Beiträge von Aurelia Prisca

    Zitat

    Original von Caius Flavius Scato


    Wie Prisca nicht anders erwartet hatte, glänzte die Feier des Flaviers nur so von Prunk und Perfektion. Die Dekoration schmeichelte dem Auge wohin man auch blickte und das lebende Inventar sorgte dezent aus dem Hintergrund für das leibliche Wohl, ohne dabei den Gästen im Weg zu stehen oder sich irgendwie unangenehm bemerkbar zu machen. Ja Flavius Gracchus hat wirklich recht mit seiner Aussage, dass sich eine Investition in die Sklavenzucht auf jeden Fall lohnt, fand Prisca seinen Rat bestätigt, den er ihr vor nicht allzu langer Zeit bei seinem Besuch in der villa Aurelia gegeben hatte.


    Allerdings war sie heute nicht hier um sich bezüglich der Sklavenzucht zu informieren, sondern um den Wahlsieg jenes Flaviers zu feiern, den sie bislang nur vom sehen her und von seinen fernmündlich überbrachten Worten her kannte. Trotz dieser "anfänglichen Distanz" hatte Prisca durchaus den Eindruck, dass sie sein Interesse geweckt hatte und umgekehrt war dies nicht anders. Solche Männer wie er - die neben Geld und Erfolg auch noch mit einem adeligem Stand und einem attraktiven Äußeren glänzen konnten - gefielen Prisca generell. Außer sie offenbarten beim näheren Kennenlernen irgendwelche "Macken", denn Prisca hatte da durchaus genaue Vorstellungen wie ein Mann sein musste und sie stellte durchaus hohe Ansprüche. Wenn ein Mann es jedoch schaffte sie zu beeindrucken dann konnte Prisca durchaus schwach werden - was immer das im Detail auch heißen mochte.


    Von den Worten und den Blicken des Flaviers, die er ihr zur Begrüßung schenkte, war Pisca jedenfalls schon mal positiv beeindruckt und deshalb fiel es ihr auch nicht sonderlich schwer seinem Blick direkt und mit einem bezaubernden Lächeln zu begegnen: "Ich danke dir für die Einladung werter Flavius. Es ist mir eine große Freude und Ehre mit dir deinen Wahlsieg feiern zu dürfen. Ich gratuliere Dir dazu und wünsche Dir von Herzen alles Gute und viel Erfolg bei der Ausübung deines Amtes." Prisca machte eine kurze Pause in der sie den Flavier weiter interessiert ansah, ehe sie auf seine Bemerkung hinzu fügte: "Ja diese Hallen sind mir im übrigen durchaus vertraut und ich habe die Zeit die ich hier verbringen durfte sehr genossen. Schade nur, dass es uns nie vergönnt war uns hier zu begegnen. Wie kommt es?", fragte Prisca (neugierig wie sie nun mal war) frei heraus nach, ohne aber den Flavier absichtlich mit ihrer Frage bedrängen zu wollen. Sicher gab es viele Gründe und viele schöne Orte um sein Leben zu verbringen, doch wie man so schön sagt: "Alle Wege führen (irgendwann) nach Rom" ...

    Ich sehe wie die Zeit vergeht und ich mit ihr und mit mir alles, was ich liebe, bis irgendwann nichts weiter bleibt, als eine (hoffentlich) schöne Erinnerung daran. Eine fast melancholische Stimmung erfasste Prisca, als sie zum ersten Mal seit langem die villa Flavia wieder betrat. Sie kam zurück als Gast in das Haus, in dem sie vor längerer Zeit einmal gelebt (und geliebt) hatte . Alles ist mir noch so vertraut und wirkt doch so fremd im Vergleich zu damals. Prisca erinnerte sich nach wie vor gerne an die glücklichen Tage zurück, die sie hier mit ihrem Ehemann verbringen durfte. Ebenso sind ihr aber auch jene turbulenten Tage in Erinnerung geblieben, die sie hier nach ihrer Rückkehr aus Antium (wo sie den Tod ihres Gatten betrauert hatte) verbracht hatte. Die Flavier hatten Rom zu der Zeit aufgrund der Proskription des Vesculariers längst verlassen und sie war als einzige Herrschaft zurück gekehrt und hatte dieses Anwesen samt (sklavischem) Inventar kurzzeitig sogar "kommissarisch" geleitet.


    Prisca stieß einen wehmütig klingenden Seufzer aus während sie an den Büsten und Statuen der flavischen Ahnen vorüber schritt und schließlich vor der marmornen Statue ihres verstorbenen Ehemannes inne hielt. Für einen kurzen Moment berührte sie Statue mit der Rechten wie zum Gruß und im stillen Gedenken an ihren lieben Mann, der sie mit seiner musischen Ader, seinem Interesse für alles Schöne, seinem Sinn für Ästhetik, seiner Dicht- und Gesangskunst und vielem mehr stets zu begeistern wusste. Naja bis auf seinen Gesang. Den konnte man nicht wirklich als Kunst bezeichnen und seine schrecklichen Misstöne werde ich wohl nie mehr ganz aus meinem Gehör bringen. Besonders jene, die er so gerne nach unseren Liebesakten als seinen 'Triumphgesang' anzustimmen pflegte. Ein versonnenes Lächeln huschte über Prisca´s Lippen als sie an die vielen Stunden zurück dachte, in denen sie beieinander gelegen hatten. Ja, er war wirklich ein hervorragender Liebhaber gewesen! Nur war ihnen leider nie das Glück beschert worden, durch ihre Liebe einem Kind das Leben zu schenken. Auch etwas, dem Prisca immer noch nachtrauerte …Doch halt! Heute ist eigentlich kein Tag zum trauern! ... Heute ist ein Tag zum feiern! Prisca besann sich wieder auf den eigentlichen Grund ihres Besuches und deshalb schritt sie nun weiter in die Richtung , von wo das Stimmengewirr der bereits anwesenden Gäste herüber schallte.


    Wer wohl heute noch alles anwesend ist? Neugierig nahm Prisca die bereits anwesenden Gäste in Augenschein, nachdem sie das atrium betreten hatte. Dem Anlass entsprechend hatte sie sich heute natürlich wieder besonders fein "heraus geputzt", in der Hoffnung so die Blicke der Männer und den Neid der Damen auf sich zu lenken: Mit einer safran-farbenen stola aus Seide, gehalten im griechischen Stil und mit filigranen Stickereien geschmückt . Dazu edlen Gold- und Perlenschmuck um Hals um Hals und Handgelenken. Das Gesicht war wie immer nur dezent geschminkt, um die Augen und Lippen zu betonen, das schwarze Haar wiederum war kunstvoll hochgeflochten und mit kleinen Blumen aus Gold und Perlen verziert. Noch kann ich es mir ja leisten mein Gesicht zu zeigen. Im Gegensatz zu den alten Matronen, die mit ihrem fingerdicken Putz im Gesicht ihre Falten zu verbergen versuchen. Na wenn der mal hält und nicht abbröckelt!, lästerte Prisca stumm für sich über einige der anwesenden älteren Matronen, die sie von den Thermen her flüchtig kannte. Das waren natürlich keine Freundinnen von ihr, sonst wäre die Kritik natürlich weitaus gemäßigter ausgefallen.


    Die Matronen interessierten Prisca jedoch nicht weiter, vielmehr galt ihr Interesse den anwesenden Männern und insbesondere Einem, dessen Wahlsieg heute gefeiert wurde. Noch hatte Prisca den Gastgeber jedoch nicht ausfindig machen können, ebenso wenig wie die übrigen Mitglieder aus ihrer Familie, die ebenfalls zu dieser Feier eingeladen worden waren. Na die werden sich doch hoffentlich nicht noch mehr verspäten wie ich? War doch Prisca schon spät dran gewesen. Doch lieber spät als nie, galt es doch die guten Beziehungen zu den Flaviern zu pflegen und dieser Tag war ein wunderbarer Anlass um dies mit guten Wünschen, Gebeten und Geschenken zu tun ...

    "Die Poscht ischt da!", rief Antoninus (der neu erworbene Arbeits- und Hilfssklave) fröhlich aus, als er mit einem Bündel Schriftrollen unter den Achseln die Poststube betrat.


    "Die bitte was?" Verwundert blickte Philippus von einer Schreibarbeit auf, die er gerade an einem Stepult verrichtete.


    "Na die Poscht. Is hab´dir die Poscht mit gebracht", erwiderte Antoninus und schüttelte sich ungelenk um auf die Schriftrollen hin zu weisen, die er mit den Armen an seinen Körper gedrückt hielt.


    "Ah, du meinst selbstverständlich die Post. ... Die Post mit ES!", verbesserte ihn Philippus sogleich mit erhobenem Zeigefinger. Rein aus Gewohnheit, war er doch in seinem früheren Leben einst ein Gelehrter aus Griechenland gewesen.


    "Ob is mit eschen will? Nee, ... schisser meinte is die Poscht. Hier diesche Sriftrollen! Die schind doch für dich, oder?" Kopfschüttelnd lud Antoninus die Rollen auf dem Tisch neben dem Stehpult ab.


    "Ähm, ja, nein, was? Schon gut.", winkte Philippus irritiert ab: "Ich meine ja nur wegen deinem, ... na du weisst schon. Hast du den schon länger?"


    "Wasch? Wasch scholl is haben? Is verschte nich´ ganz." Antoninus verstand nun gar nichts mehr und kratzte sich verwundert am Kopf.


    "Na diesen Sprachfehler! SCH statt S und S anstatt SCH", versuchte Philippus nun weniger diplomatisch - dafür etwas deutlicher - zu vermitteln, was er gemeint hatte.


    "Ach dasch. Neee, dasch isch kei Schprachfehler. Scho Schprechen bei unsch alle, jo, dort im Norden, wo is her komm´", grinste Antoninus breit und deutet mit dem Finger in die Richtung, in der er Gallien vermutete.


