Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    "Purpurea also." Ursus nickte, es wurde Zeit, daß diese Factio sich wieder mehr ins Geschehen brachte. Er brauchte wohl kaum erwähnen, daß er selbst eine Factio leitete, die gerade erst eine Verjüngungskur machte und die jungen unerfahrenen Fahrer erst aufbauen mußte.


    Als Dolabella allerdings erwähnte, daß er ungefragt Sotion auf die Starterliste gesetzt hatte, runzelte Ursus die Stirn. "Ich möchte Dich sehr bitten, in Zukunft meine Nennung abzuwarten. Ich habe mehrere junge Fahrer, die ich fördern möchte. Sotion ist ein Talent, ja, aber nicht das einzige bei der Aurata. Es darf also nur ein Fahrer gemeldet werden?" Diese sparsamen Rennen, die immer nur einen Fahrer zuließen, waren für Ursus nicht gerade förderlich. Die anderen Fahrer brauchten ebenso Erfahrung.

    Der Optio schien keinen Zweifel zu haben, daß er siegen würde. Ursus nahm dies durchaus zufrieden zur Kenntnis. "Ja, er soll überleben. Möglichst ohne Verkrüppelung, denn seine Aufgabe als Leibwächter meiner Frau erfüllt er sehr gut. Es soll ein Übungskampf sein, keiner auf Leben und Tod."

    Ursus lachte leise und schüttelte den Kopf. "Ich hoffe doch sehr, daß Du nicht hergekommen bist, um uns Mühen zu bereiten", scherzte er und schaute dem kleinen Mädchen nach, das davoneilte.


    "Du besuchst Gestüte? Hat das einen bestimmten Grund? Bist Du auf der Suche nach einem Gespann?" In der letzten Zeit hatte er die Aurata ein wenig vernachlässigt, doch dem wollte er baldigst abhelfen. "Welcher Factio hängst Du an?"


    Als die Sprache auf Septima kam, schüttelte Ursus bedauernd den Kopf. "Du hast meine Frau ganz knapp verpaßt, Tiberius. Sie ist vor einigen Tagen nach Rom aufgebrochen und ich schätze, daß sie heute oder morgen dort eintrifft. Kann ich ihr irgendetwas ausrichten?"


    Marei kehrte zurück und baute eifrig ein Tischchen auf, bevor der kleine Imbiß aufgebaut wurde und sie Getränke ausschenkte. Ursus ließ sich einen Becher verdünnten Weines reichen und nickte dem Mädchen anerkennend zu. So war es schon viel besser. Sie würde es schon lernen, sie war ja noch jung.

    "Hast Du gesehen, wie die Soldaten leben? Sie wohnen immer zu acht in einem Raum. Dort ist nicht viel Platz. Zehn solcher Räume gibt es in einer Baracke. Dazu kommen die Räume des Centurio. Er hat die Aufgabe, immer auf die Männer acht zu geben und sie zu kontrollieren. Im Leben eines Soldaten gibt es nicht viel Raum für Geheimnisse. Ja, ein Centurio weiß, wie sie fühlen und denken, - wenn er ein guter Offizier ist. Er war ja auch mal einer von ihnen und hat sich durch Fleiß und besondere Fähigkeiten seinen Rang im Laufe vieler Jahre erarbeitet. Das gilt umso mehr für den ersten Speer, der ja der ranghöchste Centurio einer Legion ist." Eigentlich erwartete Ursus nicht, daß sie es verstand. Aber als Kind hörte und lernte man manches, das man nicht verstand. Im Laufe der Jahre aber wurde einem der Sinn des Gelernten offenbart und man merkt, wie gut es war, es gelernt zu haben.


    "Oh, ich glaube, wir werden vor den Saturnalien ein Fest einschieben können. Nur fürchte ich, daß gerade ein Sklavenkind nicht viel von solchen Festen hat. Sklaven und Herren feiern nur zu den Saturnalien zusammen, - wenn sie das wollen. Es tut mir leid, daß es hier keine Spielkameraden für Dich gibt. Aber vielleicht ändert sich das auch eines Tages." Er lächelte der kleinen aufmunternd zu. Wurde aber gleich wieder ernst, als sie berichtete, wie sie über die Mauer geklettert war, weil sie mit den anderen Kindern hatte spielen wollen. "Ich sehe Dir an, daß Du weißt, wie falsch Deine Handlung war. Marei, weißt Du denn auch, was genau Du falsch gemacht hast?" Es war besser, danach zu fragen, um herauszufinden, ob sie es verstanden hatte, als ihr eine Standpauke zu halten, die vermutlich in das eine Ohr rein und zum anderen gleich wieder rausgehen würde.

