Es war wirklich kaum zu glauben. Ursus traute seinen Ohren kaum. "Prisca, willst Du mir wirklich sagen, daß Du von all diesen Dingen keine Ahnung hast? Warum geht ein Mann wohl in ein Lupanar? Für gewöhnlich, damit er seine Bedürfnisse stillen kann, wenn seine Frau dies gerade nicht wünscht. Oder wenn er gar nicht verheiratet ist, wie ich zum Beispiel. Du als Frau solltest doch wohl am besten wissen, daß es Tage im Leben einer Frau ist, an denen sie nicht bei einem Mann liegen möchte. Du siehst, Du hättest mich nur fragen brauchen und mußtest solch ein Haus nicht betreten, um das zu erfahren." Natürlich war ihm klar, daß es auch eine andere Art von Neugierde war, die sie getrieben hatte. Aber darüber wollte er lieber gar nicht nachdenken. War es nicht im Gegenteil ein Zeichen, daß sie schon viel zu lange unverheiratet war?
Die nächste Information allerdings ließ ihn die Stirn runzeln. "Er will Dich mit einem Plebeier verheiraten? Mit wem denn? Hör zu, Prisca, natürlich wäre es besser, wenn Du einen Patrizier heiraten würdest. Aber bitte, schau Dich um. Wieviele junge Patrizier oder auch Patrizierinnen - ich habe nämlich das gleiche Problem - sind denn im heiratsfähigen Alter und noch nicht versprochen? Dazu kommt, daß die Unterschiede zwischen Patriziern und einigen vornehmen plebeiischen Familien extrem klein geworden sind. Manche von ihnen stellen seit Generationen Senatoren und Consuln. Ist es nicht wichtiger, daß Du einen Mann bekommst, der Dich ehrt und der die Mittel besitzt, Dir ein gutes Leben zu ermöglichen, als einer, der allein seine Abstammung auf die ersten Familien Roms zurückführen kann?" Gab es am Ende schon jemanden, den sie gerne heiraten würde?
"Du wirst mitnichten tun, was Du willst. Du wirst tun, was Marcus als Hausherr Dir sagt. Und solange er indisponiert ist, dann wirst Du tun, was ich Dir sage. Ja, ein Sklave hat Dir zu gehorchen und nicht umgekehrt. Es sei denn Marcus oder ich haben es anders bestimmt!" Seine Worte waren härter, als er es gewollt hatte. Ursus fuhr sich durch die Haare und seufzte. "Prisca, niemand will Dich einsperren oder Dir das Leben vermiesen. Aber wir alle haben uns eben an bestimmte Regeln zu halten. Wir sind Patrizier und wenn es um Heirat geht, dann pochst Du ja auch selbst darauf. Aber unsere Privilegien bringen eben auch manche Einschränkung mit sich. Und ganz abgesehen davon: Auch ein anständiges plebeiisches Mädchen würde ihren Ruf ruinieren, wenn sie in ein Lupanar ginge."