    "Ach wirklich? Naja, ... egal", winkte Philippus schließlich resignierend ab und gab es auf. Statdessen wandte er sich nun der eigentlichen Aufgabe zu, die Post zu sortieren. "Dann lass´mal sehen, was heute so alles in der Posch is... argh! Ich meinte natürlich Post!" ...mit S ...


    Und siehe da: Ein Brief von den Flaviern! Das Siegel stach sofort in das geübte Auge des Schreibsklaven, worauf er umgehend die Benachrichtigung der Herrschaften veranlasste. Allerdings durfte die Nachricht nicht Antoninus überbringen, der sich stattdessen in der Küche melden musste, wo er nicht reden durfte, sondern enfach nur das Gemüse schälen sollte.

    Eine Hochzeit! Immer wieder ein wunderbarer Anlass zum feiern, aber auch jedes Mal wieder ein Ereignis das viele Fragen aufwarf. Zuerst einmal: Was ziehe ich bloß an? Die wohl wichtigste und schwierigste Frage überhaupt! Nach ca. 5 Nervenzusammen- und 13 Wutausbrüchen war die Antwort jedoch gefunden. In Form einer roten, bis zum Boden reichenden stola aus feinster Seide, durchwebt von feinen Goldstickereien und gehalten von einem aus Goldplättchen gefertigten Gürtel sowie zwei Fibeln, die dem aurelischen Wappentier nachempfunden waren. Das Geschmeide war ebenfalls in Gold gehalten, besetzt mit glitzernden Rubinen, sodass die beiden Farben Gold und Rot sich auch in der Halskette, der Haarspange und den breiten Armreifen wiederfanden. Das schwarze Haar der Aurelia war in stundenlanger Prozedur kunstvoll hochgeflochten worden und durchzogen worden von einzeln herabhängenden Korkenzieherlocken, die das Antlitz der Aurelia umrahmten, welches wiederum durch eine dezente Schminke - die Augen (dunkel gerußt mit goldenen Glittern) und den Mund (in rubinrot) betonend - zu gefallen versuchte.


    So hergerichtet empfand Prisca gewappnet für diese Feierlichkeit, ohne die weibliche Konkurrenz fürchten zu müssen. Wer ist denn heute alles hier? Sehen die gar besser aus als ich? Waren schließlich weitere entscheidende Fragen, gepaart mit kritischen Blicken, denn schließlich wollte Prisca ihren Begleiter ein wenig stolz machen, dass ausgerechnet er sich mit ihr an seiner Seite "schmücken" durfte. Kein geringerer als ihr Cousin Lupus war es nämlich, der sie ausführte und auf dem mit Sicherheit heute ebenfalls die Augenpaare der holden Damenwelt ruhen dürften. Ja ja! Mein Cousin sieht schon seeeeeeehr gut aus, in seiner perfekt sitzenden Gewandung., stellte Prisca mit nicht minder bewundernden Seitenblicken zwischen durch fest. Ein stattlicher Patrizier war er, Senator obendrein, er war jung, gebildet und ... - kurz - er vereinte all die "männlichen Eigenschaften" die einen Mann in Priscas Augen attraktiv machten.


    Bei all der Selbstbeweihräucherung durfte natürlich auch das Brautpaar nicht außer Acht gelassen werden, was zu einer weiteren wichtigen Frage führte: Wie sieht die Braut aus? Und wie der Bräutigam? Da kamen ihnen die beiden Hauptpersonen des Tages auch schon entgegen und Prisca stellte anerkennend fest , dass das Brautpaar ebenfalls einen sehr guten Geschmack besaß. Nicht nur die eigene äußere Erscheinung betreffend, sondern all das "Drumherum" der Feierlichkeit, das Gesamtbild sozusagen, das der Aurelia wirklich gut gefiel.


    Zitat

    Marcus Iulius Dives ... "Umso schöner selbstredend - und das darfst du gerne wörtlich nehmen, Aurelia", legte Dives vorsichtshalber seinen Arm um die Hüfte Faustas, um keinen falschen Eindruck zu erwecken, "dass er auch dich, Aurelia, hierher mitgebracht hat. Man mag es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich dies so sage, doch du bist offensichtlich keinen Tag älter geworden, seit du einst im Theatrum Ostiensis mein Gast warst."


    "Ich danke dir für die Einladung werter Iulius und für deine schmeichelnden Worte. Ich erinnere mich noch gut an die Aufführung in Ostia. Ist es tatsächlich schon so lange her, dass wir uns dort zuletzt gesehen haben? Herrje, wie schnell doch die Zeit verfliegt", entgegnete Prisca auf die begrüßenden Worte des Iuliers und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln zum Dank. Es musste wirklich lange her sein, denn außer an das Theaterstück hatte Prisca kaum noch Erinnerungen an jenen Abend. Sie konnte nicht einmal mehr mit Bestimmtheit sagen, ob sie die Sergia damals schon an der Seite des Iuliers gesehen hatte. Wäre auch zu viel verlangt gewesen, nachdem man sich im Prinzip kaum kannte. Ehe das Gespräch aber zu sehr dein Eindruck einer Plauderei unter "Freunden" erwecken konnte, bemerkte Prisca das subtile Signal, welches der um die Hüfte der Sergia gelegte Arm des Iuliers zu vermitteln schien. Höchste Zeit der Braut die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, ohne dabei nach Möglichkeit etwas falsches (zu viel) zu sagen. Herrje ich weiß wirklich nicht mehr , ob wir uns schon mal begegnet sind: "Werte Seriga, du siehst einfach bezaubernd aus! ... Ebenso möchte ich dir für die Einladung danken und gleichzeitig meine besten Wünsche für dich und deinen Mann damit verbinden. Mögen die Götter euren gemeinsamen Weg allzeit mit Glück segnen!" Huldvoll neigte Prisca das Haupt, der Sergia freundlich zu lächelnd und gleichhzeitig die Hand locker auf den Unterarm ihres Cousins ablegend. Dies tat sie völlig unbewusst (wohl als Reaktion auf die Umarmung) und ohne selbst zu realisieren, dass sie damit spontan zum Ausdruck brachte, wem von den beiden Männern sie den Vorzug geben würde - auch wenn keiner von ihnen je für sie in Frage käme ...

    Die Erklärungen des Flaviers klangen zweifelsohne logisch, zumindest in Bezug auf die einfachen Soldaten, die brav und ohne Widerworte jeden Befehl befolgten und die in jede Richtung marschierten, die ihnen vorgegeben wurde. Aus Priscas Sicht zeugte das zwar von keiner sonderlich hohen Intelligenz des gemeinen Fußvolkes, aber dennoch zollte sie all diesen Männern durchaus Respekt und Anerkennung in Bezug auf deren selbstlose Aufopferung und Hingabe für jene Befehlshaber, von denen sie unter Umständen sinnlos "verheizt" wurden. Jeder muss wissen was er tut und der Kaiser wird ebenfalls wissen was er tut und wem er vertrauen kann, schloss Prisca gedanklich das Thema ab und flüchtig musste sie an den alten Soldaten denken, dem sie ihr Leben verdankte. Ob der alte Griesgram noch lebt? Prisca wünschte es ihm wirklich, obgleich sie seinen Namen längst vergessen hatte und sein Schicksal ihr im Grunde völlig egal war.


    Ganz anders verhielt es sich da bei dem Decimer, über dessen Verbleib sie sich immer wieder Gedanken machte. Auch auf die Gefahr hin sich hier in eine Sache hineinzusteigern, aber - Befehlsgehorsam und Treue hin oder her - Ich muss einfach herausfinden was aus ihm geworden ist! Und wenn er nicht schon genug geblutet hat für seine schändlichen Taten, dann … dann wird er es noch tun!! Solche Rachegelüste kannte Prisca zwar nur selten, aber wenn sie einmal davon angesteckt war dann wollte sie diese auch stillen.


    Ähnliche Rachegelüste hegte Prisca im Augenblick eigentlich nur noch gegenüber den flüchtigen Verwalter, namens Alexandros Geminus, der es gwagt hatte sich an ihrem Vermögen zu vergreifen. Zumindest gab es hier zwei Lichtblicke. Einerseits die Hoffnung, dass der Senat die unliebsame Steuer, die ihr Vermögen schmälerte bald wieder abschaffen würde und andererseits die Möglichkeit, dem flüchtigen Betrüger irgendwann habhaft zu werden. Umso mehr freute es Prisca, dass Flavius Gracchus ihr in letzterer Angelegenheit seine Hilfe anbot: "Das ist wirklich sehr nett von dir, Senator, dass du extra wegen mir deinen Vetter kontaktieren willst", entgegnete Prisca mit einem erleichterten Seufzer und einem glücklichen und offenen Lächeln. "Ich stehe wirklich tief in deiner Schuld und mein Dank ist dir auf ewig gewiss.", versicherte sie ihm sogleich ihre aufrichtige und tiefe Verbundenheit, ehe sie leicht die Mundwinkel nach unten verzog, was allerdings allein der Nennung des Namens des Missetäters geschuldet war: "Sein Name ist Alexandros Geminus. Er ist Grieche und wenn man den Aussagen der zurück gelassenen Sklaven glauben darf, so hat er sich in Richtung Süden abgesetzt, mit der Absicht nach Africa zu gelangen."


