Beiträge von Quintilia Valentina

    Ein bisschen unangenehm war es Valentina immer, wenn ein Soldat sie mit seinem ganzen Rang ansprach. Sie fürchtete sich immer davor etwas davon zu vergessen und den Gast somit unbeabsichtigt zu brüskieren.
    Dennoch schenkte sie Appius ein Lächeln und nahm das Angebot sich zu setzen gerne an.
    Ihr Blick glitt zu Primus, ohne den sie hier ganz sicherlich nicht so ruhig da sitzen würde. Auf die Bemerkung hin, dass Primus sie heiraten wollte schweig Valentina damenhaft. Schließlich war das alles noch nicht offiziell.
    Auch so saß sie nur da und schwieg. Einer Dame war es nicht gestattet in der Gegenwart der Männer von selbst ein Gespräch zu eröffnen. So hatte man es ihr in Roma damals beigebracht.

    Nicht weniger überrascht sah Valentina Primus an. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Und es stimmte sie auch traurig, dass soetwas Schönes gleichzeitig mit so etwas Unangenehmen daherkam. "Valerian wollte mich damals nicht an der Seite von Lupus sehen. Er wollte es mir ausreden und auf keinen Fall seine Einwiligung geben. Zwar hatte er eingeräumt Lupus eine Möglichkeit zu geben, doch selbst seine Frau hatte dann angefangen mir von Lupus abzuraten. Das habe ich ihm bis heute nicht ganz verziehen. Auch wenn er mein Mentor ist. Wen ich liebe muss er doch mir überlassen."
    Valentina wurde traurig als sie an Lupus zurück dachte. Warum musste Primus sie ausgerechnet jetzt fragen? Die Frage aller Fragen. Und das in so einem Moment.
    Dann aber versuchte sie zu lächeln und sah Primus wieder an. "Natürlich möchte ich dich haben."

    Man hatte ihr bereits mitgeteilt, dass hoher Besuch kommen würde. Primus Cousain. Valentina war sich unschlüssig wie sie sich kleiden sollte. Schön und ellegant? Oder doch eher schlicht? Sie stand lange vor dem Spiegel, bis sie sich für einen guten Mittelweg entschieden hatte. Sie trug eine dunkelgrüne Tunika, die mit goldenen Bändern gehalten wurde. Ihre Haare hatte sie eingedreht und hochgesteckt. Auf Ohrringe verzichtete die junge Römerin genauso wie auf eine Halskette. Sie wollte auf den Gast nicht zu überladen wirken. Ihre Augen allerdings hatte sie wieder mit schwarzem Blei betont. Gerade als sie fertig war kam Maria ein zweites Mal ins Zimmer. "Jaja, ich komme schon." Sie musste gar nichts sagen. Valentina wusste auch so, dass sie sich jetzt beeilen musste.
    Schnellen Schrites eilte sie mit Maria durch die Casa. Erst als sie kurz vor der Xystus waren verlangsamte Valentina ihren Schritt. In ihren feinen Sandalen konnte man ihre Schritte kaum hören. Dann kam sie zu den beiden Männern und begrüßte Primus Gast mit allem nötigen Respekt. "Salve, Appius Terentius Cyprianus."

    Die Decke schützte die Beiden vor dem noch etwas feuchten Waldboden. Und Valentina bereitete die mitgebrachten Speißen aus. Fast könnte man meinen sie wollten hier für länger bleiben so viel war es. Eines war sicher. Die Pferde mussten auf dem Heimweg nicht mehr so viel tragen.
    Und mit gesundem Hunger aß Valentina dann auch davon und zwinkerte immer wieder zu Primus. Es war schön mit ihm hier so ganz ungezwungen zu sitzen. Ohne auf irgendwelche Etiketten achten zu müssen.
    Dann aber sprach Primus ihren Bruder an und Valentina ließ das Brotstück sinken, welches sie sich gerade mit Ziegenkäse beschmiert hatte. "Musst du damit jetzt anfangen?" Sah sie ihn traurig an. Wieso musste er den schönen Nachmittag so stören? Dann aber meinte sie tonlos. "Vor ein paar Tagen habe ich ihm einen Brief geschrieben. Er hatte mir in seinem Letzten mitgeteilt, dass er Vater geworden ist. Dem Kind und der Mutter geht es gut und ich habe ihm meine Glückwünsche übersandt."

