Nun gut, er sprach nicht nur mit Akzent, seine Grammatik ließ ebenfalls zu wünschen übrig – und zwar immens. Ein solcher Fall war Phaeneas noch nicht allzu oft begegnet.
Geduldig lauschte er dennoch den etwas stockend vorgebrachten Worten.
Phaeneas jedenfalls sah sich nicht dazu verpflichtet freundlich zu sein, zu niemandem. Das gegenüber seinen Herrschaften war keine Freundlichkeit, sondern schlicht Gehorsam und die für einen Sklaven gebührende Achtung. Irgendwelche des Weges kommenden Fremden hatten erst recht nichts zu erwarten. Und auch bei Lucianus war das keine Freundlichkeit, das war ... na ja, irgendetwas anderes.
Wer etwas von ihm wollte, davon ging Phaeneas eiskalt aus, der würde schon seine Gründe dafür haben und musste dementsprechend selber wissen, worauf er hinauswollte – und wie er zurechtkam. Phaeneas hatte generell nicht vor, sich für Fremde übermäßig viel Mühe zu machen. Im Prinzip war somit von seiner Seite mit nicht übermäßig viel Entgegenkommen zu rechnen ... es sei denn, man hieß Marcus Vinicius Lucianus. Es gab immer Ausnahmen, für die geltende Grundsätze auf einmal nicht mehr galten.
Phaeneas dachte an vorhin zurück. Zuerst, als er beschlossen hatte zum Hafen zu gehen, dann, als er hierher gekommen war. Er hatte nicht einmal eingerechnet, dass ihm jemand begegnen könnte, die Möglichkeit hatte für ihn schlicht nicht existiert. Er war einfach losgegangen, um den Rhenus zu sehen, um dort am Fluss zu stehen und an ihm entlang zu gehen. Andere Personen hatten in seinen Überlegungen gar nicht existiert. Dabei war es logisch betrachtet sogar sehr wahrscheinlich, früher oder später irgendjemandem über den Weg zu laufen.
Und jetzt stand er diesem Mann gegenüber, der ihn rundheraus angeredet hatte.
„Das kann gut sein“, ging Phaeneas darauf ein. „Bist du öfter hier?“