    Angesichts dieser vagen Angaben hatte Prisca so ihre Zweifel, dass man den Kerl tatsächlich aufspüren könnte, doch wenn es jemand schaffen konnte dann wäre das mit Sicherheit ein Flavier. "Ich bitte dich jedoch deinem Vetter nicht allzu viel Mühe und Zeit für diese Angelegenheit aufzubürden, denn sicher hat er genügend andere wichtige Dinge zu tun. Für sämtliche entstehende Kosten komme ich selbstverständlich im vollen Umfang auf! … Und deinen Rat will ich im übrigen gerne beherzigen und künftig lieber in die Sklavenzucht investieren, nach dieser Erfahrung. Ich habe schon immer bewundert, wie ihr Flavier es schafft eure Sklaven durch Zucht und Ordnung zum absoluten Gehorsam zu trimmen." Prisca kam regelrecht ins schwärmen und umso ungehaltener reagierte sie, als sie plötzlich von einem ihrer Sklaven direkt angesprochen wurde.


    "Herrin?! …" - "Was fällt dir ein, …was ist?" - "bi..bi..bitte Herrin, i..i..i.ich sollte di..di..dir doch Be..be..bescheid geben, sobald das Kä..kä..kästchen hier ist" Völlig eingeschüchtert von dem strengen Blick der Herrin brachte der Sklave stammelnd die Nachricht vor, die sogleich wieder ein Lächeln auf Priscas Lippen zauberte: "Oh, das ist allerdings etwas anderes. So bringt es endlich her!", klatschte die Aurelia erfreut in die Hände und fast zeitgleich betrat Mara den Raum. Mit beiden Händen das kleine Kästchen haltend , so vorsichtig, als würde sie einen Korb voller roher Eiter tragen, huschte das Mädchen fast lautlos über den Marmorboden, um schließlich neben ihrer Herrin anzuhalten. "Bitte Herrin!" Mit demütig gesenktem Kopf präsentierte Mara das Kästchen.


    Prisca warf einen Blick auf das hingehaltene Kleinod und nickte zufrieden, als sie das Kästchen erkannte . Mit einem Wink gab sie ihrer Sklavin dann zu verstehen, dass sie es nicht ihr sondern dem Flavier hinhalten sollte: "Senator Flavius, bitte überzeuge dich von der Unversehrtheit des Inhalts. Einzig das Schloss des Kästchens ist bei der Öffnung durch die Urbaner zerstört worden. "Ein hoffentlich zu verkraftender Verlust. Und hier und jetzt, da einzig er und sie sein Geheimnis miteinander teilten und außer ihnen niemand zugegen war (die Sklaven zählten nicht), könnte Gracchus seine Briefe völlig unbehelligt und in Ruhe in Augenschein nehmen - sofern er denn wollte.


    Prisca würde sich derweil in Geduld üben und ein wenig von den Köstlichkeiten naschen, die um sie herum drapiert worden waren …

    Mit einiger Genugtuung nahm Prisca die kleinlaute Entschuldigung ihres Cousins auf. Nicht, dass sie Gefallen daran hatte ihn zu maßregeln, aber hier ankommen und gleich eine schlechte Stimmung verbreiten brauchte er ihrer Meinung nach nicht. Zumal weder sie noch sonst jemand etwas für die Misere konnten, in die sich Nero selbst hinein manövriert hatte. Da er aber nun irgendwie "nüchterner" wirkte und zudem versprach sich zu bessern, wollte auch sie die Sache auf sich beruhen lassen. "Sich der Wahrheit zu stellen fällt jedem von uns schwer und von daher gebührt allen Respekt, die es tun. … Falls ich mit meinen Worten den Eindruck erweckt habe, ich wolle über dich oder über das was du tust urteilen, so tut mir das leid. Das steht mir weder zu, noch war es meine Absicht", entgegnete Prisca im versöhnlichen Tonfall. Gleichzeitig senkte sie leicht ihr Haupt, um sich in gewisser Weise bei ihm zu entschuldigen.


    Natürlich müsste sie das ihrer Meinung nach nicht tun, aber mit dieser Geste wollte Prisca zumindest dem männlichen Stolz ihres Cousin ein wenig schmeicheln, welcher ziemlich angekratzt schien. Außerdem half es mit, die aufkeimende Missstimmung zwischen ihnen zu zerschlagen. Was brächte es auch ihm seine privaten Vorlieben und Laster weiter vorzuwerfen, die man ihm auf Dauer ohnehin nicht verbieten konnte. Soll er ruhig tun und lassen was er will … So lange er nur die Ehre und das Ansehen der Familie damit nicht besudelt! Aber das hatte Nero ja seinen Worten nach nicht vor, denn warum sonst hätte er sich freiwillig nach Rom begeben, um bei seinen Angehörigen "anzuklopfen".


    So weit so gut! Das Thema 'Todesfälle und sonstige Schicksalsschläge' ließ Prisca ebenfalls mit Nero´s Worten auf sich beruhen, um die soeben gerettete Stimmung nicht gleich wieder mit derlei Bedrückendem zu belasten. Prisca wunderte sich nur, dass die Nachricht vom Tod seiner Schwester Nero nur peripher tangierte, obwohl er ihr extra ein teures Geschmeide mitgebracht hatte. Das war wohl mehr ein reines Höflichkeitsgeschenk unter Geschwistern als, dass sie einander wirklich nahegestanden hatten, schlussfolgerte Prisca daraus.


    Und dieses Geschenk soll nun mir gehören? Nero´s überraschende Entscheidung ließ Prisca für einen Augenblick verwirrt aufblicken. So richtig freuen konnte sie sich beim besten Willen nicht über dieses spontane Geschenk, das eigentlich für ihre verstorbene Cousine gedacht war. Andererseits wollte sie Nero auch nicht vor den Kopf stoßen: "Ich … ich danke dir für dieses wertvolle Geschenk, lieber Cousin. Ich werde es - in Gedenken an Flora - für dich tragen und es stets in Ehren halten!", versprach Prisca und gleichzeitig senkte sie erneut ihr Haupt zum Zeichen ihres aufrichtigen Dankes.


    Natürlich erkannte Prisca den Wink den Nero ihr gab, indem er ihr den Rückzug ermöglichte, doch das wollte sie eigentlich gar nicht. Zum einen lag das durchaus an seinem einnehmendem Charme den er versprühte und dem sich Prisca nur schwer entziehen konnte, allein mit seinem Blick und seinem spitzbübischem Grinsen, wie er sie so gant beiläufig an der Hand berührte. Ganz selbstverständlich und so vertraut, als ob sie sich näher stehen würden als sie es tatsächlich taten … Wie könnte sie ihn da alleine lassen?


    "Ich würde dir sehr gerne bis dahin" <gemeint war der Zeitpunkt der Ankunft seines Gepäcks>" Gesellschaft leisten, werter Cousin, wenn du erlaubst", eröffnete Prisca ihm mit von Neugier glänzenden Augen: "Mich würde nämlich brennend interessieren wie es sich in Syria lebt. Allein wegen der Nähe zu Parthien und all dem was man sich von diesem geheimnisvollen Reich erzählt. Lebt es sich dort wirklich wie im Elysium? … In Palästen aus purem Gold und Diamanten???" Diese Frage fiel nicht einfach so vom Himmel, schließlich stammten die Wurzeln der Aurelier aus Syrien. Und die geheimnisumwitterten Geschichten über die Parther und ihrem unermesslichen Reichtum - egal ob erfunden oder wahr - hatten Prisca schon immer fasziniert ...

    Ein letztes Mal sah Prisca hinüber zu dem Flavier, als dieser seinen Sklaven das Zeichen zum Aufbruch gab. Oh, welch ein charmantes und einnehmendes Lächeln er doch für sie zum Abschied übrig hatte! Prisca genoss den Blick des Flaviers und sie schenkte ihm ein ebenso bezauberndes Lächeln zurück, welches schließlich in ein amüsiertes Schmunzeln überging, nachdem sie ihre ganze Aufmerksamkeit wieder Acuelo zugewandt hatte.


    Zitat

    Paullus Germnicus Acuelo: Theatralisch betroffen blickte er die schöne Aurelia an und stieß scharf die Luft aus.


    "Aha! Ich bringe dich also um deinen Verstand… " Eigentlich hätte Prisca ihm zu gerne weitere schmeichelnde Details entlockt, doch die Neuigkeiten die Aculeo zu berichten wusste, ließen ihre Augenbrauen staundend hoch wandern: "Wie? Du warst im Kerker??" und "Nein! du wirst heiraten? ...Wer ist denn die Glückliche?", sprudelten prompt die Fragen aus Prisca´s Mund während sie den Germanicus mit unverhohlener Neugier ansah.

    Wie jeden Tag nahm sich einer von den Sklaven (einer von denen, die des Lesens und Schreibens mächtig waren) der zahlreichen Schriftstücke an, die an der porta abgegeben wurden. So auch an jenem Tag, an dem die Einladung zu der Hochzeit zwischen einem gewissen Iulier und einer Sergia ins Haus "flatterte". Kurz überflog der Sklave die Zeilen ehe er einen Botenjungen herbei holen ließ, der die Nachricht an die betreffenden Herrschaften weiter leiten sollte.


    "Bring das bitte dem Hausherrn! Und warte auf seine Antwort. Ich vermute mal, dass er und seine Begleitung der Einladung zusagen werden." So eine Hochzeit war schließlich ein willkommenes Ereignis, um in einer ungezwungenen Atmosphäre die Beziehungen zu anderen gentes zu pflegen, von daher ...:"Gib mir bitte nur Bescheid, falls ich den Absendern vorab eine Nachricht zukommen lassen soll", gab der Sklave dem Botenjungen noch mit auf den Weg, ehe er sich der restlichen Post zuwandte, die es noch zu sortieren und zu beantworten galt ...

    Das unerwartete Wiedersehen mit Aculeo und das durchaus anregende "Ferngespräch" mit dem Flavier lenkten Priscas Aufmerksamkeit völlig von der Versteigerung ab, sodass sie gar nicht mehr mit bekam, wer von den übrigen Bietern am Ende den Zuschlag für die Ware erhalten hatte. Sei´s drum. Das so gesparte Geld wäre genauso gut (und schnell) in ein anderes "Schmuckstück" investiert (am besten in Eines, das man nicht erst in Ketten legen und brechen musste, ehe man sich daran erfreuen könnte).


