Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Das Schmunzeln entging ihm. Vermutlich zum Glück. Auch wenn es ihm natürlich gefiel, wenn der Blick einer Frau mit Wohlgefallen auf ihm ruhte, war dies nicht gerade der Moment dafür. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, blickte sie schon wieder kleinlaut drein.


    "Caelyn, verdammt! Ich brauche die Zeit!" Er war wirklich zornig. Nun hatte er keine Zeit mehr, sich mit den Papieren zu beschäftigen. Er mußte sich auf dem Forum blicken lassen. "Na, los, such mir schon mal eine von den guten Tuniken heraus. Und auch eine der besseren Togen. Ist frisches Wasser zum waschen da?" Er wischte sich mit den Händen über das verschlafene Gesicht.


    "Morgen wirst Du mich pünktlich wecken, hast Du das verstanden? Sonst wird es sicher nichts mit Begleitung zum Forum und ähnlichen Dingen." Seufzend ließ er sich auf der Bettkante nieder. Am liebsten hätte er sie sich jetzt gegriffen und...

    Der Aufprall war hart und trotz der Schmerzen, die Ursus ohnehin schon hatte, erlaubte er sich eine gewisse Genugtuung, daß er es geschafft hatte, sie mitzureißen und auf ihr zu liegen zu kommen.


    Allerdings wurde seine Freude gleich gedämpft durch ihre einfallsreiche - und für ihn durchaus unangenehme Gegenwehr. Er war natürlich versucht, nun seine eigenen Beine einzusetzen, um ihre Beine auseinander zu zwingen. Doch allzusehr war er gebannt vom Blitzen der unglaublich grünen Augen. Vom Anblick des schönen Gesichts, daß zwar nicht elfengleich liebreizend, aber dafür von einer stolzen und selbstbewußten Schönheit war, die weit über jedem Liebreiz stehen mußte.


    Mit eisernem Griff hielt er sie weiterhin fest, doch statt sich gegen sie zu wehren und gegen den inzwischen schon schmerzhaften Druck auf seinen Bauch, senkte er sein Gesicht über das ihre und legte seine Lippen auf die ihren zu einem nicht wenig leidenschaftlichen Kuß...

    Sie war zu schnell und zu präzise. Ursus erkannte bald, daß er keine Chance hatte, dem Schicksal, niedergeworfen zu werden, zu entgehen. Doch dann war wohl Angriff die beste Verteidigung. Ursus umschloß sie fest mit seinen Armen und ließ sich schlicht fallen, um sie mit seinem Gewicht mit sich zu ziehen. Gleichzeitig versuchte er, den Schwung zu nutzen, damit sie sich drehten und er auf ihr zu liegen kam. Soweit zumindest der Plan, den er mit dem größeren Gewicht und seiner hoffentlich überlegenen Körperkraft auszuführen gedachte.


    Die Flut herrlich duftender roter Haare allerdings, die sein Gesicht umtosten, drohten ihn ein wenig - nein, eigentlich ziemlich - aus dem Konzept zu bringen. Das helle Mondlicht ließ ihre katzengrünen Augen aufleuchten. Ein Anblick, der ihm den Atem stocken ließ. Verflucht, war sie schön! Und begehrenswert!

    Es wirkte. Und wie es wirkte! Ursus setzte sich ruckartig auf und blickte sich desorientiert um, sein Blick suchte die Ursache des Geschreis. Und es dauerte einen Moment, bis er begriff, wo er war. Und war da gerade solch einen Lärm gemacht hatte und ihn so brutal durchgeschüttelt hatte.


    "Caelyn!" Das anfängliche Erstaunen wich sichtlichem Unmut. "Was fällt Dir ein! Wie kannst Du es wagen!!!"


    Er atmete tief durch und schälte sich aus den Decken. Daß er völlig unbekleidet war, störte ihn dabei nicht im Mindesten. Er ging davon aus, daß sie schon nackte Männer gesehen hatte. Außerdem war er ja durchaus nicht unansehnlich.


    Mit einem müden Seufzer trat er an das Fenster und riß die schweren Vorhänge beiseite. - Und stand in der gleißenden Sonne!


    "Was ist das?", fragte er überflüssigerweise und mit hörbarem Zorn in der Stimme. "Verstehst Du das unter Morgengrauen?" Als hätte er unendlich Zeit!

