Beiträge von Fiona

    In der neuen Tunika fühlte Fiona sich wieder wohl. Sie fand, der lindgrüne Stoff passte viel besser zu ihrer roten Mähne, die sie, nachdem sie sich umgezogen hatte, wieder mit ihrem Haarband gebändigt hatte.
    Immer noch beobachtete sie Severus und Bridhe. Doch da es bislang nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen war, wandte sie ihren Blick ab und begann nach dem jungen Flavier Ausschau zu halten, dem sie die frische Tunika zu verdanken hatte. Suchend mischte sie sich unter die Menge.
    Sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, daß so viele Menschen in diesem Raum Platz finden konnten. Doch sie konnten es und es gab auch noch genug Platz, um die köstlichen Speisen zu genießen. Ihre Nase verriet ihr, daß wohl soeben der Fisch aufgetragen worden war.
    War sie gerade noch auf der Suche nach Luca, spielte sie nun schon mit dem Gedanken, sich ein Stücken Fisch zu genehmigen. Sie mochte Fisch über alle Maßen. Leider stand der nicht so oft auf der Speisekarte für die Sklaven in der Villa Claudia. Nichts ahnend, daß ihr Appetit auf Fisch sie wieder auf Lucas Spur führen würde, beschloß sie, sich etwas zu essen zu holen.
    In dem Moment, als sie zugreifen wollte, erkannte sie Luca in ihrem Blickwinkel, wie er in Richtung des Gartens schlenderte. Sie gab sich einen Moment Zeit, zu überlegen, was sie tun sollte. Sie entschied sich gegen den Fisch und für den Flavier. Langsammen Schrittes, um einen gewissen Abstand zu wahren, nahm sie seine Spur auf und folgte ihm in den Garten.
    Er blieb er bei einer Gruppe von anderen Besuchern des Festes stehen. Zu ihrer Überraschung erkannte sie alsbald Ursus, Cadhla und das blonde Mädchen, das ihr vor noch gar nicht so langer Zeit diesen empörten Blick zugeworfen hatte. Hätte Fiona geahnt, daß auch Tilla anwesend war, hätte sie sicher kehrt gemacht, da sie sonst wieder um ihre frische Tunika hätte bangen müssen. Doch die kleine Tilla war durch die großen Erwachsenen verdeckt und so für Fiona im Augenblick nicht ersichtlich.
    "Salvete, ich hoffe ich störe euch nicht bei einer ungeheuer wichtigen Besprechung", begrüßte sie grinsend die Anwesenden.

    Fionas Gesicht hellte sich auf, als der blonde Junge, der Laas gerufen wurde, ankam. Sein spitzbübisches Gesicht ließ sie schmunzeln. Er sollte ihr eine neue Tunika besorgen und sie dorthin bringen, wo sie sich in Ruhe umziehen konnte. "Vielen Dank nochmals!" Dankbar strahlte sie Luca an und folgte dann dem Jungen, der sie durch einen Gang zu einem Raum führte. Dort wartete sie, bis Laas ihr die Tunika brachte. Als er verschwunden war, begann sie sich umzukleiden und fühlte sich gleich viel besser. Die schmutzige Tunika faltete sie zusammen und ließ sie dort liegen.
    Nach einer Weile, als sie sich wieder zurecht gemacht hatte, verließ sie wieder den Raum und schlenderte zufrieden zurück zum Atrium.
    Sie sah sich um. Der Raum war mittlerweile von unzähligen Menschen gefüllt. Doch wenn sie genauer hinsah, konnte sie einige bekannte Gesichter wiederentdecken.
    Da standen immer noch Minna, eine weitere blonde Frau und Severus. Mit etwas Unbehagen stellte sie fest, daß Bridhe
    sich zu Seveverus gesellt hatte. Ob das gut gehen würde? Aber solange sie sich hier nicht prügelten! Vielleicht half ja ein klärendes Gespräch!