    Puh, Baldemar nahm das mit der Axt wirklich sehr ernst. Ursus ging darauf lieber nicht mehr ein. Er wollte den Germanen nicht verspotten, deshalb ließ er das Thema besser fallen. Über die Ahnen zu sprechen, schien ihm da wesentlich unverfänglicher. "Am meisten ehre ich meine Eltern. Vor allem meinen Vater. Er starb, als ich zur Ausbildung in Griechenland weilte." Sein Tonfall verriet, wie sehr ihn die Nachricht damals getroffen hatte. Doch er wollte davon ablenken und stellte daher die unvermeidliche Gegenfrage: "Welchen Deiner Ahnen ehrst Du am meisten? Deinen Großvater?"

    War das ein Magenknurren, das er da vernahm? Oder doch eher ein Laut, wie ihn Verdauungsstörungen mit sich brachten? "Aber nicht doch, ein einzelner Besucher kann doch kaum Mühe machen. Kommst Du aus Rom oder bist Du auf der Reise dorthin?" Konnte ja sein, daß der Tiberier hier nur die Gelegenheit einer angenehmen Unterkunft auf einer weiteren Reise wahrnahm.


    Ursus schüttelte den Kopf, als er Mareis Worte hörte. "Hol etwas zu trinken und einen kleinen Imbiß, Marei. Das hättest Du schon lange tun sollen oder einen anderen damit beauftragen." Eine kleine Rüge, die leider notwendig war. Das Mädchen mußte es nun einmal lernen. Zu der Frage, ob sie die Köchin benachrichtigen sollte, nickte er nur. Die Köchin würde dann schon wissen, was zu tun war.


    Dann wandte er sich wieder an Dolabella. "Selbstverständlich bist Du eingeladen, mit mir zu speisen und natürlich auch, hier zu übernachten. Das Abendessen wird aber wohl noch ein wenig dauern. Bitte nimm doch Platz und berichte mir, was es an Neuigkeiten gibt." Er deutete auf die Bänke, die am Impluvium standen und nahm dort selbst Platz.

    Ursus nickte, wenn auch ein wenig zögernd. "Ja, Cimon. Auch als Freund, wenn dies auch sicherlich nicht leicht ist bei der Beziehung zwischen Herr und Sklaven. Ich vertraue Dir, das weißt Du. Mein Leben liegt in Deiner Hand. So wie Deines in meiner liegt." Wenn er nur ahnen würde, wie sehr Cimon dieses Vertrauen enttäuscht hatte. Noch immer glaubte er, sein Sklave würde von einer entfernt Bekannten sprechen, die er irgendwo kennengelernt hatte. Es war gut, daß er nicht wußte, wen Cimon meinte. Denn hätte man ihn gefragt, wie er in solch einem Fall reagieren würde, er könnte es nicht sagen. "Ein Sklave kann nahezu alles sein und haben, wenn sein Herr dies wünscht. Es gibt wirklich nur wenige Dinge, die unmöglich sind." Die Liebe zu einer freien Römerin zum Beispiel. Wenn sich der Nubier das nur endlich aus dem Kopf schlagen würde! Ursus würde ihm jede Sklavin kaufen, die sich Cimon wünschen würde!


    Daß seine Worte auf fruchtbaren Boden fielen, freute Ursus. Cimons Worte und vor allem auch seine Miene verrieten, wie der Nubier dachte. Und sie verrieten auch, daß der Sklave tatsächlich nie wieder über die Möglichkeit der Freiheit nachgedacht hatte. Ein gutes Zeichen, wie Ursus fand. Denn es zeigte, daß Cimon zufrieden mit seinem Leben war und sich nicht, wie so viele andere, fortwünschte. "Ach, Cimon, ich habe nicht vor, Dich fortzugeben. Ich wollte nur sichergehen, daß sich an Deiner Einstellung nichts geändert hat." Wieder diese Frau. Ursus konnte nur hoffen, daß sein Sklave endlich von ihr abließ und sie am Besten völlig vergaß. Ob es half, wenn Ursus auf das Thema nicht weiter einging?


