Beiträge von Phaeneas

    Wiedereinmal lieferte Phaeneas Briefe bei seinem Herrn ab.



    L.A.P.P. M Vinicius Lucanus
    Regia Legati Augusti Pro Praetore
    Mogontiacum, Prov. Ger.


    Shalom und Salve hochverehrter Legatus Augusti M Vinicius Lucanus !


    Ich erbringe Dir hiermit meine Wertschätzung entgegen als anerkanntes Mitglied seiner Majestät Regierung von Tylus. Lasst mich Dir auf diese Weise zu Deiner Vermählung mit der holden Aelia Paulina gratulieren und als Geschenk von mir für das vermählte Paar zwei solche handgewebte, in einzigartiger Qualität hergestellte Seidentuniken aus meinen eigenen Werken machen.


    Sim-Off:

    Wi-Sim


    So darf ich Dir voll Zuversicht auf eine glückliche und nachwuchsreiche Zukunft Dir und Deiner Gattin meine besten Wünsche übermitteln.


    Vale


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    Praetorium Regni Tyli, Ostia, Prov. Ita.


    Legatus Augusti Pro Praetore
    Marcus Vinicius Lucianus
    Regia Legati Augusti Pro Praetore
    Mogontiacum - Provincia Germania



    Sei gegrüßt Vinicius,



    mit großer Freude und Anteilnahme vernahm ich von Deiner Vermählung mit Aelia Paulina. Leider war es mir nicht vergönnt, zu diesem Ereigniss in Mogontiacum zu erscheinen, da zum einen meine Schwester ebenfalls heiratete und sich meine Gattin zum anderen in besonderen Umständen befindet. Ich erwarte meinen Nachwuchs stündlich, eine Reise über die Alpen war daher nicht möglich, so gern ich sie angetreten hätte.


    Ich hoffe, dass Du die Zeit in Mogontiacum zu genießen gelernt hast. Die Provinz erfordert die ganze Energie und ich weiß um Deine Mühen, die Du aufzubringen hast. Eine Gemahlin an der Seite kann einem daher mehr als nur hilfreich sein.


    Mit diesem Schreiben übersende ich Dir zwei Reitpferde aus meinem Gestüt. Mögen sie Dir und Deiner Gattin die Ausritte verschönern. Zu meiner Zeit in Mogontiacum ließ ich mich leider viel zu selten darauf ein, die schönen Wälder und Landschaften zu erkunden.


    Mögen die Götter Dich und Dein Haus segnen.


    ANTE DIEM X KAL IAN DCCCLVIII A.U.C.
    (23.12.2007/104 n.Chr.)


    Maximus Decimus Meridius


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    Er war sich nicht sicher, als was er diese Briefüberlieferungen sehen sollte. Teil seines Alltags oder Abwechslung darin? Phaeneas schätzte es, wenn in alles eine gewisse Regelmäßigkeit, eine Gewohnheit einzog, denn das lenkte ihn von der Vergänglichkeit des Lebens und seiner Existenz ab, gaukelte ihm eine Beständigkeit vor, an die er der Vernunft nach im Grunde nicht im geringsten glaubte.
    Tja, was war es jetzt?

    Ja, so war es gewesen. Es waren zum gleichen Zeitpunkt einfach die falschen Dinge passiert. Eine Verkettung unglücklicher Umstände, wie eben so oft im Leben. Aber eines war für Phaeneas klar, ganz gleich wie, es wäre immer so gekommen. Was das Schicksal festlegte, das geschah. Seine Mutter hatte falsch und unüberlegt gehandelt, doch sie trug keine Schuld an dem, was sie ausgelöst hatte.
    Dieses Beschützen-wollen war der einzige Fehler einer ansonsten makellosen Mutter – und Sklavin – gewesen.
    Sie hatte ihm schließlich pflichtbewusst vorgelebt, wie sich ein gewissenhafter Sklave zu verhalten hatte. Immer und immer wieder hatte sie ihn auf Zurückhaltung, Bescheidenheit, Gehorsam hingewiesen und sie ihm in schwierigen Situationen ins Gedächtnis gerufen. Und erklärt, dass das der einzige Weg war, als Sklave leben zu können. Von ihr stammten die Worte, die Phaeneas so gern im Mund führte, dass man schlicht alles hinnehmen musste, ganz gleich wann, ganz gleich wie.
    Was sie gesagt hatte, war oft sehr strikt gewesen, wenn auch sanft gesprochen, aber Phaeneas war es nie als unangebracht erschienen, denn er hatte bald bemerkt, dass diese Worte nur ihr Umfeld, die Erwartungen an Sklaven und den gleichmütigen Umgang mit ihnen widerspiegelten. Die Welt war nun einmal grausam und erbarmungslos.