    Noch immer stand Fiona wie festgewachsen da. Ihr Blick lag immer noch auf Tilla, die in der Zwischenzeit von einem blonden Mädchen angesprochen worden war. Das Mädchen sah sie mit einem furchterregenden Blick an. Fiona zog beide Augenbrauen nach oben und schüttelte leicht den Kopf.
    Vor sich auf dem Boden bemerkte sie Luca, der begonnen hatte, die Scherben des Bechers aufzulesen. "Ist schon gut!" seufzte Fiona betrübt und bückte sich, um Luca zu helfen. Die Lust auf´s feiern war ihr gründlich vergangen. Doch wenigstens hatte das Ereignis Luca davon abgehalten, weitere unliebsame Fragen zu stellen. Stattdessen bot er ihr an, sich umzuziehen.
    "Umziehen wäre gut!" Sie freute sich sehr über Lucas Angebot und lächelte auch schon wieder. Mit einer frischen, sauberen Tunika wären alle Spuren wieder beseitigt und sie müßte sich nicht mehr länger grämen.

    Natürlich war Fiona der verdutzte Blick von Tilla nicht entgangen. Aber woher hätte Fiona auch wissen sollen, daß sie sich bei Luca mit falschem Namen vorgestellt hatte? Dass ihr die Erwähnung des Samhainfestes herausgerutscht war, ja, das war wirklich dumm und leichtsinnig gewesen! Doch was nun passierte, hätte sich Fiona niemals träumen lassen. Tilla wollte ihr in ihrer Gebärdensprache etwas mitteilen. Kaum hatte sie verstanden, was sie sagen wollte, da wurde es auch schon naß! Völlig entsetzt stand sie da. Nicht einmal Zeit hatte Tilla ihr gelassen, um auf ihre doch recht forschen Worte etwas zu erwiedern.
    Sie schüttete ihr einfach den Wein aus ihrem Becher auf ihre Tunika und ließ dann auch noch den Becher vor ihren Füßen fallen. Der zersprang sogleich in hunderte Scherben. Glücklicherweise wurde sie dabei nicht verletzt! Was sollte das? Was war los mit dem Mädchen? Fiona war sprachlos. Sie hatte bereits bei Tilla Erscheinen den Eindruck gehabt, daß das Mädchen vielleicht schon wieder zu viel getrunken hatte. Dadurch wurde sie wieder an die peinlichen Ereignisse ihres Festes erinnert. Mit offenstehenden Mund sah sie Tilla nach, wie sie sich umdrehte und weg ging.
    Sie schaute an sich herab und realisierte, daß ihre Tunika mehr oder weniger ruiniert war. Sie war völlig naß und roch unangenehm nach Wein. "Verdammt! Was war das denn jetzt! Und wie ich jetzt aussehe! Was soll ich denn jetzt bloß machen? Am liebsten würde ich jetzt..." nach Hause gehen! Zurück zur Villa Claudia? Nein, da müßte sie schon früh genug wieder hin. Aber wo sollte sie mit einer nassen Tunika, die zudem auch noch nach Wein stank, hingehen? Ihre anfänglich gute Stimmung näherte sich immer mehr dem Nullpunkt.

