Beiträge von Flaviana Brigantica

    Doch meine Befürchtungen waren unbegründet! Micipsa lächelte mir zu und gab mir sogar noch einen Hinweis, wo ich noch suchen könnte. Aber seine Frage machte mich schon etwas stutzig.


    Oh, da habe ich noch gar nicht nachgeschaut! Danke für den guten Tipp! Möchtest du mich begleiten oder hattest du gerade etwas anderes zu tun?


    Interessiert schaute ich Micipsa an. Ob ich ihm etwas über das geplante Fest anvertrauen konnte? Er war ja immer noch recht neu hier und mir war auch noch nicht ganz klar, wie ich ihn einzuschätzen hatte. Aber wenn ich es mir genau überlegte, war er sicher nicht einer der Sklaven, die sofort zu ihrem Herrn rannten, um einen anderen zu verraten. Wenn ich schon Straton mein Vertrauen geschenkt hatte, der nun wirklich allen Grund dazu hatte, mich zu verraten, konnte ich Micipsa allemal vertrauen!


    Die Blumen suche ich für mich selbst. Ich brauche sie für eine Festlichkeit, die bald anstehen wird. Ich muß nur wissen, wo sie wachsen, damit ich sie pflücken kann, wenn ich sie dann tatsächlich brauche.


    Ob Micipsa auch seine eigenen Götter ehrte und die Feste seines Volkes, so gut es eben ging, feierte. Ich wußte eigentlich fast gar nichts über ihn. Wenn wir bisher miteinander gesprochen hatten, dann ging es um Dinge die die Villa oder die Arbeit betrafen. Doch etwas rein persönliches hatten wir noch nicht miteinander ausgetauscht.

    Der hintere Teil des Gartens wurde immer etwas stiefmütterlicher behandelt, als der Teil, der von der Villa ersichtlich war. Deswegen war ich mir sicher, hier doch eininge Blümchen zu finden. In meine Suche vertieft, achtete ich überhaupt nicht darauf, dass noch jemand in diesem Teil des Gartens anwesend war. Wer sollte auch hier schon sein? Es gab hier nichts besonderes, was einen längeren Aufenthalt rechtfertigen würde. Ab und zu traf man hier bei Tage auf einen Sklaven, der die Pfanzenabfälle auf den Komposthaufen warf, der sich in unmittelbarer Nähe befand.
    Als ich dann plötzlich meinen Namen hörte, blickte ich erschrocken auf. Glücklicherweise war es nur Micipsa, der vor mir stand und mich fragend anschaute.


    Ähm, ich suche Blumen! antwortete ich ihm, als sei es das natürlichste auf der Welt.


    Möchtest du mir suchen helfen? Hier muß es doch irgendwo ein paar Blumen geben! fragte ich Micipsa und lächelte dabei. Vier Augen sahen schließlich mehr, als nur zwei!


    Mir war bewußt, dass ich in letzter Zeit nicht unbedingt nett zu ihm war. Auch er hatte unter meiner schlechen Laune zu leiden gehabt und ich konnte von ihm nicht erwarten, dass er mir freundlich gesonnen war.

    Nur noch wenige Tage waren es, bis endlich Imbolc gefeiert werden würde. Ich war den Winter schon langsam überdrüssig geworden und sehnte mich nach jedem einzelnen Sonnenstrahl! Seit einigen Tagen ging es mir auch wieder richtig gut. Es war, als würde ich wieder zu leben anfangen! Brigid meinte es wieder gut mit mir und ich war ihr so dankbar, dass ich beschlossen hatte, ihr ein besonderes Opfer darzubringen. Doch ehrlich gesagt, wusste ich noch gar nicht, was das sein sollte!


