte er da machen sollen? Er war schließlich nur froh darum gewesen, wegzukommen, weg von Cimon, der eine so irritierende Wirkung auf ihn hatte. Die zumindest unter jetzigen Umständen absolut unerwünscht war. - Aber gut, jetzt ging es darum, was Phaeneas demnächst lesen wollte. Das Leben musste schließlich weitergehen, das hatte er gelernt, egal, was passierte, es musste weitergehen. Egal, ob man gerade frisch seine Mutter verloren hatte, zum wer-weiß-wie-vielten Mal seine gewohnten Lebensumstände hatte aufgeben müssen oder sich unglücklich-glücklich (wer wusste das schon? Cimon jedenfalls nicht) verliebt hatte. Es musste weitergehen.
Nachwievor starrte er etwas unentschieden auf die Schriftrollen vor ihm, da hörte er ein Husten neben sich, fürchtete schon den Ladenbesitzer oder jemanden von dessen Angestellten. Doch es war offenbar nur ein Kunde wie Phaeneas selbst. Zuerst war sich der Sklave nicht sicher, ob er auch wirklich gemeint war, doch dann sprach der Fremde ihn auch schon an. Sonderlich ausgefeilt und durchdacht wirkte das, was der da von sich gab, allerdings nicht unbedingt. Aufmerksam musterte der Unfreie ihn, bemerkte die klaren Gesichtszüge und die Augen, die etwas Festes an sich hatten.
Und dann musste er zweimal hinschauen – der Fremde hatte graue Augen! Wie Cimon ... Es brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass Phaeneas im Moment für graue Augen starb. Dabei wollte er’s zugleich gar nicht. Schließlich war das mit dem aurelischen Nubier noch viel zu wage, um sich Hoffnungen zu machen – die längst da waren ...
Ähm, anderes Thema: Bei der Inspizierung seines Gegenübers fiel ihm auch dessen ausgesprochen edle Kleidung auf. Es hatte fast etwas ... Kitschiges an sich, so ein klein wenig. Soweit Phaeneas, der sich jeden Morgen nur irgendeine Tunica über den Kopf zog, das beurteilen konnte.
„Salve, domine“, erwiderte der Bithynier den obligatorischen Gruß. Weiter: „Verzeih, Herr, doch ich sehe tagtäglich so viele wichtige Männer, dass ich mich oft an ein Gesicht nicht erinnern kann.“ Flüssig ging Phaeneas der Satz über die Lippen, ohne ein Zögern und ohne großartige Gemütsregungen. Ernst und ernsthaft waren die Augen auf den vornehm wirkenden Kunden gerichtet, aber diesmal war der melancholische Aspekt darin stärker ausgeprägt.
Ganz automatisch hatte er den Teil mit den ‚wichtigen Männern‘ einfließen lassen. Wobei es sich um keine Schleimerei handelte. Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Grundsätzlich hatte es sich oft als klug erwiesen, von vornherein jeglichen Anschein von Respektlosigkeit gleich schon zu verhindern - denn das konnte böse enden. Und genau so etwas beugte eine solche eben eingebaute Floskel vor.
Nun blieb nur noch eine Frage: Was wollte der Fremde? Ebenso grundsätzlich war es für einen Sklaven klug, möglichst schnell herauszuanalysieren, was jemand von einem wollte, oder zumindest, ob es etwas rein neutral-sachliches war (was, das eben einfach erledigt werden musste) oder etwas Hinterlistiges dahinter steckte. Aber hier konnte Phaeneas es nicht so recht sagen, es war und blieb einfach nur eine Erkundigung, die der andere Kunde an ihn gerichtet hatte. Also hieß es, weiterhin wachsam sein. -
Wenig später tapste Charmis auf den zurückgebliebenen iulischen Unfreien zu, mit einem vielversprechenden, gut gefüllten Becher in der Hand. Deswegen ging der Sklavenjunge auch ganz vorsichtig und schielte immer mit einem vorsichtigen Auge auf das Getränk, um nur ja nix zu verschütten (denn dann musste er es am Ende selber aufwischen). Diese Vorsicht ließ den Weg, den Charmis zu dem fremden Diener zurücklegen musste, aber ziemlich lang wirken, wenn man zusah und Durst hatte.
