Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Auf diese Frage mußte Ursus den Kopf schütteln. "Ich habe ihn bisher zwei mal gesprochen. Einmal in den Thermen, wo ich an jenem Tag auch Decimus Livianus kennenlernte. Und eben neulich bei einem Becher Wein. Das genügt keineswegs, um einen Menschen richtig kennenzulernen. Er war mir jedoch sympathisch und machte auch einen zielstrebigen Eindruck. Er schien fest entschlossen, den Cursus Honorum zu beschreiten." Wann kannte man einen Menschen überhaupt richtig? Wann konnte man wissen, was für Gedankengänge hinter der Stirn so vor sich gingen?


    Wie leicht man sich verschätzen konnte, bewies die Veränderung auf Corvinus' Miene. Ganz offensichtlich störte er sich sehr daran, daß Ursus jemanden eingeladen hatte. Nun, auch Corvinus mußte sich wohl daran gewöhnen, daß andere erwachsene Männer in diesem Haushalt lebten und auch schon mal eine Entscheidung trafen. Aber natürlich lag es nicht in Ursus' Absicht, den Onkel zu ärgern. Am besten sorgte er dafür, daß Corvinus von dem Besuch möglichst wenig berührt wurde.


    "Selbstverständlich werden sie in meinen Räumlichkeiten wohnen und sich auch dort aufhalten. In den Zeiten, in denen die Mutter an der Schola ihre Vorlesungen hält, werden meine Sklaven das Kind beaufsichtigen. Und selbstverständlich werde ich von vornherein klarstellen, daß es nicht in den Hortus darf, damit Deine Orchideen keinen Schaden nehmen können." Das meinte er keinesfalls als Spott, sondern durchaus ernst. Er wußte sehr wohl, wie kostbar diese Pflanzen waren. Hatte er Corvinus doch eine davon im letzten Jahr zu den Saturnalien geschenkt.


    "Übrigens sollten wir uns bald etwas einfallen lassen, wie wir den Hortus kindersicher machen. Viele junge Ehen bedeuten im Normalfall auch viele kleine Kinder. Und kleine Kinder unterscheiden leider nicht zwischen einem gewöhnlichen Veilchen und einer Orchidee." Ganz sicher würde er seine eigenen Kinder eines Tages nicht mit einem Gartenverbot belegen, wenn sie in diesem Haus aufwuchsen. Bei diesem Besuch war das etwas anderes. Jetzt im Winter hatte ein Kind ohnehin auch im Garten nicht sonderlich viel Spaß. Und an sehr schönen Tagen konnte auch jemand mit dem Kind in einen der Parks gehen, von denen es in Rom reichlich gab.



    Edit: Nach Absprache

    Puh, jetzt ging es aber los mit den Entschuldigungen. Ursus schmunzelte und schüttelte den Kopf. "Soweit kommt es noch, daß Du Dich entschuldigst, wo Du doch damals vermutlich durchaus Grund gehabt hast, mich zu hassen." Trotzdem tat es natürlich gut, solche Worte zu hören. Vor allem den Teil mit der besten Meinung von ihm. Das ging runter wie Öl und Ursus wußte, daß Cotta niemand war, der so etwas leichtfertig aussprach oder nur, um jemandem zu schmeicheln.


    Die dargebotene Hand ergriff er und drückte sie leicht. Dabei erwiderte er das Grinsen, denn auch Ursus mußte an kleine Jungs denken, die nach einer Prügelei beschlossen, doch lieber wieder zusammen zu halten. "Das sind wir." Er trank von dem Gewürzwein, wie um diese Abmachung zu besiegeln.


    "Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß Marcus etwas dagegen hat. Immerhin versucht er immer wieder, mich in den Cultus zu ziehen, wobei ich mich nicht unbedingt weigere, sondern mir einfach andere Aufgaben immer gerade interessanter vorkommen. Bestimmt wird Marcus hoch erfreut sein, wenn er von Deinen Plänen hört." Auch wenn Ursus niemals behaupten würde, seinen Onkel gut zu kennen, glaubte er, dies zusichern zu können.


    "Ohja, ich stehe der Factio Aurata immer noch vor. Leider sieht es im Moment nicht so gut aus. Die alten Fahrer sind alle in den Ruhestand gegangen und ein paar junge durch unglückliche Unfälle ebenfalls ausgeschieden. Wir haben im Moment nur junge und relativ unerfahrene Fahrer am Start. Es ist schwer für sie, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Doch mit jedem Rennen werden sie besser und ich habe die Hoffnung, daß sie sich bald bis an die Spitze arbeiten. Wie sieht es mit Dir aus? Möchtest Du Dich nicht auch in die Factio einbringen?"