    "Du bist etwas wert. Du bist mir sogar sehr viel wert. Natürlich kann jeder Mensch ersetzt werden. Du, ich, der Kaiser selbst. Doch wie sähe dieser Ersatz aus? Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, einem anderen so zu vertrauen wie Dir." Cimon sah so entschlossen aus, seinem Herrn auf ewig gut zu dienen, daß es Ursus fast ein wenig mulmig wurde. So viel Ergebenheit bedeutete für ihn auf der anderen Seite eine große Verantwortung. Daß der Sklave ihn so offen anschaute und ebenso offene Worte fand, war für Ursus in diesem Moment nicht unangemessen, daher wunderte er sich nicht darüber. Und erst recht ärgerte er sich nicht darüber. Er nahm an, daß Cimon mittlerweile begriffen hatte, wie er sich ihr Miteinander vorstellte.


    "Mir scheint, wir sind beide recht zufrieden miteinander", schmunzelte Ursus schließlich. "Also geh nun und genieße ein wenig Deinen wohlverdienten Ruhm."

    Zum Glück nahm Baldemar den Scherz genau so, wie er gemeint war. Ursus lächelte erleichtert. Es wäre schade gewesen, die Stimmung auf so leichtfertige Weise zu ruinieren. Das Gespräch war viel zu interessant. Man geht nicht. So einfach war das. Alles kann man besiegen. War es fehlender Wille, der Ehen scheitern ließ? Aber allzu oft waren es politische Gründe, die zur Trennung führten. Das mit den verschwundenen Menschen klang allerdings auch nicht gerade schön. "Wenn Menschen verschwinden, forscht ihr dann nicht nach, was mit ihnen geschehen sein könnte? Gibt es so etwas wie Strafverfolgung? Werden Verbrecher gesucht und verfolgt?"

    Das alles war nur der Anfang gewesen, Ursus hatte es befürchtet. Als er plötzlich den Schmerz in der Leiste zu spüren bekam, keuchte er schmerzhaft auf. Natürlich wollte er sich wegdrehen, um den Druck wegzunehmen, aber da war Baldemar im Weg. Der versuchte, ihn zu umschlingen. Der Schmerz nahm zu. Doch so leicht wollte Ursus sich nicht besiegen lassen. Auch wenn er schon bunte Kringel vor seinen Augen sah, kam er Baldemar nun für einen Moment entgegen, um sich dann herauszuwinden, bevor der Germane die Umklammerung geschlossen hatte. Er mußte schnell sein und gewandt, ungeachtet allen Schmerzes. Das war seine einzige Chance. Doch daß sein Gesicht verzerrt und hochrot war, während ihm der Schweiß in Strömen herabfloß, konnte er nicht verhindern. Dabei gellte ihm das Gebrüll Baldemars in den Ohren. Das machte es schwer, sich auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren: Dem Griff zu entkommen, bevor es unmöglich wurde!

    Eine kleine Weile mußte der Besucher doch noch warten, da Ursus durchaus beschäftigt war. Doch er war sicher, daß die kleine Marei sich aufopfernd um den Besuch kümmern würde. Auch wenn das vielleicht bedeuten würde, daß er seinen Besuch mit tausend Löchern im Bauch vorfinden würde, denn die Neugierde des Mädchens war unerschöpflich - ebenso wie ihr Vorrat an Fragen.


    Schließlich betrat er aber doch das Atrium, um Dolabella endlich zu begrüßen. "Salve, Tiberius. Sei mir willkommen in meinem Haus. Wurde Dir schon etwas zu trinken angeboten?" Ein fragender Blick streifte auch das Sklavenmädchen, das hoffentlich wußte, daß dies zum Empfang eines Gastes dazu gehörte. Zumal, wenn es sich um einen Tiberier, also um Familie, handelte.

    Nur die Besonderen. Ursus merkte, daß er hier etwas berührte, das er wohl niemals würde begreifen können. Dafür war ihm die Lebensweise, der Glaube der Germanen zu fern von dem, was er kannte. "Wer weiß, vielleicht hat sie hier auf Dich gewartet." Eigentlich sollte es ein Scherz sein, aber er kam merkwürdig ernst über seine Lippen, gar nicht wie ein Scherz. Ein kluger Mann hatte einmal gesagt, daß ein jedes Lebewesen seinen Lebenszweck hätte, daß es allerdings fast unmöglich wäre, diesen zu erkennen. Vielleicht mußte Baldemar hier sein, um diese Axt zu finden. Vielleicht hatten sie zusammen eine Aufgabe zu erfüllen... Ursus schüttelte entschlossen den Kopf. Was für ein Unsinn! Er ließ sich hier einwickeln von Geschichten und Legenden! Sollte Baldemar ruhig daran glauben, vielleicht machte es ihm sein Leben leichter. Für Ursus gab es Wichtigeres zu tun. "Dein Großvater wird sich gewiß freuen, daß Du seiner so gedenkst. Halte ihn in Ehren. Auch wir glauben an unsere Ahnen, auch wir ehren sie."

