Beiträge von Quintilia Valentina

    So stur, wie sie sich auf das Pferd gekämpft hatte, so lenkte sie dieses nun auf dem gleichen Weg zurück, aus dem sie gekommen waren. Die Spuren im Schnee halfen Valentina sich orientieren zu können. Nein, sie würde nicht wieder zurück reiten. Es tat ihr mittlerweile sogar schon leid überhaupt mitgekommen zu sein. Mit einer Hand krallte sie sich in der Mähne des Tieres fest und mit der anderen versuchte sie die Zügel so zu halten, wie Valerian es ihr beigebracht hatte. Gerne wäre sie schneller geritten, doch das traute sich Valentina dann doch nicht, denn sie musste ja froh sein überhaupt auf dem Pferd sitzen bleiben zu können.
    Bald schon war der kleine Platz hinter ihr verschwunden und sie ritt getreu den Weg weiter, denn sie gekommen waren.

    Immer noch erschrocken stand Valentina etwas scheu an der Wand und sah sich nun einem ganzen Trupp freiwilliger Helfer gegenüber. So viel Aufmerksamkeit wollte sie dann doch auch nicht und es war ihr fast etwas unangenehm. Von all den Männern in Rüstungen kannte sie nur einen und so war es Numerius Hadrianus Capitolinus der ein scheues Lächeln von ihr bekam. "Danke, mir geht es gut. Ich hab es nur mit der Angst zu tun bekommen." Auf die Frage des anderen Mannes antwortete sie getreu. "Quintilia Valentina ist mein Name, mein Herr."
    Scheu suchte sie die Nähe von Numerius Hadrianus Capitolinus denn diesen kannt sie von der Feier aus und er hatte befohlen ihren Bruder herzuholen.
    Unbeholfen blickte sie zwischen all den Männern hin und her und hoffte bald Valerians Gesicht ausmachen zu können.
    Auf die Frage, ob sie die Männer denn beschreiben könnte hielt sie inne. Nun, gesehen hatte sie die Leute schon, aber sie hatte zu große Angst gehabt. Zögerlich versuchte sie die Frage zu beantworten. "Sie waren groß, die Tuniken, die sie trugen waren dreckig und stellenweise geflickt. Einer von ihnen hatte einen Dreitagebart und alle waren sehr ausgemergelt." Sie hielt inne und versuchte sich noch an irgendetwas zu erinnern, das hilfreicher wäre. "Sie hatten allesamt braunes Haar." Selbst etwas enttäuscht über die wenigen Details, die sie geben konnte blickte die junge Frau in die Runde und hoffte wenigstens ein bisschen geholfen zu haben.

    Bedrohlich kamen die Männer näher und sahen in der Frau wohl eine leichte Beute. Doch da erscholl der laute Ruf eines Mannes, gefolgt von einem zweiten durch die Gassen. Selbst Valentina erschrak und glaubte zuerst an eine Verstärkung für die Diebe. Doch als sie den Kopf drehte sah sie einen Mann in Uniform. Die Rettung!
    Das schienen auch die Diebe erkannt zu haben und rannten so schnell sie konnten davon.
    Erleichtert atmete Valentina tief durch und trat dann von der Wand weg auf die beiden Soldaten zu. "Ich weiß gar nicht wie ich euch danken kann." Sie sah abwechselnd von einem zum anderen und zitterte immer noch ein wenig. "Vielen Dank."

    Schmunzelnd ging Valentina weiter. Es war komisch sich mit einem Mann über Stoffe zu unterhalten. Eine angenehme Überraschung, wie sie fand. "Nun, über die neueste Mode in Rom bin ich auch nicht mehr informiert." Meinte sie dann ausweichend und schlenderte weiter. Die teuren Stoffe könnte sie sich auch gar nicht leisten, aber das musste sie ihrer neuen Bekanntschaft ja nicht auf die Nase binden.
    Schließlich blieb sie dann wieder an einem Stand stehen und nahm einen dunkelgrünen Stoff zur Hand. Nun wollte sie das Wissen ihrer Begleitung prüfen. "Und was hältst du hiervon?"

