Was für Qualen mußte sie ausstehen! Ursus hielt ihrem qualvollen Blick nur mit Mühe stand. Viel lieber hätte er ihr diese Schmerzen erspart. Doch sie waren nötig, um ihr Leben zu retten. "Du schaffst es, Helena", sagte er leise zu ihr. Gerne hätte er ihr den Schweiß von der Stirn getupft, doch er hatte keine Hand frei dafür. Dazu kam noch, daß sie mit ihrer gesunden Hand die seine so fest drückte, daß es sich fast anfühlte, als wollte sie sie zerquetschen. So hatte auch er seinen Teil an Schmerzen zu ertragen. Doch tapfer schluckte er jede Regung hinunter, konzentrierte sich ganz auf ihren Blick, der nur einmal kurz zu Mattiacus wechselte und dann wieder zu ihm zurückkehrte.
Schließlich war die Wunde vernäht und der Medicus machte sich daran, ihr einen neuen Verband anzulegen, nachdem er ihr noch den Schweiß von der Stirn gewischt hatte. Ursus nahm dies zum Anlaß, die verletzte Hand loszulassen und dafür lieber sanft Helenas Wangen zu streicheln. "Es ist schon vorbei, siehst Du? Hast Du Durst, Helena? Siv hat einen Tee gemacht. Der wird Dir gewiß gut tun."
Als sich Mattiacus dann an ihn wandte, mußte Ursus seinen Blick von Helena lösen. Doch ihre Hand hielt er noch immer. Er hatte ja nun die andere Hand frei, mit der er nach dem Tiegel griff, den er aber sogleich an Siv weiterreichte.
"Ich danke Dir, Mattiacus, daß Du so schnell hergekommen bist, noch dazu mitten in der Nacht. Wir werden alles beachten und Dich rufen, wenn die Heilung so weit fortgeschritten ist, daß die Fäden gezogen werden können." Ohne Zweifel hatte Helena Mattiacus ihr Leben zu verdanken. Und dies würde Ursus ihm niemals vergessen, soviel war klar.
"Danke nochmal." Ursus atmete tief durch. Erst jetzt fiel ein Teil der Anspannung von ihm ab. Das schlimmste schien überstanden, Helenas Leben zunächst gerettet. Jetzt mußte sie sich erholen. Und... ihr Leben wieder lieben lernen.
"Siv? Du hast Dich heute wirklich bewährt. Ich danke auch Dir. Ohne Dich hätten wir das nie geschafft." Er sprach sehr langsam und deutlich, um sicherzugehen, daß sie ihn auch verstand. Sein Blick wanderte zu Cadhla. "Und auch Dir Dank dafür, daß Du den Medicus so schnell hierher geholt hast. Darf ich Dich noch bitten, dafür zu sorgen, daß er gut wieder nach Hause kommt?"
Mit Siv hatte er noch einige weitere Dinge zu besprechen, doch das wollte er erst tun, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt war. Und dann stand ihm noch ein ganz anderes Gespräch bevor. Er mußte mit Corvinus sprechen. Und zwar, bevor ihm irgendwelcher Tratsch zu Ohren kam.