    Am Tag des Verkaufs schließlich waren alle versteckten Tränen versiegt gewesen. Der Herr hatte darauf bestanden, dass Phaeneas dabei anwesend war. Seine Mutter hatte sich mit Würde in ihr Schicksal ergeben. Sie hatte keine Szene gemacht, ohne Bitten und Betteln, ohne jeglichen Widerstand hatte sie sich in die Hände der stämmigen Sklaven gegeben, die sie mitnahmen.
    Ein letzter, flüchtiger Blick zu Phaeneas und weg war sie gewesen.


    Der Bithynier stand vom Hocker auf und klappte die Truhe zu. Er sah sich ein letzte Mal prüfend im Zimmer um. Ansonsten war alles an seinem Platz.
    Sein Blick blieb am Fenster hängen. Eine leise Stimme flüsterte ihm zu, was ihn dort draußen alles erwarten würde, flüsterte vom weiten Himmel, von der frischen Luft, dem nahen Abend ... Er wandte sich ab. Nein, draußen war es viel zu kalt. Im Haus war es nach Phaeneas’ Erachten ebenfalls unterkühlt, aber außerhalb jeglicher Mauern war es noch schlimmer.
    Der bithynische Sklave drehte sich zur Tür um und verließ den Raum.

    Phaeneas war am Nachmittag alleine im Cubiculum des Herrn. Der Sklave saß auf einem kleinen Hocker, hatte eine frischgewaschene Tunica seines Herrn auf dem Schoß und faltete sie auf ein Format zusammen, in dem sie in die Kleidertruhe passte. Als er eine Seite einklappte, entstanden einige hässliche Falten. Sofort glättete er den Stoff wieder. Solche Aufgaben hatte er immer unter den wachsamen Augen seiner Mutter erledigt und sie war eine strenge Lehrmeisterin gewesen. Schlamperei hatte es für sie nicht gegeben, hatte es nicht geben dürfen. So war auch Phaeneas in allem was er tat stets genau. Der damalige Herr hätte sich – harmlos ausgedrückt – daran gestört und entsprechende Maßnahmen einleiten lassen.
    Phaeneas versenkte das zusammengelegte Kleidungsstück in der Truhe und nahm ein weiteres zur Hand.
    Wobei – der damalige Herr hatte ohnehin zu denen gehört, denen nichts gut genug war. Phaeneas’ Mutter hatte er wiederholt unterstellt, ihren Sohn zu verhätscheln. Was für eine abstruse Behauptung! Aber im Grunde war es kein Wunder, schließlich hatte er es nie mitbekommen, wenn sie Phaeneas für etwas zurechtgewiesen hatte. Ja, er hatte geglaubt Bescheid zu wissen und hatte nur seine eigene eitle Welt gesehen. Wenn er dann Phaeneas vor Gästen vorgeführt hatte, hatte er ganz vergessen, wem er die Fügsamkeit des stillen kleinen Sklaven zu verdanken hatte. Diese Ahnungslosigkeit hatte sich auch an dem Tag gezeigt, an dem der Herr den Verkauf von Phaeneas’ Mutter entschieden hatte.
    Der Bithynier schloss für einen Moment die Augen, während Bilder in ihm aufstiegen, die gestochen scharf die damaligen Ereignisse wiedergaben.
    Es war eine Kleinigkeit gewesen. Irgendein kleiner Fehler, der Phaeneas unterlaufen war, aber es hatte gereicht, um den Herrn zornig zu machen. Er war kurz davor gewesen dem Sklaven gegenüber tätlich zu werden, da vergaß Phaeneas’ Mutter, was sie ihrem Sohn immer eingeschärft hatte, und hatte den Herrn abzuhalten versucht. Das hatte sie manchmal getan, wenn er zu sehr in Wut geraten war. Meistens hatte sie damit auch Erfolg gehabt, der Ärger auf Phaeneas war auf diese dreiste Sklavin übergegangen. So auch dieses Mal.
    Der Herr hatte begonnen sie zu beschimpfen. Phaeneas hatte sich von Anfang an gewundert, warum es nur Worte gewesen waren, die der Herr an diesem Tag an sie gerichtet hatte. Auf das, was sie zu ihrer Verteidigung einwarf, war er gar nicht eingegangen. „Wen schert es, ob er dein Sohn ist?“, hatte er sie nur angefahren. „Und wenn er sich nur halb so geschickt anstellen würde, wie er an dir hängt, dann müsste ich ihn jetzt nicht bestrafen. Wie kommst du dazu, Sklavin, mich an meinem Recht zu hindern?! Wenn ich der Meinung bin, dass er für seine Ungeschicklichkeit eine Strafe verdient hat, dann hast du nichts zu beanstanden!“ Er hatte den Kopf geschüttelt. „Nein, das hat nun ein Ende! Im Übrigen verzärtelst du mir den Jungen viel zu sehr, das ist mir schon lange ein Dorn im Auge!“
    Als er dann verkündet hatte, dass sie demnächst mit einem Schwung anderer Sklaven verkauft würde, war sie blass geworden. Phaeneas war nur ein paar Schritte von dem Geschehen entfernt gestanden und hatte allem zugesehen. Später in der Sklavenunterkunft hatte die Mutter ihn wortlos in die Arme genommen und leise zu schluchzen begonnen.
    Im Grunde war es in der Luft gehangen, seit langer Zeit war es schon so gut wie sicher gewesen, dass es eines Tages passieren würde. Doch an diesem Tag hatte es sie völlig unerwartet getroffen.
    Trotz allem hatte Phaeneas’ Mutter ihm wieder eingegeben, alles zu akzeptieren, ganz gleich was passierte, auch diesen Beschluss, einen Beschluss des Herrn.