    Nicht minder erfreut war Prisca über das ihr entgegen gebrachte Interesse seitens des Flaviers, wenngleich dessen unterkühlt wirkendes Lächeln für so manchen überheblich und desinteressiert wirken mochte. Prisca kannte jedoch die Flavier mittlerweile besser und von daher wusste sie dieses Lächeln anders zu deuten. Die Flavier waren schließlich nicht gerade für emotionalen Überschwang bekannt und ihre aristokratische Abstammung brachte es eben mit sich, dass sie oft eine gewisse arrogante Art an den Tag legten. Und mal ehrlich. Warum sonst schickt er mir zum zweiten Mal seinen Sklaven, wenn ich ihm nicht gefallen würde, grinste Prisca innerlich, während sie gespannt auf seine nächste Botschaft wartete.


    Aculeo zeigte sein Interesse an ihr hingegen auf eine eher "offene" Art und Weise. Allein sein charmantes Grinsen und seine lebhaften Augen, mit denen er sie ansah und seine lockere Umgangsweise mit ihr, wirkten durchaus anziehend auf Prisca, auch wenn er "nur" ein Plebejer war. Wobei sie das natürlich nicht abwertend sah, denn die plebejischen Gentes waren für Prisca schon lange nicht mehr gleich dem "gemeinen plebs" zu setzen, sprich dem namenlosen Volk der Peregrini, welche die suburbia Roms bevölkerten und die weit ...weit hinter allen bürgerlich-römischen gentes anzusiedeln waren.


    "So so. … Ich soll dir also nicht böse sein. Hmm, und was bitteschön kann es denn wichtigeres geben, als mir zu schreiben?", gab Prisca gespielt beleidigt aber natürlich als Scherz gemeint zurück, ohne darauf eine ehrliche (sondern eher eine schmeichelnde) Antwort zu erwarten.


    So folgte denn auch dem tadelnden Blick wieder ein offenes Lächeln und ein aufreizender Blick, mit dem sie Acuelo bedachte. "Du meinst du willst nicht Gefahr laufen, mit den Liktoren des Consuls Bekanntschaft zu machen, solltest du ausgerechnet ihm die Amazone streitig machen. Ich frage mich nur was du oder der Consul mit so einer Wildkatze anfangen würden. Bedürft ihr Männer nun schon dem Schutz durch eine Amazone?", gab Prisca auf seine nicht ganz ernstgemeinte Bemerkung neckend zurück, ehe sie sich ganz kurz ihrem Sklaven zu wandte, der ihr soeben die Nachricht des Flaviers ins Ohr flüsterte.


    Auch wenn es sich nicht unbedingt ziemte vor Anderen zu flüstern, ließ Prisca sich dennoch nicht davon abhalten ihrem Sklaven eine Antwort zurück zu geben, die dieser wiederum wortwörtlich dem wartenden Sklaven des Flaviers überbrachte:


    "Meine Herrin ist ebenso erfreut die Bekanntschaft deines Herrn zu machen. Und ise bedauert es sehr, dass sie keine Gelegenheit mehr hat ihn in der villa Flavia empfangen zu können, nachdem sie dort lange Zeit als Gattin des Aulus Flavius Piso wohnen durfte. Dennoch ist sie überzeugt, dass sich bald schon eine Gelegenheit bieten wird das angenehme Gespräch mit ihm zu vertiefen, wenn auch nicht unbedingt an so einem unpassenden Ort wie diesem. Überdies lässt sie deinem Herrn ausrichten, dass es dem Hause Aurelia stets eine Ehre ist, die ehrwürdige Gens Flavia als Gast in ihren Hallen begrüßen zu dürfen", sagte der Sklave das eben Gehörte auf, ohne so recht verstanden zu haben, was genau seine Herrin damit eigentlich hatte sagen wollen - und umgekehrt. Aber gut, als Sklave verstand man meistens nichts von dem was die Herrschaften sagten und wie sie es meinten.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Scato
    "Mein Dominus, Caius Flavius Scato sendet deiner Herrin herzlichste Grüße, und wünscht ihr bei der Auktion einen erfolgreichen Ausgang., sagte der Sklave, ...


    Kaum hatte Prisca ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen auf der Bühne gerichtet, wurde ihr von einem ihrer Sklaven die Nachricht zugetragen, die dieser just von dem Sklaven erhalten hatte.


    "So so …", murmelte Prisca leise während ihre Augen interessiert den Blickkontakt zu dem Flavier suchten. Scheinbar gefällt es ihm ausgerechnet mich zu überbieten, folgte sein Gebot doch unmittelbar auf das ihre. Wobei Prisca besonders solche Männer interessant fand, die es verstanden sie heraus zu fordern. Hätte sie die Amazone wirklich um jeden Preis haben wollen, wäre sie natürlich weniger erfreut gewesen. So aber genoss sie den kleinen "Wettstreit", wenn man es so nennen wollte, da dieser für angenehmen Kurzweil sorgte.


    Mit einem aufreizenden Lächeln hinüber zu dem Flavier, beugte sich Prisca also ihrem Sklaven zu und flüsterte ihm ihre Antwort ins Ohr:


    "Meine Herrin, Aurelia Prisca, bedankt sich für die Grüße und lässt deinem Herrn ebenfalls ihre besten Wünsche übermitteln. Sie sagt, sie sei sehr erfreut in so erlauchter Gesellschaft bieten zu dürfen und, gegen einen Flavier zu verlieren wäre sicher keine Schande sondern vielmehr eine Ehre", gab der aurelische Sklave prompt die Botschaft brav und wortwörtlich an den flavischen Sklaven weiter, auf das dieser die Worte seinem Herrn zu tragen konnte.


    Diese Art der Kommunikation war zweifellos etwas umständlich aber keineswegs war sie unangebracht, da es keinem von beiden zuzumuten gewesen wäre, in der Menschenmenge den Schutz der eigenen Sänfte zu verlassen.


    Zitat

    Original von Paullus Germanicus Aculeo
    Kurz entschlossen trat er an die Sänfte heran und grüsste die bezaubernde Aurelia.
    Welch ein ausserordentliches Vergnügen dich hier zu sehen, Prisca. Du siehst hinreissend aus.


    Noch während Priscas Augen den Weg des flavischen Sklaven, hinüber zu seinem Herrn folgten, drang ein weiterer Gruß an ihr Ohr. Dieses Mal nicht durch Sklavenstimme vermittelt, sondern direkt aus dem Munde einer ihr nicht unbekannten Person.


    "Oh, ...Acuelo! Welch Überraschung, dich ausgerechnet hier wieder zu sehen. Wie geht es dir denn?", begrüßte Prisca den Germanicus freundlich lächelnd und mit leicht überrascht wirkender Miene: "Sag nur, du bietest auch auf die Amazon da" Ihr vertrauter Tonfall war weniger der engen Freundschaft zu ihm geschuldet, sondern mehr der Lockerheit seiner charmanten Art , mit der er sie bereits in Ostia zu beeindrucken gewusst hatte.


    Beeindruckt war indes auch die Schar von Prisca´s (grimmig dreinblickenden) Leibwächtern über die Dresitigkeit des Ankömmlings, der es tatsächlich bis an den Rand der aurelischen Sänfte geschafft hatte und allein die Tatsache, dass ihre Herrin sich durch seine Nähe nicht "gestört" fühlte hielt sie davon ab, nun die Knüppel auszupacken.

    Kaum hatte Prisca ihr Erstgebot abgegeben, so folgten auch schon weitere Gebote und langsam schaukelte sich der Preis für die Amazone in die Höhe, wie es sich für eine ordentliche Versteigerung eben gehörte. Das steigerte im übrigen nicht nur den Umsatz für den Händler, sondern förderte auch den Spass am "Spiel" und den Ehrgeiz, bei so manchem Bieter, unbedingt als Gewinner den Zuschlag zu erhalten.


    Naja, so hübsch wie die Amazone auch anzusehen war, um jeden Preis musste Prisca sie nicht haben, obwohl sie sicherlich jede Sesterze wert war, die bislang für sie geboten wurde. 800 Sesterzen?, wären sicherlich ein Schnäppchen und warum sollten es nicht noch ein paar derer mehr werden.


    Aus reiner Lust am Spiel und aus Langeweile hob Prisca ihre rechte Hand und gab so ihrem Sklaven zu verstehen, dass sie erhöhen wollte, derweil ihr kühler Blick - hinter den halb geöffneten Vorhängen ihrer Sänfte hervor lugend - den des Zweitbietenden suchte und traf. Oh! Ein Flavier? Wie Prisca unschwer an den Wappen erkannte, stammte der herausfordernde Blick ihres Mitbieters zweifellos von einem Flavier. Jedoch konnte sie sein Antlitz, beim besten Willen, keinem ihr bekannten Namen zuweisen und das brachte sie doch ins grüblen, schließlich hatte sie ja durchaus geraume Zeit im Haushalt der Flavier gelebt.


    Trotz der Unkenntnis seines Namens und ob seines unverfroren herausfordernden Blickes, ließ Prisca sich zu einem leichten Lächeln hinreissen, mit dem sie ihm ihren Kopf hudlvoll zum Gruß zuneigte.


    [Blockierte Grafik: http://img231.imageshack.us/img231/8683/sklave3hx9.jpg]
    Caecus hatte den Wink seiner Herrin verstanden, dass er weiter bieten sollte und so erhob er seine Stimme, um laut und deutlich zu rufen: "1000 Sesterzen. Meine Herrin bietet 1000 Sesterzen." - Die 900 ließ er wohlweislich aus, da seine Herrin ihm zwei Finger zu gedeutet hatte. 900 wären auch als Folgegebot auf 800 etwas zu wenig gewesen, wenngleich die 1000 wohl noch lange nicht den Zuschlag erhalten würden.