    Ursus mußte lachen, versuchte aber, nicht spöttisch zu wirken. "Er weiß, wie sie fühlen und denken, weil er im Gegensatz zu mir direkt zwischen ihnen lebt. Nein, er kann nicht in sie hineinschauen. Das kann kein Mensch. Nur Götter können in einen Menschen hineinschauen. Ja, versuche ihn zu finden. Ich bin gespannt, wie lange Du dafür brauchst." Amüsiert dachte er daran, wie Licinus wohl darauf reagieren würde, wenn die Kleine einen Freudentanz aufführte, nur weil sie ihn sah.


    "Wie lange lange dauert? Das ist ganz unterschiedlich. Je nachdem, wie eilig man es mit etwas hat. Wenn man zum Beispiel furchtbaren Hunger hat, kann es sehr lange bis zum nächsten Essen sein. Dabei sind es nur ein paar Stunden. Bis zu den Saturnalien ist es noch sehr lange. Dafür muß erst der Sommer vorbei sein. Und auch der Herbst. Die Tage werden dann ganz kurz und die Nächte ganz lang. Warum möchtest Du das wissen? Wartest Du auf etwas?"


    Die Kleine plapperte munter drauflos. "Ja, natürlich mußt Du mit zurückkommen. Allerdings werden wir dann nicht mehr in der Villa Aurelia wohnen. Sondern in unserem eigenen Haus. Aber das dauert vermutlich noch lange. - Sabina? Die Tochter von Germanicus Sedulus? Marei... die meisten Senatoren haben es nicht gern, wenn ihre Kinder mit Sklavenkindern spielen." Er zog seine Augenbrauen etwas zusammen, was ihn recht streng aussehen ließ.

    Selbstverständlich ein Mann? Ursus blickte seine Frau verwirrt an, das war es nicht, was er hatte wissen wollen. Er bezweifelte, daß sie seine Frage nicht verstanden hatte, eher vermutete er, daß es ihr unangenehm war. Das wurde auch noch unterstrichen dadurch, daß sie sich einfach an ihn kuschelte und offenbar einfach schlafen wollte. Da ließ sie ihn nun also mit seiner aufsteigenden Hitze einfach so auf dem Trockenen. An Schlafen war da wirklich nicht zu denken. Zumal ihre Worte ihn beschäftigten. War sie wirklich so unzufrieden mit ihrem Leben? Er wußte nichts weiter zu tun, als sie fest zu umarmen und sanft zu streicheln. "Dann schlaf gut, Liebste", sagte er mit leicht belegter Stimme, aber durchaus zärtlich. Ein Kuß auf ihre Stirn folgte, ansonsten ließ er sie einfach in Ruhe, damit sie schlafen konnte. Selbst lag er hellwach da und wußte überhaupt nicht, was eigentlich los war.

    "Nun, dann bist Du sicher ebenso gespannt wie ich, was für Überraschungen Baldemar so bereit hält. Ich habe die Germanen als sehr gerade heraus, aber eben auch sehr stark und unnachgiebig erlebt. Allerdings habe ich nicht gegen sie gekämpft." Sein Erinnerung ging zurück zu jenem diplomatischen Besuch, der für ihn wie ein Blick in eine völlig fremde Welt gewesen war.

    Einige Männer kamen direkt auf den Kommandostab zu und Ursus schaute ihnen interessiert entgegen. Die Munition war bereits verbraucht? Etwas schnell, fand er. Allerdings war der Wall auch schon gut „aufgeräumt“. Trotzdem merkte er sich für die Manöverkritik, daß vor einem Angriff für mehr Munition gesorgt werden mußte. Im Ernstfall könnte es schlachtentscheidend sein, wenn zu früh mit dem Beschuß aufgehört werden mußte. "Gebt an den Centurio weiter, daß gefeuert werden soll, bis sämtliche Munition aufgebraucht ist." Die Männer sollten schließlich ein Gefühl dafür entwickeln, was sie bei der Handhabung der Wurfmaschinen zu beachten hatten.


    Nachdem die Männer gegangen waren, ließ er an alle Offiziere übermitteln, daß nach Ende der Schießübungen alle Belagerungsmaschinen abgebaut werden und die Männer mit dem Schanzen des Lagers für die Nacht beginnen sollten.