    Phaeneas und Arete, die rechte Hand von Berenice, standen über einer tönernen Auflaufform, die schon komplett fertig mit Fisch, Liquamen, etwas Öl und einigen Gewürzen gefüllt, mit Eiern gebunden und mit Pfeffer bestreut war.
    „Sollen wir es wohl noch irgendwie garnieren?“, überlegte Arete, die eine wunderschöne spitze und gerade Nase hatte.
    „Eigentlich sieht es schon sehr ansprechend aus“, meinte Phaeneas und zuckte mit den Schultern. „Und vor allem: Der Herr und die Herrin werden nicht erkennen, was sie da essen!“
    Arete nickte zufrieden. „Aber trotzdem glaube ich, dass sich etwas Mittiges gut machen würde. Eine Mandel vielleicht.“
    „Wenn wir schon dabei sind, könnten wir noch einen Rautenzweig dazulegen.“
    Beides kam hinzu und die zwei Sklaven betrachteten ihr Werk.
    „Passt“, nickte Arete. „Es hat was.“
    Der kleine Menyllus, der bis vor kurzem am Boden herumgewischt hatte, drängte sich zwischen die beiden, um ebenfalls einen Blick darauf zu erhaschen. „Stimmt!“, war sein Kommentar und er bekam ganz große Augen beim Anblick der Mandel.
    Arete lächelte und steckte ihm eine zu.

    Nachdem der Herr und seine Frischvermählte sicher im entsprechenden Zimmer abgeliefert worden waren und mit der Zeit auch die Gäste, selbstverständlich von Sklaven begleitet, den Weg zur Porta gefunden hatten, ging für die Bediensteten des Hauses die Arbeit nahtlos weiter. Vor allem in der Küche und im Atrium herrschte reger Betrieb und alle waren damit beschäftigt, die Spuren des gerade stattgefundenen Festes zu beseitigen.
    Einen nassen Lappen in der Hand, wischte Phaeneas einen der Tische im Atrium ab.
    „Welchen Eindruck hat diese nette kleine Familienfeier auf dich gemacht?“, wandte er sich dabei an Crinon. Zugegebenermaßen mehr als nur offensichtlich ironisch.