    Ein Besuch der Märkte Rom´s gehörte - neben den sonstigen "Tätitkeiten" einer Patrizierin - zweifellos zu Prisca´s "Standardprogramm". So trug es sich also zu, dass sie und ihr Gefolge an diesem Tag just in dem Moment am Stand des alten Halsabschneiders Titus vorbei kamen, als dieser lautstark seine neuen Waren anpries. Eigentlich hatte Prisca nicht vor einen Sklaven zu kaufen, schließlich hatte sie genügend davon dabei. Vielleicht zu viele? Auf alle Fälle kamen ihre Begleiter mit der Sänfte nicht mehr vorwärts, nachdem sich um den Stand des ollen Sklavenhändlers eine Menschentraube gebildet hatte.


    Prisca schnaubte leicht genervt als die Träger plötzlich stoppten und mit der Rechten zog sie den Vorhang etwas zurück, um missmutig einen Blick nach draußen zu werfen: "Was ist da los? Warum geht es nicht weiter?", herrschte sie ihre Leibsklavin Mara an während sie sich um sah. Igitt, wie sie es hasste inmitten des gemeinen Pöbels "festzustecken". "Gleich Herrin! Es sind nur gerade zu viele Menschen um uns herum. Wir müssen uns ein wenig gedulden", gab Mara mit piepsender Stimme zur Antwort. Gedulden? … Mit hochgezogener Augenbraue und eine befremdlichen Blick sah Prisca ihre Sklavin an. So ein Wort existierte schließlich nicht in ihrem Wortschatz ....


    … allerdings musste auch sie erkennen, dass momentan wohl nur mit Gewalt ein Weiterkommen wäre. Genügend Leibwächter mit Knüppeln hätte ich ja dabei …, überlegte Prisca kurz und verwarf den Gedanken sofort wieder. So einen Trubel wollte sie dann auch wieder nicht veranstalten.


    Also warte ich eben. … Ach, apropos Leibwächter … Eine Amazone hat der alte Halsabschneider im Angebot? Hmm, wie würde die sich wohl als Leibwächterin machen? Hübsch ist sie! Und offensichtlich versteht sie ihr Handwerk, sonst läge sie kaum in Ketten. In Anbetracht der Zwangspause verfolgte Prisca also die laufende Versteigerung und fand durchaus Gefallen an der Vorstellung, zur Abwechslung mal keine muskelbepackten Hünen an ihrer Seite zu haben sondern eine Wildkatze, der man ihre Talente nicht sofort anmerkte. Ein Gebot gab Prisca jedoch vorerst nicht ab da sie sich sicher war, dass der Preis für die Amazone ohnehin bald in unverhältnismäßige Höhen schießen würde, sobald die ersten hormongesteuerten Vertreter der 'Krone der Schöpfung' auf dieses Schmuckstück aufmerksam würden ... Obwohl ... warum eigentlich nicht ein bisschen mitbieten, langweilig ist mir ohnehin, dachte Prisca dann und gab einem von ihren Begleitern einen Wink.


    [Blockierte Grafik: http://img231.imageshack.us/img231/8683/sklave3hx9.jpg]
    Caecus


    ... schickte sich auch sofort an einen Weg durch die Menschenmenge zu suchen. So weit, dass der Sklavenhändler ihn hören konnte und er außerdem noch Blickkontakt zu seiner Herrin hätte, sofern sie weitere Gebote abgeben wollte.


    "Meine Herrin bietet 400 Sesterzen!". rief Caecus anschließend zu Tranquillus hoch und deutete auf die Sänfte mit den Insignien der Aurelia, damit der Sklavenhändler wusste von wem das Gebot stammte.

    Tja, die Antworten die Prisca erhielt waren nicht ganz nach ihrem Geschmack, klangen sie doch fast wie eine Rechtfertigung für die schändlichen Taten derer, die auf der falschen Seite gestanden hatten. Natürlich war das Ansichtssache. Und in einem Bürgerkrieg gab es nun mal keine klare Trennung zwischen Freund und Feind - zwischen richtig oder falsch. Wenigstens hatte sie endlich Gewissheit, dass die Gerüchte über den Vescularier stimmten. Dieser widerliche Glatzkopf hatte also das Testament des Kaisers gefälscht und ihn und dessen Familie heimtückisch dahin gemeuchelt. "Unglaublich, … dass so viele Römer sich von dem Vescularier haben täuschen und blenden lassen ", kommentierte Prisca kopfschüttelnd die Worte ihres Gegenübers und sie zweifelte keine Sekunde deren Wahrheitsgehalt an.


    Soweit so gut. Die Entscheidung des Kaisers konnte Prisca allerdings nur bedingt nachvollziehen, gleichwohl sie es akzeptieren musste, dass die ehemals "Bösen" auf ihren Treueschwur hin von ihm die Absolution erhielten. Also auch dieser Mistkerl von Decimer, sofern sein Stolz und sein vernebelter Verstand es zu ließen, dem neuen Kaiser die Treue zu schwören. So hatte es sich aber nicht angehört. Vielmehr deutete Prisca die Auskunft von Gracchus dahingehend, dass der Decimer einfach spurlos verschwunden war. Einfach so? … Wie schade! Die Hoffnung war somit dahin, den Decimer am Kreuze hängen zu sehen, zwischen all den anderen Verbrechern, deren Leichen als Mahnung für alle die via Appia zierten. Wirklich schade … Allein des Anblickes wegen, wie sein langsam verwesender Leichnam von den Krähen und Geiern aufgepickt wurde. Naja, lieber bleibt er verschwunden als, dass er sich mit neuen Ämtern schmücken darf! Zumindest war das eine "kleine Genugtuung", die aber Priscas Wut und Hass auf den Decimer nicht völlig befriedigte.


    "Und der Kaiser vertraut tatsächlich auf den Schwur derer, die einst diesem glatzköpfigen Despoten die Treue geschworen haben? ...Und ...und die Anderen lässt er einfach ungeschoren davon kommen?", fragte sie ungläubigen Blickes noch einmal nach, ohne jedoch wirklich eine grundlegend anders lautende Antwort aus dem Munde des Senators zu erwarten. Es war wohl nichts daran zu ändern. Oder doch? Allein schon wegen ihrer emotional geladenen Aversion gegen den der sie entführt hatte, konnte und wollte Prisca sich nicht damit abfinden, dass er für seine Tat nicht büßen sollte. Ob es eine Möglichkeit gäbe, ihn irgendwie ausfindig zu machen? Ich müsste wohl jemanden anheuern, einen Spezialisten, der sich mit dieser Materie auskennt. So eine Art Sklavenjäger, überlegte Prisca für sich während sie dem Senator zu hörte und fand den Gedanken gar nicht so übel.


    Irgendwo musste der Decimer ja abgeblieben sein und irgendwer wüsste sicher darüber Bescheid. Aber lohnt sich der Aufwand? Kurz wog Prisca auch diese Frage ab und kam zu dem Entschluss, dass es sich allemal lohnen würde. Dieser Kerl durfte einfach nicht ungeschoren davon kommen für das was er ihr angetan hat!!


    "Nun ich hoffe ja sehr, dass einige Entscheidungen baldmöglichst revidiert werden.", führte Prisca indes das Gespräch, fern ihrer dunklen Gedanken, im Plauderton fort: "Zum Beispiel die Vermögenssteuer für Senatoren und Patrizier! ...Findest du nicht auch, dass diese Abgabe schnellstmöglich abgeschafft werden sollte? ", sprach sie dabei ein Thema an, das die Flavier wie die Aurelier gleichermaßen "traf". Und unter Gleichen konnte und durfte man doch ruhig offen sprechen. Von daher interessierte es Prisca durchaus wie der Senator darüber dachte und - auch auf die Gefahr hin ihn mit ihrem Problem zu langweilen - ließ sie dabei nicht aus, ihm ihren "Schmerz" zu klagen, den sie mit dieser Steuer hatte:


    "Ich will mich ja nicht beklagen und es geht mir auch nicht schlecht, … aber dennoch, … durch diese Steuer war ich gezwungen den Großteil des Erbes meines Onkels in Handelsgüter und sonstige Sachwerten anzulegen. Sonst wäre das Meiste von seinem baren Vermächtnis im Rachen dieses Widerlings gelandet. … Und nun lagern diese Güter im halben Imperium verstreut, ohne, dass sie uns Aureliern direkten Nutzen bringen würden. Entweder sie verderben, oder sie werden unserer Familie gestohlen. Erst kürzlich erreichte mich die Nachricht hier in Rom, dass einer von unseren Gutsverwaltern auf Sardinia Waren, im Wert von mehreren tausend Aurei veruntreut hat und mit dem Geld spurlos verschwunden ist", erzählte Prisca ganz offen von einem Vorfall, der sich jüngst am Rande ereignet hatte und es kam ihr nun durchaus gelegen, diesen nebenbei zur Sprache bringen zu können.


    "Du kennst nicht zufällig jemanden, der diesen Betrüger ausfindig machen könnte? Oder wie man ihm und dem Geld sonst irgendwie habhaft werden könnte? Ich weiß, eigentlich sollte ich mich als Frau nicht um derlei Dinge kümmern, doch möchte ich meinen Cousin Lupus nicht auch noch mit diesem Problem belasten, nachdem er als Oberhaupt der Familie ohnehin schon genügend Last auf seinen Schultern trägt", versuchte Prisca mit einem bezaubernden und offenen Lächeln ihre Beweggründe zu erklären, wobei sie mit der letzten Frage natürlich noch einen ganz anderen Hintergedanken hegte. Wer es schafft einen flüchtigen Betrüger aufzuspüren, kann sicher auch einen untergetauchten Mistkerl wie diesen Decimer ausfindig machen …, von daher:"Ich wäre dir auf ewig zu Dank verpflichtet, Senator, wenn du mir einen Rat geben könntest, was ich tun soll."

