Es war bislang ein guter Tag für mich gewesen! Das Gepäck meines Dominus war nun endlich säuberlich und übersichtlich eingeräumt, er selbst vollständig eingerichtet, der kleinen Domina Sisenna hatte ich wieder eine Geschichte aus der griechischen Mythologie erzählt - wobei ich es als Thraker natürlich als meine Pflicht erachtete, diese Geschichten zu berichtigen -, und dann hatte ich mir in der culina einen kleinen Appetithappen geholt.
Als ich die culina verließ, bemerkte ich in der Nähe der Porta einige Unruhe. Ich begab mich sofort dorthin und sah, dass dort ein Mann verarztet wurde, ein Bote des Herrn Corvinus aus Mogontiacum, wie sich herausstellte, der von dort Briefe und Geschenke mitgebracht hatte. Meine sofortige Nachfrage ergab, dass man alle diese Dinge bereits zu Aurelius Cotta gebracht habe und dass dieser sich im Tablinum aufhalte.
Ich freute mich für meinen Herrn, dass er nun schon so schnell Nachricht von seinen Verwandten aus Mogontiacum erhalten hatte. Die vergangenen Tage hatte er doch einen etwas bedrückten Eindruck gemacht, den ich nur selten durch die Erzählung von Anekdoten aus seiner Zeit in Athen hatte vertreiben können. In der Hinsicht war mir die kleine Domina Sisenna tatsächlich voraus: Mit der hatte Aurelius Cotta nämlich häufiger gelacht.
Als ich von dem Boten und seinen Mitbringseln erfahren hatte, ging ich sofort zu meinem Herrn ins Tablinum, da er mich sowieso bald würde rufen lassen, um mir erste Aufträge zu erteilen. Etwas verwundert war ich zunächst, als ich aus dem Tablinum bereits Stimmen hörte - Leones Stimme. Also hatte dieser sich tatsächlich wieder vorgedrängt! Das machte mich aber nur umso entschlossener, und in dieser Stimmung betrat ich denn auch den Raum, bereit, diesem Leone sofort einen funkelnden Blick zuzuwerfen.
Es kam aber ganz anders. Mein erster Blick fiel nämlich nicht auf diesen Leone, aber auch nicht auf meinen Herrn, der, wie ich aus den Augenwinkeln heraus registrierte, in einem Korbsessel saß und etwas las - vermutlich den Brief des Aurelius Corvinus. Nein, mein erster Blick galt natürlich einer deutlichen Verschönerung dieser riesigen Villa: einer rothaarigen Sklavin, die meinem Herrn zugewandt stand.
Blitzschnell und leise stellte ich mich nun meinem Herrn an die Seite, nicht ohne diesem Leone nun doch noch einen funkelnden Blick zuzuwerfen. Noch ganz andere Blicke warf ich allerdings der eindrucksvollen Schönheit zu - einer Keltin, da war ich ganz sicher, denn für sowas hatte ich einen Blick. Selbstverständlich aber verzog ich keine Miene, schließlich war ich dienstlich hier.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis mein Herr endlich den Brief weglegte - eine ganz schön lange oratio. Ich hoffte natürlich, dass sich daraus jetzt nicht lauter Arbeitsaufträge für mich ergeben würden, denn schließlich musste doch auch noch diese junge Sklavin eingearbeitet werden - und dafür hätte ich nun wirklich niemand Besseren gewusst als mich.
Endlich konnte dieser Leone die Keltin vorstellen, Cadhla, wie ich jetzt hören konnte. So, so, Gesellschaft leisten also. Während ich mich nach dieser Vorstellung noch fragte, ob meinem Herrn Keltinnen wohl zusagen würden - bisher hatte er eher Brünetten nachgeschaut -, trat eine Pause ein. Ich blickte zu meinem Dominus und sah, dass sich auf seiner Stirn eine Falte gebildet hatte. Und ich konnte es natürlich auch nicht fassen. Also, das war doch wirklich unglaublich! Nun erwartete dieser Leone wohl noch, dass sich Aurelius Cotta persönlich einer Sklavin vorstellen würde! Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um nicht den Kopf zu schütteln; stattdessen trat ich - nicht ungern - einen Schritt auf die Sklavin zu und nahm die Sache jetzt selbst in die Hand. "Dir ist sicher schon gesagt worden, dass du dich in der Villa der Gens Aurelia befindest. Dies ist eine der hochgestellten Familien des Imperiums; verhalte dich also entsprechend! Vor dir siehst du meinen Dominus Appius Aurelius Cotta."
Ich hätte auch noch mehr gesagt, wenn dieser sich jetzt nicht selbst zu Wort gemeldet hätte.