    Alleine wäre Valentina niemals in den Wald geritten. Und auch jetzt hatte sie ein ungutes Gefühl. Selbst mit Primus an der Seite. Doch sie ritt tapfer neben ihm her und bald schon hatten sie den Ort erreicht von dem er sprach. Vergessen waren die Ängste sprachlos sah sich die junge Römerin um. Primus half ihr vom Pferd und obwohl sie die Decke ausbreitete und das Essen darauf drapierte konnet sie nicht aufhören sich beundernd umzusehen. Es war wirklich wunderschön hier.
    Primus hatte die Pferde versorgt und kam wieder zurück. Valentina schenkte ihm ein Lächeln und sah ihn dann verschmitzt an. Etwas, dass in der Öffentlichkeit nie vorkam. "Eigentlich habe ich mir schon etwas anderes vorgestellt." Sie streckte sich auf die Zehenspitzen und gab Primus einen Kuss auf die Wange. "Hier ist es wunderbar."

    "Meine Augen?" Nun war Valentina wirklich erschrocken. Denn es gab kaum etwas schlimmeres als an den Augen zu erkranken. Viel zu oft hatte sie schon miterlebt wie Leute ihr Augenlicht verloren.
    Deswegen war sie auch dementsprechend blass als Primus zu ihr aufholte und ihr so intensiv in die Augen sah. Man könnte sogar sagen, dass sie noch etwas blasser geworden war als sie sonst schon zu sein pflegte.
    Und im ersten Moment verstand sie die Worte von Primus nicht richtig. Was meinte er damit? Doch dann küsste er sie und erleichtert stellte Valentina fest, dass er nur einen Scherz gemacht hatte. Erleichtert erwiederte sie den Kuss. Es war so schön mit ihm alleine sein zu können wenn es niemanden gab auf den man hätte aufpassen müssen.

    Die Stute wackelte lustig mit ihren Ohren und während sie ritten sah Valentina dem Ohrenspiel zu. Es war lustig zuzusehen und ließ sie alles andere ein bisschen vergessen.
    Es war auch als würde mit jedem Schritt, den ihr Pferd zurücklegte etwas von ihrer Traurigkeit abfallen. Vieles verband sie mit der Stadt hinter ihr. Das Meiste davon war nicht sonderlich gut. Dennoch war sie gerne hier. Weil Primus bei ihr war. Und der kam gerade neben sie geritten. Valentina löste ihren Blick von den wackelnden Ohren ihrer Stute uns schenkte ihm ein Lächeln.
    "Schade."
    Erwiderte sie dann mit einem geheimnisvollen Blick. Auch wenn es ungemütlich im Sattel war und sie es nicht sonderlich mochte würde Valentina mit Primus noch viel weiter reiten. Sie bemerkte, dass er sie betrachtete und ihr Blick wurde etwas träumerisch.
    "Habe ich etwas auf der Nase?" Fragte sie dann leise.

    Tatsächlich kam Primus schneller wieder als Valentina ihn erwartet hatte. Sie hörte seine Schritte, drehte sich aber nicht zu ihm um. Sie musste acht geben, denn sie spürte etwas in sich, dass jedesmal stärker wurde wenn Primus in ihrer Nähe war.
    "Nur ein kleines Stück raus aus der Stadt. Mal weg von dem ganzen emisgen Treiben. Nur du und ich und die Pferde."
    Nun erst drehte sie sich zu Primus um und sah zu ihm auf. Ob er das für gut heißen würde? Ihren vielleicht kindischen Wunsch.

    Erleichtert darüber, dass er ihr nicht all zu wütend war, lächelte Valentina. Sie hob den Kopf und sah zu Primus hinauf. Was würde sie nur ohne ihn tun? Sicherlich irgendwo in einem Zimmer sitzen und um Lupus trauern. Sie nickte verstehend als er erklärte nicht in voller Rüstung reiten zu wollen und hob dann die Hand um sie an seine Wange zu legen. "Lass dir Zeit." Meinte sie dann leise und wie Primus in Richtung der Casa ging schlenderte die junge Römerin zum Hortus. Sie roch an den Blumen und strich mit den Fingern über die zarten Blüten.