    Die Vorbereitungen für den gemeinsamen Abend mit Youenn, draussen im Garten, sollten möglichst unauffällig von statten gehen. Ich hatte niemanden um Erlaubnis gefragt, ob es auch gestattet sei, ein für die Römer, fremdes Fest in ihrem Garten zu feiern. Aber schließlich sollte es ja auch keine große Sache werden. Youenn und ich wären anwesend und sonst niemand! Wir würden uns ein kleines Feuerchen machen, an dem wir uns wärmen konnten und an dem wir Brigid ehren würden. Weiter nichts!
    Schon seit Tagen juckte es mich in den Fingern, endlich mit den Vorbereitungen zu beginnen! Einige wichtige Dinge mußten schließlich noch organisiert werden. Youenn wollte sich um das Feuer und das dafür benötigte Brennmaterial kümmern. Ich hingegen wollte alles besorgen und organisieren, was für den Abend benötigt wurde. Die Kerzen aufzutreiben waren dabei das geringste Problem. Auch die Milch zu besorgen, erschien mir als sehr unproblematisch. Den Met hatte ich bei meiner letzten Einkaufstour mitgenommen und ihn im Garten versteckt. So würde er auf jeden Fall unentdeckt bleiben und niemand würde sich daran vergreifen.
    Mir machte es hingegen eher Sorgen, was mit den Blumen war. Deshalb ging ich im Garten umher und war auf der Suche nach Frühblühern. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es so etwas hier nicht geben sollte! Oder etwa doch? Aufmerksam musterte ich jedes Beet und die Wiese. Doch es war nichts zu sehen! Ich wollte schon wieder die Hoffnung aufgeben. Doch dann viel mir ein, vielleicht nochmals etwas genauer auf der Wiese im hinteren Teil des Gartens nachzuschauen.


    Sim-Off:

    Wer mag, der darf! ;)

    Eigentlich widerstrebte es mir ja völlig, mich dieser Fremden zu öffnen. Die Dinge die mich zur Zeit beschäftigten, waren einfach zu persönlich, um sie an Wildfremde weiterzutragen. Auch wenn Caelyn hier beteuerte, sie würde nichts weitererzählen, konnte ich micht so recht dazu entschließen, zu reden.


    Ach, ich möchte dich nicht mit meinen Sorgen belasten!


    Da ich mir fast schon sicher war, dieser Ablenkungsversuch würde auch diesmal wieder nach hinten los gehen, entschied ich mich dafür, wenigstens den unspektakulärsten Teil der Geschichte von mir zu geben. Ich war mir sicher, Caelyn wollte bestimmt eine von diesen Mädchen-liebt-Junge-und-Junge-verläßt-Mädchen-Geschichte hören. Also gab ich ihr, wonach sie verlangte!


    Na ja, ich war mit einem Mann zusammen, den ich sehr geliebt habe und der hat mich vor einigen Tagen verlassen.


    Ob sie mir das abnehmen würde? Oder würde sie mich jetzt, als gestandene Expertin auf diesem Gebiet, zutexten? Ich hoffte nicht! Gute Ratschläge hatte ich in den letzten Tagen zu Hauf bekommen, das reichte jetzt für nächsten Jahre.


    Komm, laß uns noch ein wenig weitergehen. Wenn wir hier solange herumstehen, beginne ich noch zu frieren.


    Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung. Bevor ich in den Garten hinaus gegangen war, hatte ich mir einen Umhang übergezogen, den ich jetzt noch etwas fester um mich schlug. Ich wollte mir ja nicht gleich wieder eine Erkältung enfangen!

    Ungerührt, seine Bemerkung betreffend, saß ich immer noch aufrecht im Bett. Alleine durch seine Ansprache würde ich so schnell keinen neuen Lebensmut finden.
    Dann öffnete sich plötzlich die Tür. Mein Blick fiel auf die eintretende Cungah, die ihre Drohung wahr gemacht hatte. Sie hatte eine große Schale dampfenden Inhalts mitgebracht, die sie mir auffordernd entgegen hielt. Straton machte sich derweil wieder auf. Mit einem Danke, quittierte ich sein Angebot und wandte mich Cungah zu. Das ist wirklich sehr lieb von dir Cungah, aber.. Eigentlich wollte ich die Brühe, die sie extra für mich zubereitet hatte, ablehnen. Doch keine Chance! Ihr Gesicht verriet alles. Sie würde keine Widerrede dulden. So nahm ich ihr die Schale ab und begann vorsichtig davon zu trinken. Sofort spürte ich die wohltuende Wirkung des Heißgetränks.


    So ist´s brav mein Mädschen! sagte Cungah lächelnd. Bald wirst du wieder gesund werden!