    Auch Ursus nahm noch einen Schluck und ließ ihn genießerisch über die Zunge rollen. "Ja, dieser Wein ist wirklich ganz ordentlich", stimmte er dem Urteil des Flaviers zu. Wobei er persönlich nicht den Eindruck hatte, daß nur wenige Gasthäuser solche Qualität führten. Was vielleicht daran lag, daß er seit seiner Jugend darauf achtete, nicht in die allerletzten Kaschemmen zu gehen und stets den besten Wein bestellte, der verfügbar war. Für Geld war eigentlich überall guter Wein zu bekommen.


    Daß sein kameradschaftlicher Schlag solch eine Wirkung entfaltete, bemerkte Ursus gar nicht. Vielleicht war er zu lange mit Soldaten zusammen gewesen, um jetzt zu bemerken daß Piso so schmerzempfindlich war. "Obwohl uns nur wenige Jahre trennen, ist er tatsächlich mein Onkel. Der Altersunterschied zwischen den Brüdern war groß. Ja, er ist ein interessanter Mann. Und hat bereits viel erreicht in seinem Leben. Er ist ein Freund von Flavius Gracchus. Wie bist Du eigentlich mit diesem verwandt?" So konnte Ursus gleich mit einer Gegenfrage kontern, die ihn durchaus beschäftigte. Es war eben schon eine Weile her, seit er sich als Vigintivir mit den Stammbäumen der Familien herumgeschlagen hatte. Er konnte sich einfach nicht erinnern, wie Piso in den Stammbaum der Flavier gehörte.

    Von den Anwärtern auf eine Aufnahme in die Redaktion wußte Ursus noch nichts. Auch wenn er durchaus wußte, daß in der letzten Zeit doch mal Berichte von Bürgern eingereicht worden waren. Er fragte sich immer wieder, warum das nicht viel öfter geschah. Da beschwerten sich die Leute, daß über ein bestimmtes Ereignis nicht berichtet wurde. Und man konnte nur erwidern: Warum hast Du nichts geschrieben?


    "Ja, ich werde im Archiv nachlesen. Es wundert mich, daß mir das entgangen ist. Hoffentlich war es nur eine einmalige Entgleisung, wie sie in jungen Jahren eben manchmal vorkommt." Er kannte Piso nicht gut genug, um das beurteilen zu können. Und hatte den Namen auch nur genannt, weil er der einzige Flavier in heiratsfähigem Alter, von dem er überhaupt wußte. Gracchus' Sohn allerdings kam ihm für Prisca extrem jung vor. Der Altersunterschied, vor allem in dieser Richtung, tat einer Ehe sicher nicht besonders gut. Umgekehrt wäre es schon weniger problematisch. Aber davon sagte Ursus nichts, er wollte sich da nicht einmischen. "Ich bin mir sicher, daß Du für Prisca nur das Beste willst und daß Du den richtigen Mann für sie auswählen wirst." Er nahm noch einen Schluck aus seinem Becher, bevor er er neues Thema anschnitt.


    "Ich hoffe, Du hast nichts dagegen, daß ich eine junge Dame und ihre Tochter aus Aegyptus in unser Haus eingeladen habe? Sie wird hier an der Schola einen weiterführenden Kurs geben, zum Thema Musik und sich aus diesem Grund ein paar Wochen in Rom aufhalten. Sie kennt hier niemanden, daher habe ich ihr angeboten, bei uns unterzukommen für diese Zeit."

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    Original von Spurius Purgitius Macer
    Macer musste zugeben, dass Aurelius Ursus offenbar einen sehr sonnigen Humor hatte. "Zwei Goldene im Endlauf? Also jetzt wird Epona hier aber eindeutig überfordert", witzelte er zurück, während unten auf der Bahn sein roter Fahrer einen Platz gut machte und sich zwischen die beiden Blauen setzte.




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    Original von Lucius Aelius Quarto
    Zwar hatte einer seiner beiden Fahrer gerade einen Platz verloren. Dennoch blieb Quarto zuversichtlich.
    “Die Wette gilt.“, bestätigte er deshalb und fügte hinzu: “Wie viel willst du setzen? Zweihundert?“
    Wie man sehen konnte, war er ein großer Rennsportanhänger, aber kein wagemutiger Wetter der leichtfertig große Beträge setzte.