    Auch das noch! Tilla war zu Luca und Fiona herübergekommen, begrüßte beide und nahm Luca das Tablett aus der Hand.
    Diese Situation war für Fiona nun mehr als peinlich. Nicht genung, daß sie Tillas Geheimnis offenbart hatte und diese davon noch gar nichts wußte, sie hatte nun auch noch die Aufmerksamkeit auf das Samhainfest gelenkt.
    "Hallo Tilla! Schön, daß du hier bist!" Ihre Verlegenheit kannte in diesem Augenblick keine Grenzen. Am liebsten hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Was Tilla sonst noch mit ihren Gebärden sagen wollte, verstand sie nicht so richtig.
    Doch dann geschah das, was geschehen mußte! Fionas Ausdruck Samhai, hatte Luca keine Ruhe gelassen. Also hakte er nach, was Samhai war.
    Wie konnte sie sich jetzt am besten aus der Affäre ziehen?
    "Nun," begann sie ganz sachlich, "eigentlich heißt es ja Samhain!"
    Ja und weiter? Das war nun wirklich eine verzwickte Lage! Sollte sie oder sollte sie nicht? Aber da ihr Gegenüber wahrscheinlich eh nicht locker lassen würde, bis sie alles erzählt hätte, fuhr sie fort.
    "Samhain ist das keltische Totenfest. Es wird immer ausgiebig gefeiert, da man in dieser Nacht zusammen mit den Verstorbenen feiert. Wir glauben, daß in jener Nacht die Pforte zwischen den Welten offensteht. So können die Toten in unsere Welt gelangen. Jedenfalls für diese Nacht. Es ist eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste unserer Feste!"

    Sim-Off:

    Upps, ähm ja, hab ich nicht dran gedacht! Nichts für Ungut! :D


    Beinahe hätte sie sich wieder zu einem Streitgespräch verleiten lassen. Doch als Luca an den schönen Abend erinnerte, schluckte sie einfach ihre Argumente unter. Im Prinzip hatten sie vielleicht sogar ähnliche Ansichten, doch diese wurden zwangläufig aus verschieden Blickwinkeln beleuchtet.


    Ganz plötzlich wurde Fiona bewußt, daß sie soeben ein Geheimnis ausgeplaudert hatte. Etwas verunsichert und verlegen fühlte sie sich schon. "Ja äh, vielleicht, äh...naja vielleicht verwechselst du sie ja auch. Aber das Mädchen dort, ist wirklich Tilla!"
    Das war jetzt wirklich eine dumme Situation! Es war ihr alles äußerst peinlich! Und Bridhe? Sie kannte Tilla doch auch! Warum hatte sie ihm nicht die Wahrheit gesagt? Sehr merkwürdig, dachte Fiona.
    "Ja weißt du, ich habe sie in der Villa Aurelia getroffen, als wir dort unser Samhai..." Das Wort blieb ihr im Halse stecken! Wie konnte sie denn nur! Jetzt hatte sie sich nochmals verplappert! Am Besten hielt sie jetzt den Mund!Stattdessen grinste sie nur sehr,sehr verlegen.

    Fiona schaute ganz verwundert drein, als sie eine solche Aussage aus dem Mund eines Römers hörte. Ein Römer, der den Kampf verabscheute? Solche hätte es mehr geben müssen, dachte sie und mußte unvermittelt grinsen. "Ach was, du spielst doch jetzt nur mit mir! Ihr Römer seid doch ganz versessen auf Krieg und Kämpfe! Unsere Krieger und deren Frauen haben nur ihr Hab und Gut verteidigen wollen, mehr nicht. Wir käpften nicht, weil wir Spaß daran hatten, so wie ihr."


    Eigentlich war sie ganz froh gewesen, daß er nicht noch mehr wegen der Claudierinnen nachhakte. An diesem Abend wollte sie das alles hinter sich lassen und wollte auch keine unguten Gedanken aufkommen lassen. Sie wollte die nächsten Tage genießen, auch wenn sie nicht so recht verstand, was der Sinn und Zweck dieses Festes war.


    Dann plötzlich fing Luca an, ganz aufgeregt herum zu gestikulieren. Offenbar hatte er ein Mädchen entdeckt, welches er kannte. Fiona schaute in de Richtung, in die er deutete. "Wen meinst du? Caro? Nein, das Mädchen heiß nicht Caro. Nein, das ist Tilla! Sie gehört zu den Aureliern. Und sie ist auch nicht krank, sondern einfach nur stumm, das arme Mädchen!"
    Fiona war sich in diesem Moment nicht im geringsten bewußt, daß sie ein Geheimnis ausgeplaudert hatte. Woher hätte sie es auch wissen sollen?