    Oh?! Hab ich etwas falsches gesagt? Bin ich ihm in irgend einer Weise zu nahe getreten?, kam Prisca ins grübeln als sie Neros Stimmungswandel bemerkte. Eingangs hatte er sie noch recht fröhlich begrüßt und dabei bewundernd angesehen, doch jetzt wirkte er irgendwie mürrisch und abweisend, wie er da so saß und vor sich hinstarrte. Wahrscheinlich hatte es an ihrer Bemerkung mit dem Wein gelegen und an ihrem Vorschlag mit dem Familienrat. Das ist ihm sicher peinlich, dass ausgerechnet ich das gesagt habe und ich ihm diesen Vorschlag gemacht habe, ...sie, eine Frau, denn von Frauen ließ sich die Krone der Schöpfung ja seit jeher nichts sagen. Männer! Warum müssen die eigentlich immer so kompliziert sein??, dachte Prisca nur als sie ihre "ausgeschlagene" Hand mit dem Becher wieder zurück zog. Pah, na dann eben nicht … Da will man mal nett sein und dann das…


    Mit einem Schulterzucken stellte Prisca den Becher auf das Tischchen neben ihrem Sesseln ab, lehnte sich zurück und betrachtete "Herrn Griesgram", im Sessel neben ihr, mit leicht abgekühlter Miene: "Verzeih, Aurelius, falls ich dir in irgend einer Weise zu nahe getreten sein sollte. Es geht mich selbstverständlich nichts an, worin du dein Heil suchst. Ob nun im Wein und in Weibern, oder in was auch immer. Und ebenso ist und bleibt es natürlich deine alleinige und freie Entscheidung, ob du die Familie um Rat bitten willst, oder nicht", entschuldigte sich Prisca sehr förmlich und leicht verschnupft klingend bei ihrem Cousin, ehe sie dann auf seine Frage nüchtern antwortete:


    "Deine Schwester ist tot. … Sie starb vor ein paar Monaten in Mantua, bei der Geburt ihres Sohnes. … Neben ihr sind in den vergangenen Jahren auch Avianus und viele andere aus der Familie ins Elysium gegangen - oder sind spurlos verschwunden, so wie du es lange Zeit warst", spielte Prisca beiläufig auf sein plötzliches Erscheinen an: "Zur Zeit weilen nur Lupus, Lentidia, Durus - der Sohn von Usus, meine Wenigkeit und Du in Rom. … Ursus und seine Frau sind noch in Mantua, wo er an seinen schweren Verwundungen laboriert. Ob er überlebt und jemals wieder gesund wird, wissen nur die Götter.", berichtete Prisca von den übrigen Aureliern und, mit einem traurig klingenden Seufzer, gedachte sie einige Augenblicke ihrem Lieblingscousin, ehe sie weiter sprach:


    "Wie du siehst, sind wir nicht gerade sehr viele. Von daher wäre es vielleicht das Beste, wenn du zuerst mit Lupus sprichst. Er wird dir, ...ehm, Ich meine ja nur, … so unter vier Augen, von Mann zu Mann." - Ups, nicht, dass ich wieder zu viel plappere, biss Prisca sich sofort auf de Zunge als sie bemerkte, wie sie Nero schon wieder gut zureden wollte. Einen letzten schinppischen Zusatz, konnte sie sich jedoch nicht verkneifen: "Lupus müsste eigentlich bald aus dem Senat zurück sein. Soll ich dir in der Zwischenzeit weiter Gesellschaft leisten? Oder möchtest du, statt mir, lieber ein paar Sklavinnen auf dein Zimmer? ... Etwas Falerner dazu? Wir haben noch genügend Amphoren davon im Keller!"

    …. Mir zu Last fallen? Der Grund für die Anwesenheit des Flaviers weckte zweifellos einige Erinnerungen in Prisca und manchmal fragte sie sich, ob alles so gekommen wäre, wenn die Briefe nicht in ihren Besitz gelangt wären. Jene Liebesbekundungen unter Gleichen, wegen denen es dem Flavier womöglich selbst unangenehm war hier zu verweilen ind er Gewissheit, dieses "kleine Geheimnis" fortan mit ihr zu teilen. Aber zur Last fallen? ... - "Ich bitte dich, Senator, wie könnte mir deine Gesellschaft je zur Last fallen?! … Vielmehr freue ich mich, dass du mir die Ehre erweist mein Gast zu sein", begrüßte Prisca schließlich mit einem erfreuten Gesichtsausdruck die Entscheidung des Flavier, in der Hoffnung durch ein offenes Gespräch, viele Missverständnisse und offene Fragen für immer aus dem Weg räumen zu können.


    Dem Senator schien ebenso daran gelegen zu sein diese "Angelegenheit" ein für allemal zu klären und sicher hatte er gute Gründe, weshalb ihm ihre Verschwiegenheit für die Zukunft wichtiger war als sein Ruf in der Vergangenheit. Leicht gesagt, nachdem es so gekommen war wie es ist, dachte Prisca, wenngleich sie seine Sorge um ihre Unversehrtheit als edle Geste wertete. Sein Anliegen konnte und wollte sie ihm indes gerne erfüllen. Schließlich hatte sie nur dem Decimer schaden wollen und nicht Flavius Gracchus. Und abgesehen davon wären ohnehin bald alle Beweise, für die Existenz dieser Beziehung, ihrem rechtmäßigen Besitzer zurück gegeben, von daher…:"Deine Sorge um meine Unversehrtheit ehrt dich, Flavius und deiner Bitte werde ich selbstverständlich sehr gerne nachkommen. Es ist auch mein persönliches Anliegen, das Vergangene und all die unschönen Erinnerungen an das Geschehene endlich hinter mir lassen zu können ", versicherte ihm Prisca, ohne es aber für erforderlich zu erachten ihre Worte mit einem Schwur zu untermauern .


    Ob Gracchus deshalb kurz zögerte? Zweifelte er womöglich an der Ehrlichkeit ihrer Worte? Scheinbar beschäftigte ihn eine andere Sache, die schließlich in einer Frage mündete, bei der es Prisca regelrecht die Nackenhaare aufstellte. Decimus Serapio! Allein der Name dieses Verrückten war wie ein rotes Tuch für sie und neben der unschönen Erinnerung an die Begegnungen mit ihm, fragte sie sich ernsthaft wie ein Mann wie Flavius Gracchus - ein Patrizier von edelster Abstammung - einen solch widerlichen Kerl nur anziehend finden konnte. Naja, das war natürlich Geschmackssache und in Bezug auf Decimus Serapio war Priscas Meinung zweifellos negativ vorbelastet.


    "Was diesen Irren dazu getrieben hat? Mich mit seinen haltlosen Anschuldigungen zu diffamieren, … mich in meinem eignen Haus einzusperren, ... mich als Geisel durchs halbe Imperium zu schleifen???", formulierte Prisca die Frage dennoch emotional um, wobei ihr verächtliches Schnauben ihre niedere Meinung von dem Decimer unschwer erkennen ließ: "Was genau er sich davon versprochen haben mag, kann ich dir leider nicht sagen, Senator. Ich kann es mir nur so erklären, dass dieser verblendete Fanatiker in mir die Hochverräterin sehen wollte um seinem Herrn einen Erfolg präsentieren zu können. Der Name Aurelia stand schließlich mit ganz oben auf der Proskriptionsliste und ich war zufälligerweise die Einzige aus der Familie, die zu dieser Zeit in Rom weilte und der er somit habhaft werden konnte. Das hätte dem Vescularier sicher gut in den Kram gepasst, mich als Mitwisserin des Mordes am Kaisers öffentlich an den Pranger zu stellen, um so uns Aurelier an seiner Stelle ans Messer zu liefern. Schließlich gingen damals genügend Gerüchte in der Stadt um, dass Salinator aus reiner Machtgier nach dem Thron gegriffen hat. … Den Göttern sei Dank, dass dieser Widerling dafür seine gerechte Strafe erhalten hat ", teilte Prisca Flavius Gracchus ihre Vermutungen mit und ließ kaum Zweifel daran, wen sie persönlich für den Mord an der Kaiserfamilie verantwortlich machte.


    Apropos Strafe … Ein Strafe hätte der Decimer in Priscas Augen auch verdient, nachdem sie ihm schon zig Male den Tod gewünscht hatte. Nur leider war sein Name bislang auf keiner der zahllosen Gefallenen-Liste aufgetaucht, die Prisca von ihren Sklaven regelmäßig prüfen ließ, noch hatte es irgendeine Ankündigung zu einer Hinrichtung gegeben. Ob der Senator mehr weiß? Ob die beiden am Ende gar noch miteinander …. , grübelte Prisca kurz darüber nach ob sie es wagen sollte, Gracchus direkt auf seinen Liebhaber anzusprechen. Er wird mir wohl kaum sagen, wo ich diesen Decimer finde Einen Versuch war es aber allemal wert, allein der Mechanik des Zufalls wegen: "Hat der Senat - beziehungsweise unser neuer Kaiser - eigentlich darüber entschieden, was mit ehemaligen Handlangern des Vesculariers geschehen soll, sofern sie nicht gefallen oder geflohen sind?...Will man sie zur Rechenschaft ziehen? Oder erhalten sie die Absolution, nachdem der Bürgerkrieg vorbei ist?", stellte Prisca diese Frage ganz unscheinbar und beiläufig klingend, als sei es der Plauderei geschuldet, derweil sie an ihrem Becher mit Essigwasser nippte und den Flavier neugierig über den Rand hinweg anblickte, in der Hoffnung eine aufschlussreiche Antwort zu erhalten ...