    Ich tat mir schwer damit, ihr Lächeln zu erwiedern. Cungah setzte sich neben mich auf das Bett und beobachtete genau, aufdass ich auch ja die ganze Brühe trank. Doch sie konnte unbesorgt sein. Ich tat ihr den Gefallen. Schließlich reichte ich ihr wieder die leere Schale und bedankte mich. Noch einmal strich Cungah mir über die Stirn und nickte lächelnd.


    Ich werde dich jetzt allein lassen, damit du dich ausruhen kannst. Wenn du etwas brauchst, ruf mich einfach. Mama Cungah tut und macht alles für dich!


    Noch einmal nickte ich ihr leicht zu und ließ mich dann sachte zurück auf das Bett gleiten. Meine Augen starrten zur Decke und meine Gedanken kreisten um das Geschehene.

    Im Augenblick war wohl wirklich alles gesagt. Als sich Youenn dann erhob tat ich es ihm gleich.


    Ähm, ja. Äh, ich meine gerne, ja du kannst sie mitnehmen! Wir sehen uns dann!

    Noch einen Moment sah ich ihm nach, als er die Eßschalen wegbrachte.
    Dann ging auch ich wieder an die Arbeit. Allerdings diesmal mit einer erheblich besseren Laune, als zuvor.

    Hatte ich etwa soeben ein Zucken bei ihm bemerkt, als ich den Namen Severus ausgesprochen hatte? Höchstwahrscheinlich zählte er nicht zu Youenn´s Freunden. Wenn ich es mir recht überlegte, gab es nur wenige, die Severus als ihren Freund betrachteten. Ich gehörte nicht mehr dazu und langsam aber sicher war ich auch froh, endlich darüber hinweg zu kommen.


    Nickend stimmte ich Youenn zu, Ja der Met ist völlig ausreichend. Bei nächster Gelegenheit, werde ich ihn besorgen.

    Wenn ich es recht etrachtete, hatte es doch etwas Gutes, dass ich mich heute dazu entschlossen hatte, hierher zu kommen. Auch wenn ich nichts gegessen hatte. Doch heute hatte ich damit angefangen, was mir Straton empfohlen hatte. Freunde gewinnen!
    Zufrieden und lächelnd blickte ich in das Gesicht meines Gegenübers und freute mich, dass ich es immer noch schaffen konnte, mich fremden Menschen gegenüber zu öffnen.

    Sim-Off:

    Geht mir genauso! 8o


    Grinsend schüttelte ich den Kopf. Nein kein Wein!
    Als er zu grübeln begann und das, was ihn bewegte, offen aussprach, konnte ich ihn gleich beschwichtigen. Schließlich kannte ich ja bereits einen Händler, der Met führte. Doch in der Tat, Korma zu bekommen, stellte ich mir auch schwierig vor.


    Vor einigen Monaten war ich mit Severus auf einem geheimen Fest. Zu diesem Anlass hatten wir damals auch Met besorgt. Ich weiß, wo der Händler zu finden ist. Aber Korma? Das wird sich sicher als schwierig erweisen!


    Ich tat es ihm gleich, indem ich ebenfalls meine Schale beiseite schob. Nichts hatte ich davon angerührt. Allerdings war der Puls darin nun auch kalt geworden. Vielleicht würde ich später doch noch etwas essen. Ein gewisses Hungergefühl hatte sich nun doch bei mir eingestellt.

    Irritiert schaute ich die junge Frau an, nachdem sie ihre Frage gestellt hatte. War es denn nicht offensichtlich? Da Bridhe nun wirklich kein römischer Name war, musste man doch davon ausgehen, dass ich sicher nicht aus freien Stücken hier war.


    Ja, ich bin auch Sklavin, so wie du! antwortete ich ihr schließlich, um damit, so hoffte ich wenigstens, dieses leidige Thema abzuschließen. Auf den Schmuck, den ich trug und warum ich ihn trug, wollte ich nicht mehr näher eingehen. Es widerstrebte mir, mit einer, für mich völlig fremden Person, darüber zu sprechen.
    Doch ihre nächste Bemerkung zu meiner Person, machte es für mich nicht unbedingt leichter, mit ihr ein Gespräch zu führen. Natürlich musste ihr meine schlechte Stimmung und mein kränkliches Aussehen aufgefallen sein. Ich war nun mal keine Schauspielerin, die innerhalb kürzester Zeit ihre Stimmungslage von tieftraurig zu hellauf begeistert, ändern konnte.
    Oh nein! Jetzt hielt sie mich auch noch am Arm fest und ich musste ihr wohl oder übel gegenüberstehen.