    Fiona mußte lachen, als ihr Gegenüber von Arbeitsteilung und Männerarbeit sprach. Sie hatte es mittlerweile schon öfters erlebt, daß man es hierzulande mit argwönischen Augen betrachtete, wenn eine Frau mit Waffen umgehen konnte. "Nun, früher, bevor das Land besetzt wurde, war es die Pflicht einer jeden silurischen Ehefrau, ihrem Ehemann mit Waffen im Kampf zu unterstützen. Mein Vater hat diese Tradition weitergeführt und seine Töchter gelehrt, mit Waffen umzugehen. Ich weiß wie man mit einem Schwert kämpft, wie man mit Pfeil und Bogen schießt und wie man ein Messer an die Kehle eines Mannes führen muß, um diese dann zu durchtrennen."
    Unschuldig, als ob sie kein Wässerchen trüben konnte, lächelte sie. War das zu viel des guten?
    Doch das Lächeln blieb ihr beinahe im Halse stecken, als sich Luca nach den claudischen Frauen erkundigte.
    Alles irre Weiber, mit einer Ausnahme, wollte sie schon antworten, doch hielt sie sich mit ihren Äußerungen lieber diskret zurück. "Ach weißt du, die claudichen Frauen...ja also Epicharis zum Beispiel, ist sehr nett! Sie ist sogar mit einem Flavier verlobt. Aristides, glaube ich. Er ist zur Zeit im Krieg. Callista, nun ja, da möchte ich lieber nichts sagen und Deandra, ich weiß gar nicht, ob Deandra in Rom ist."
    Noch immer verursachte der Name Callista ihr Unbehagen. Der Tag, an dem Callista in der Villa angekommen war, bereitete Fiona noch heute Gänsehaut. Seitdem ging sie ihr aus dem Weg. Noch eine Begegnung mit ihr, würde sicher tödlich enden.

    Von Fionas Verlegenheit war nichts mehr zu spüren. Sie folgte genau seinen Beschreibungen und wurde selbst an ihr altes Zuhause erinnert. Dort hatten sie auch immer zusammengehalten. Die Unfreien lebten dort neben ihnen und mit ihnen. Es gab auch keine großen Unterschiede. "Das ist wirklich sehr schön und es erinnert mich sehr stark an mein eigenes Zuhause. Wir haben ähnlich gelebt, wie du es soeben beschreiben hast.
    Nun, ich komme aus dem Süden Cymrus. So unwirtlich ist es dort gar nicht! Unser Anwesen lag nahe Isca Silurum am Fluß Usk. Es gibt dort etwas Wald aber auch Weiden für das Vieh. Natürlich leben die Leute dort auch vom Fischen, denn das Meer ist nicht weit. Wir haben dort ein relativ mildes Klima aber auch viel Regen. Oftmals hat mich mein Vater mit auf die Jagd genommen. Eigentlich kann ich viel besser mit Pfeil und Bogen umgehen, als Kochen oder Backen. Ich habe die Hausarbeit immer gehaßt. Doch meine Mutter war da immer anderer Meinung gewesen."
    Sie war wieder ins Schwärmen gekommen. Nur selten hatte Fiona Gelegenheit, über ihre Heimat zu sprechen.
    Beinahe wäre ihr seine Frage entgangen. Nein, Fiona gehört nicht zur claudischen Familie, sie gehört der claudischen Familie. Er glaubte doch tatsächlich, sie wäre eine Claudia? Der Gedanke alleine daran ließ sie erschaudern! Sollte sie ihm die Illusion nehmen? Eigentlich fühlte es sich gut an, nicht für eine Sklavin gehalten zu werden. Es war wieder so, wie früher!
    "Ja, ich gehöre zur claudischen Familie."
    Fast schon schüchtern antwortete Fiona ihm.