    Phaeneas sah das verständnisvolle Nicken. Ob Raetinus wohl wirklich verstand? Man konnte schließlich nicht alles in einen Topf verwerfen. Alles war doch so unterschiedlich. Und Phaeneas mochte es nicht, verallgemeinert zu werden.
    Und im Übrigen: Wer wollte schon sein ganzes Leben lang bemitleidet werden?
    Raetinus wirkte jetzt auch ein wenig in Gedanken vertieft, legte die Schwermütigkeit aber bald wieder ab und zeigte ein fröhliches Gesicht.
    Wenn man das Leben an sich als Erfahrung ansah, dann hatte Phaeneas davon. Und gerade diese Verallgemeinerungen der Sklaverei gegenüber waren nahezu prägend.
    Der Bithynier schaute Raetinus beim letzten Schluck Wein zu, ignorierte aber im Übrigen das nun leere Gefäß.
    Das mit den Flausen im Kopf hörte sich ja echt verrückt an. „Sag bloß!“ Dabei erschien ein Grinsen in Phaeneas’ Gesicht. Was es doch ausmachte, in der Stadt einen Unbekannten zu treffen! Außer Haus konnte man wirklich wesentlich leichter unbeschwert mit jemandem reden, als es in den heimatlichen vier Wänden je möglich wäre.
    „Sind Soldaten anfangs so undiszipliniert?“


    Sim-Off:

    Beruhigend zu wissen :]

    Während den Beglückwünschungen des Paares, den Plaudereien der Gäste, dem Festmahl und allem, was sonst noch an diesem ereignisreichen Tag geschah, hatte Phaeneas die ganze Zeit über zu tun gehabt. Und stets einen Blick über alles behalten (oder zeitweise zu behalten versucht), damit auch ja alles so vor sich ging, wie es sollte, nichts übersehen wurde, geschweige denn schief lief.
    Phaneas sah den Zeremonien vor der Porta bzw. im Vestibulum nun relativ untätig aber aufmerksam zu. Der Bithynier hatte gern einem anderen Sklaven den Vortritt gelassen, er mochte es nicht wirklich, wenn ihm alle auf die Finger schauten. Wobei er solchen Situationen bisher in seinem Sklavenleben nicht ganz so leicht hatte entfliehen können wie an diesem Tag.

    4.500 Sesterzen diesmal. Ja, Phaeneas wusste woher.
    Der Bithynier nickte und machte sich auf den Weg, um das Gewünschte zu bringen. Da Crinon der erste war, der ihm begegnete, nachdem die Kiste fertig war, traf es wieder ihn, mittragen zu dürfen.
    So erschienen die beiden Sklaven einige Zeit später im Atrium. Phaeneas sah schon förmlich vor Augen, wie das ganze weitergehen würde. Obwohl, die zwei saßen da so gemütlich...wer wollte da denn Stress machen? 8)

    Wenig später kam der Gerufene dann ins Atrium. Der etwas dunkel wirkende Sklave überblickte kurz die leicht überschaubare Szene – eine Gewohnheit aus früheren Zeiten aus Gründen der eigenen Sicherheit - und trat dann an die beiden sitzenden Männer heran.
    „Herr?“, wandte er sich fragend an eben jenen.

    Ach so, um die Ecke hatte Raetinus gedacht. Eigentlich hätte Phaeneas es ja ahnen können. Aber manche Dinge konnten einem tausend Mal passieren und man war doch jedes Mal wieder erstaunt.
    „Sicherlich“, entgegnete Phaeneas diplomatisch, auch wenn es leider nicht so nichtssagend war, wie Phaeneas eigentlich wollte. „Aber es kommt nicht zuletzt auch darauf an, wem man dient. Der Sklave des Bäckers um die Ecke wird wohl mehr zu tun haben als ich. Und wie du ja gesagt hast, alles hat seine Härten.“
    Diese Antwort war, wenn auch sicher gesprochen, doch etwas zurückhaltend formuliert. Phaeneas wollte Raetinus nicht seine Überzeugungen ins Gesicht sagen, dass es Sklaven nicht zustand, sich über ihr Dasein zu beklagen, und dass er es als unsinnig befand, das zu tun. Ein Schicksal war dazu da, damit klarzukommen. All das wollte er Raetinus nicht einfach so ins Gesicht sagen...
    Leicht abwesen sah Phaeneas Raetinus zu, wie er mit dem Becher herumspielte...