    "Es tut mir leid." Murmelte Valentina dann. Obwohl Primus es nicht ernst meinte wurde sie von ihrem schlechten Gewissen geplagt.
    "Wir haben uns in den letzten Tagen so gut wie gar nicht gesehen. Und ich dachte vielleicht brauchst du ja ein bisschen eine Abwechslung."
    Nun erst hob Valentina den Blick wieder und trat einen Schritt näher. Jetzt, da sie alleine waren konnte sie ihre Gefühle für Primus wieder offen zeigte. Obwohl Christopherus der engste Vertraute von Primus war traute sie sich das nicht einmal vor ihm. Ihre zarten Fingen glitten über die glänzende Rüstung hinweg.
    "Hoffentlich habe ich dir jetzt keinen Ärger gemacht?"

    Als sie sah, wie die Gruppe in den Hof geritten kam bekam Valentina ein schlechtes Gewissen. Wie hatte sie nur glauben können Primus einfach so von seiner Arbeit abhalten zu können? Am liebsten hätte sie sich jetzt hinter Christopheruns versteckt. Doch dann trat sie vor, an ihrer Kleidung herumknibbelnd.
    "Ich war es, der dich herkommen hat lassen." Sie hob vorsichtig den Blick und sah zu Primus auf. Mittlerweile war sie von ihrer Idee gar nicht mehr so überzeugt. Ein kurzer Seitenblick zu Christopherus, doch da musste Valentina jetzt durch.
    "Ich dachte... vielleicht... ob du...." Sotternd verfing sie sich in ihrem Satz, räusperte ich dann aber nochmal und fing von vorne an. "Hast du Lust mit mir ein bisschen ruszureiten und ein Picknick zu machen?"
    Sie deutete unsicher hinter sich auf die beiden Pferde.

    "Und du bist dir sicher, dass er kommen wird?" Valentina dreht sich zu Christopherus um. Die Beiden standen bei den Stallungen. Die junge Römerin war heute schon früh aufgestanden und hatte in der Küche mitgeholfen ein wunderbares Picknick herzurichten. Sie wollte mit Primus ein Stück weit aufs Land reiten und dann dort den Nachmittag mit ihm verbringen. Irgendwie waren sie in den letzten Tagen nicht wirklich zum Reden gekommen. Teilweise hatte Valentina den Eindruck als würde er ihr seit dem Abend aus dem Weg gehen und dann hatte er natürlich so viel zu tun. Heute aber wollte sie das ändern.
    Sie hatte zwei Pferde satteln lassen, wobei natürlich Primus Hengst einer davon war. Valentina selber hatte sich wieder für die brave Stute entschieden, die sie schon hierher gebracht hatte. Auf dem Rücken des Tieres waren die Körbe mit dem Essen verstaut und eine Decke. Auf den Rücken von Primus Hengst wollte sie das lieber nicht packen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie das nicht durfte. Das Pferd war schließlich auch irgendwie ein Soldat. Deswegen stand dieser nur gesattelt da und die Stute trug den Rest.
    Valentina klopfte dem dösenden Tier den Hals. Irgendwie war sie nervös. Die Haare hatte sie sich hochgesteckt und einen dezenten Duft aufgelegt. Mit einem Kohlestift hatte sie ihre Augen etwas betont. Das hatte sie in Rom einmal bei einer Aegypterin gesehen. Ihr Gewand war geeignet für einen Ritt und doch irgendwie besonders. Ein goldenes Band hielt den Stoff zusammen und zusätzlich trug sie die Brosche, die Tullia ihr einst auf dem Markt geschenkt hatte. Doch diese war gut verborgen. Nur Valentina wusste, dass sie etwas von ihrer Freundin dabei hatte.
    "Bist du dir auch wirklich sicher?" Wieder sah Valentina Christopherus an, den sie gebeten hatte Primus ausrichten zu lassen zu den Ställen zu kommen.

    Die junge Römerin betritt das Postamt und bittet die Kosten für den Brief von der Wertkarte der Terentier abzubuchen.