    Warum konnte Ursus es nicht begreifen? Fiona schüttelte ebenso den Kopf. Fast schon schluchzend wollte sie sich rechtfertigen. "Aber ich habe doch gar nichts getan, daß es rechtfertigen würde, mir ein solches Schicksal aufzubürden! Kannst du das nicht verstehen? Ich kann nicht gute Miene zum bösen Spiel machen. Das verbietet mir die Erziehung meines Vaters und mein Stolz, oder das was davon noch übrig geblieben ist!" Dann vergrub sie ihr Gesicht in ihre Hände. Sie wollte nicht, daß er ihre Tränen sah.


    Sie kam wieder zu sich und wischte ihre Tränen weg.
    Fiona sah sich um. Cadhla würde nicht wieder zurückkommen. Sicher war sie schon schlafen gegangen.
    "Ja, sie kommt wohl nicht wieder. Wir sollten das Feuer löschen. Wir werden dir keinen Ärger bereiten. Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, werden wir uns wieder auf den Weg machen."
    Ein versöhnliches Lächeln kam über Fionas Lippen. Auch sie erhob sich und löschte dann das Feuer.
    "Danke für alles, chyfaill!Es war auch für mich eine ungewöhnliche Erfahrung, die ich nie vergessen werde."

    Fiona errötete vor Scham über Luca Reaktion auf ihre Äußerung. Ihre Augen hafteten an Lucas Mund. Zwischedurch fiel ihr Blick zu jenem Mann, den er seinen Onkel Flavius Gracchus genannt hatte. Ein stattlicher Mann, durchaus! Sogleich fiel ihr Blick auf den anderen Onkel, Flavius Aquilius, der nicht minder stattlich wirkte.
    Oh, eine Hochzeit! Mit einer Aurelierin. Was, Fiona eine Aurelierin?
    "Oh, nein! Ich gehöre zu den Claudiern. Tut mir leid!"
    Die Worte sprudelten nur so aus Lucas Mund und sie hatte kaum Gelegenheit gehabt, ihre Äußerung zu konkretisieren.
    "Nein, nein so habe ich das doch nicht gemeint! Du siehst wirklich gut aus. Und die Seidentunika erst. Wirklich schick!" Die Verlegenheit war ihr ins Gesicht geschrieben.
    "Nein, es ist vielmehr deine Offenheit und die Art, wie du sprichst, die mich vermuten ließ..Ach was! Ich finde dich einfach nett!" Verlegen lächelte sie und lauschte weiter seinen Ausführungen über seine Heimat. "Die Pyrenäen? Lebt dort nicht auch das Volk der Basken?"
    Sie erinnerte sich wieder an Aintzanes Beschreibung ihrer baskischen Heimat. Ob sie jemals dort ankommen würden?

    Zitat

    Original von Cnaeus Flavius Lucanus


    "Ach das ist ja interressant! Du hast also ein Händchen für die Zubereitung für Backwaren! Das ist ja wirklich außergewöhnlich! Wenn ich da an meine Brüder denke, denen wäre so etwas sicherlich nicht eingefallen! Also geht das Kompliment an dich! Die Teile sind abgrundtief gut!" :D Fiona konnte sich aum noch halten, als sich dieser Luca noch eines der Teilchen in den Mund steckte und dabei doch sehr unbeholfen wirkte.
    Amüsiert hörte sie seinen Beschreibungen seiner Heimat zu. Das Teilchen in seinem Mund mußte immer noch sehr heiß gewesen sein, weswegen seine Worte nur sehr undeutlich herauskamen.
    Erstaunt blickte Fiona drein, als der junge Mann seinen Namen nannte.
    "Dein Name ist also Cnaeus Flavius Lucanus oder Luca, weil´s bequemer ist, aha! Ich dachte, du wärst vielleicht, ach vergiß es, was ich dachte!
    Du ist also einer von diesen Flaviern! Komisch, die hatte ich mir immer anders vorgestellt! Oh, bitte versteh mich jetzt nicht falsch! So wie es aussieht, habe ich es bislang nur mit der falschen Sorte Römer zu tun gehabt!"
    Wieder mußte sie schmunzeln, doch sie war auf der Hut. Den wenigsten Römern konnte man wirklich trauen, auch wenn sie vielleicht so nett und witzig waren, wie Luca. Doch alleine die Tatsache, daß es witzige Römer gab, empfand Fiona als recht erfrischend.
    "Das muß ja richtig schön sein, in deiner Heimat, Luca! Nun in meiner Heimat ist es sicherlich nicht so heiß, doch wenn man ein warmes Jahr erwischt, kann man manchmal sogar noch im Herbst im Meer schwimmen."