    Sim-Off:

    Also in letzter Zeit übertreibst du’s ein bisschen, mit dem Foto wechseln! *g*

    Unversehens kam die Antwort auf Phaeneas’ Frage.
    Drei Jahre... Man vergaß wirklich leicht die Zeit. Na ja, drei Jahre waren schließlich so gut wie gar nichts. Der Bithynier wollte lieber nicht daran denken, was sich innerhalb von drei Jahren ändern konnte.
    Des weiteren schwieg Phaeneas.
    Aus längst vergangenen Tagen...
    Umstände, Begebenheiten, Personen würde Phaeneas sich vielleicht zurückwünschen, aber nicht ganze Zeiten. Es hatte fast immer irgendwelche Haken gegeben. So – und Phaeneas mahnte sich bei diesem Gedanken nicht euphorisch zu werden, aber man musste es fast so sagen - so nahezu perfekt, so rundherum passend war es bisher nur einmal in Phaeneas’ Leben gewesen. Das war vor etwa... sechs oder sieben Jahren gewesen. Eigentlich auch erst vor kurzem und doch schon so viele Jahre her... Womit er wieder beim gleichen Punkt angelangt war, wie der Herr.

    Derweil schlief Phaeneas tief und fest. Gefangen vom Schlaf bekam er rein gar nichts von dem mit, was um ihn herum eigentlich nicht geschehen sollte.
    Das Gesicht zur Seite gedreht schlief er ruhig weiter und sah dabei nur das Dunkel seines Traums...

    Phaeneas sah dem Herrn beim Lesen zu. Der Schreiber schien sich sehr ausführlich zu äußern, denn der Brief war lang.
    Dabei verfolgte er die Reaktion des Herrn auf den Brief. Auf anfängliches Erstaunen, verdeutlicht durch das Hochziehen einer Augenbraue, folgte ein Seufzen, begleitet von einem genauso wehmütigen Lächeln. Woran der Herr wohl denken mochte? So musste für Phaeneas die Frage heißen, nicht, was wohl in dem Brief stand.

    Nach einem Klopfen und einem „Herein!“ später, kam Phaeneas ins Tablinum.
    „Herr?“
    Noch während er dieses Wort sprach, fiel ihm auf, wie nichtssagend so eine Anrede doch war – und ihre Bedeutung doch gleichzeitig nicht von der Hand zu weisen. Man konnte alles und jeden auf jede beliebige Weise betiteln und hintenherum doch etwas ganz anderes über denjenigen denken. Man konnte jemanden offen als waghalsig bezeichnen und ihn innerlich für seinen Mut bewundern.
    Er hatte auch seinen ersten Herrn – den bei dem er aufgewachsen war – angesprochen wie es ihm rechtens zustand und ihn gleichzeitig für vollkommen unfähig gehalten, das zu sein, als was er sich bezeichnen ließ.
    Mit Worten allgemein war es das gleiche. Reden und Handeln unterschieden sich manchmal immens und doch sagte die Art, wie man etwas äußerte, sehr viel über jemanden, auch wenn es eine Lüge war. Phaeneas vertraute Worten. Mehr als irgendetwas anderem.
    Und trotzdem war diese Anrede mehr als nur eine Floskel und nicht ohne jede Aussage. Es bedeutete die Anerkennung einer Person, sowie deren Achtung und so manches mehr, das still mitschwang, auch wenn Phaeneas in diesem Moment nur einen kleinen Teil davon erahnen konnte.
    Während all das in seinem Hinterkopf ablief, händigte Phaeneas dem Herrn den Brief aus. Den, wegen dem er ins Tablinum gekommen war.


    An:
    Marcus Vinicius Lucianus
    Legatus Augusti Pro Praetore
    Mogonatiacum
    Provincia Germania


    Von:
    Iulia Helena
    Feldlager der Legio Prima
    Parthia
    vor Edessa


    Salve Vinicius Lucianus,


    nachdem hier in Parthia alles ein wenig langsamer geht als an anderen Orten des Imperiums, habe ich auch erst jetzt von Deiner bevorstehenden Hochzeit erfahren. Wahrscheinlich bist Du inzwischen längst vermählt, und wenn Dich Diese Zeilen erreichen, bereits stolzer Vater eines kräftigen Knaben, aber ich wollte Dir doch auf diesem Wege meine besten Wünsche zukommen lassen. An manchen Tagen scheint es mir eine halbe Ewigkeit her zu sein, dass Du mir in Rom Trost spendetest, und noch weiter zurück liegen all jene Tage, die mir damals Pein verursachte. Du hast inzwischen einen strahlenden Weg an die Spitze gemacht, und ich kann Dich nur dafür beglückwünschen, habe ich Dir doch stets das Beste dafür gewünscht. Hoffentlich werden Dir die Nächte in Germania nicht zu lang, selbst als verheirateter Mann wirst Du wohl den ein oder anderen Stapel an Akten abtragen müssen, eine Arbeit, die man als Ehefrau kaum versüßen kann.