    Am Rande der Veranstaltung war Valentina gestanden und hatte zugehört. Sie zeigte keine Reaktion auf diese Neugkeiten. Nur kurz senkte sie den Blick als gesagt wurde, der Mann war gestorben. Sie zollte ihm dadurch ihren Respekt. Wie es weitergehen sollte wuste sie nicht. Das Land würde weiter regiert werden. Einzig die Angst um ihren Bruder machte ihr Sorgen. Was, wenn er in dieses Land gehen und kämpfen musste? Sie sah und hörte Valerian, wie er seinen Dienst tat und unterließ es zu ihm zu gehen. Er war jetzt der Soldat, nicht ihr Bruder. Sobald es ging, wollte sie aber mit ihm reden.


    Die Menge löste sich auf und so verließ auch Valentina ihren Platz um nach Hause zu gehen. Doch weit kam sie nicht, als zwei Kerle ihr den Weg versperrten. Es sah nicht so aus, als wollten die sie nur nach dem Weg fragen. Erschrocken und auch etwas ängstlich, wollte Valentina umdrehen und zurück laufen, doch da trat ein weiterer Mann in die Gasse. Sie war nicht weit von dem Platz entfernt, auf dem gerade die Rede stattgefunden hatte. Ihr wurde klar was passieren würde und davor hatte sie große Angst. Also tat sie das, was sie jetzt noch tun konnte. Sie drückte sich gegen eine Hauswand und rief so laut sie konnte um Hilfe.

    "Natürlich werde ich einen Arzt bezahlen!" Empört über diese Frage sah sie Bashir an. "Hör mal ich will dich doch jetzt für eine längere Zeit in meiner Gesellschaft haben. Da musst du doch gesund werden!" Sie schüttelte den Kopf und war fast etwas enttäuscht darüber, dass er es nicht als selbstverständlich ansah. Aber dann wurde ihr wieder klar, was man ihm vermutlich alles für böse Dinge gesagt hatte und so verzieh Valentina ihm.
    "Was meinen Bruder betrifft. Valerian, ist sein Name. Nun..." Sie machte ein betretenes Gesicht. "Ich weiß es ehrlichgesagt nicht was er zu dir sagen wird. Er ist ein netter Mensch und ich liebe ihn sehr. Aber er ist eben ein Soldat und er hat immer Angst um mich. Aber ich glaube nicht, dass er schon einmal in deinem Land gekämpft hat. Von Rom aus wurde er hierherversetzt." Sie schüttelte noch einmal den Kopf. "Nein, ich glaube nicht. Aber trotzdem kann es passieren, dass er ungehalten wird. Ich weiß es nicht. Es kann auch sein, dass er dich sofort für gut befindet. Aber egal was passiert..." Sie legte ihm eine Hand auf die Seine und sah ihn offen an. "Du bist und bleibst jetzt bei mir. Ich werde mit Valerian reden. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen."


    Schweigend aß dann auch Valentina von der Suppe und stellte keine weitern Fragen, denn sie sah wie gierig Bashir sein Essen hinunterschlang. Der Ärmste musste wirklich vollkommen ausgehungert sein. Als sie fertig waren, nahm sie seine Schüssel und trug sie zusammen mit ihrer zurück zur Spüle. Dann nahm sie das Hähnchen vom Grill und friemelte es vom Spieß. Es war nur ein kleines Tier. Ihr Gärtner meinte es würde keine Eier mehr legen und so hatte Valentina beschlossen, dass es ihren neuen Mitbewohner jetzt satt machen würde. Auf einer Platte trug sie das Hühnchen zum Tisch und brachte gleich noch zwei Teller und Besteck. Sie schob die Platte zu Bashir, denn das Zerteilen des Vogels sollte dann doch lieber er übernehmen. Das hatte sie noch nicht so oft gemacht. "Nimm dir so viel du möchtest. Ich habe keinen großen Hunger mehr." Forderte sie ihn auf und hörte seinen Erzählungen zu.
    Während er das Huhn zerteilte meinte sie dann. "Meine Heimat ist Rom. Vielleicht hast du schon mal davon gehört. Es liegt von hier aus weiter im Süden. Dort ist es auch viel wärmer und Schnee fällt dort nur selten. Deine Heimat hört sich sehr interessant an." Mitfühlend sah sie Bashir an. "Es tut mir leid, dass du jetzt hier sein musst und nicht mehr in deiner Heimat bist. Aber dir soll es hier an nichts fehlen. Was immer mir gehört sollst auch du benutzen können."