    Ad
    Lucius Quintilius Valerian und Quintilia Calvena
    Cohortes Urbanae
    Roma, Italia


    Salve Valerian und Calvena,


    den Brief von euch in Händen zu halten war wahrlich eine Überraschung. Nach dem relativ kühlen Abschied dachte ich wirklich nicht mehr daran, dass wir wieder voneinander hören würden. Es sei dir dafür gedankt, dass du mir diesen Breif geschrieben hast. Mit dir Valerian konnte ich überhaupt nicht reden und du Calvena hast mir sehr deutlich gesagt was du über meinem Verhalten denkst. Ich war in Trauer um Lupus und als mir Primus angeboten hatte mit ihm zu kommen habe ich nicht lange darüber nachgedacht. Sicherlich hätte ich mir gewünscht, dass wir einer Meinung sind. Aber jede von uns hat ihren Standpunkt vertreten.
    Deswegen ist es mir nicht gleichgültig wie es euch in Rom ergeht. Valerian wünsche ich natürlich alles Gute für seinen neuen Posten. Ich bin mir sicher, dass er bald befördert wird und dir damit das Leben geben kann, welches du verdient hast.
    Ebenfalls hat mich die Neuigkeit berührt, dass ich einen Neffen habe. Sicherlich ist er so schön wie du es bist und so stark wie Valerian. Und du bist ihm eine gute Mutter. So wie du meinem Bruder eine gute Frau bist. Ich bete zu den Göttern, dass mir eines Tages auch einmal diese ehrenvolle Aufgabe zuteil wird. Bitte gib Lucius einen Kuss von mir.
    Mir geht es hier in Confluentes gut. Die Schreibarbeiten lenken mich davon ab traurige Gedanken zu haben. Und Primus kümmert sich aufopferungsvoll um mich. Ich bin ihm so zu Dank verpflichtet. In seinem Haus fühlte ich mich sofort wohl und nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den Angestellten verstehe ich mich nun auch mit ihnen gut.
    Die Zeit wird zeigen wie lange wir hier bleiben werden und wohin uns der Weg dann als nächstes führt.
    Die Götter mögen stets eine schützende und wachsame Hand über euch haben und euch vor allem Übel bewahren.


    Vale,
    Valentina

    Die Worte von Maria waren deutlich aber ehrlich. Valentina dachte einen Moment darüber nach, während sie sich den feinen Gürtel zuband, der ihr Nachtgewand hielt. "Ich glaube nicht an euren Gott, Maria." Meinte sie dann ernst. Aber nicht böse.
    "Mein Verhalten heute Abend war nicht richtig, ich weiß." Sie setzte sich auf das Bett und legte ihre Hände in den Schoß. "Primus verdient eine starke Frau an seiner Seite. So wie es Tullia war." Die Römerin hob den Kopf und sah die Bedienstete an. "Sie war meine beste Freundin. Ich habe sie gekannt und ich sah sie an Primus´ Seite. Ein Teil von mir will es nicht zulassen, dass ich Gefühl für den Mann meiner besten Freundin entwickle. Aber so ist es Maria. Ich bin nicht nur hierher gekommen weil er mir eine Arbeit anbot. Ich tat es auch seinetwegen. Ich wollte bei Primus bleiben."
    Valentina seufzte. Wie sollte sie nur Tullias Platz einnehmen können wenn sie nicht mal ihren Eigenen fand? Traurig legte sie sich ins Bett und starrte zur Decke.