    Wenn dies die erste Ehe für Deine Gemahlin ist, so versuche, mit ihr geduldig zu sein. Als Frau wird man nicht als Ehefrau geboren, und das Zusammenleben mit einem fast fremden Mann - ich nehme an, ihr habt alles so gehalten, wie es die Tradition gebietet - ist nicht immer leicht, wenn man zuvor eher ein von Frauen bestimmtes Leben geführt hat. Ein eigener Haushalt, den man zum ersten Mal alleine führt, und vor allem, den Haushalt eines Statthalters, überfordert einen bisweilen. Aber ich bin recht zuversichtlich, dass Du Deiner Gattin mit Fürsorge und Geduld begegnen wirst, wie Du es auch mir gegenüber tatest. Ich hoffe, dass die Feierlichkeiten zur Vermählung angenehm waren - zumeist ist dies gerade für das Brautpaar doch eher ermüdend und anstrengend - und euch die Glückwünsche der Freunde und Verwandten sicher in euren Bund geleitet haben.


    Bedenkt man, welche Hitze in diesem endlos weit wirkenden Land herrscht, stelle ich mir den germanischen Winter sehr angenehm vor. Meine Tage sind mit nicht gerade wenig Arbeit angefüllt, und es gibt im Grunde immer an jeder Ecke etwas zu tun, selbst für die Verlobte des tribunus laticlavius. Seit ich im valetudinarium geholfen habe, Verwundete zu pflegen - und die Götter wissen, bei jedem Kampf gibt es sie! - werde ich immer wieder von Soldaten angesprochen, wenn ich durch das Lager gehe, und ich habe auch das Gefühl, dass es ihnen hilft, ein wenig über andere Dinge zu sprechen als den Feldzug allein. Letztendlich ist doch jeder Soldat vor allem ein Mensch, der sich nach den Lieben zuhause sehnt und die Hoffnung stets mit sich nimmt, sie wiederzusehen.


    Du hast es sicherlich gehört, auch ich steuere den sicheren Hafen einer Eheschließung an, und wenn unsere Verlobung recht kurzfristig geschah und von geradezu militärischer Knappheit geprägt, so will ich doch die Vermählung etwas ausführlicher feiern. Ich rechne dabei fest auf Dich und Deine Gemahlin, um ein wenig Schwung in die doch etwas angestaubte römische Gesellschaft zu bringen. Wenn dieser Krieg vorüber ist, und möge er bald und siegreich zuende sein, werde ich Dir den genauen Termin mitteilen. Du solltest sehen, wie wundervoll diese Landschaft ist, gleichzeitig karg und doch reich an Farben und Eindrücken. Die Gerüche dieses Landes werde ich sicher so schnell nicht vergessen, früh am Morgen ist das Land noch frisch und kühl, und ein würziger Duft nach den wenigen Gräsern, die hier wachsen, liegt in der Luft.


    Da mich nun wieder die Pflicht ruft, schließe ich für diesen Tag und sende Dir meine besten Wünsche nach Germania. Möge Iuno den Bund segnen, den Du geschlossen hast!
    Vale,
    Iulia Helena

    Phaeneas wurde recht bald in seinen Überlegungen unterbrochen. Er sollte eben mal schnell 4000 Sesterzen holen. Nun denn.
    Der Bithynier machte sich auf und organisierte sich Crinon her, die Kiste, die diese Summe ergeben würde, wollte er wahrlich nicht alleine schleppen.
    Zurück im Atrium fand eine Bemerkung des Besuchers Phaeneas’ besondere Aufmerksamkeit: „...ich stehe tief in deiner Schuld, Legatus." Der Sklave fand es ... fast schon faszinierend, wenn sich jemand in jemandes Schuld sah. Er selbst war noch nie der Meinung gewesen, jemandem etwas zu schulden. Es war Pflicht, die ihn band, aber diese Pflicht war ihm durch das Leben, seine Geburt auferlegt, eine konkrete Verbindlichkeit wegen irgendeines Nebenaspektes hatte er dort noch nie gesehen. Umso mehr faszinierte ihn nun diese Äußerung.
    Ach, er verfing sich schon wieder in Theorie. Ganz gleich was er machte, immer kamen Gedankengänge und Betrachtungen zu irgendetwas, was gerade entweder in sein Blickfeld fiel oder ihm spontan in den Kopf kam.