    Ursus lachte. Natürlich war ihm klar, daß das mehr als gewagt war, er konnte ja schon froh sein, wenn einer seiner Fahrer es schaffte. Trotzdem war er bereit zu wetten. "Zweihundert klingt für mich gut. Wenn ihr einverstanden seid, daß ich mit einsteige in die Wette." Immerhin hatten sich die Auratafahrer gerade ein klein wenig vorgearbeitet und unterstützten sich nun gegenseitig im Vorankommen.

    "Einen Becher verdünnten Wein würde ich sehr gerne nehmen, danke." Ursus setzte sich auf den ihm angebotenen Platz und freute sich über die herzliche Begrüßung, die ihm hier zuteil wurde. "Das Jahr in Mantua ist so schnell vorüber geflogen, das ist wirklich unglaublich. Was macht das Ulpianum? Ist die Kuppel mittlerweile fertig gestellt?" Er mußte unbedingt mal die Baustelle aufsuchen, um sich von den Fortschritten zu überzeugen. Und die Statuen waren doch sicher mittlerweile auch fertig.

    Ein Klirren ließ Ursus den Kopf wenden, um zu sehen, was dort geschehen war. Dann sah er einen kleinen Kamm auf dem Boden liegen und erspähte dann die Besitzerin derselben. Seine Augenbraue wanderte verwundert nach oben. Die unbekannte Schöne, die er auf dem Fest der Germanicer gesehen hatte. Wie kam sie hierher? Und wer war der junge Mann dort neben ihr? Ihr Ehemann? Oder Verlobter? Vermutlich. Ach, was juckte es ihn? Er hatte doch bereits um die Hand einer Frau angehalten. Da sollte er besser nicht nach anderen Frauen gucken. Es wurde Zeit, daß er diese geheimnisvolle Septima kennenlernte. Allerdings hatte Durus sich noch nicht geäußert. Nunja, vielleicht wollte er dies hier erst hinter sich haben, bevor er eine weitere Hochzeit zu planen begann.


    Es ging nun an den Abschluß des Vertrages. Natürlich war alles schon lange im Voraus besprochen und abgemacht worden, so daß es jetzt kaum zu Überraschungen kommen würde. Und trotzdem lag auf diesem Moment noch eine gewisse Spannung. Ursus hatte seinen Blick auf seine Cousine gerichtet. Laevina wirkte so unglaublich ruhig und sicher. Keinerlei Zweifel schienen sie zu beherrschen. Bewundernswert!


    Sein Blick schweifte nun zu Orestes. Er war wohl der nächste, der solch eine Zeremonie vor sich hatte. Auch er schien völlig ruhig, schaute nicht mal nach Arvinia, die auch anwesend war. Das war auch eine wunderbare Frau. Orestes konnte sich sehr glücklich schätzen. Hoffentlich war diese Septima einigermaßen erträglich. Daß es in der Familie der Tiberier noch eine Frau geben sollte, die so schön, sympathisch und klug zugleich war, konnte Ursus kaum glauben.

    Das Donnern war inzwischen so nahe herangekommen, daß der Boden deutlich spürbar bebte. Es war nun deutlich als Hufgetrappel zu erkennen und unüberhörbar sehr nahe. Lautes Schnaufen begleitete es.


    Die von Centurio Iulius geworfene brennende Fackel flog im hohen Bogen den Tieren entgegen und beleuchtete zunächst eine Wolke von Staub, der von ihnen aufgewirbelt worden war. Dann konnte man einige Hörner sehen, einige Leiber und nun auch panisches Muhen. Die vorderen Rindviecher sahen sich mit einem Hindernis konfrontiert - dem Lager - und versuchten auszuweichen. Den ersten gelang es auch, durch den Graben zu stolpern und Land zu gewinnen, doch dann war der Druck von hinten so groß, daß einige der Tiere durch den Graben hindurch und den Wall hinauf gehetzt wurden. Ihre schweren Leiber wurden gegen die Palisaden geschmettert, während die nächsten Tiere bereits den Wall zerstampften. Lautes Muhen, eher schon als Gebrüll zu bezeichnen, krachendes Holz und schwer trampelnde Hufe, das alles machte solch einen Lärm, daß Worte, auch wenn sie gebrüllt wurden, nur noch schwer durchdringen konnten.