Letzten Endes schaffte er es aber doch, das lockende Nass sicher zu dem zu bringen, für den es bestimmt war. Einladend hielt er es dem Erwachsenen hin: „Empfehlung aus der Küche“, schmunzelte er. „Bitte sehr!“ -
Fast schon etwas irritiert vernahm Antias die Stimme des Begleitsklaven, wandte ihm letztlich seine vollkommene Aufmerksamkeit zu. Ja, klar, wofür nahm man schon einen Sklaven zu Besuchen mit, in der Regel, damit sie einen anmeldeten. Vor lauter Kleidungsenthusiasmus hatte der vinicische den iulischen Unfreien nahezu ausgeblendet. Wie peinlich, so etwas war ihm nun wirklich seit Jahren (seeehr jungen Jahren) nicht mehr passiert. Und das durfte so bald auch auf keinen Fall mehr vorkommen. Da sah man’s mal wieder, wenn man sich nicht ganz auf seine Beschäftigung konzentrierte - und sich im noch schlimmeren Fall von privaten Leidenschaften ablenken ließ - , das konnte nur schief gehen!
So nahm sich Antias also fest vor, bei der Sache zu sein, und antwortete, nun korrekt an den Standesgenossen gerichtet: „Aber selbstverständlich wird Vinicius Lucianus deinen Herrn empfangen, denn er ist zuhause. Wenn mir der Herr Tribun bitte folgen möchte ...“ -
Noch immer knabberte Antias daran, dass er vorhin an der Porta so ganz alle in Rom geltenden Sitten vergessen hatte – na ja, nicht alle, aber eine. Und das genügte schon. Schließlich wollte er doch ausschließlich positiv auffallen, als Sklave einen guten Ruf genießen, um bei frei werdenden wichtigen Sklavenaufgaben sofort als geeigneter Kandidat zu gelten. Schließlich war er doch zu Höherem geboren ... Nicht so wie die Masse aller Unfreien, er war ehrgeizig und strebsam und arbeitswillig, allzeit gern dazu bereit sich zu beweisen.
Und da passte so eine Unaufmerksamkeit einfach nicht ins Schema.
Na ja, prinzipiell war es ja wirklich nichts Schlimmes gewesen – auch wenn es ihn ärgerte, aber auch dieses unnötige Ereifern war seinem ehrgeizigen Wesen zuzurechnen. Eigentlich war die Sache ja fast komisch, denn nur wenige würden ihm wohl eine solche Begeisterung für Kleidung, Stoffe und ähnliches zutrauen.
„Bitte setz dich, Tribunus Iulius", wandte sich Antias nun doch an den Freien selbst, "ich werde meinen Herrn sofort in Kenntnis setzen. Nur einen Moment.“
Aber er blieb dabei, der Iulier war wirklich gut gekleidet. -
Sim-Off: Tschuldige, vor lauter RL-Überbeschäftigung hätte ich dich jetzt fast noch vergessen ...
Die Sonne und erst recht die schwüle Luft machten träge. Umso mehr musste man sich zur Arbeit zwingen. Glücklicherweise war’s aber im Vestibulum der Villa schattig und relativ kühl, da fiel das mit der Disziplin dann doch wieder leichter.
Als es klopfte, zog Antias also die Haustüre auf und erblickte dort, zusammen mit einem Sklaven, einen
a u ß e r o r d e n t l i c h gut gekleideten Mann. Oh ihr Götter, so viel Geschmack erlebte man selten! Schlagartig besserte
sich die Laune des vinicischen Sklaven. Welch feiner Stoff der Toga! Was für eine ausgesuchte Farbwahl bei der Tunica! Dieses herrliche Türkis!
Antias selbst achtete stets auf elegante Kleidung (auch heute hatte er da selbstverständlich größten Wert drauf gelegt; als repräsentativer Türsklave mit Karriereabsichten war ein Gefühl für den richtigen Stil auch ohne Zweifel von Vorteil) und hatte dazu ein unleugbares Faible für Stoffe ...
Na, jemanden, der so viel Ahnung hatte, den begrüßte Antias natürlich, ohne dass man es hätte verhindern können, mit unüberhörbarer Begeisterung: „Salve, domine! Womit kann ich dir behilflich sein?“ -
„Natürlich. Aber du sprichst hier vom offiziellen Teil des Lebens eines römischen Bürgers.“ Leben eines römischen Bürgers, Phaeneas formulierte das schon etwas anders. „Ob die Liebe im privaten Teil eine Rolle spielt, entscheidet jeder selbst – ob ein Senator seine sklavische Bettgefährtin zusätzlich auch noch emotional liebt, interessiert schließlich niemanden“, brachte er es auf den Punkt.