    Das Anstubsen hätte den Aurelier beinahe aus seinen Träumen gerissen, doch die eher sanfte, leise Stimme lullte ihn gleich wieder ein. So murmelte er nur leise, räkelte sich etwas und schlief so seelig weiter, ohne wirklich zu erwachen. Wäre es heller im Raum gewesen, hätte er sich vielleicht eher aus den Armen des Schlafes befreien können.

    Ursus schlief den Schlaf der Gerechten. Verließ er sich doch darauf, früh wieder geweckt zu werden. Er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich gehabt, dementsprechend tief und fest schlief er immer noch, als Caelyn eintrat. Er schnarchte nicht. Das passierte ihm nur, wenn er auf dem Rücken schlief, doch im Moment lag er auf der Seite. Ein Bein lag auf der Decke, deren oberes Ende er zusammengeknautscht im Arm hatte. Seine Haare waren gründlich verwuschelt, was ihm ein jungenhaftes Aussehen verlieh, und sein zufriedener Gesichtsausdruck zeugte von angenehmen Träumen.

    Nun war es also soweit, den Amtseid zu leisten. Ursus war natürlich aufgeregt, doch anzumerken war ihm dies nicht, als er nun feierlich vortrat, um die Worte deutlich und mit großem Ernst vorzutragen:


    "EGO, TITUS AURELIUS URSUS HAC RE IPSA DECUS IMPERII ROMANI ME DEFENSURUM, ET SEMPER PRO POPULO SENATUQUE IMPERATOREQUE IMPERII ROMANI ACTURUM ESSE SOLLEMNITER IURO.


    EGO, TITUS AURELIUS URSUS OFFICIO DECEMVIR LITIBUS IUDICANDUS IMPERII ROMANI ACCEPTO, DEOS DEASQUE IMPERATOREMQUE ROMAE IN OMNIBUS MEAE VITAE PUBLICAE TEMPORIBUS ME CULTURUM, ET VIRTUTES ROMANAS PUBLICA PRIVATAQUE VITA ME PERSECUTURUM ESSE IURO.


    EGO, TITUS AURELIUS URSUS RELIGIONI ROMANAE ME FAUTURUM ET EAM DEFENSURUM, ET NUMQUAM CONTRA EIUS STATUM PUBLICUM ME ACTURUM ESSE, NE QUID DETRIMENTI CAPIAT IURO.


    EGO, TITUS AURELIUS URSUS OFFICIIS MUNERIS DECEMVIR LITIBUS IUDICANDUS ME QUAM OPTIME FUNCTURUM ESSE PRAETEREA IURO.


    MEO CIVIS IMPERII ROMANI HONORE, CORAM DEIS DEABUSQUE POPULI ROMANI, ET VOLUNTATE FAVOREQUE EORUM, EGO MUNUS DECEMVIR LITIBUS IUDICANDUS UNA CUM IURIBUS, PRIVILEGIIS, MUNERIBUS ET OFFICIIS COMITANTIBUS ACCIPIO."


    Er atmete tief durch und ging dann ebenso feierlich, wie er vorgetreten war, zu den anderen Vigintiviri zurück.

    Es wurde wirklich Zeit, daß Ursus endlich diesen Schritt unternahm. Nun war er schon einige Monate wieder in Rom und war immer noch nicht Mitglied der factio aurata. Ein seiner Meinung nach unhaltbarer Zustand. Deshalb hatte er sich heute auf den Weg gemacht, um beim Princeps Factionis vorzusprechen und um Aufnahme als Mitglied der factio aurata zu bitten.


    Ein kühler Wind wehte heute, doch das störte den jungen Mann wenig. Mit weit ausgreifenden Schritten hatte er den Weg zur Casa Decima Mercator hinter sich gebracht. Und klopfte nun an. Eigenhändig, denn er war heute ohne Sklaven unterwegs. Und auch ohne den Scriba, den Corvinus ihm angedreht hatte. Ein echt nerviger Bursche!

    "Gut", nickte Ursus. "Dann bist Du für heute erlöst, Caelyn." Er sagte dies lächelnd und erkennbar als Scherz. Er empfand sich ja als ganz und gar nicht schlimm. Seiner Meinung nach konnte es eine Sklavin kaum besser treffen als sie.