    An Selbstsicherheit schien es Piso jedenfalls nicht zu fehlen. Was ebenfalls kein Fehler war. Schwierige Aufgaben waren um so viele leichter zu erfüllen, wenn man seiner Selbst sicher sein konnte. Solange es nicht in Selbstüberschätzung umschlug. "Ja, das ist wahr, Geduld gehört dazu. Und der feste Wille, alle Aufgaben, die einem gestellt werden, zuverlässig und mit voller Kraft auszuführen. Bei einem Mann, der so lange zuverlässig für die Kanzlei gearbeitet hat, dürfte das ja alles gegeben sein." Er grinste und nahm einen Schluck aus seinem Becher.


    "Ja, laß es zu, daß sie Dich begeistern! Und häng Dein Herz an die Factio, die genau das schafft. Das muß ja nicht immer der Sieger sein. Auf den Kampfgeist kommt es an. Ja, ich bin praktisch als Goldener geboren worden. Ich saß bei meinem ersten Rennen auf den Schultern meines Vaters, der ein begeisterter Aurata-Anhänger war. Es gab für mich nie eine andere Factio. Und ... nunja, es ist einfach die Beste!" Er lachte und schlug Piso kameradschaftlich auf die Schulter.

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    Original von Spurius Purgitius Macer


    Auch Macer beobachtete genau den Ausgang der ersten Runde und musste zugeben, dass es nach dem Start durchaus danadch aussah, als könnten beide Blauen ins Finale einziehen, so dass dort drei Blaue starten würden. Trotzdem blieb er bei seinem Wort. "Zwei Blaue, zwei Rote. Die Wette gilt", bestätigte er. "Auch wenn ihr einen beeindruckend guten Start erwischt habt. Die goldenen sehen da nicht ganz so strahlend aus, oder?" Mit der letzten Frage wandte er sich an Aurelius Ursus, der wohl nicht glücklich mit dem aktuellen Stand des Rennens sein konnte. Aber noch waren ja die meisten Runden zu fahren.


    Da die beiden Senatoren nichts dagegen zu haben schienen, setzte sich Ursus dazu und ging auch sogleich auf das Gespräch ein. "Wie ich sehe und höre, sind die Wetten schon in vollem Gange. So, ihr meint also, zwei Blaue und zwei Rote im Endlauf? Und ich sage, zwei Goldene sind im Endlauf. Ein schlechter Start sorgt für gute Wettquoten. Es sind noch genug Runden, um an euren Fahrern vorbeizuziehen." Ursus lachte und nahm es von der sportlichen Seite. Ein Sieg im Endlauf war wohl kaum zu schaffen bei der Konkurrenz. Jedoch den Vorlauf hoffte er zu überstehen. Mindestens mit einem seiner Fahrer.


    Unerwartet gesellte sich noch Orestes zu ihnen. Ursus hatte gar nicht gewußt, daß der Vetter heute auch hier sein würde. Obwohl es so abwegig nun auch wieder nicht war. "Salve, Manius. Komm, setz' Dich dazu. Kennt ihr euch schon? Mein Vetter Aurelius Orestes. - Der amtierene Prätor Purgitius Macer, Princeps der Factio Russata, Consular Aelius Quarto, Princeps der Factio Veneta. Und ja, die Goldenen da hinten, die sich gerade nach und nach vorarbeiten, sind meine."

    Entspannt lehnte Ursus sich zurück und betrachtete seinen Cousin. So ganz wie das blühende Leben sah er nicht aus. Aber auch nicht unbedingt krank. Vor allem wirkte er jetzt etwas entspannter als eben. Und schmunzelte sogar. Woran er wohl dachte? Ursus wollte schon danach fragen, was jedoch überflüssig wurde, da Cotta seine Gedanken bereits aussprach. Ursus mußte unwillkürlich lachen. "Die Sache mit dem Teich. So schlimm war das doch gar nicht." Konnte man natürlich leicht sagen, wenn man nicht der Betroffene war, über den sich dann alle lustig machten. "Du hast damals aber auch ganz gut gekontert. - Bitte verzeih, ich war ein dummer Junge. Rücksicht auf die Gefühle anderer war damals wirklich nicht meine Stärke." Die letzten Worte sprach er ernst aus und sein Blick zeigte, daß es ihm wirklich leid tat, den Vetter damals so bloßgestellt zu haben.