    Irgendwann wurde sie von starken Armen einfach hochgebohen. Valentina legte ihren Kopf gegen die Schulter von Primus und einen Arm um seinen Nacken. Sie war so traurig aber gleichzeitig auch so dankbar, dass er sie nicht auslachte oder verurteilte. Primus trug sie bis in ihr Bett und Valentina sah zu ihm auf. Den Brief sah sie vorerst nicht. Der würde ihr dann erst später auffallen.
    Primus kämpfte offensichtlich mit sich selbst, doch Valentina war hier nur Gast, das war ihr auch bewusst. Sie wollte schon den Blick senken als er sich vor ihr Bett kniete und ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich. Valentina lächelte ihn an und meinte dann leise.
    "Mir tut es auch leid. Ich hätte nicht so überreagieren sollen. Gerne würde ich dieses Essen einmal wiederholen. Achja..." Sie legte ihre Hand auf die von Primus.
    "Magdalena trifft keine Schuld. Ein andermal möchte ich mich gerne nocheinmal mit ihr über dieses Thema unterhalten."
    Als er sie küsste hielt Valentina den Atem an. Es war ein so schönes Gefühl und am liebsten hätte sie ihn festgehalten. Doch das durfte sie nicht und so hörte sie nur wie sich Primus mit schnellen Schritten entfernte.
    Einen Moment noch blieb sie liegen, dann richtete sie sich langsam auf und blickte zu Maria hinüber.
    "Bitte sei nicht böse mit mir, dass ich euch um euer Abendessen gebracht habe. Es war nur dieses Thema welches mich erschreckt hat." Offen und ehrlich sah Valentina zu der Hausangestellten hinüber. Sie ließ mit keinem Wort ihre Stellung erkennen. Im Gegenteil, es war Valentina unangenehm sich so benommen zu haben. "Was musst du jetzt wohl von mir denken?" Die junge Römerin saß am Rande ihres Bettes und sah zu Boden.

    Die junge Römerin Nahm ihren Becher zur Hand und nippte daran. Mit dem ungestümen Wesen der Angestellten konnte sie nicht umgehen. Sie war es nicht gewohnt, dass man so mit ihr sprach. Entweder hatte sie nie ihre Meinung zu sagen gehabt oder aber es galt die Meinung ihres Bruders. Selbst die Gespräche mit Bashir waren stets ruhig verlaufen und sie hatten sich über alles mögliche Unterhalten. Aber nie so ungestüm.
    Deswegen konnte Valentina daraufhin auch nichts mehr erwidern. Sie wollte hier keinen schlechten Einduck vermitteln. Doch mit der Situation war sie einfach überfordert. Sie hörte von dieser Sekte den Christen. Und Maria und Magdalena mussten ihr angehören, denn sie sprach immer von ihrem Schöpfer. Valentina verstand nicht wie man nur an einen Gott glauben konnte wo es doch so viele Götter gab.
    Sie hielt sich mit einer Hand den Kopf, denn ihre Gedanken schwirrten darin hin und her. Es ging um Hinrichtungen, Tod und Kämpfen. Und das bei einem eigentlich gemütlichen Abendessen.
    Valentina wandte sich an Christopherus, der direkt neben ihr saß.
    "Mir ist ein bisschen kühl, ich hole mir meine Stola."
    Und mit diesen Worten stand Valentina auf und verließ den Tisch.
    Sie ging bis in das Nebenzimmer und lehnte sich dort dann mit dem Rücken gegen die Wand. Die Römerin schloss die Augen. Bilder von Gewalt und Hinrichtungen die sie selbst schon mitansehen hatte müssen bildeten sich vor ihrem inneren Auge.
    Weinend rutschte Valentina an der Wand entlang zu Boden. Warum nur musste sie sich so anstellen? Jetzt dachten sicherlich alle von ihr sie wäre verrückt. Warum konnte sie nicht einfach etwas erwidern? Ganz zu schweigen was Primus nun von ihr denken musste. Da fing seine Angestellte ein angeregtes Gespräch an und sie rannte davon. Nur weil ihr das Thema so unangenehm war. Valentina wollte nicht hören, dass Primus kämpfte. Denn das bedeutete immer, dass er auch sterben konnte.
    Gegen die Wand gelehnt hockte Valentina nun auf dem Boden und weinte lautlos in ihre, vor das Gesicht gehaltenen, Hände.