    "Absoltut! Der Größenwahn schlechthin!"antwortete Fiona grinsend und war sehr über die Wortwahl ihres Gegenüber belustigt. "Das Rezept muß ich mir unbedingt merken! Ein Hoch auf deine Mutter, die uns mit diesen Leckereien bedacht hat! Oder hast du die selbst gebacken?"Noch einmal biß sie herzhaft zu und genoß den Rest des Teilchens.
    "Aus dem Norden Spaniens, soso! Wie ist es denn da so?"
    War das denn zu fassen? Der junge Mann, wie immer er auch heißen mochte, kam aus Nordspanien! Noch vor gar nicht langer Zeit hatte Fiona mit ihren beiden Schicksalsgenossinnen Minna und Aintzane beschlossen, in Aintzanes Heimat, dem Land der Basken, zu fliehen. Da war es doch wirklich praktisch, sich hier bei einem Unbeteiligten zu informieren! Sollte doch schließlich dieses Land, Fionas neue Heimat werden, so alles gut gehen würde.
    "Ach übrigens, mein Name ist Fiona und ich komme aus Cymru. Das liegt im Westen Britanniens."

    Fiona seufzte, als sie sich von Bridhe abwandt und zu Ursus und Tilla zurück gehen wollte. "Armes Mädchen!"
    Doch dummerweise hatte sie sie im Gewühl der Leute verloren.
    Auch nicht schlimm, dachte sie. Es gab hier noch genug andere Leute, mit denen man sich unterhalten konnte.
    Dieser junge Mann (Lucanus) zum Beispiel, der mit einem Tablett Leckereien in den Händen umher lief und jedem etwas anbot.
    El hojaldre, eine Leckerei aus seiner Heimat? Ihre Nase fing einen verführerischen Duft ein. Das machte sie neugierig. Sie nahm sich ein Stück und probierte es vorsichtig, so wie er es gesagt hatte. "Mhhm! Das ist ja wundervoll! Schmeckt nach Äpfeln! Ich liebe Äpfel! Wo ist das, deine Heimat, wenn ich fragen darf?"
    Genüßlich, doch mit einer gewissen Vorsicht, verspeiste sie das Gebäck, dessen Füllung noch recht heiß war.
    Seitdem sie für das geheime Samhainfest gebacken hatte, entwickelte sie immer mehr und mehr eine Vorliebe für´s Backen. Sie müßte sich unbedingt noch das Rezept geben lassen!