    "Oh nein!" Lachend schüttelte Valentina den Kopf. "Ich habe nur die Schule besucht, aber ich habe nicht studiert. "Alles was ich über Wunden weiß, sind die Ergebnisse irgendwelcher Prügeleien meines Bruders. Den hab ich öfter mal versorgen müssen, wenn er wieder blutend heim gekommen ist." Besorgt besah Valentina sich die Wunde und traute sich gar nicht hinzufassen. "Also das sieht sehr ernst aus. Soetwas habe ich noch nie gesehen." Vorsichtig fuhr sich dann doch mit dem Finger darüber. "Es ist ja ganz warm." Wenn etwas warm ist, dann musste man es kühlen. Das war einfach. Also stand Valentina auf, holte ein neues Tuch und tunkte es in kaltes Wasser. Das war um diese Jahreszeit ja nicht schwer zu beschaffen. Mit dem nassen Tuch kam sie zurück und wickelte es vorsichtig um das Knie. "So, das ist etwas dünner als das Handtuch. Wir werden es regelmäßig austauschen und morgen werden wir gleich zu einem Arzt gehen, ja? Der soll sich dein Knie ansehen. Ich bin mir sicher, dort kann man dir dann helfen."


    Dann stand sie auf und ging wieder zu ihrem Suppentopf. "Ah! Genau richtig." Sie Drehte sich zu Bashir um und deutete auf einen Schrank neben ihm. "Dort drinnen ist das Service. Es ist ziemlich wertvoll, also bitte nicht runterwerfen." Sie schmunzelte, denn es war als gut gemeinter Scherz gedacht. "Deswegen nehme ich es auch nur selten. Nur, wenn wir Gäste haben. Was leider nicht sehr oft vorkommt." Schob sie etwas traurig hinterher. Dann aber riss Valentina sich wieder zusammen und erklärte weiter. "Wir, also du ich und mein Gärtner wir nehmen dieses Holzgeschirr." Sie deutete auf einen Schrank neben der Feuerstelle, ging dort hin und holte zwei Schüsseln heraus. Da hinein füllte sie dann die Suppe und trug sie zu Bashir an den Tisch. "Wenn die mal runterfallen ist es nicht schlimm." Sie setzte sich ihm gegenüber und nahm ihren Löffel zur Hand. "Also, lass es dir schmecken." Sie aß einen Löffel und sah Bashir dann aus freundlichen Augen an. "Irgendwann musst du mir alles über deine Heimat erzählen. Ich möchte alles darüber erfahren."

    Es dauerte lange und es sah auch sicherlich alles andere als ellegant aus, doch Valentina kämpfte sich mit Hilfe eines Baumstumpfes auf den Rücken des Pferdes. Dank des gutmütigen Tieres ging das auch gut. Ein nervöseres Pferd hätte sie mit Sicherheit wieder abgeworfen.
    Als sie dann doch tatsächlich fest im Sattel saß, nahm sie die Zügel, wie es ihr Valerian einst gezeigt hatte und drückte dem Tier vorsichtig die Hacken in die Seiten. Dank der Spuren im Schnee wusste Valentina wohin sie lenken musste und so war sie nun tatsächlich im Begriff weg zu reiten.

    Vor sich hinsummend stand Valentina in der Küche und war fleißig am werkeln. Trotz der Kälte, die draußen herrschte, hatte es hier drinnen eine angenehme bis unangenehme Wärme. So war es auch nicht verwunderlich, dass Valentina ihre Haare hochgesteckt hatte und die Ärmel ihres Kleides hochgekrämpelt. Feste rührte sie gerade in einem Suppentopf und der Geruch von gebratenem Hühnchen zog durch die Küche.
    Als sie eine Stimme hinter sich hörte drehte sie sich um und sah Bashir an. Staunend hielt sie inne. Ihr neuer Mitbewohner sah sauber und in neuen Klamotten wirklich nicht schlecht aus. Wirklich nicht schlecht... Als ihr bewusst wurde, was sie da dachte und das sie ihn anstarrte, drehte sie verlegen den Kopf weg und räusperte sich.