    Bitte frag nicht! Mir geht es zur Zeit nicht so gut! Vestehst du?


    Vielleicht konnten ja meine Worte und mein schmerzverzerrtes Gesicht, sie davon abhalten, weiter Fragen zu stellen.
    Fiona hatte ich mein Herz ausgeschüttet, weil ich sie mittlerweile etwas besser kannte. Doch Caelyn hatte ich erst heute Abend kennengelernt. Ich wusste nicht so recht, wer sie war und wie sie war!

    Schweigend nickte ich. Natürlich stimmte es, was er sagte. Mein Problem war nur, ich hatte mich schon aufgegeben! In jenem Moment, als ich in das Wasser gestiegen war, hatte ich abgeschlossen. Ich müsste erst wieder Vertrauen in mir selbst finden, bevor ich jemand Anderem vertrauen konnte. Ein langer steiniger Weg tat sich vor mir auf, den ich zu gehen hatte.
    Straton erhob sich wieder und meine Augen folgten ihm bis er wieder in seiner üblichen steifen Haltung vor mir stand. Es war bemerkenswert, dass er es trotz allem geschafft hatte, einen Augenblick lang, aus sich herauszugehen. Auch wenn es nur ein klitzekleines Stückchen war. Ihn jetzt so zu sehen, hätte man ihm das nie zugetraut. Doch erst die Erwähnung des Halsreifs, brachte mich aus meiner Ruhe! Der Halsreif ein Grundstock? Niemals! Dieses Ding würde ich niemals mehr anrühren, geschweige denn daraus einen Gewinn schlagen. Bei passender Gelegenheit müsste ich wohl oder übel mit der Sprache heraus, woher der Schmuck stammte. Doch im Moment war der Halsreif eh nicht mehr an seinem alten Versteck.


    Den Halsreif rühre ich nicht an! Daran klebt Blut! Damit möchte ich nichts zu tun haben. Außerdem ist er nicht mehr an seinem Platz. Ich habe ihn getragen, als ich ins Wasser ging. Luca hat ihn an sich genommen.


    Beinahe hätte ich überhört, was er sonst noch sagte. Eine musikalische Ausbildung? Ja, das hatte Aquilius selbst einmal vorgeschlagen. Damals war ich aber, eher aus Scham, dagegen abgeneigt. Doch wenn sich mir dadurch die Möglichkeit erschließen würde, eines Tages wieder frei zu sein, müsste ich einfach nur über meinen Schatten springen und es doch versuchen.


    Nun gut. Ich werde ihn darum bitten.


    Nur wer mich wirklich kannte, konnte sich einigermaßen vorstellen, was in mir vorgehen musste. Jemanden um etwas bitten zu müssen, was man eigentlich gar nicht so recht wollte!

    Kopfschüttelnd musste ich seine Frage beantworten. Echte Freundschaften waren aus meinen Begegnungen mit den anderen Sklaven nicht erwachsen. Man sprach das nötigste und ging einigermaßen freundlich miteinander um, sofern man sich sympathisch war. Natürlich gab es unter den Sklaven auch diejenigen, die einem gegenüber von Anfang an eher feindselig eingestellt waren. Doch größtenteils war es Severus Einfluß gewesen, der mich immer zurückgehalten hatte, sie näher kennenzulernen. Cungha war die einzige, die wirklich freundlich zu mir war. Doch das lag daran, dass Cungha einfach zu jedem freundlich war.


    Nein, das habe ich nicht! Ich habe nur Cungha und dich!


    Wobei ich mich manchmal wirklich fragte, ob Straton jemals mein Freund sein wollte. In Zukunft müßte ich neue Kontakte knüpfen und diese auch pflegen. Ich müßte einen Neuanfang wagen, auch wenn dies vielleicht schwierig wäre. Früher hatte ich eigentlich wenig Probleme damit gehabt, auf fremde Menschen zuzugehen. Mit etwas gutem Willen, müßte ich es doch auch jetzt wieder schaffen.