    Inzwischen schien Cotta das alles aber auch deutlich lockerer zu sehen, wie Ursus erleichtert feststellte. "Ehrgeiz besaß ich schon immer. Und Zielstrebigkeit. Oh, ich habe immer auch Skrupel, Zweifel und Fragen gehabt. Aber die meisten habe ich einfach heruntergeschluckt und dann den Kampf aufgenommen. Diese Taktik hat zwar nicht immer funktioniert, aber doch sehr oft. Ich danke Dir dafür, daß Du Dich für mich freust. So etwas neidlos zu können, zeigt wahre Größe. Die ich selbst nur selten besitze. Du siehst, es gibt keinen Grund, mich zu bewundern. So wenig, wie mich zu hassen. Weißt Du übrigens, daß ich Dich damals ebenfalls beneidet habe? Heiß beneidet sogar. Marcus hatte Dir die Finanzen der Familie anvertraut. Mir vertraute er nichts an. Selbst die Einsicht in die Bücher mußte ich mir erkämpfen. Dir vertraute er völlig und ich verstand nicht, warum er mir überhaupt nicht vertraute." Eigentlich verstand er diesen Punkt heute noch nicht. Hatte er solch einen unzuverlässigen Eindruck gemacht?


    "Das ist alles Vergangenheit. Laß uns nicht von Neid oder gar Haß sprechen. Ich hoffe, Du haßt mich inzwischen nicht mehr." Er zwinkerte Cotta zu, um zu zeigen, daß er dies auch nicht wirklich annahm. "Wärest Du nicht krank geworden, wärest Du vielleicht schneller Senator geworden als ich." Schließlich hatte Ursus sich an einigen Stellen seiner Karriere weit mehr Zeit gelassen, als andere das getan hätten. "In den Cultus Deorum? Warum nicht? Ich gebe ja zu, daß ich persönlich den Dienst an den Göttern sträflich vernachlässigt habe bei meiner Karriere. Das heißt aber ganz und gar nicht, daß ich solchem Dienst ablehnend gegenüberstehe. Es ist eine große Ehre und eine verantwortungsvolle Aufgabe. Ich bin sicher, daß Du dort Deinen Weg machen und Rom und den Göttern hervorragend dienen wirst. Ja, Marcus und Manius stehen Dir garantiert gerne mit Rat und Tat zur Seite. Und wenn ich Dir auf irgendeine Weise beistehen kann, dann sag es bitte, ich tue es ebenfalls gerne."

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    Gracchus zuckte mit den Schultern, wovon indes nur das Heben der linken Schulter zu sehen war, und schüttelte langsam den Kopf.
    "Im Senat ist er mir sicher..lich schon einmal begegnet, jedoch nicht weiter in Erinnerung geblieben. Darüber hinaus hatte ich noch keinen persönli'hen Kontakt zu ihm, nein. "
    Er war nicht gewillt, sich in Spekulationen zu verlieren oder Gerüchten nachzuhängen, gar zu deren Verbreitung beizutragen, hatte Gracchus sich doch der Wahrheit verschrieben und war ob dessen stets darauf bedacht, sich sein eigenes Urteil zu bilden, ehedem er ein solches abgab - zumindest in gewichtigen Angelegenheiten, und das Wohl des Imperium Romanum war unbezweifelt ein solches, auch wenn er es in den letzten Jahren zugunsten seiner eigenen kleinen Familie auf den zweiten Platz in der Rangfolge seiner Prinzipien hatte verschoben. Seinem Gesprächspartner gleich ließ auch Gracchus seinen Blick von der Seefläche anziehen, für keine der beiden Parteien sah es sonderlich gut aus.
    "Vermutli'h ist dies der Grund, weshalb wir die Welt lieber zu Lande erobern denn zu Wasser. Auch für den Sieger bieten Neptuns Tiefen nur Verlust, und letztli'h bleibt selbst von einer geschlagenen Armee zumeist mehr noch übrig als von einer siegrei'hen Flotte."
    Nach Gracchus' Ansicht war der Mensch nicht dazu geschaffen, das Meer zu übersegeln, nicht in kleinen, nicht in großen und auch nicht in sehr großen Booten, denn sobald das Holz unter ihren Füßen in die Tiefe des Wassers sich verabschiedete, blieb auch den zugehörigen Menschen wenig mehr übrig als ihm zu folgen.


    "Mir geht es ebenso. Zwar habe ich ihn schon ein paar Mal von Weitem gesehen, aber gesprochen habe ich noch nie mit ihm. Doch es gibt wohl kaum einen Menschen in Rom, über den mehr geredet wird." Dabei ließ er völlig offen, was er gehört hatte oder gar selbst dachte. Zumal er wirklich noch nicht wußte, was er denken sollte. Ein liebenswerter Mann war der Vescularier ganz sicher nicht. Aber was genau war er eigentlich?