    Natürlich rechnete er damit, daß sie ihr neues Leben noch nicht zu schätzen wußte. Sie war ein Straßenkind. Ein wilder Vogel, der sich trotz aller Annehmlichkeiten nicht so leicht an den Käfig gewöhnen würde. Aber letztendlich würde sie es. Sie war ja nicht dumm. Außerdem hatte sie ja gar keine andere Wahl.

    "Ich habe Octavius Marsus vor einiger Zeit kennengelernt. Er macht auf mich einen sehr freundlichen Eindruck und ist wohl ein Republikaner durch und durch." Ursus grinste. Der Nachmittag, den er mit Marsus in der Therme verbracht hatte, war schon sehr amüsant gewesen.


    "Aber er hat natürlich, genauso wie ich, noch nichts geleistet. Ich wünsche ihm, daß er die Chance erhält, sich zu beweisen. Er wirkte auf mich sehr entschlossen." Ja, Modestus hatte bestimmt gute Chancen. Die Einweihung des Tempelgrundstückes war sehr eindrucksvoll gewesen.


    Ursus merkte, daß Aquilius sich anspannte. Es wurde wohl ernst. Und doch beantwortete der Flavier erst die andere Frage. Ein Familienmitglied? Ursus stockte und ließ sich wahrhaftig einen Augenblick lang davon ablenken. Aber auch wirklich nur einen winzigen Augenblick. Der hätte beinahe gereicht, um ihn in den Sand zu schicken. Wenn er nicht eingeölt gewesen wäre. So hatte seine Ausweichbewegung im Augenblick des Zupackens doch noch etwas gebracht. Die Arme, die ihn fest greifen wollten, glitten ab und verpaßten den Hebelpunkt.


    Nun griff Ursus seinerseits zu und wollte die Angriffsbewegung von Aquilius noch weiter treiben, um ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen und niederzuwerfen.


    "Eine meiner Verwandten? Wen denn?", fragte er im Plauderton weiter, als säßen sie in einer Taverne bei einem Becher Wein.

    Ursus nahm den Becher aus Fionas Händen und blickte sie an. "Auch wir glauben an die Gegenwart der Toten", erklärte er schlicht und nahm einen Schluck Met. Das Getränk war süß und beruhigte ihn irgendwie.


    Es tat ihm leid, daß das Fest so aus dem Ruder gelaufen war. War es wirklich seine Schuld gewesen? Natürlich wunderte ihn auch schon die Tatsache, daß ihm das so leid tat. Es waren doch nur Sklaven! Die noch dazu etwas verbotenes getan hatten. Dennoch. Sklaven oder nicht. Sie hatten doch nur ihren Toten gedenken wollen. Und stand das nicht einem jeden Menschen zu?


    "Gibt es eine Möglichkeit, dieses Fest angemessen zu beenden, damit die Geister ihren Zorn besänftigen?" Er kannte sich ja mit dem Glauben dieser Barbaren nicht aus. Sonst hätte er gedacht, daß Met ein besseres Opfer wäre als Brot. "Oder scheitert dies schon daran, daß die anderen beiden gegangen sind?"

    Ursus nickte. Es stand für ihn sowieso außer Frage, daß sie markiert wurde, wenn sie bleiben sollte. Außerdem war es keine große Sache. Selbst die Kinder der Sklaven mußten es über sich ergehen lassen. Und hatten es bisher alle ohne Probleme überstanden, soweit er wußte.


    "Wie gesagt, morgen, vermutlich vormittags. Du wirst es schon überleben. - Also von mir aus war es das für heute. Hast Du noch irgendwelche Fragen?" Eigentlich fand er ja, daß alles geklärt war. Sie konnte sich glücklich schätzen, daß er ihr für den Rest des Abends frei gab. Und daß er sie nicht in sein Bett befahl. Ob sie sich bewußt war, was für ein Glück sie mit ihm hatte?


    Wenigstens schaute sie nicht mehr so verängstigt drein wie vorhin noch. Natürlich nahm er an, daß die Angst nicht verschwunden war. Doch sie schien entschlossen, es trotzdem tapfer durchzustehen. Und das widerum gefiel ihm an ihr. Sie war wirklich außergewöhnlich.

