„Und schau, selbst wenn wir uns nicht vermehren: Ein ausgelasteter, soweit zufriedener Sklave arbeitet effektiver, ist zuverlässiger und bringt seinen Herrschaften evt. auch mehr Treue entgegen, wenn die ihm sein selbstgewähltes Liebesleben erlauben.“
Mit einem tiefen Gefühl der Befriedigung bemerkte der Bithynier, dass seine Worte den aurelischen Sklaven trafen. Ja, wegen dessen albernen Liebeleien hatte er, Phaeneas, in den letzten Wochen schließlich leiden müssen.
Immer noch misstrauisch verfolgte er Cimons Erklärungen.
(Wieder mal) Überrascht verarbeitete Phaeneas, was Cimon ihm da sagte. Dankbarkeit. Das war nun ein völlig neuer Aspekt. Irritiert blinzelte der Bithynier. Na ja … so gesehen … war er diesem anderen Typen auch dankbar.
„Aber sonst läuft nichts mehr zwischen euch? Und du bist auch nicht in ihn verliebt? Und empfindest du noch etwas für diese Frau?“
‚Oh bitte, bitte, bitte, sag nein! Sonst weiß ich nicht, was ich machen soll!‘ In all dem Durcheinander, in das ja langsam Licht kam, war das sowieso schon eine Kunst.
Pah, beide waren vor ihm. Das sagte doch gar nichts. Viel interessanter war, ob sie immer noch aktuell waren.
Den Schritt auf ihn zu duldete er.
„Natürlich, das können wir immer noch sagen“, murmelte Phaeneas und wirkte dabei, als wäre ihm das Vorgehen gerade gar nicht recht. Davon abgesehen, dass ihm so ein Wort wie „überglücklich“ nur in ironischen Zusammenhängen über die Lippen kam.
Mit angehaltenem Atem sah er Cimon hinterher, wie er gegen eine Säule ein paar Säulen weiter von der, die Phaeneas am Anfang gestützt hatte, stolperte. Die schützend gegen das Gesicht gedrückten Hände. In einer schnellen Bewegung kniete sich Phaeneas zu dem Nubier, berührte ihn aber kein bisschen, sah ihn nur an (natürlich mit einer Elle Abstand zwischen ihnen). Kurz streifte sein Blick Cimons Arme.
Fassungslos fasste der Bithynier für sich zusammen: Wie konnte man fast 30 Jahre alt werden, offensichtlich an der Liebe interessiert und noch nie in jemanden verliebt gewesen sein?
„Nein, Cimon, nein", protestierte Phaeneas erschrocken, als der seinen Kopf gegen den Marmor der Säule schlug. „Dein armer Kopf! Du tust ihm sinnlos weh. Er wird danach auch nicht mehr wissen.“ Zum Glück hielt Cimon inne.
„Aber … wieso? Wieso hat dein Herr dir das nicht erlaubt? Warum hätte er dich dafür bestraft?“ Das war dem Bithynier vollkommen rätselhaft. Aus reiner Lust und Laune?
„Aber langsam beginne ich zu verstehen. Deine Unerfahrenheit dieses Herrn wegen … dann diese Frau … dann wurdest du von diesem Typen überrumpelt … und dann kam auch noch ich … Oh je, wenn ich gewusst hätte, wie sehr ich dich überrenne, wäre ich weniger überschwänglich gewesen. Aber davon kann man bei einem fast Dreißigjährigen ja nicht ausgehen …“
Langsam, bedächtig begann der vinicische Sklave zu erzählen und er war sich nicht sicher, ob eine so glückliche Geschichte ohne jegliche Komplikationen jetzt das richtige war:
„Ich war sehr jung, frag mich nicht wie alt, als ich zum ersten Mal mit einem Mann zusammen gekommen bin, in den ich mich verliebt hatte. Mahir hieß er, ein Araber, und er kannte mich schon, als ich noch ein Junge gewesen war. Ich glaube auch, dass er von Anfang an eine Liebesbeziehung im Sinn hatte. Als dann mein Interesse an Männern erwacht war, ja, da kamen wir wie von selbst zusammen. Unsere Herrn wussten beide nichts davon. Nur die anderen Sklaven, aber die hat es ja genauso wenig gekümmert wie unsere Herrschaften.“