    Das Gespräch wandte sich wieder harmloseren Dingen zu, wie der Schlacht, die unten auf dem Wasser weiterging. "Wasser hat keine Balken. Du hast vollkommen Recht, der Verlust ist selbst für den Sieger immens hoch. Schiffe waren noch nie meine Welt, ich habe lieber festen Boden unter den Füßen. Zumal schwankende Schiffsplanken mit meinem Magen merkwürdige Dinge anzustellen pflegen. Aber trotzdem muß ich gestehen, daß dieses Spektakel großartig ist. Modestus hat neue Maßstäbe gesetzt, was es für künftige Aedile nicht gerade leichter macht." Zu denen er hoffentlich eines Tages gehörte. Oder sollte man in diesem Zusammenhang besser leider sagen?

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    Original von Aurelia Prisca
    Das nette Kompliment von Arvinia überraschte Prisca doch sehr da es selten genug vor kam, dass solch schmeichelnde Worte wirklich ernst gemeint waren. Bei der Tiberia klang es jedoch wirklich aufrichtig gemeint, worauf Prisca ein wenig verlegen erwiderte:"Oh danke Arvinia. Das ist wirklich sehr nett von dir" Am liebsten hätte Prisca das Kompliment sofort zurück gegeben, doch wirkte so etwas - ihrer Meinung nach - meist plump. Abgesehen davon war die Tiberia wirklich eine herausragende Schönheit, was Prisca mit anerkennenden Blicken zu bestätigen versuchte. Ob sie und Ursus? … Nein! Oder doch? … Obwohl es keinen Anhaltspunkt dafür gab, dass ihr Cousin und die Tiberia ein Paar wären, mutmaßte die Aurelia munter drauf los. Zumal Prisca fand, dass die beiden gut zueinander gepasst hätten.


    Oder hatte ihr Cousin eher Augen für … Oh das war das nicht gerade eben Septima, die da an uns vorbei gehuscht ist? , wunderte sich Prisca kurz, als sie gemeinsam das triclinum betraten. Leider bekam die Aurelia die flüchtige Begrüßung nur am Rande mit, da sie gerade die übrigen Gäste beobachtet hatte. Wie auch immer.


    Gerade hatten sie das Buffet erreicht, da wurde ein großes Spektakel im Garten angekündigt. Natürlich wollte sich Prisca dies nicht entegehen lassen und so nickte sie sofort auf den Vorschlag ihres Cousins hin: "Ja sehr gerne. Ich bin gespannt was das sein wird. Hat jemand eine Ahnung was es sein könnte?" Neugierig wie sie war wollte Prisca es schon vorher wissen. Doch wie alle anderen auch musste sie geduldig warten, bis das angekündigte Ereignis endlich beginnen würde ...



    Im Garten wurde es immer voller und Ursus lächelte seine Cousine an. "Ich habe keine Ahnung, aber scheint etwas Besonderes zu geben. Ich bin schon sehr gespannt, denn eine Steigerung zu dem bisher Gebotenen ist schon sehr schwer zu erreichen."


    Sie wurden nicht allzu lange auf die Folter gespannt. Ursus hatte ja schon geahnt, daß Calvena selbst etwas zum Besten geben würde, da so etwas ja damals von Sedulus angekündigt worden war. Was dann aber folgte, ließ ihn tatsächlich staunen. Calvenas Stimme war wunderschön und die intrumentale Begleitung sehr mitreißend. Als dann noch der Feuertanz begann, war die umherstehende Menge völlig in den Bann der Vorführung geschlagen. Einen Moment lang mußte Ursus den Eindruck ausklingen lassen, bevor er sich an seine Cousine wandte. "Und? Hat es Dir gefallen?"

    Heute wurde Ursus im Tablinum empfangen, Aelius Quarto war bereits anwesend. "Salve, Aelius Quarto. Hab Dank, daß Du Zeit für mich erübrigst." Nach seiner langen Abwesenheit von Rom war es für Ursus die erste Gelegenheit, mit dem Aelier zu sprechen, dessen Rat er außerordentlich schätzte.

    "Nun gut, wie Du meinst." Ursus zuckte mit den Schultern. Er fand ja, daß das überzogener Stolz war. Manche trauten sich vielleicht nur nicht, weil sie dachten, daß sie nicht genommen würden. Aber Corvinus hatte das Sagen, also würde er sich danach richten.