    Erst als Straton wiederüber die Folgen von Severus´ Bluttat sprach, trafen sich unsere Augen wieder. Solange sich niemand melden würde! Nun, noch war nicht allzuviel Zeit vergangen, seitdem Severus seine Tat begangen hatte. Er hatte auch etwas davon gesagt, der Kerl hätte es verdient, zu sterben. Doch all das änderte nichts für mich. Meine Angst und mein Schuldgefühl bleib und es würde mich sicherlich auch noch eine ganze Weile begleiten. Auch wenn Straton mich jetzt beruhigen wollte, schaute ich ihn trotzdem sorgenvoll an.
    Als er mir jedoch die Summe nannte, die Aqulius für mich bezahlt hatte, wich die Sorge aus meinem Gesicht und machte Platz für ein gewisses Maß an Erstaunen.


    Dreitausendfünfhundert? Wie soll ich jemals eine so hohe Summe aufbringen?


    Es würde Jahre brauchen, um so viel Geld zusammen zu tragen! Ich machte mir keine Hoffnungen mehr, dass dies schnell erledigt sein würde. Trotzdem hatte ich den Entschluß, ihn diesbezüglich zu fragen, nicht aufgegeben. Ich müßte den richtigen Zeitpunkt abpassen.

    Natürlich war mir bewusst, wo ich lag. Hatte ich mich doch mit letzter Kraft am Abend zuvor hierher begeben. Und dass ich heute Morgen hier alleine erwacht war, hatte mich auch nicht im Mindesten überrascht. Etwas überrascht war ich allerdings, als Straton mir erläuterte, wo Aquilius den Rest der Nacht verbracht hatte.
    Ich wollte dem etwas entgegensetzten, doch irgendwie fehlten mir in diesem Augenblick die Worte. Nein, nicht die Anderen waren dafür verantwortlich, dass ich mich nun alleine und verlassen fühlte.


    Ich muss leider gestehen, dass ich nach all der Zeit, die ich jetzt schon hier bin, niemanden so recht kenne.

    Das war wirklich das vernichtende Fazit, das ich nun ziehen musste. Während ich mit Severus zusammen war, hatte ich kaum Augen für die anderen Sklaven. Eine richtige Freundin unter den Sklavinnen hatte ich nicht wirklich. Zu sehr hatte ich mich an Severus gehalten und hatte unbewusst seine Meinung über die Anderen mit übernommen. Ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll!


    Er hat mich doch geliebt! Er hat sogar… Straton er hat sogar etwas ganz furchtbares begangen, nur um mir diesen Schmuck zu schenken. Das habe ich jetzt herausgefunden. Und wenn diese Tat ans Licht kommt, ist Severus verloren! Als ich ihn gestern am frühen Morgen angetroffen hatte, war er blutverschmiert und auch verletzt!


    Ich hatte wieder dieses Bild vor Augen. Das viele Blut überall und seine Wunde, die ich notdürftig versorgen wollte. Das machte mich immer noch fassungslos. Erst als Straton mir zu erklären versuchte, was es tatsächlich mit dem Freikaufen auf sich hatte, riss ich mich wieder von meinen Gedanken los und hörte ihm aufmerksam zu. Ich fragte mich nur, warum Aquilius mir eine solche Option nie gestellt hatte. Vielleicht sollte ich ihn wirklich danach fragen.


    Wie lange kann so etwas dauern? Ich weiß nicht, was er für mich bezahlt hat.


    An jenen Tag auf dem Sklavenmarkt erinnerte ich mich nur ungern zurück. Außerdem war ich zu jenem Zeitpunkt der Sprache so gut wie nicht mächtig. Ich erinnerte mich nur an die Gestik der Menschen, die vor dem Podest standen und mich angafften und an den Schlag in mein Gesicht, den ich bekommen hatte, nachdem ich zu fliehen versucht hatte.

    Glaubte er mir nicht, was die Blumen anbetraf? Seine Zweifel übermalte er wieder mit seinem grinsen, das er offensichtlich ständig mit sich zu führen schien. Doch ich empfand das als nicht störend. Nein es animierte mich dazu auch wieder zu grinsen. Doch in meinen Gedanken nahm ich mir vor, in den nächsten Tagen, im Garten nach den ersten Blümchen Ausschau zu halten. Sicher musste es sie auch hier geben!


    Seine Frage nach dem passenden Getränk ließ mich kichern und sogleich mußte ich vehement den Kopf schütteln.