    "Bashir? Du hier? Ich dachte du legst dich etwas hin." Es war kein Vorwurf, sondern ehrlich gemeint. Sie hatte vorhin doch gesehen, wie müde er war. "Deine Wäsche? Ähm, ja... gute Frage." Sie sah sich um. Hier in der Küche war sie nicht gut zu gebrauchen. "Leg sie doch draußen auf den Gang, dann sammeln wir morgen alles zusammen und gehen zusammen zum Waschen. Ich hab auch schon wieder einen ganzen Berg Wäsche."
    Dann sah sie an ihm herab und erkannte sein dickes Knie. Im ersten Moment erschrak Valentina heftig, denn sie dachte es wäre so dick angeschwollen, doch dann glaubte sie zu erkennen, dass er es mit irgendwas umwickelt hatte.
    "Du setzt dich jetzt da hin, damit ich mir mal dein Knie ansehen kann." Sie deutete auf einen Stuhl und sah dann nocheinmal in den Suppentopf. Es würde noch ein bisschen dauern und diese Zeit konnte sie nutzen.
    Als Bashir wie zu erwartend ihrem Wunsch nachgekommen war, kniete sie sich vor ihm nieder und wollte schon sein Hosenbein hochschieben als ihr gerade im letzten Moment klar wurde, dass es sich hier nicht um ihren Bruder handelte, bei dem das ja egal war. "Darf ich?"
    Nach seiner Zustimmung schob Valentina vorsichtig den Stoff hoch und runzelte die Stirn. "Hm...."

    Schmunzelnd wartete sie in der Türe auf Bashir. Irgendwie war er schon niedlich. Sollte es mit Valerian wirklich Ärger wegen dem Geld geben, dann nahm sie den gerne auf sich. Ihr neuer Mitbewohner war es wert. Als sie mit ihm zu seinem Zimmer ging meinte sie traurig. "Nein Bashir. Es wohnt sozusagen niemand mehr hier. Ab und zu kommt eine Frau hier her und hilft mir mit der Hausarbeit. Aber auch nicht sehr oft. Um den Garten kümmert sich ein alter Mann, der früher hier der Hausverwalter war. Aber er ist wirklich schon sehr alt. Er wohnt in einem kleinen Zimmer am Ende dieses Ganges, du wirst ihn kaum sehen." Sie blickte ihn an. "Jetzt verstehst du vielleicht warum mein Bruder wollte, dass ich jemanden habe der auf mich aufpasst. Er selber kann es nicht tun. Er ist Soldat. Aber jetzt habe ich ja dich!"


    Mit einem warmen Lächeln öffnete sie eine Türe, auf der zum Innenhof gewandten Seite, und trat ein. Es war ein geräumiger Raum in dem alles vorhanden war, was man brauchte. "So, das soll von nun an dein Zimmer werden. Das Haus steht leer also können wir uns vollkommen ausbreiten. Du kannst dich hier waschen und dich umziehen." Sie ging zum Fenster, schob die dicken Vorhänge beiseite und deute nach draußen. "Von hier aus hast du einen wunderbaren Ausblick auf den Innenhof. Im Sommer möchte ich dort unten Rosen züchten. Dann wird es bestimmt noch schöner sein." Dann aber hielt sie inne, schloss den Vorhang wieder und meinte entschuldigend. "Aber das wird dich jetzt nicht interessieren." Sie lächelte scheu. Valentina war genauso aufgeregt wie Bashir, denn sie wollte ja keinen schlechten Eindruck hinterlassen. "Dein Zimmer ist direkt über der Küche. Dort ist der Kamin, so hast du es also immer schön warm hier drinnen." Sie sah sich nocheinmal um ob alles in Ordnung war und ging dann wieder zur Türe. "Ruh dich aus Bashir. Leg dich hin, wenn du möchtest. Du bist bestimmt müde." Sie öffnete die Türe trat hinaus und drehte sich dann noch einmal um. "Ich bin froh, dass du jetzt da bist. Und wenn du mich brauchst, ich bin in der Küche um uns etwas zu essen zu machen. Heute sollst du noch nicht kochen müssen." Und mit diesen Worten zog sie die Türe zu um dann tatsächlich in Richtung der Küche zu verschwinden.