    "Er hat auf dem Forum gesungen? Wann war denn das? War ich da nicht in Rom oder warum ist das an mir vorübergegangen? Ob das wirklich Piso war? Obwohl... zuzutrauen wäre es ihm vermutlich schon. Er sprach von einem Gedicht. Von einem sehr langen Gedicht, das er bald bei einer häuslichen Feier vortragen wollte. Gracchus' Sohn scheint mir aber noch sehr jung zu sein für Prisca." Sicher, das war Marcus' Entscheidung. "Ich bin sicher, Du wirst den richtigen Mann für sie finden. Als wir miteinander sprachen, was schon eine ganze Zeit her ist, da war sie traurig, daß für sie noch kein guter Mann in Sicht war."

    "Vielleicht sollten wir dazu übergehen, die Leute persönlich anzusprechen? Zumindest wenn uns zufällig jemand begegnet, der passen könnte." Das war gar nicht so leicht, wie es klang, das war Ursus klar. Doch wenn auf Werbung niemand reagierte, dann blieb ihnen kaum etwas anderes übrig.


    Man konnte nicht behaupten, daß Ursus sich wohl damit fühlte, Corvinus außen vor zu lassen. Und das war auch kein Zustand, den er lange so zu halten gedachte. Doch er hatte seinem Patron sein Wort gegeben. Es galt, bis Ursus wieder mit ihm gesprochen hatte. Denn er fand die Einstellung seines Onkels auch nicht falsch. Nämlich sich erst ein Urteil zu bilden, wenn er eine Gelegenheit hatte, den Mann selbst kennenzulernen. "Ja, er war dort. Jedoch war er mit einer jungen Dame beschäftigt, die von ihm offensichtlich ebenso sehr angetan war, wie er von ihr, so daß es keine Gelegenheit für ein Gespräch gab." Einen sympathischen Eindruck hatte Salinator nicht gemacht, aber auf äußeren Anscheind durfte man schließlich auch nicht immer etwas geben.


    "Tatsächlich? Da staune ich aber. Vielleicht hat sie sich meine Worte doch mehr zu Herzen genommen, als ich gedacht habe? Wenn Du Flavius Piso nicht kennst, an wen von den Flaviern hast Du dann gedacht? Ich lernte Piso vor einiger Zeit in den Thermen kennen und traf ihn neulich beim Opfer zur Amtseinführung der Consuln wieder. Wir haben einen Becher Wein miteinander getrunken und uns unterhalten. Er hat lange in der Kanzlei gearbeitet, in der Hoffnung, einen der höheren Ritterposten zu erhalten. Dieser wurde ihm aber vom Vescularier verweigert mit der Begründung, daß Ritterposten nicht mit Patriziern besetzt würden. Er will nun den Cursus Honorum beschreiten und sich zur nächsten Wahl als Vigintivir versuchen. Er ist fest zu Höherem entschlossen."

    "Dann sollten wir die Augen nach neuen Schreibern offenhalten. Es muß doch Menschen geben, die gerne Augen und Ohren nach Neuigkeiten offenhalten und Freude am Schreiben haben." Es konnte doch nicht so schwer sein, neue Autoren für die Acta zu finden!


    "Du meinst, ich sollte damit noch warten? Nun, dann werde ich zunächst mit Aelius Quarto sprechen und abwarten, was Du und Lucianus in die Wege leiten könnt. Es darf nur nicht zu lange dauern. Die Männer werden unruhig und gepaart mit der üblichen Winterunruhe, die sie entwickeln, ist das keine gute Mischung. Sie brauchen jemanden, der sie mit starker Hand führt." Außerdem hatte er es ihnen versprochen, dafür zu sorgen, daß bald jemand kam. Also galt es, weiter daran zu arbeiten, daß es möglich wurde, ihn selbst auf diese Position zu bringen. "Nun, ich dachte, ich frage Dich nach Deiner Meinung, da dieser Mann im Moment der mächtigste des Imperiums zu sein scheint. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann ich ihm einmal begegne. Nun, ich werde mir dann selbst ein Bild machen müssen." Offenbar war Marcus noch nicht bereit dazu, über den Vescularier ein Urteil zu sprechen. Und Ursus konnte ihm nicht so ohne weiteres offenbaren, warum er das so genau wissen wollte.