    Nein! Bloß kein Wein! rief ich lachend. Nicht etwa, weil ich ihn nicht mochte, sondern eher auf die Traditionen meines Volkes bedacht. Gut, die Krieger und die Adligen konnten sich Wein leisten und kauften diesen auch bei den römischen Händlern, die an unsere Küste kamen. Doch das einfache Volk, zu dem meine Familie nun zählte, war Wein unerschwinglich.


    Nein, wir trinken Met oder Korma, so eine Art Bier, antwortete ich, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte.

    Ein spitzes Messer mit einer glatten, scharfen Klinge. Gemacht, um Gemüse oder Fleisch damit zu schneiden. Entwendet, um damit gegebenenfalls zu töten.
    Seltsames ging in mir vor. Einerseits gab es mir ein Maß an Sicherheit. Es würde mich beschützen, wenn ich es benutzen würde. Es würde mir so etwas wie Macht verleihen, über den, den ich damit bedrohen würde. Ich könnte damit zustechen, könnte die Spitze und die Klinge in den Körper des Anderen treiben. Ich könnte ein Leben damit nehmen, wenn ich den Mut dazu hätte.
    Doch andererseits war es auch gefährlich, ein solches Instument zu besitzen. Nicht nur, weil ich es gestohlen hatte und nicht die Erlaubnis besaß, ein solches Messer zu besitzen. Nein, es barg auch die Gefahr, im Kampf unterlegen zu sein. Nicht genug Kraft zu haben. Nicht genug Mut zu haben.
    Doch ich war entschlossen! Genug entschlossen, um es zu behalten.
    Ich nahm es und wog es in meiner rechten Hand. Es lag gut darin. Dann nahm ich es in meine Linke. Ich versuchte das Messer zu führen, so als wolle ich zustechen. Wieder sah ich das Gesicht dieses widerlichen Kerls vor mir und immer und immer wieder versuchte ich zuzustechen.
    Ob ich den Mut haben würde, zuzustechen, wenn er wieder vor mir stünde und mich mit seinen dreckigen Fingern berührte und seine Lippen auf meine Lippen presste? Im Augenblick war ich mir gewiss, ich hätte ihn! Er sollte bereuen, für das, was er getan hatte! Haßerfüllt war mein Blick, der wieder auf das Messer fiel. Doch vorerst sollte niemand wissen, dass ich im Besitz eines Messer war. Ich musste es verstecken!
    So wickelte ich es wieder in das Tuch ein und verbarg es zwischen meinen Kleidern, in der Truhe. Dort sollte es bleiben, bis ich es wirklich bräuchte.

    Plötzlich saß er auf der Kante des Bettes neben mir und reichte mir ein Taschentuch. Ich trocknete meine Tränen damit und dann geschah das, was ich noch vor wenigen Minuten für unmöglich gehalten hatte. Straton zeigte Verständnis. So, er kannte also auch dieses Gefühl! Kaum zu glauben! Doch seinen Worten konnte ich auch entnehmen, dass er nicht wirklich verstanden hatte, warum ich es getan hatte. Wie sollte er auch! Denn Severus dunkles Geheimnis hatte ich bislang nur Luca anvertraut, als ich im balneum gelegen hatte.