    Sieh an - sieh an! Welch Talente doch in Männern schlummerten und es nur eines musischen Abends bedurfte, diese in ihnen zu wecken. Prisca war begeistert und natürlich bezog sie das Engagement der Buhler hauptsächlich auf ihre Person, wodurch sie sich noch mehr geschmeichelt fühlte. Das Werben um sie erinnerte Prisca dabei fast schon einem kleinen Wettstreit unter Gleichen, so verbissen wie manch einer bei der Sache war. Und ich bin sozusagen der Preis um den es geht. Na so einfach ginge das natürlich nicht! Schließlich galt es zu jeder Zeit die Würde sowie den Schein der Unerreichbarkeit zu wahren, wie man es von einer Patrizierin eben erwartete. Andererseits, warum nicht. Die Idee mit dem Rätsel gefällt mir gut. Und warum soll sich der Sieger nicht einen Abend lang mit mir schmücken dürfen? , fand Prisca sich angesichts ihres geschmeichelten Ego´s wiederum nicht zu schade dafür den Rest des Abends: "... zu durchleben, jedes Wort zur Kunst erheben, uns an der Schönheit des Abends laben … kurzum: etwas Schönes aneinander haben"


    "Etwas Schönes aneinander haben? Warum nicht! So soll also ein Rätsel die Erkenntnis bringen, wer von euch wird den Sieg um meine Gunst erringen.", besiegelte Prisca den Vorschlag und sie musste leicht schmunzeln, wie sie den jungen Lacrius und den Aebutius so reden hörte. Ob sich manch einer von Ihnen gar mehr erhoffte? Aufmerksam musterte Prisca jeden Einzelnen. Die Vorstellung - so abwegig sie auch sein mochte - hatte durchaus etwas prickelndes und da Prisca seit jeher das Spiel mit dem Feuer liebte, überlegte sie kurz wie sie das Rätsel noch ein wenig reizvoller für alle Beteiligten gestalten könnte:


    "Und zum Dank für euren Fleiß, soll jeder erhalten einen Preis! … In Form eines Pfand, den ich legen werde in jede Hand. ... Etwas von mir, das ich geben möchte ... Dir und Dir und ... Dir und Dir. Wer also das Richtige wird erwählen, der darf es stehlen. Na? Vermag dieses Versprechen euch verführen, in euren intimsten Gedanken, die sich um mich ranken, mich gar zu berühren? So gebet denn Acht und wählet anschließend mit Bedacht! " Während Prisca reihum die potentiellen Sieger abzählte, begannen ihre Augen verheißungsvoll zu funkeln. Das gefiel den Männern bestimmt, aber so einfach an grapschen würde sie sich freilich nicht lassen. Wo kämen wir denn da hin …


    Mit einem aufreizenden Augenzwinkern durchbrach Prisca den Kreis der Umstehenden, um sich - ein paar Schritte weiter - mit dem Rücken gegen eine nahestehende Säule zu lehnen. Einem von den herum stehenden Sklaven stahl sie dabei einen Becher mit Wein vom Tablett, um kurz an dem süßen Wein zu nippen. Ein bisschen Mut antrinken könnte sicher nicht schaden und so hatte Prisca die Gelegenheit das Angedachte in die richtigen Worte zu formulieren, während die Vier noch einmal in Ruhe ihre Gestalt von oben bis unten "bewundern" konnten.


    Mit einem tiefen Atemzug und einem hintergründigen Lächeln auf den Lippen begann Prisca schließlich aufzuzählen, was sie sich ausgedacht hatte:


    "Lasset uns beginnen mit der Eins! Soll dieses Pfand sein Dein´s? ...Es ist klein, ganz fein, samtig glänzend und hart, … eine Perle, die zu streicheln deinen Fingern sicherlich würde schmeicheln. … Kannst du dir denken, was ich meine? ...So wähle dieses Kleinod als das Deine!"


    Wenn das mal kein verheißungsvolles erstes Angebot war, dachte Prisca nur und grinste in sich hinein, als sie interessiert die Mienen ihrer Gegenüber musterte:


    "Oder möchtest du lieber derer Anzahl zwei? … Beide weich und zart, einem Hauch von Seide gleich, die ich auf meiner Haut bekleide? … Sie würden sicherlich gut in deine Hände passen, …. du könntest sie streicheln, halten, kneten, fassen, … oder sie auch fallen lassen, falls du lieber warten möchtest auf die Drei"


    So langsam dürfte allen bewusst sein, worauf Prisca hinaus wollte, oder?


    "Rot und voll sollst du schmecken meine Zunge und meine Lippen, falls du dich entscheidest für die Drei, … so schmerzlich es auch sei, den Rest des Abends womöglich an einem einzigen Kuss zu laben, .. Oder derer viele gar, die ich dir geben möchte bis zum Schluss , … so nimm denn die Drei, … auf du und ich, … nur wir Zwei!"


    Genüsslich leckte sich Prisca die Lippen um den Appetit der Anwesenden noch ein wenig zu steigern, ehe sie mit Nummer Vier den letzte Preis ins Rennen schickte.


    "Oder willst du die Vier? Zweifellos ein weiteres Detail von mir! … Mag es auch weitaus weniger reizvoll sein, … der Wert - im Vergleich zu den Anderen - so klein, … gleichwohl dürftest du sie halten und drücken, dich mit ihrer Nähe schmücken."


    Hui, ,...jetzt bin ich aber gespannt, wer sich für was entscheidet Nachdem nun alle Dinge aufgezählt waren, spürte Prisca durchaus ihr Herz vor Aufregung schlagen, denn so frivol und aufreizend hatte sie sich schon lange nicht mehr gegeben. Und jetzt und hier gleich vor vier Männern! Was die wohl jetzt denken, was sie von mir gleich bekommen werden? Ein wundervoll prickelndes Gefühl war es in jedem Fall darüber nach zu sinnen, auch wenn sie wohl niemals die wahren Gedanken erfahren würde, die hinter den ganz unterschiedlich ausfallenden Gesichtsausdrücken der Männer stecken mochten ...


    "Das wären also eure Preise. Nun denkt gut nach und entscheidet weise, denn .... mag das Verborgene auch noch so offen vor euren Augen liegen, ... am Ende kann nur Einer siegen …"

    Mit äußerlich unbewegter Miene begegnete Prisca den forschenden Blicken ihres Cousins und verfolgte, wie er sich mit einem großen Schluck Wein offenbar Mut antrinken musste, um ihre Fragen zu beantworten. Hatte sie damit seine anfängliche Fröhlichkeit etwa gedämpft oder gar seinen Stolz verletzt? Männern fiel es meistens schwer ihre Fehler, beziehungsweise ihr eigenes Versagen zuzugeben. Schon gar nicht vor einer Frau. Umso überraschter war Prisca, mit welcher Offenheit dies Nero nun ihr gegenüber tat, nachdem er sich endlich gesammelt hatte und genügend Wein seine Kehle hinunter geronnen war. Das hatte Prisca wirklich nicht erwartet und demzufolge kam sie nicht umhin, ihm einen gewissen Respekt zu zollen, dass er den Weg hierher zurück gefunden hat. Natürlich hätte sie ihm seine Fehler und sein Versagen vorwerfen können, doch lag es ihr fern auch noch - bildlich gesprochen - auf einen am Boden Liegenden "herum zu trampeln".


    "Nun, ...lieber Cousin ...", wählte Prisca ihre Worte und die Anrede nun mit einem deutlich wärmeren Ton in ihrer Stimme, während sie ihm in die Augen sah: "Selbsterkenntnis ist zweifellos eine Tugend, die wenigen vergönnt ist. Du jedoch hast den Mut bewiesen und bist hierher gekommen, um dem Ansehen der Familie nicht zu schaden. Das verdient Anerkennung!" Ob diese Worte helfen würden um ihn ein wenig aufzubauen? Mit einer gewissen Skepsis betrachtete Prisca den leeren Becher in Nero´s Händen, auf den er verloren und traurig starrte. Sie kannte die Wirkung des süßen Rebensafte aus eigener Erfahrung nur allzu gut und deshalb glaubte sie ihn verstehen zu können, wobei es in ihren Augen durchaus einen Unterschied machte, ob man sich aus Frust oder aus reiner Lust betrank.


    Letzteres hatte Prisca in der Vergangenheit öfters einmal getan, aber seit dem Erlebnis in dem Feldlager, hielt sie sich beim Wein deutlich zurück. Und das sollte Nero ihrer Meinung nach auch lieber tun, ehe er so sturzbetrunken wäre, wie sie es damals gewesen war: "Möchtest du einen gut gemeinten Rat, Cousin? ... Du solltest dein Heil lieber nicht in diesem leeren Becher suchen und noch weniger in dem roten Saft, der sich darin befand! Er mag zwar die Erinnerung für eine gewisse Zeit betäuben, aber seine Wirkung verfliegt viel zu schnell. Und was ist danach? Willst du immer so weiter machen?", fragend blickte Prisca ihren Cousin an, in der Hoffnung er würde diesen Rat beherzigen. Schließlich galt es nun über seine Zukunft nachzudenken: "Was hältst du davon wenn wir den Familienrat einberufen? Gemeinsam finden wir sicher einen Weg, wie du hier schnell wieder Fuß fasst, denn zum Glück ist Salinator endlich Geschichte und der Name Aurelia zählt wieder etwas in Rom."Aufmunternd hielt Prisca ihrem Cousin gleichzeitig den eigenen Becher hin: "Übrigens, hier probier mal! Essigwasser kann auch sehr gut schmecken und es erfrischt zugleich die Sinne!"