    Seufzend kam Valentina zu ihm, legte ihm beide Hände auf die Schultern und ließ sich dann vor ihm in die Knie sinken, damit sie auf gleicher Augenhöhe war. "Bashir! Nicht Domina Valentina. Nur Valentina, Ja?" Sie lächelte und fuhr sanft fort. "Und hör auf ständig auf den Boden zu sehen. Bin ich denn so schlimm anzusehen?" Sie legte ihm einen Finger unters Kinn und zwang ihn aufzusehen. "Ich kann mir vorstellen was man dir gesagt hatte. Du musst unterwürfig sein und gehorchen. Teilweise stimmt das ja, aber ich möchte niemanden, der ständig nur das tut was ich ihm sage. Ich möchte jemanden, mit dem ich reden kann. Über Dinge dich mich interessieren, über Dinge die dich interssieren. Über deine Heimat möchte ich zum Beispiel alles erfahren." Sie sah ihn immer noch freundlich an. "Und als aller erstes ziehst du jetzt dann dein neues Gewand an, ja? Damit es dich nicht mehr so friert. Möchtest du dein Zimmer sehen?" Sie stand wieder auf und sah ihn abwartend an. "Oder erst später, wenn es deinem Bein besser geht?"

    Interessiert zog Valentina eine Augenbraue hoch. So, der Mann hatte also ihren Bruder traktiert? Na, dann war er ein erklärter Feind. Schmunzelnd über ihre eigenen Gedanken betrachtete sie den Mann noch kurz, dann schlenderte sie weiter. "Ach, ich bin mir sicher, mein Bruder weiß sich zu helfen."


    Auf die Frage was sie eigentlich genau suchte, stockte Valentina kurz. "Tja, das ist eine gute Frage." Sie lächelte unsicher. "Eigentlich nichts besonderes. Ich wollte mich nur mal wieder ein bisschen umsehen. Veilleicht wäre ein neuer Stoff nicht schlecht, schließlich will man ja immer mit der neuesten Mode gehen." Sie sah ihn scherzend an. Mit einem Mann über Mode zu reden war als würde man mit einer Wand sprechen. Das wusste Valentina nur all zu gut von ihrem eigenen Bruder.

    "So, da wären wir!" Schwungvoll öffnete Valentina die Türen zu ihrer Casa und führte Bashir in den Eingangsbereich. Dort deutete sie auf einen Stuhl. "Du kannst dich setzen, wenn du möchtest. Später werde ich mir dein Bein einmal ansehen, ja? Mein Bruder hatte auch öfter Verletzungen, die ich dann behandeln musste. Ansonsten werden wir schon ärtzliche Versorgung für dich auftreiben." Sie lächelte ihn freundlich an und hängte ihren Umhang an einen Hacken. Dann trat sie ans Feuer und sah zu, dass es wieder etwas höher brannte.
    Erst dann drehte sie sich wieder zu Bashir um und begann dann damit was ihr schon die ganze Zeit auf dem Herzen lag.
    "Hör zu Bashir. Ich bin mit Sicherheit keine gute Herrin. Du bist mein erster... Bediensteter, den ich auf dem Markt gekauft habe. Es tut mir leid so grob zu dir gewesen zu sein. Aber ich durfte vor dem Händler keine Schwäche zeigen. Du bist viel mehr wert als das Geld was ich für dich bezahlt habe. Ein Menschenleben ist unbezahlbar." Sie lächelte wieder scheu. "Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich viel mehr für dich bezahlt, aber ich habe nicht besonders viel Geld. Es reicht gerade so." Sie seuftzte und kam dann wieder etwas näher.
    "Eigentlich habe ich keine Ansprüche an dich. Du bist hier, weil du auf mich aufpassen musst. Mein Bruder und ein sehr guter Bekannter sind der Meinung, dass ich hier nicht länger alleine wohnen sollte. Deswegen bist du jetzt hier. Du sollst acht geben, dass mich keiner stiehlt." Sie lachte kurz und hoffte die Situation so etwas aufzulockern.
    "Du musst mich niemals mit Herrin ansprechen, hörst du? Ich bin für dich Valentina. Lass uns Freunde sein, ja? Gut, ich habe dich mit Geld gekauft, aber ich möchte, dass du dich hier wohl fühlst. Du wirst sozusagen für mich arbeiten, bekommst dein eigenes Geld und kannst damit tun und lassen was du möchtest." Das hatte sie von Lando gelernt und wollte es gleich in die Tat umsetzen. "Was hältst du davon?" Hoffend, dass er damit einverstanden war, sah Valentina ihn unsicher an.