    "Prisca? An wen hast Du gedacht? Flavius Piso vielleicht? Oder gibt es noch jemanden, der in Frage kommt? Ja, Lucianus ist verheiratet und gerade erst Vater von Zwillingen geworden. Der scheidet leider als Heiratskandidat aus. Prisca... nun, sie hat mir mal anvertraut, daß sie einen Patrizier vorziehen würde als Gemahl. Ich habe zwar versucht, ihr klarzumachen, daß manche plebeiische Gentes den patrizischen kaum noch in etwas nachstehen, aber ich hatte den Eindruck, daß die Traditionen ihr wirklich wichtig sind. Was keine falsche Einstellung ist in meinen Augen."

    "Das macht es nicht wirklich besser, daß es allen so geht", lächelte Ursus schief, wenn auch durchaus ein wenig erleichtert. "Es ist schade, daß die Acta darunter leiden muß, daß alle Schreiber von anderen Dingen so ausgelastet sind. In manchen Provinzen ist sie fast die einzige Informationsquelle. Ich werde versuchen, in der nächsten Zeit etwas zu schreiben." Zumindest vornehmen konnte er es sich. Auch wenn er nicht das Gefühl hatte, im Moment zu großartigen Artikeln fähig zu sein. Aber vielleicht genügten für den Augenblick weniger geniale Ergüsse.


    "Mit Tiberius Durus hatte ich ebenfalls schon ein Gespräch. Ich bat ihn um die Hand seiner Nichte Tiberia Septima. Er versprach mir, bald über mein Anliegen zu entscheiden. Bei dem Gespräch brachte ich auch die Lage der Prima zur Sprache. Er riet mir, mich an den Procurator ab epistulis zu wenden. Ich habe vor, ihn in der nächsten Zeit persönlich aufzusuchen." Ursus lächelte leicht, als Corvinus andeutete, daß er vielleicht beim Militär besser aufgehoben wäre als im Cultus Deorum. "Du hast Recht, die Famlie sollte sich nicht zu einseitig orientieren. Ich weiß, daß Du mich gerne im Cultus sehen würdest, wir hatten ja schon mehr als einmal darüber gesprochen. Und ich bin auch bereit dazu, mich dort einzubringen, sollte es mit der militärischen Karriere nicht klappen. Aber wie Du auch ganz richtig feststellst: Das Militär liegt mir. Ich kann nicht sagen, daß mit der Cultus Deorum nicht liegt, ich habe es ja noch nicht versucht. Jedoch müßte ich dort von ganz unten anfangen, während ich beim Militär bereits die unteren Stufen hinter mir habe. Übrigens habe ich auch vor, das Gespräch mit Aelius Quarto zu suchen. Ich weiß, er hat eine gute Meinung von mir, immerhin haben wir zwei Jahre lang eng zusammengearbeitet, und vielleicht kann er beim Kaiser ein gutes Wort für mich einlegen." Daß er es versuchen würde, daran hegte Ursus keinen Zweifel.


    "Schade, ich hätte gerne Deine Meinung über Vescularius Salinator gehört. Natürlich sind jede Menge Gerüchte an mein Ohr gedrungen. Jeder scheint etwas über ihn zu sagen zu haben. Und meistens ist es nichts Gutes. Doch was kann man schon auf Gerüchte geben? Deine Meinung wäre mir ein wertvoller Hinweis gewesen."

    "Nun, dann wußtest Du bereits mehr als ich jetzt weiß. Aber ich denke, ich werde die Prüfung durchstehen, wer auch immer da sitzt." Wenn es nicht gerade jener Vescularius war, von dem auch Ursus dergleichen gehört hatte. Als Patrizier hatte man zur Zeit keinen guten Stand, was eigentlich empörend war, sollte es doch eigentlich genau umgekehrt sein!


    "Ja, in der letzten Zeit fiel es mir schwer, etwas zu verfassen. Erst war ich in Mantua von vielen Neuigkeiten abgeschnitten, dann habe ich ... nun, meine Gedanken nicht recht darauf richten können. Aber ich werde versuchen, mich bald wieder stärker einzubringen. Es... es tut mir leid, daß ich Dich da habe hängen lassen." Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Wirklich, er mußte sich mehr zusammenreißen!


    "Mit meinem Patron habe ich bereits gesprochen. Heute erst. Auch er will sich dafür einsetzen, daß ich das Kommando über die Prima erhalte. Ja, Marcus, ich möchte die Legion leiten. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die einen vollständig fordert. Aber ich weiß, daß ich das kann. Im vergangenen Jahr habe ich das bewiesen. Und es macht mir dazu auch noch Spaß. - Die Frage ist, was der Praefectus Urbi als Stellvertreter des Kaisers dazu zu sagen hat. Kennst Du ihn eigentlich persönlich?"