    "Ich danke dir, Senator, für deine Anteilnahme und für deine guten Wünsche für meinen Cousin. … Ebenso will ich die Götter darum bitten, dass sie dich und deine Familie auch in Zukunft vor allem Leid und Unheil verschonen und stattdessen Glück und Gesundheit allzeit euren Weg begleiten mögen", bedankte sich Prisca für die Beileidsbekundung mit einem warmen und offenem Lächeln. Mochten die Worte des Falviers auch rein des Anstands geschuldet sein, so klangen sie zumindest ehrlich und keineswegs derart förmlich und gekünstelt wie manch andere Kondolenz, weshalb Prisca den Drang verspürte ihre Verbundenheit gegenüber den Flaviern mit einem Gegenopfer zum Ausdruck zu bringen. Nicht zuletzt diente es auch der Pflege der guten Beziehungen zwischen den Familien, die hoffentlich irgendwann wieder durch eheliche Bande gefestigt würden, auch wenn es beiden Seiten derzeit an potenziellen Kandidat(inn)en mangeln mochte.


    Eine weitere Möglichkeit zur Pflege der guten Beziehungen eröffnete sich kurz darauf mit dem eigentlichen Anlass des Besuches. Als ob ich es geahnt hätte, dachte Prisca sofort während sie dem Flavier zu hörte. Seine Haltung und die Bedächtigkeit und Schwere seiner Stimme ließen unschwer erkennen wie wertvoll der Inhalt des Kästchen für ihn sein musste. Oder war es ihm gar peinlich, dass dieses einst gut behütete Geheimnis womöglich keines mehr war? Prisca konnte sich irren, aber sie tippte auf eine Mischung aus beidem als sie sein flüchtiges Lächeln und den leicht hilflos wirkenden Ausdruck in seinen Augen sah.


    "Das Kästchen das du beschrieben hast, Senator, ist mir wohl bekannt und es stimmt auch, dass es in meinem Beisein geöffnet worden ist", nickte Prisca und da es ihr fern lag den Flavier über den Verbleib seines Kleinods auf die Folter zu spannen, gab sie ihm bereitwillig Auskunft: "Das Kästchen samt Inhalt ist noch immer in meinem Besitz. Beziehungsweise habe ich es damals, nach der Durchsuchung, an einen sicheren Ort bringen lassen , da ich … ich", kurz stockte die Stimme der Aurelia, da sie nun zugeben musste die Briefe gelesen zu haben. Sollte sie außerdem gestehen, dass sie ernsthaft in Erwägung gezogen hatte die Briefe als Druckmittel gegen den Schreiber selbiger ein zusetzen? Damit hätte sie am Ende wohl auch dem Ruf des Flavier geschadet. Aber hätte es das wirklich? Oder würde sich am Ende gar niemand dafür interessieren, welche Beziehung zwischen den beiden bestand (oder bestanden hatte)? Damals wie heute? Letztendlich waren die Briefe doch nur für denjenigen von Bedeutung, für den sie einst bestimmt waren, oder?


    Nachdem Prisca mit einem Räuspern gedanklich abgewogen hatte, wie weit sie mit ihren Erklärungen gehen sollte, hielt sie es für das Beste die ganze Wahrheit zu sagen: "Ich dachte das sei die beste Lösung, da der Inhalt der Briefe womöglich deinem guten Ruf geschadet hätte. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich später in Erwägung gezogen habe mit diesen Briefen Decimus Serapio zu erpressen und ihn in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Allerdings nur, weil er mich und meine Familie des Hochverrats beschuldigt hat und er mich verhaften ließ, um mich als Geisel mit auf seinen Feldzug zu schleppen…." Ob Gracchus von dieser Geschichte wusste und er deshalb Verständnis für ihre Handlung gehabt hätte? Fragend und entschuldigend zugleich blickte Prisca den Flavier an, da sie nicht wusste wie (gut) das Verhältnis der beiden heute zueinander war und gleichzeitig vollendete sie aber das, was sie ihm sagen wollte: "Glücklicherweise ist es nie soweit gekommen und bin ich froh, dass ich dir nun dein Eigentum unbeschadet zurück geben kann. ... Ich werde sofort veranlassen, dass die Briefe auf sicherem Wege zurück in deinen Besitz gelangen." Dagegen gab es wohl kaum etwas einzuwenden und deshalb winkte Prisca sogleich ihre beiden germanischen Leibwächter Einar und Bernulf, sowie ihre Leibsklavin Mara herbei: "Es wird höchstens eine Stunde dauern bis meine Sklaven zurück sind. Darf ich dir so lange die Gastfreundschaft anbieten, Senator? Oder soll das Kästchen direkt zur villa Flavia gebracht werden?", erkundigte sich Prisca nun abschließend bei Gracchus in der Hoffnung, dass die Vorgehensweise in seinem Sinne wäre.

    Am liebsten hätte Dina dem Aurelier eine saftige Ohrfeige verpasst dafür, dass er ihr auf dem Weg ins Tablinum mehrmals in den Po kniff doch, angesichts ihrer niederen Stellung, blieb ihr diese Option leider verwehrt. Schade nur, dass ihr unsichtbarer Freund Rollo nicht da war um dem Aurelier einen saftigen Tritt in dessen nobilen podex zu verpassen. Diese Wunschvorstellung existierte freilich nur in Dina´s leicht verwirrtem Kopf, genauso wie Rollo nur ein luftiges Hirngespinst der jungen Ägypterin war. Eine ernsthafte Gefahr für das patrizische Hinterteil des trunken strauchelnden Aureliers bestand also nicht, außer, er würde sich aus eigener Kraft auf seinen Hosenboden setzen. Aber leider blieb auch dieser Anblick der jungen Ägypterin vorenthalten, angesichts der stützenden Sklaven des Adeligen und so musste sie wohl oder übel gute Miene zum bösen Spiel machen und das bedeutete: Immer schön lächeln, … freundlich lächeln! Lächeln!!! Und nach Möglichkeit versuchen, den Popo aus der Reichweite seiner Finger heraus zu halten, während sie dem Herrn den gewünschten Wein (samt Gesellschaft) servierte.


    In der Zwischenzeit wurde Pisca von der nuntatio über die Ankunft des Nero Aurelius Scipio überrascht, als sie gerade auf dem Weg zur porta war, um einen gemütlichen Einkaufsbummel in der Stadt zu starten. Nero Aurelius Scipio? Diesen Namen hatte Prisca schon seit einer Ewigkeit nicht mehr innerhalb dieser Mauern vernommen. In Erinnerung war er ihr dennoch geblieben, der Träger jenes Namens, obwohl sie ihn eigentlich kaum kannte. Das lag wohl daran, dass Nero ziemlich selten hier in der Stammvilla in Rom weilte. Mehr als ein paar belanglose Worte hatten sie in der Vergangenheit also nie gewechselt und da Nero ohnehin einen etwas "speziellen" Ruf in der Familie besaß, hatte Prisca auch nie das Verlangen gehabt ihn näher kennen zu lernen. Wobei das mit dem Ruf und dem, was man sich so alles über ihn erzählte natürlich so eine Sache war wenn man bedachte, dass in der Familie kaum jemand mit einer blütenweißen Toga brillieren konnte. Und egal wie sein Ruf auch sein mochte, da Nero keine "persona non grata" war, gebot es allein schon der Anstand ihn entsprechend willkommen zu heißen.


    Nur muss das ausgerechnet ich sein? Hm, das passt mir jetzt eigentlich gar nicht. Noch dazu wenn es stimmt, was der Sklave gesagt hat, dass Nero leicht angetrunken sein soll und er "verlangt" hat, eingelassen zu werden. Will er sich hier etwa als neuer Hausherr aufspielen? Andererseits würde es mich ja schon interessieren, aus welchem Grund er dieses Mal hier ist., überlegte Prisca hin und her, ob sie wegen ihm ihren Einkaufsbummel verschieben sollte und schließlich siegte - wie so oft - ihre Neugier.


    Nur wenige Minuten später betrat Prisca das tablinum, wo Nero es sich mit Wein und Weib gemütlich gemacht hatte: "Nero Aurelius Scipio! Welch seltener Gast in diesen Hallen! … Sei dennoch willkommen zurück im Haus deiner Familie, werter Cousin", förmlich , ein wenig stichelnd, aber dennoch freundlich lächelnd grüßte Prisca den Ankömmling, während sie gemächlich und in anmutiger Haltung auf ihn zu "schwebte". So hatte Prisca die Gelegenheit ihren Verwandten ein wenig zu mustern (wie auch er es ihr gleich tun konnte) ehe sie mit einer eleganten Drehung, in einem Korbsessel zu seiner Rechten Platz nahm.


    Der erste Eindruck nach so langer Zeit bestätigte Priscas Bild, das sie von Nero in Erinnerung hatte und zweifellos gehörte er zu der Kategorie Mann, die sie sehr interessant und anziehend fand: Vom Aussehen und der adligen Abstammung mal abgesehen, faszinierten insbesondere seine Augen, die so unverhohlen und gleichzeitig mit einer unergründlichen Tiefe auf ihr zu ruhen schienen. Zugegeben, ein wenig verklärt wirkte sein Blick auch, was wohl am Konsum des Weines liegen mochte und von dem Dina ihm eifrig nach schenkte. Nur warum blickte die Sklavin so finster drein? "Bring mir einen Becher Essigwasser!", befahl Prisca der Sklavin und mit einem Fingerzeig gab sie zu verstehen, dass Dina anschließend verschwinden sollte. "Verzeih meine Neugier, aber was führt dich denn nach so langer Zeit zurück nach Rom? … Ich dachte immer, du ziehst jeden Ort des Imperiums der ewigen Stadt vor, weil eben jeder Ort für deine Geschäfte besser wäre, als der hier in der Hauptstadt ..." Mit einem unschuldigen und gleichzeitig besorgten Gesichtsausdruck wandte Prisca sich wieder an Nero. Natürlich wusste sie rein gar nichts über jene Geschäfte, die Nero zu tätigen pflegte, aber vielleicht gelang es ihr durch diese Anspielung endlich, ein bisschen mehr über ihn zu erfahren.