    Das wäre geschafft. Glücklich lächelte Valentina Bashir an, aber das konnte dieser nicht sehen, weil er schon wieder Löcher in den Boden starrte! Nagut, das würde er bald nicht mehr tun. Als sich der Händler umdrehte, zählte Valentina das Geld aus ihrem Beutel. Stets darauf achtend, dass nicht auffiel, dass da noch etwas übrig wäre.
    Als der Händler die Urkunde in der Hand hielt aber die andere Hand zuerst aufhielt für das Geld ließ Valentina es hineinfallen. Sie hatte gerade ihren ersten Sklaven gekauft. Hoffentlich hatte sie alles richtig gemacht. Nicht, dass der Händler jetzt das Geld nahm und sie leer ausging. Aber da drückte er ihr schon die Urkunde in die Hand. Fassungslos betrachtete Valentina das Schriftstück während der Händler Bashir losband.
    "Nun komm." Sie lächelte ihn freundlich an und bat ihn ihr zu folgen. "Dann wollen wir dir mal was zum anziehen kaufen."

    Böse schmunzelnd sah Valentina dem Händler bei seiner Vorstellung zu. Sie hatte zwar keine Erfahrung aber ihr Bruder hatte sie vorgewarnt. Sie sollte jetzt Mitleid mit dem Händler bekommen und diesen Wucherpreis akzeptieren. "Dafür, dass es dir so schlecht geht, hast du aber immer noch sehr viel Sklaven dort hinten!" Meinte sie daraufhin und begutachtete Bashir noch einmal genauer.
    Er war tatsächlich ausgemergelt aber mit ein paar gescheiten Mahlzeiten und einem Heim in dem er sich erholen kann würde er sicherlich zu einem stattlichen Mann werden. Und dann war da noch der Punkt, dass er Valentina sehr gut gefiel. Er hatte einen exotischen Reiz, dem sie jetzt schon verfallen war.
    Oh, Valerian würde ihr wirklich die Ohren lang ziehen, aber dann würde sie sich halt in Zukunft größere Ohrringe kaufen können.
    "400, das ist mein letzte Wort. Ein besseres Angebot bekommst du von mir nicht. Verkaufe ihn mir für diesen Preis und du hast ein gutes Geschäft gemacht!"

    1000 Sesterzen? Valentina konnte nur mit Mühe einen erbosten Ausdruck unterbinden. Wollte er sie etwa zum Narren halten? Selbst wenn sie all ihre Gefühle beiseite schob. Die Tatsache, dass der Gefangene in einem schlechten Zustand war und noch dazu humpelte machten 1000 zu einem utopischen Preis. "Dir scheint die Kälte zu Kopf gestiegen zu sein." Meinte sie boshaft und trat einen Schritt weg, so dass es aussah als hätte sie das Interesse verloren.
    In ihrem Beutel befanden sich gerade einmal die Hälfte der genannten Summe. "Ich gebe dir 200 Sesterzen für deinen Sklaven und keine Münze mehr!" Sie besah sich den Mann und es tat ihr leid so vor ihm über seinen Wert zu feilschen. Aber das fügte sie halt dann der Liste hinzu für das sie sich später bei ihm entschuldigen würde.
    "Selbst wenn er mal einem König gedient hat, so wie er aussieht ist er niemals so viel wert."

    Wenn er doch bloß mit diesem Domina aufhören würde! Das war eines der ersten Dinge, die Valentina ihm abgewöhnte. Und auch dieses Löcher in den Boden starren! Er musste nicht wegen ihr kriechen! Und als sie das dachte, wurde ihr klar, dass sie hier nicht weggehen würde, bevor dieser Mann ihr gehörte. So erniedrigend sich das auch anhörte.
    Wie es ihr Bruder empfohlen hatte, ließ sie ihr Beutelchen kurz sehen, als sie wie zufällig daran stieß. "Nun..." Sie tat so als müsste sie überlegen. "Er ist tatsächlich mager..." Nicht gleich Interesse zeigen, hatte Valerian ihr geraten. Der Händler musste versuchen den Sklaven so billig wie möglich herzugeben.
    "Ich müsste ihn ja erst einmal aufpeppeln. So wie er aussieht schafft er ja kaum den Weg von hier bis zu mir nach Hause."
    Oh, wie ihr das leid tat. Sobald sie unter sich waren, würde Valentina sich bei Bashir entschuldigen. Aber sie musste hart bleiben. Diese Sklavenhändler waren schwer zu knacken und sie war eine Frau.
    Abwartend sah sie den Händler an, der sicherlich schon glaubte sie würde das Interesse an dem Mann verlieren. "Also? Was sagst du soll er kosten?"