    Fiona hatte sich geehrt gefühlt, als Minna sie zum germanischen Julfest eingeladen hatte. Sie mußte sich jetzt wohl ungegfähr genauso unsicher fühlen, wie ihre Freundin, als sie diese vor wenigen Wochen zum Samhainfest eingeladen hatte. Doch sie wollte sich einfach einmal überraschen lassen, was diese Nacht bringen würde.
    Wegen der Saturnalien war es für sie ein leichtes gewesen, die Villa zu verlassen. Mit allerhand Leckereien verließen sie das Haus und holten unterwegs noch eine andere Frau ab. Fiona hatte sie flüchtig auf der flavischen Saturnalienfeier gesehen, hatte aber nicht nit ihr gesprochen. Es stellte sich heraus, daß ihr Name Siv war und sie aus dem gleichen Volk wie Minna stammte.
    Wie immer hatte Fiona auch in dieser Nacht ihr Messer unter der Tunika. Glücklicherweise hatte sie es noch nie groß benutzen müssen, doch sicher war sicher!
    Es war wirklich ungewohnt kalt, doch ihr wollener Umhang tat ihr gute Dienste. So mußte sie nicht frieren.
    Minna hatte ihr erzählt, man würde sich außerhalb der Stadt mit einem Stammesgenossen in einem Wäldchen treffen. Dort würde man dann an einem Lagerfeuer sitzen. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung, daß es sich bei diesem Stammesgenossen um Severus handeln würde, den sie bereits beim Samhainfest kennengelernt hatte und über den sie am Saturnalienfest von Bridhe einiges erfahren hatte.


    Der Weg vom Stadttor hinauf zu dem Wäldchen hatte sich wirklich lang gezogen, doch verfügte Minna offenbar über eine gute Wegbeschreibung. So erreichten sie schließlich den Platz, an dem sie feiern wollten. Von einiger Entfernung konnte man schon das Lagerfeuer erkennen. Ein einzelner Mann wartete dort schon auf die drei Frauen.
    Erst als Minna den Mann mit Heilsa Severus begrüßte, realisierte Fiona, wer denn der Stammesgenosse tatsächlich war, mit dem sie feiern wollten.
    "Severus?" kam es leise in einem ungläubigen Ton über Fionas Lippen. Im Schein des Lagerfeuers erkannte sie schließlich sein Gesicht. Ja, das war er- Bridhes Severus!

    Da Fiona des Germanischen nicht mächtig war, begrüßte sie ihn in Latein, da dies für alle Beteiligten am einfachsten war. "Salve Severus, schön dich wieder zu treffen!"

    Mit dieser Antwort hatte Fiona schon gerechnet. Wäre Bridhe denn sonst so unglücklich gewesen, wenn sie Severus nicht mehr lieben würde? Wahrscheinlich nicht!
    "Du solltest noch einmal zu ihm gehen und mit ihm in Ruhe darüber reden. Wenn er dich wirklich geliebt hat, wird er dir wenigstens zuhören, was du zu sagen hast. Ich kann dir zwar nicht versprechen, daß er dann zu dir zurück kommt, doch dann hättest du wenigstens Gewissheit."
    Sie hoffte, Bridhe damit wieder etwas beruhigen zu können. Ein wenig Hoffnung brauchte doch jeder Mensch!
    Fiona wollte sich wieder den Anderen zuwenden, bemerkte dann aber, daß sie schon weitergegangen waren. Nun standen Ursus und Tilla bereits bei Cadhla und einer anderen blonden jungen Frau, deren Name sie nicht kannte.
    Bevor sie nun zu diesem Grüppchen gehen wollte schaute sie sich nach Minna um und fand sie sie auch. Sie stand neben Severus.
    "Da ist Severus!" sagte sie automatisch, bevor sie zu Ursus und den anderen Frauen gehen wollte. Bei ihm wollte sie sich noch für die Kerze bedanken. Er hatte sie gelehrt, daß nicht alle Römer gleich waren. Nein, es gab auch duchaus positive Ausnahmen!