    "Wenn Du Dir Wege gut merken kannst, umso besser." Ursus nickte. Wenn sie sich als gehorsam erwies, würde er sie in den nächsten Tagen mitnehmen. Doch mit dem Gehorsam haperte es dann auch schon gleich im nächsten Moment.


    Erstaunt hob sich Ursus' Augenbraue. "Du hast Angst vor ein paar harmlosen Nadelstichen? Nach allem, was Du angeblich auf der Straße durchgemacht hast? Es ist nicht schlimm, Caelyn. Frag die anderen Sklaven. Es ist viel schlimmer, sich in den Finger zu schneiden, was Dir sicher schon verschiedene Male passiert ist. Nun stell Dich mal nicht so an. Ist das jetzt ein Beispiel für Deine gute Führung? Für Deinen Gehorsam?" Er runzelte ernst die Stirn. Alle Sklaven hier im Haus wurden gekennzeichnet. Da gab es keine Ausnahmen. Es geschah ja nicht nur, damit entlaufene Sklaven wieder hergebracht wurden, sondern auch zum Schutz der Sklaven. Niemand vergriff sich am Eigentum eines Aureliers!

    Ja, auch für ihn war das sehr früh. Doch er brauchte die Zeit, um alles zu schaffen. Zumindest am Anfang. Ihre Frage kam für ihn sehr unerwartet. Was wollte Caelyn denn auf dem Forum? Ursus sah sie stirnrunzelnd an.


    "Na, mal sehen. Wenn Du Dich gut führst, läßt sich das vielleicht mal einrichten." Er wollte da lieber noch keine Versprechungen machen. Schließlich kannte er das Mädchen ja gar noch gar nicht. Ob sie zuverlässig war? Hoffentlich beging sie nicht die Dummheit, zu fliehen.


    "Kennst Du Dich eigentlich in Rom aus? Oder bist Du gleich von Augustodunum hier auf dem Markt gelandet?" Wenn sie Botengänge erledigen sollte, mußte sie die Wege kennen. Vielleicht war es wirklich keine so dumme Idee, wenn sie ihn ab und an begleitete. So würde sie die Stadt kennenlernen.


    "Morgen wird übrigens der Tätowierer kommen und Dir ein Zeichen in den Nacken tätowieren. Keine Angst, das tut nicht sehr weh. Jeder unserer Sklaven trägt ein solches Zeichen." Es war eine Formalität, nichts weiter.

    "Dann muß ich wohl was an den Ohren haben", erwiderte Ursus trocken auf die Behauptung hin, Corvinus hätte diese Dinge nie gesagt. Doch weiter ging er auf das vergangene Gespräch nicht ein, es hatte sowieso keinen Sinn.


    "Ist der Scriba ein Angestellter oder ein Sklave?" Wenn er ein Angestellter war, mußte er ihm auch noch Lohn zahlen. Hoffentlich war er das auch wert. Wenn nicht, würde Ursus ihn eben fortschicken.


    "Dann laß das verdammte Geld hier und ich werde eben Togen davon kaufen, wenn die Familie darauf so viel Wert legt." Er wollte weder Geld noch Togen von Corvinus. Nicht solange sein Onkel ihn nicht ernst nahm. Und das tat er ganz offensichtlich immer noch nicht. Müde war er also! Und angenervt! Na bitte. Hatte er ihn denn um seine Gesellschaft gebeten?


    Dann würde er eben noch mehr Schulden zurückzuzahlen haben. Das lag ihm wie ein Stein im Magen. Er wollte keine Schulden und keine Verpflichtungen.


    Ursus' Miene war mittlerweile versteinert. Wenigstens hatte Prisca Glück. Denn Aquilius war nicht nur ausgesprochen gutaussehend, sondern auch noch nett und verständnisvoll. Wenn sie ihn heiratete, würde sie gewiß ein schönes Leben haben. Wenigstens eine, für die es gut lief.


    "Du zweifelst also daran, daß dieser Pegasus ein Aurelier ist? Wie willst Du das überprüfen?", fragte er, um dieses unleidige Thema mit dem Geld vorläufig zu beenden. "Und was sagen die Claudier zu der gelösten Verlobung?" Warum Corvinus sie gelöst hatte, war Ursus völlig egal. Aber die Beziehungen zwischen den beiden Familie war bisher ausgesprochen gut gewesen. Hatte Corvinus das etwa leichtfertig aufs Spiel gesetzt?