    Es ist alles meine Schuld, weswegen er das getan hat! Ich habe ihn betrogen und was noch viel schlimmer ist, wegen mir hat er… er hat… Nein, ich traute mich nicht, es noch einmal auszusprechen. Alleine der Gedanke, dass Severus einen Menschen getötet hatte, um damit an Geld für den Halsreif heranzukommen, ließ mich immer wieder erschaudern. Ich war der Grund dafür gewesen, warum ein Mensch sein Leben lassen musste. Wer sollte mich denn vermissen? fragte ich mit ruhiger Stimme. So etwas Ähnliches hatte auch Luca gesagt. Doch ich konnte mir nicht vorstellen, wirklich vermisst zu werden. Was war ich denn schon? Wer war ich denn schon? Die einzigen die mich vermissen, sind meine Geschwister und mein Vater. Für sie bin ich schon tot, antwortete ich selbst auf meine Frage. Seine Frage nach meinem Sinn des Lebens rüttelte mich wieder auf. Was war der Sinn des Lebens? Früher hätteich sofort darauf antworten können! Doch jetzt hatte sich alles verändert. Für mich bestand der Sinn des Lebens, eines Tages einen Mann kennenzulernen, der mich liebt und mit dem ich eine Familie gründen kann. Kinder zu haben, die ich mit viel Liebe und nach den Traditionen meines Volkes großziehe. Zusehen, wie sie wachsen und gedeihen. Ein friedliches und zufriedenes Leben leben. Das war es, was mir einst bestimmt war. Ich wandte meinen Blick von Straton ab. Er sollte nicht sehen, was in jenem Augenblick in mir vorging. Doch er redete und redete immer weiter. Ich sollte meine Talente nutzen, dann konnte ich mich freikaufen. Freikaufen? Wie soll das gehen? Ich dachte, das Geld, welches ich verdiene, gehört sowieso ihm! Ist es nicht so? Und dann, wenn ich tatsächlich wieder frei sein sollte, kann ich dann wieder zurück? Das alles war so schwer zu glauben. Ich erinnerte mich an seine Worte, als ich mich mit ihm in Aquilius Arbeitszimmer unterhalten hatte. Da hatte er mir jegliche Illusion genommen, bald wieder frei zu sein. Was sollte ich denn jetzt glauben? Alles war so verworren! Diese eigenartigen Gesetze und Bestimmungen, die es gab, um jemanden wie mir, das Leben schwer zu machen. Das würde ich nie so recht verstehen.

    Beinahe hätte ich schmunzeln müssen, wäre die Lage nicht so ernst gewesen. Die Art, wie sie sich ausdrückte und mit welcher Lauterkeit sie das zu tun schien, belustigten mich. Doch grinsen oder etwa lachen konnte ich nicht. Stattdessen blieb ich ruhig und fast unnahbar antwortete ich ihr, um sie zu beruhigen.


    Man hat mir das nicht heute geschenkt. Ich trage es heute nur aus einem besonderen Anlaß.


    Wenn ich es mir recht überlegte, hatte ich außer Aurelius Ursus´ Kerze und Flavius Gracchus´ Tonkatze nichts bekommen. Allerdings legte ich auch keinen gesteigerten Wert auf Geschenke.
    Das Fest schien ihr wohl nicht so gut zu gefallen. Doch wenigstens hatte ihr das Essen und der Wein geschmeckt. Dazu konnte ich nichts sagen, denn ich hatte von all den Speisen nichts angerührt. Doch als sie weiter sprach, dämmerte es mir plötzlich. Ihr Missfallen an dem Fest hatte einen bestimmten Grund. Konnte es etwa sein, dass Caelyn verliebt war? In Ursus? Und Ursus beachtete sie nicht, sondern hatte nur Augen für Cadhla? War sie etwa auch unglücklich verliebt? Na, das passte ja! Da sollte ich genau der richtige Gesprächspartner für sie sein?


    Caelyn, ich weiß nicht, ob ich dir dabei eine große Hilfe sein kann. Aber wenn du magst, kannst du gerne weiter erzählen. Gehe ich recht in der Annahme, dass du verliebt bist?


    Vielleicht würde es ihr ja wenigstens helfen, wenn ich ihr zuhörte.
    Derweil führte uns unser Weg immer weiter in den Garten hinaus. Der Lärm der Menschenmassen, der aus dem atrium herausschwappte wurde immer leiser. Endlich Ruhe! Ich genoß sie.

    Er machte sich doch tatsächlich Sorgen um die Blumen! Dabei musste er das doch gar nicht, denn dieses Problem würde sich sicher von alleine lösen. Für die Imbolc Feier benutzte man keine exotischen Blumen, die nur in den warmen Ländern wuchsen. Nein, man verwendete die ersten Blumen, die zu Beginn des Jahres die Erde durchbrachen und zu blühen begannen. In meiner Heimat gab es so etwas, dann musste es doch hier auch so etwas geben!


    Du wirst sehen, wenn es soweit ist, wird Brigid schon dafür sorgen, dass wir Blumen haben. Bald schon wird das erste Grün sprießen und erblühen. Dann ist Imbolc!


    Wieder lächelte ich und in meinem Inneren konnte ich es kaum noch erwarten! Wie ein kleines Kind freute ich mich darauf.


    Ja, ich glaube, mit dem Essen wird es sicher keine Probleme geben. Vielleicht bleibt vom Abend noch etwas übrig für uns. Vielleicht können wir uns ja auch etwas zu trinken besorgen.