    Nachdem alle am Tisch Platz genommen hatten begann man mit dem Mahl. Valentina hielt sich zuerst noch etwas zurück, doch dann siegte der Hunger und auch sie langte dann kräftig zu. Den Geschichten hörte sie aufmerksam zu, war sie doch immer begeistert neue, unbekannte Dinge zu lernen. Bei der Geschichte wie Primus zu den beiden Frauen gekommen war wurde Valentina traurig. Es gab so viel Tod um sie alle herum. Maria hatte ihr nie etwas davon erzählt. Das tat Valentina leid, denn sie hatte sich offenbar zu wenig Zeit genommen für alle ihre Angestellten. Zuerst war sie so damit beschäftigt Tullias Arbeit gut weiter zu führen und dann war sie so sehr mit Abreiseplänen zugedeckt. Nein, sie war vermutlich keine besonders gute Chefin im alten Optio gewesen. Und dafür würde sie sich irgendwann einmal bei Maria entschuldigen.
    Als die Stimmung dann kippte stellte Valentina den Becher weg aus dem sie gerade getrunken hatte. Gerne hätte sie gleich etwas dazu gesagt, doch ihre Erziehung verbot es ihr sich einzumischen. So musste sie wohl oder übel warten bis die beiden Männer geendet hatten. Auf Primus letzte Bemerkung allerdings sah Valentina ihn mit großen Augen an. Ein paar Herzschläge lang sah sie ihn sprachlos an, dann wandte sie sich immer noch etwas verdattert an Magdalena.
    "Du bist für mich keine Sklavin. Ich hasse dieses Wort. Du bist eine Angestellte. In Mongontiacum hatte ich lange Zeit auch einen Angestellten. Er wurde mein bester Freund. Ich mochte ihn sehr gerne. Und ich hoffe wir werden auch irgendwannein gutes Verhältnis zueinander haben."
    Valentina schenkte ihrer Gegenüber ein Lächeln und streifte dabei auch Maria.
    "Was deine Frage betrifft." Valentina schwieg einen Moment. Sie schien über die richtigen Worte nachzudenken. "Es ist richtig, dass man diese Verbrecher bestraft. Und zwar mit den gleichen Sünden die sie ihren Opfern entgegen gebracht haben. Sie allerdings so offen hinzurichten halte ich auch nicht für richtig."
    Dann sah Valentina wieder zu Primus. "Niemandem muss hier der Mund ausgewaschen werden."

    "Nein Danke, das ist schon in Ordnung."
    Lächelte Valentina Christopherus an. Hätte sie doch nur eine Ahnung gehabt was von ihr erwartet wurde. Niemals sah Valentina die Bedinsteten als Sklaven an. Sie hatte einmal deswegen sogar Ärger bekommen weil sie auf einem Sklavenmarkt in Rom ihr Wort erhoben hatte. Und auch ihr lieber Diener Bashir war zu einem Freund geworden und den hatte sie niemals als Sklave angesehen.
    "Na dann hoffe ich mal, dass alle einen guten Hunger haben." Die junge Römerin sah Primus an und hob ihren Becher etwas an.

    Es war noch ein gutes Stück zu laufen, doch Valentina genoss jeden Schritt davon. Sie trug den Korb mit den Einkäufen in der einen Hand und mit der Anderen hatte sie sich bei Primus untergehakt. Zuerst gingen sie noch sehr gesittet nebeneinander her. Aber als die Leute etwas weniger wurden und die Straßen etwas leerer legte Valentina ihren Kopf an Primus Schulter. Es war so ein wunderschönes Gefühl nach Lupus wieder jemanden bei sich zu haben für den man wichtig war.
    Bei der Casa angekommen war die junge Römerin fast etwas enttäuscht. Sie hätte noch lange so weiter spazieren können. Aber sie folgte natürlich ins Haus. Den Korb gab sie bei Christopherus ab und staunte dann nicht schlecht als sie den Speißeraum betrat. Erst jetzt bemerkte Valentina wie hungrig sie eigentlich wirklich war.
    Etwas ungewohnt war das mit den Stühlen, aber sie war offen für Neues und so setzte sie sich. Einen Moment sah sie sich noch die Tafel an, dann hob sie den Kopf und sah Primus in die Augen. "Von wegen kein Ochse am Spieß. Das sieht ja herrlich aus! Erwartest du noch Besuch?"

    Die guten Geister in der Casa. Ja, die hatte Valentina schon kennen gelernt. Sie wollte möglichst schnell Freundschaft mit ihnen schließen. Einfach aus dem Grund weil Valentina immer gerne mit allen Leuten um sich herum gut auskommen wollte. Schade, dass dies bei ihrem eigenen Bruder nicht funktionierte.
    Nickend nahm die junge Römerin dann den angebotenen Arm an. "Hoffentlich ist es ein üppiges Mahl. Ich habe großen Hunger." Lächelte Valentina Primus dann an während sie an seiner Seite lief.