    Zitat

    Original von Bridhe


    Gebannt hörte Fiona den Worten Bridhes zu und blickte dabei sorgenvoll in das schmerzverzerrte und von Tränen benetzte Gesicht.
    Das erklärte natürlich so einiges! Warum Severus sie verlassen hatte und warum es ihr so schlecht ging. Doch warum Severus sie geschlagen hatte, konnte und wollte sie auch nicht verstehen! Ein Mann der eine Frau schlägt, aus welchem Grund auch immer, ist widerwärtig und primitiv!
    Doch was sie am meisten entsetzte, war, als Bridhe ihr von ihren Selbstmordabsichten erzählte. Wie zerstört mußte ein Mensch sein, bis er so weit war, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Ihr selbst war es vor einiger Zeit genauso ergangen. Doch sie fand wieder neuen Mut zum Leben.
    "Puh! Das ist aber eine Geschichte! Nun, ich kann Severus auf der einen Seite verstehen, warum er so gehandelt hat. Wobei es nicht in Ordnung war, daß er dich geschlagen hat! Andererseits, kann ich dich auch verstehen, auch wenn es mir schwer fällt.
    Sag, liebst du ihn noch? Wenn ja, hast du es ihm gesagt oder erklärt, warum du ihn betrogen hast?"

    Sie wollte ihr auf irgendeine Weise helfen, so gut es ging. Menschen konnten ihre Meinung ändern, wenn über dem Ärger etwas Gras gewachsen war. Wenn man etwas Abstand hatte, sah man manches mit ganz anderen Augen.
    Sie hatte Severus nur flüchtig kennengelernt, doch dabei war ihr aufgefallen, wie stolz und temperamentvoll er war. Ob er bereit dazu wäre, seine gefasste Meinung zu ändern?

    "Es geht doch nicht darum, daß ich mit den Claudiern an einem Tisch sitzen möchte. Da gibt es wahrlich bessere Tischgesellschaft! Es geht mir einzig darum, in welcher Beziehung wir mit unseren Unfreien stehen und wie ihr zu uns steht. Verstehst du das? Es sind Menschen, die eben das Pech hatten, unfreie Eltern zu haben. Doch sie sind Menschen und als solche behandeln wir sie auch. Und ja, ich glaube zu wissen was ihr denkt, denn ich bekomme es tagtäglich zu spüren! Dafür verachte ich die, die mich verachten!"
    Betroffen sah Fiona zu Boden. Sie haßte es, jeden Tag immer neuen Demütigungen ausgesetzt zu sein. Sie träumte von einer Zeit, in der sie wieder frei dein würde. Intuitiv mußte sie zu Aintzane und Minna blicken und bekam dadurch wieder neue Hoffnung. Die geplante Flucht- hoffentlich mochte sie gelingen!
    Wenn er ihre Gedanken lesen könnte! Doch glücklicherweise war das nicht möglich.
    So fuhr sie fort, zu erzählen.
    "Es ist ab und an üblich, einem verdienten Unfreien die Freiheit zu schenken. Manchmal werden auch unfreie Mädchen mit freien Männern verheiratet. Dann sind auch sie frei."

    Zitat

    Original von Bridhe


    Sie wußte erst nicht, was sie auf diese deutlichen Worte entgegnen sollte. Möglicherweise wäre es wohl das Beste gewesen, wenn sie sich einfach von Bridhe abgewandt hätte. Doch sie konnte sich, aus dem, was sie ihr förmlich ins Gesicht geschleudert hatte, zusammenreimen, was sie bedrückte.
    Sie wollte sie zur Seite nehnen, so daß außer ihnen beiden niemand von ihrer Unterhaltung etwas mitbekommen würde.
    "Bridhe, bitte ich möchte dir helfen! Du kannst mir vertrauen. Hat er dich verlassen? Hat er dir weh getan?"
    Fiona sprach leise, doch sehr eindringlich.
    Manchmal konnte es helfen, wenn man einfach los ließ und alles, was so belastend war, sich von der Seele redete.
    Eigentlich kannte sie sie gar nicht so gut, um derart vertraut mit ihr zu sprechen. Sie hatte sie erst zweimal gesehen. Doch sie fühlte mit ihr! Herzschmerzen waren die schlimmsten und heftigsten aller Schmerzen.
    Dieses blasse Gesicht, wie traurig es doch aussah!
    Ganz spontan nahm sie Bridhe in den Arm und wollte sie damit trösten.