    Ursus hörte ernst schweigend und aufmerksam zu. Er nahm die beiden Wachstafeln entgegen und warf einen Blick auf die ordentlichen, systematischen Aufzeichnungen. Er hatte es auch nicht anders erwartet. So schlecht er auch von Corvinus dachte, so war ihm doch immer klar gewesen, daß er seine Arbeit sehr gut machte.


    "Ich danke Dir für das Angebot der Hilfe", erwiderte er ruhig, ließ dabei aber offen, ob er die Hilfe annehmen würde oder nicht. Vielleicht war er gezwungen dazu, deshalb wollte er sie nicht leichtfertig ausschlagen. Aber natürlich war er entschlossen, es ohne diese Hilfe zu versuchen. Da gab es ja immer noch die anderen Amtsinhaber, vielleicht konnten sie sich gegenseitig so helfen, daß sie auf Hilfe von "außen" nicht angewiesen waren.


    "Ich entschuldige mich ebenfalls. Für den Ton bei unserem letzten Gespräch." Nicht für die Worte, nur für den Ton. Denn im Moment war Ursus noch immer davon überzeugt, daß er recht gehabt hatte. Schließlich gab es nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß es nicht so war.


    "Und ich möchte kein Geschenk von Dir, Corvinus. Nicht, solange Du mich für faul, verantwortungslos und unmoralisch hältst. Solltest Du Deine Meinung über mich je ändern, kannst Du mir dies ja mitteilen. Ab da werde ich mich über Geschenke, freundliche Worte und Hilfe wirklich freuen können." Er sprach ganz ruhig und fast emotionslos. Allein seine immer dunkler wirkenden Augen verrieten, wie tief er sich verletzt und enttäuscht fühlte. "Und solange ich nichts für die Familie tun darf, will ich wenigstens einen finanziellen Beitrag leisten, auch wenn meine Möglichkeiten, was das betrifft, ausgesprochen begrenzt sind."


    Er atmete tief durch und schob den Beutel wieder in Corvinus' Richtung. "Den Scriba werde ich nehmen, denn ohne werde ich die Arbeit nur schwer bewältigen können. Danke dafür." So, der schwerste Teil war durch.


    Doch da gab es noch zwei Punkte. "Prisca soll heiraten?" Vermutlich war er der letzte in diesem Haus, der davon erfuhr. "Wen denn? Und was ist das für ein Neffe?" Ein Neffe von Corvinus mußte dann ja wohl ein Vetter von Ursus sein.

    Es war wohl damit zu rechnen gewesen, dass Corvinus hier irgendwann auftauchen würde, trotzdem überraschte es Ursus, daß es so bald geschah. Als Corvinus nach kurzem Klopfen eintrat und Ursus ihn erkannte, verschloss sich seine Miene sofort zu Gleichmütigkeit und kühlem Interesse. "Sicher", antwortete Ursus auf die offensichtlich eh nur rhetorische Frage, da sich Corvinus ja setzte, bevor Ursus dieses Wort auch nur aussprechen konnte.


    "Guten Morgen, Marcus", erwiderte er also den Gruß höflich, aber alles andere als herzlich. "Danke für die Gratulation." Bei jedem anderen hätte er gelächelt und seinen Stolz auf den Wahlerfolg gezeigt, doch hier und jetzt tat er so, als sei das doch selbstverständlich gewesen und eine kaum erwähnenswerte Nebensächlichkeit.


    Nur einen kurzen, beiläufigen Blick warf er auf die Wachstafeln und den Beutel, der ihm merkwürdig bekannt vorkam, auch wenn er deutlich weniger prall gefüllt gewesen war, als er ihn das letzte mal gesehen hatte. Seine verräterische Augenbraue zuckte hoch, doch das war auch die einzige Reaktion, die Ursus anzumerken war.


    Er blickte Corvinus aufmerksam an. "Ich nehme an, dass Du nicht nur hier bist, um mir zur Wahl zu gratulieren." Schon die ganze Körperhaltung des Onkels und dieser durchdringende Blick, als erwartete er irgendeine besondere Reaktion, verrieten dies. "Was gibt es also?" Der Beutel, der zweifelsohne eine größere Geldmenge enthielt, machte Ursus misstrauisch. Doch er bemühte sich weiterhin um eine gleichgültige, kühle Miene.