    Erschrocken zuckte Valentina ein bisschen zusammen, als der Verkäufer den armen Mann vor sich her stieß. Sie sah sofort, dass er nicht gut laufen konnte. Nun war Valentina natürlich keine Expertin im Sklavenkauf aber sie war klug genug um zu wissen, dass solch eine Verletzung für den Mann das Aus bedeuteten konnte. Ihr Bruder würde ich aber sicherlich die Ohren lang ziehen, wenn sie mit so jemandem nach Hause kam. Schließlich sollte ihr neuer Sklave auf sie aufpassen.


    Erleichtert stellte sie fest, dass der Mann, dessen Namen so fremd klang sie verstehen konnte. "Gut, Bashir." Aus ihrem Mund klang der Name sicherlich etwas seltsam. "Sag, weißt du was die Aufgaben eines Sklaven sind? Und vor allem kannst du kämpfen?" Sie sah nur den Sklaven an. Wenn diesesmal wieder der Händler reagieren würde, würde sie ihm einfach zu Schweigen gebieten.

    Kaum jemand nahm von der jungen Frau Notiz, wie sie dick eingemummelt in einen schweren Umhang über den Platz ging. Unter der Kaputze sah sie sich die ganzen Sklaven an und es machte ihr das Herz schwer. Am liebsten hätte sie alle gekauft und ihnen die Freiheit geschenkt. Doch sie hatte nur einen kleinen Beutel mit ein paar Münzen, den sie zusammensparen konnte. Von ihrem Bruder hatte sie noch einen gewaltigen Teil hinzubekommen. Und er hatte ihr auch Tipps und Tricks gesagt, die sie anweden musste. Leider konnte er sie heute nicht begleiten. Aber Valentina war auch ganz froh darüber, denn dann konnte sie selbst entscheiden.


    Immer wieder blieb sie stehen und ließ sich die Sklaven "zeigen." Es war so entwürdigend für die Leute. Sie schämte sich dafür aber sie war hier um einen gefolgsamen Wachmann zu finden. Ja, das musste ihr Sklave für sie sein. Er sollte auf sie aufpassen können. Doch jedesmal, wenn sie glaubte einen Mann gefunden zu haben war der Preis zu hoch.
    Resigniert ging Valentina weiter. Offensichtlich halfen die Tricks ihres Bruders nichts, weil sie eine Frau war. Alleine und vermutlich machte sie keinen überzeugenden Eindruck.
    Dann allerdings kam sie an einem Stand vobei und sah einen Sklaven dort stehen, der den Kopf gesenkt hatte und aufgegeben zu haben schien. Sofort eilte die Römerin hinüber und blaffte den Sklavenhändler so arrogant wie möglich an!
    "Hey! Zeig mir mal den Sklaven dort ganz drüben! Sieht ziemlich mager aus! Bring ihn her, ich möchte ihn sehen!"
    Als der Händler ihrer Aufforderung nachkam, sah Valentina den fremdländischen Mann an, ließ sich aber nichts anmerken und meinte ebenfalls schroff. "Kannst du mich verstehen? Wie ist dein Name?"

    Schmunzelnd zog Valentina eine Augenbraue hoch, was so viel heißen sollte wie ~Ach wirklich?~
    "Soso, ein Tribun bist du also." Sie zog ihn etwas auf, doch es war nicht böse gemeint. "Kennst du dann auch einen Lucius Quintilius Valerian." Valentina kannte sich noch nicht so gut aus wie es hier mit den verscheidenen Soldaten auf und zu ging, aber da ihr Bruder auch hier stationiert war könnte es doch möglich sein.
    "Er ist mein Bruder." Ob ihm das etwas ausmachte? Kurz beobachtete sie die Reaktion ihres Gesprächspartners, bevor sie ihren eigenen Namen preisgab. "Ich bin Quintilia Valentina."