[Blockierte Grafik: http://img45.imageshack.us/img45/1727/tychioskleinvs1.jpg]
~~Tychios von Chalkis~~
Äußerst zufrieden kräuselten sich die Lippen von Tychios auf die Erwiderung des Jünglings hin. Wohlwollend und deutlich von dem jungen Mann vor sich angetan lauschte der Bibliothekar den Worten von Nikolaos, neigte mal anerkennend den Kopf und behielt die ganze Zeit seine Hand auf der Schulter von Nikolaos. Erst als Nikolaos seinen letzten Satz, sein finales Wort seiner Wünsche gesprochen hatte, entfleuchte dem alten Bibliothekar, dessen graue Augen Nikolaos sehr aufmerksam ansahen, ein entzücktes Seufzen. „Wohl denn, ich sehe ein strahlendes Licht am Museion erglühen. Mit dem richtigen pneuma werden wir sicherlich ein Feuer des Wissens entzünden können.“ Endlich löste sich die Hand von Nikolaos Schulter, aber auch nur, weil der Bibliothekar sich wieder ganz aufrichtete und langsam zu einem kleineren Nebentisch ging, wo ein Gegenstand lag, der hoch von Gestalt war und mit einem weißen Tuch bedeckt war. „Fürwahr, junger Nikolaos, es ist viel, was Du zu lernen wünschst, aber nicht minder erwarte ich von einem aufgeweckten Geist wie Du ihn besitzt. Deine Talente nicht zu pflegen wäre ein fruchtbares Land brach liegen zu lassen. Oh nein, strebe immer nach Größerem und Höherem und lasse Dir nicht einreden, weniger erreichen zu wollen.“
Seine rechte Hand zog das weiße Linnen von dem Gegenstand hinab und sorgfältig, fast pedantisch faltete er das beige Tuch in seinen Händen. „Die Tugenden der Philosophie strebst Du also an? Der Erkenntnis vom Mikro- und Makrokosmos, die Harmonie der Musik und die Kunst der Sprache, die der Wahrheit und der Philosophie verpflichtet ist, desgleichen ethos, pathe und logos vereint, zudem suchst Du nach dem Wissen um die Vergangenheit, um das Gegenwärtige zu erkennen. Sehr klug. Doch Du machst mich neugierig, warum die Sprache der Hebräer? Das Aram?“
Tychios trat etwas zur Seite und offenbarte die Gerätschaft, die auf dem Tisch mit der strahlend hellen Marmorplatte stand. Es war eine Vorrichtung aus zahlreichen bläulichen Glasbehältnissen, in dessen gläserne Strukturen sich beim Herrstellen des Glases sich große Luftblasen eingefangen haben, verbunden wurden sie mit Messingteile und Kupferstücken zwischen denen fein geschnitzte Holzröhrchen angebracht waren. Tychios drehte an einem oberen Glas und ein leises Blubbern ertönte, ebenso das Plätschern von Wasser. Langsam füllte sich das zweite bläuliche Glas in diesem Konstrukt. „Der menschliche Geist ist zur großen genialen Taten fähig, die einem Normalsterblichen als pure Magie vorkommen muss, wie diese Wasseruhr hier. Türen öffnen sich von Geisterhand, Wasser sprudelt aus einem Brunnen in einer Fontäne nach oben, ein kleiner mechanischer Vogel tanzt auf einer bronzenen Platte und doch ist alles nur von Menschenhand geschaffen, in diesen Hallen, in der größten Schule des Wissens. Wenn ein Mensch hoch hinaus will, dann vermag er es hier unter all den brillanten Geistern dieser Welt.“ Tychios drehte sich mit einem gar schon triumphalen Lächeln um und ging wieder zu dem Schreibtisch, wobei er die Wasseruhr weiter ihr Werk vollführen ließ. „Schon die Ägypter waren in der Lage zu solchen Konstrukten. Bereits viele hundert Jahre bevor wir beide das Licht dieser Welt erblickt haben.“ Er warf der Uhr schon fast einen liebevollen Blick zu. „Wasser, das schönste Element.“
Dann trat er wieder um den Tisch herum, nahm Platz und verschränkte die Hände. „Nikolaos, ich nehme Dich gerne als Schüler des Museion auf. Sei willkommen! Wohnst Du in der Stadt oder benötigst Du noch eine Unterkunft? Oder anders gefragt: Möchtest Du wie die anderen Schüler im Museion leben oder lässt sich das mit Deinem Posten in der Stadt nicht vereinbaren?“