    Im Grunde belastete ihn das schlechte Verhältnis zu seinem Onkel. Sehr sogar. Er würde es sich wahrhaftig anders wünschen. Doch was sollte er tun? Corvinus würde ihn nicht akzeptieren, bevor er nicht irgendetwas Anerkennenswertes geleistet hatte. Und vermutlich auch dann nicht, schließlich hatte er ihn ja schon mit diversen unliebsamen Familienangehörigen verglichen.


    Und was immer jetzt kam, es war vermutlich auch nur darauf angelegt, ihm das Leben noch ein Stück schwerer zu machen, als es jetzt durch das Amt ohnehin schon werden würde.

    Ursus war nicht unzufrieden darüber, dass sie nachfragte. Bewies dies doch, dass sie mitdachte und auch bereit war, sich einzubringen. "Du wirst mich wecken und zwar kurz nach Sonnenaufgang. Zuerst wirst Du dafür sorgen, dass ich frisches Wasser zum Waschen vorfinde und während ich mich wasche und ankleide, wirst Du nachsehen, ob das Frühstück schon bereit ist. Wenn das nicht der Fall ist, sorgst Du dafür. Nach dem Frühstück hilfst Du mir dann, die Toga anzulegen. Danach werde ich Dich nur selten brauchen, da ich einen Teil des Vormittags auf dem Forum verbringe und ansonsten meiner Arbeit nachgehe. Wenn ich dann am Nachmittag aus der Therme komme, werde ich Dich wohl wieder brauchen."


    Vermutlich würden sich im Laufe der Zeit mehr Aufgaben für Caelyn ergeben. Er musste sich ja selbst erst wieder daran gewöhnen, dass eine Sklavin vor allem für ihn da war. Bisher hatte er immer sonstwen rufen müssen, der gerade Zeit hatte, und dann vieles lieber selbst gemacht, statt erstmal jemanden zu suchen.


    Eine Erleichterung war es jetzt allemal, denn er vermutete, dass er gerade in der ersten Zeit seiner Amtsausübung nur wenig Zeit für andere Dinge haben würde. Schließlich musste er sich erst einarbeiten. Und wenn er ehrlich war, wusste er gar nicht wirklich, was ihn da alles erwartete.

    Nicht eine Sekunde dachte Ursus, daß diese junge Frau über das Zusammensein zwischen Mann und Frau nichts wissen könnte. Sie war hübsch und kein Kind mehr. Nicht wie Tilla, die man nun wirklich noch als Kind betrachten mußte.


    Ihre Antwort auf seine Erklärungen war ein wenig spärlich, aber sie schien verstanden und akzeptiert zu haben, was er von ihr erwartete. Natürlich war ihm klar, daß sie manches noch lernen mußte. Doch wenn sie sich Mühe gab, würde sie es schon schaffen.


    Ursus nickte ihr erst einmal nur zu. Sie sollte sich erst eingewöhnen und ihre Aufgaben zu bewältigen lernen. Dann würden sie weitersehen.


    "Nun, für heute sollst Du ausruhen dürfen und Dich eingewöhnen. Es ist ohnehin schon spät. Morgen früh er warte ich Dich dann in meinem Zimmer. - Wenn Du noch Fragen hast, solltest Du sie jetzt stellen."

    Der Bona-Dea-Ritus gehörte zu den Mysterien, die sich einem Mann wohl niemals erschließen würden. Und allein diese Tatsache sorgte natürlich für eine gewisse Neugierde. Ursus war davon überzeugt, daß seine Cousinen eines Tages maßgeblich an diesem Ritus beteiligt sein wrüden, - so sie es denn überhaupt wollten.


    Das Mahl neigte sich seinem Ende zu und die Süßspeisen wurden gereicht. Während Ursus interessiert dem Gespräch folgte, nahm er sich etwas von den Früchten mit Honig-Nußkruste, denn die gab es selbst in diesem Haus nur zu besonders festlichen Gelegenheiten.


    Wie schön seine Cousinen waren! Und wie liebreizend und dabei auch noch gewandt in der Unterhaltung. Wer immer eine von ihnen eines Tages ehelichen durfte, war ein wahrhaft glücklicher Mann.