    Es würde ein wahrhaft vorzügliches Festmahl werden! Doch noch schöner wäre es, wenn man dazu noch etwas Met hätte. Allerdings wußte ich auch, wie schwer dieser zu bekommen war.

    Jetzt mußte ich grinsen, als er die Rosen erwähnte. Nein, das Allerheiligste würden wir nicht anrühren!
    Ich ich wusste um die Wichtigkeit dieser Pflanzen. Deshalb hielt ich mich auch ja immer fern davon.


    Also, außer Feuer benötigen wir noch Kerzen und etwas Milch. Ein paar Frühlingsblümchen wären vielleicht auch nicht schlecht.


    Ich malte mir alles so wunderschön aus. Ein kleines Feuer am Rande des Gartens, nur Youenn und ich, ein Opfer für Brigid, die Stille und die Ruhe, die wir genießen könnten. Je mehr ich darüber nachdachte, desto euphorischer wurde ich.


    Ich freue mich schon! Ich freue mich wirklich! rief ich lachend.


    Vielleicht können wir uns auch noch etwas zu Essen organisieren.


    Das war tatsächlich das erste mal, dass ich wieder an etwas eßbares dachte.

    Ja, das ist wahr! Ein keltisches Fest sollte nicht in einem römischen Haus stattfinden!


    Da mußte ich ihm sofort Recht geben! So hatten wir es ja vor fast drei Monaten auch mit Samhain gehalten. Nur diesmal würde das Fest erheblich kleiner ausfallen. Nur er und ich! Sonst niemand. Hoffentlich! Dann müßte man sicher auch niemand um Erlaubnis fragen. Schließlich täten wir ja dann nichts schlimmes. Oder sollte ich doch lieber erst einmal fragen? Zweifel beschlichen mich.


    Gut, dann sollten wir uns ein kleines Feuerchen machen. Wenn es etwas aus der Sichtweite der Villa heraus ist, sollte es sicher keinem auffallen!


    Endlich gab es wieder etwas, worüber ich nachdenken konnte. Etwas, was ich planen und dann auch ausführen konnte.


    Auch in Bezug auf das, was er zuerst sagte, dass es hier Menschen gab, die sich um mich sorgten und die da waren, wenn ich sie brauchte, mußte ich ihm auch zustimmen.


    Ja, ich glaube du hast Recht. Diese Menschen, auch wenn es nicht viele sind, gibt es wohl hier. Vielleicht sollte ich mich wirklich wieder freuen können!


    Es tat wirklich gut, wieder lächeln zu können uns so lächelte ich, während Youenn mich immer noch angrinste.

    Ich würde mich wohl niemals richtig damit abfinden können. Einen Vogel, den man einfängt und anschließend einsperrt, würde sich auch immer nach der Freiheit sehnen. Doch war es nur die Sehnsucht nach Freiheit, wofür ich lebte? Da war einst mehr gewesen, wofür ich gelebt und mich danach gesehnt hatt. Doch das war unwiederbringlich verloren!


    Wie du vielleicht weißt, war ich bis vor kurzem noch, ähm, verliebt.


    Zaghaft sprach ich es aus, obwohl mir doch eigentlich bewußt sein mußte, dass diese Geschichte schon das ganze Haus wußte.


    Da hatte ich diese Kümmernis nicht. In lebte in der Gewissheit, dass es jemanden für mich gab fuhr ich fort.
    Ja, die Verliebtheit hatte das Schicksal, das man erleiden mußte, etwas erträglicher gemacht. Doch davon war nichts mehr übrig geblieben.


    Ja, vielleicht schwindet durch das Fest meine trübsinnige Stimmung.


    Ich lenkte das Gespräch wieder auf das Fest, dass ich beschlossen hatte, zu feiern. Das war eine Thematik, mit der ich gegenwärtig weitaus besser zurecht kam.


    Was glaubst du, sollten wir es draußen im Garten oder hier im Haus feiern?


    Die Frage nach der Örtlichkeit mußte noch geklärt werden. Für das Fest benötigte man ein Feuer. Zu Hause hatten wir das Fest immer an der heimischen Feuerstelle gefeiert. Doch hier bot sich nur ein Lagerfeuer im Garten oder das Herdfeuer der culina an.