    Ursus hatte seine Leibwache auf größeren Abstand befohlen. Denn er wollte in Ruhe nach einer netten Kleinigkeit für seine Frau gucken. Nur gaben die Stände leider nicht halb soviel her, wie er es von Rom gewöhnt war. Ob er ihr einfach etwas süßes Honiggebäck und in Honig eingelegtes Obst mitbringen sollte? Oder doch einen hübschen Stoff oder ein kleines Schmuckstück? Gerade trat er an den nächsten Stand und entdeckte hübsche Holzkästchen, die mit Einlegearbeiten aus Perlmutt verziert waren. Sie waren gut gearbeitet und besaßen sogar kleine, wenn auch nur sehr einfache Schlösser.


    Plötzlich ertönte Geschrei. Gerumpel, Pferdegetrappel, Geschimpfe - und das alles kam rasend schnell näher. Ein Stand wurde beschädigt, das schattenspendende Dach fiel in sich zusammen, Waren wurden zu Boden gestoßen. Ein Pferdegespann raste über den Platz, nahm die Kurve um den Brunnen beängstigend - und durchaus gekonnt - eng, raste schließlich auf Ursus zu. Der stellte sich mit ausgebreitete Armen hin, um dem Fahrer zu signalisieren, daß er stoppen sollte. Aber er machte sich bereit, zur Seite zu springen, sollte der Bursche die Pferde nicht rechtzeitig zum Stehen bringen können.

    Nun staunte Ursus erst richtig. Cimon beneidete ihn um sein Leben? Ja, eigentlich schon verständlich. Er führte ein gutes Leben. Ein sehr gutes sogar. Sanft legte er seine Hand auf die Schulter seines Sklaven. "Cimon... Ich kann verstehen, daß Du mich beneidest. Niemand von uns kann sich aussuchen, als was er geboren wird. Ich hatte großes Glück. Du nicht. Ich kann Dir nicht ermöglichen, so zu leben wie ich. Aber ein paar der Dinge, um die Du mich beneidest, kann ich Dir geben. Und Du weißt, daß ich auch bereit bin, sie Dir zu geben. Du bist mir längst mehr als ein Sklave. Du bist mir ein Freund, ein Vertrauter, auf den ich bauen kann. Ja, es ist ein gutes Gefühl, Rom und dem Kaiser so zu dienen. Und Du tust es auch, - indem Du mir dienst. Ohne Dich könnte ich manches nicht in dem Maße tun, wie ich es tue."


    Es waren viele Veränderungen an Cimon zu bemerken, seit der Nubier damals in Ursus' Besitz geraten war. Anscheinend besaß er doch so etwas wie Ehrgeiz. "Vieles ist anders geworden, nicht wahr? Wünscht Du Dir mittlerweile, frei sein zu können? Du sagtest einmal zu mir, daß Du es auf keinen Fall möchtest." Ursus wollte Cimon auf keinen Fall verlieren. Doch er mußte wissen, was in dem Nubier vor sich ging.


    "Nun, ich werde Septima unauffällig dazu befragen. Auf keinen Fall möchte ich sie übergehen." Eine Frau, die unterbeschäftigt war, griff vielleicht nach jeder Möglichkeit der Zerstreuung. Und konnte sicherlich sehr unangenehm werden, wenn sie in solche Planungen nicht zumindest mit einbezogen wurde. "Ein kleines Fest? Nun, leider ist kaum einer der Offiziere verheiratet. Ich hatte ja gehofft, daß sich hier eine muntere Damenrunde bildet. Aber das war leider eine vergebliche Hoffnung. Aber gesellige Abende mit den Offizieren sollten sich organisieren lassen. Wirklich eine gute Idee, Cimon."

    Ursus lachte leise. "Viele, ja? Alter Angeber." Es war ein Scherz und er hoffte, Baldemar würde es nicht falsch verstehen und am Ende beleidigt sein. Die Ehen wurden bei den Germanen also auch arrangiert. Sie wurden einander gegeben. Das war doch wohl so zu verstehen. "Dann hattet ihr beide großes Glück. Ihr seid ein schönes Paar. Was passiert, wenn ein Paar nach einiger Zeit feststellt, daß es sie so gar nicht zueinander passen? Gibt es die Möglichkeit der Trennung?"


    Wieder ein Lied. Ein kluges Lied. Immer mehr gewann Ursus den Eindruck, daß die Germanen viel von ihrem Wissen, von ihren Weisheiten in Liedern weitergaben. "Ein Kinderlied? Aber welches Kind begreift dies schon?"