„Aber genau das, nämlich die zweckmäßigen Verbindungen, ist der Grund, warum ich mein Leben in dieser Hinsicht möglichst wenig römisch halte. Wenn ich mir schon jemanden in mein Leben hole, dann will ich wenigstens was davon haben“, meine der Bithynier ganz pragmatisch. Dann fiel ihm ein: „Auch wenn ich zugeben muss, dass die Sache mit Cimon schon sehr politisch ist, ich meine, schließlich ist Aurelius Ursus dein Klient. Und dein und sein Einverständnis zu einer Beziehung zwischen uns Sklaven bekräftigt noch einmal – offiziell – eure politische Freundschaft. Na ja, wenn es überhaupt je so weit kommt ...“, fügte er, noch einmal leicht niedergeschlagen, hinzu. Was der Leibdiener zuvor gesagt hatte, war ihm leicht gefallen, dabei hatte es sich schließlich nur um sachliche Fakten gehandelt und so etwas aufzuzählen, war für ihn immer ein Leichtes.
Aber es bedeutete ihm auch nichts, es war einfach reine Routine, die er abhandelte wie seine Sklavenpflichten, die ihm ebenfalls nichts bedeuteten.
Als Lucianus dann sagte, dass er Cimon wiedersehen würde und zwar schon bald, begann Phaeneas‘ Herz augenblicklich schneller zu klopfen. „Bene, faciam* “, bestätigte der Bithynier.Sim-Off: *„Gut, mach ich."
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Wer sich hierher in den Schatten der Kolonnaden verirrte, der verirrte sich üblicherweise auch in den unzähligen Büchern, die in fahrbaren Schränken aufbewahrt wurden, um von interessierten Kunden in Augenschein genommen zu werden. Zu denen gehörte im Moment auch Phaeneas, der den Rücken der Straße zuwandte, während er die üblich ernsten, aber wachen Augen suchend über die Auslage schweifen ließ.
Zwar bestand Plinius‘ ‚Naturalis Historia‘ noch aus ziemlich vielen Büchern, die der bithynische Sklave noch nicht gelesen hatte, aber langsam wollte er sich doch auch mal mit etwas anderem beschäftigen als nur Sonne und Sternen. Außerdem ... erinnerten Plinius und sein Stil ihn inzwischen zu sehr an Cimon ... Bei allen Göttern, er war beim Lesen nur neben ihm gesessen und schon schien es Phaeneas, als hätte es Plinius nie möglich sein können, diese Schrift ohne Cimons Existenz zu schreiben.
Tja, und deswegen stand er nun hier, um sich eine neue Lektüre auszusuchen. Na ja, eigentlich war er auf die Idee nur gekommen, um sich abzulenken. Zur Zeit tat er nichts anderes, als nur sich abzulenken. Denn – nur nicht denken, nur nicht nachdenken. Da könnte man eventuell noch an jemand Bestimmten denken. Es war schon verrückt, da erlebte man den Schock seines Lebens, erkannte, dass man in eine unabschätzbar gefährliche Situation hineingeschlittert war – aber die Verliebtheit ging trotzdem ganz normal weiter, so als wäre nichts passiert.
Der Besitzer des Ladens, ein dicklicher Grieche, hatte ihn zum Glück noch verschont, zuvorkommende Bedienung war schließlich das letzte, was Phaenenas wollte, wenn er außer Haus ging. Nur leider, leider war er in dieser Buchhandlung inzwischen bekannt (und vor allem wusste man, wer sein Herr war!), was als Kundenfreundlichkeit getarnter Schleimerei natürlich Tor und Tür öffnete ...Sim-Off: Reserviert
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Sim-Off: Apropos Avatar, vielleicht sollte ich meinen neuen hieraus nehmen.
Nun war es an Phaeneas, Lucianus verblüfft und etwas verständnislos anzuschauen: „Aber natürlich will ich ihn wiedersehen, Lucianus! Seit wann verliebt man sich, um den, in den man sich verliebt hat, dann nicht mehr sehen zu wollen?!
Vor allem hat doch das, was ich dir eben beschrieben habe, gar nichts mit ihm konkret zu tun – Cimon hat sich doch tausend Mal entschuldigt, dass es ihm leid tut und er in Zukunft bei solchen Dingen besser aufpassen wird. Ihm nehm ich das kaum übel – ich meine, was hat er schon groß getan? – , die Sache selbst ist es, die mich beunruhigt. Wir sind eben einfach ... in eine unglückliche Situation hineingeraten, ... mit der niemand rechnen konnte. Am wenigsten ich. Und genau das erschreckt mich, Lucianus, dass ich mir heute auf eine Weise gezeigt wurde, wie ich mich bisher kein bisschen kannte ...
Außerdem erhoff ich mir ja, dass sich diese Situation dann irgendwann bei irgendeinem Treffen erledigt – wenn er mir endlich eine Absage oder eine Zusage macht. Mir ist beides recht – solang ich nur endlich weiß, woran ich bin! Na ja, aber das wird sich ja – hoffentlich – demnächst von selbst erledigen ...“, schloss Phaeneas ab.