    Sim-Off:

    Willst du das hier weiterführen, Capitolinus, oder es der Einfachheit halber dabei belassen?

    Phaeneas sah erleichtert, dass Raetinus seine Scheu recht bald verlor. Auch wenn es eine einzigartige Erfahrung war, dass jemand Phaeneas wegen verlegen wurde - es wäre ihm doch irgendwann unheimlich geworden, dass sich jemand an seiner Gegenwart irritierte.
    Es war witzig, ja fast schon drollig, Raetinus zuzusehen, wenn er so heiter war. Sein Lachen und seine Vergnügtheit waren wirklich ansteckend.
    Phaeneas hörte Raetinus zu – und stutzte bald. „Warum, was meinst du?“, fragte Phaeneas verwundert nach.


    Sim-Off:

    =)

    Phaeneas erschien erneut auf der Bildfläche, was aber natürlich keinen so selbstsicheren Auftritt ergab wie der des Herrn. Wie der Schatten einer Gestalt nur – der Vergleich traf Phaeneas wirklich sehr gut - fand er sich im Atrium ein.
    Leicht fröstelte er. Per deos, bei den Göttern, wie viele Tuniken übereinander würden wohl nötig sein, um ihn im Winter warm zu halten?!
    Der bithynische Sklave sah auf die Wand gegenüber. Ob dazwischen wohl noch etwas war? Das, was man Luft nannte? Ob so etwas wohl wirklich existierte - wenn es schon einen Begriff dafür gab? Ob Luft wohl etwas wirklich greifbares war? Oder war der unausgefüllte Raum zwischen den Möbelstücken schlicht leer?
    Die Augen abwesend in die Ferne gerichtet sinnierte er vor sich hin und beschäftigte sich in diesem Augenblick einzig und allein mit seinen eigenen Gedanken.

    Da sich nun einer der Soldaten zu Wort meldete, ersparte Phaeneas sich auch nur den geringsten Kommentar auf die Worte des Besuchers. Es interessierte ihn nicht, was irgendein Klient seines Herrn wollte, aber der Herr würde es vielleicht vorab wissen wollen.
    Na ja, vielleicht hätte der Bithynier auch so nichts gesagt.
    „Ich denke nicht“, entgegnete Phaeneas dem Wachsoldaten und fuhr, teils in Richtung der beiden Wachmänner, teils zu Capitolinus, fort: „Ich werde den Herrn“ – damit meinte er an dieser Stelle natürlich Capitolinus – „sofort in die Domus führen.“ Kein Wort weiter. Und damit war die Sache für Phaeneas erledigt.


    Sim-Off:

    Danke, dass du mir Zeit gelassen hast zu antworten, Capitolinus! :P

    Phaeneas betrat zusammen mit dem Besucher das Atrium. In gewohnt höflicher Manier bot er ihm einen Sitzplatz an. „Wenn du bitte warten möchtest. Ich sage dem Herrn bescheid.“ Und damit entfernte er sich.
    Haargenau im Wortlaut würde er den Herrn davon in Kenntnis setzten, dass Numerius Hadrianus Capitolinus ihn wegen einer ‚wichtigen Angelegenheit’ sprechen wolle.

    Sim-Off:

    Immer mit der Ruhe! ;) So schnell bin ich nun wahrlich nicht.


    Ach ja, das war doch ... ja, ein Klient des Herrn. Jetzt fiel es Phaeneas ein. Im gleichen Moment kam ihm die Frage, warum man sich manche Dinge mit Leichtigkeit merken konnte und bei anderen wiederum Schwierigkeiten hatte, sie zu behalten.
    „Mein Herr ist zugegen“, nickte der bithynische Sklave. Er überlegte, ob er es mit der ‚wichtigen Angelegenheit’ dabei belassen sollte. Na ja, lieber genauer nachgefragt. „Wäre es dir möglich, dein Anliegen genauer zu benennen?“, hakte er deshalb nach.