Wie gebannt lauschte sie Severus' Worte. Thidrik. Ihr Vater hatte diesen Namen einmal erwähnt. Doch in welchem Zusammenhang, das fiel ihr beim besten Willen nicht mehr ein. "Ich stamme von der Sippe der Uiligotis und gehöre zu dem Gau des Landogars." Sie senkte ihren Blick, als er nach den Hermunduren und Römern fragte. Das wollte er sicher nicht erfahren. Sollte sie ihn anlügen? Nein, das hatte er nicht verdient. Zudem wäre das nicht sehr ehrenhaft gewesen. "Ja, es hat einen Rachezug gegen diese räudigen Hunde gegeben. Allerdings ohne großen Erfolg. Man hat ihnen nur wenig schaden können." Einen Moment lang hielt sie inne. Sie schluckte. "Und diese elenden Römer... sie bedrängen unser Land von der anderen Seite. Immer weiter dringen sie vor. Ich weiß gar nicht, ob mein Dorf überhaupt noch existiert -" Ihre Stimme stockte. Langsam hob sie wieder ihren Blick und sah ihn traurig an.
Als er auf die Römer wies, die über ihre geliebte Heimat herzogen, blickte auch sie hinüber. Sie hatte nicht alles verstanden, was sie über Germanien sagten, doch das, was sie vernahm genügte ihr. "Diese Mistkerle..." Ihre Augen verengten sich. Voller Verachtung schaute sie zu den Männern, die es wagten, ihr Mutterland in den Dreck zu ziehen.
Plötzlich schritt Severus erhobenen Hauptes auf sie zu. Minna hatte noch etwas sagen wollen, doch es war bereits zu spät. Er schien völlig in Rage zu sein. War es der Wein, der ihn so verhalten ließ? Als er die Römer auch noch in solch einem barschen Ton ansprach, wollte sie schon beherzt eingreifen. Doch es war Bridhe, die augenblicklich handelte und versuchte ihn zu beruhigen. So wie es aussah, gehörte sie wohl zu ihm. Minna selbst beschloss sich zurückzuhalten und die Situation zu beobachten. Sie betete zu den Asen, dass die Lage nicht eskalieren möge. Und tatsächlich, die Römer ließen sich von seinen Worten nicht beeindrucken und blieben ruhig. Stattdessen kam ein weiterer Römer hinzu, der Severus im Befehlston zu sich hin taxierte. Das musste sein Herr sein, denn Severus verstummte sofort.
Wehmütig schaute sie ihm hinterher, als er fortging. Sie bewunderte seinen Mut. Das war zweifelsohne ein stolzer Chatte. Zu gerne hätte sie sich noch weiter mit ihm unterhalten. Warum hatte diese Begegnung nur von so kurzer Dauer sein müssen? Hoffentlich würde sie ihn eines Tages wiedersehen.
Schließlich wandte sich Minna wieder zu den anderen Sklavinnen. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch Bridhe verschwunden war. Dass diese dem Römer und Severus gefolgt war, hatte sie nicht mitbekommen.