Beiträge von Flaviana Brigantica

    Zitat

    Original von Rutger Severus:
    Dass Bridhe Anstalten machte, mit Aquilius und ihm hinauszugehen, überraschte ihn - wollte sie ihm beistehen, ihn gar beschützen? Aber er wollte ihr doch wirklich nicht den Abend verderben. Gerade wo sie ebenfalls Frauen aus ihrer Heimat getroffen hatte. Nein, seine Süße sollte doch lieber das Fest genießen.
    Er schenkte ihr ein Lächeln der Marke tapferer Märtyrer, betrachtete sie liebevoll und schüttelte leicht den Kopf. Dann verschwand der Germane aus dem Atrium. Und ward auf diesem Fest nicht mehr gesehen.


    Was sollte das denn jetzt?! Dachte er etwa, ich könnte jetzt einfach so wieder zurück zum Fest gehen und so tun als ob nichts geschehen sei? Ich wußte genau, was jetzt passieren würde. Da war mir zum feiern nicht meht zumute! Außerdem hatte ich alles mit Fiona und Cadhla besprochen, was wichtig war.
    Entschlossen folgte ich den Beiden. Es war mir gleich, ob Severus das nun wollte oder nicht! Auch wenn er dann vielleicht in seinem Stolz verletzt sein würde.
    Ich wollte ihn jetzt nicht alleine lassen. Wozu sind Freunde denn sonst da?

    Es war richtig rührend, wie er um mich besorgt war. Doch ich wußte auch, wie er reagieren würde, wenn er wütend war. Ich hatte es erst heute Morgen erlebt, wie er sich mit Sciurus wegen mir gestritten hatte. Ich wollte nicht daran Schuld sein, wenn er sich ins Unglück stürtzte, würde ich ihm die ganze Geschichte erzählen. Aber ich wollte ihm auch nichts vorlügen. Das hatte er nicht verdient! So beschloß ich, gar nichts zu sagen.


    Es ist.. es ist nichts! Es ist nur... Ach, bitte frag nicht!


    Ich versuchte, alles so gut es ging zu überspielen. Wollte von Thema ablenken und begann die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken.


    Wie war dein Tag heute? Was hast du gemacht?


    Ich war mir nicht sicher, ob ich überzeugend genug war. Doch ich hoffte, er würde nicht weiter fragen.

    Die fünf Tage der Verbannung waren vorbei. Ich hatte sie einigermaßen gut überstanden.
    Es war Abend und ich machte mich, mit einer Öllampe in der Hand, auf den Weg zum cubiculum meines Herrn. Ich hatte so ein eigenartiges Gefühl in der Magengegend. War es Furcht vor ihm oder etwa Gewissensbisse? Wie würde diese erneute Begegnung verlaufen? Eines hatte ich mir vorgenommen. Niemals wieder wollte ich in eine solche Situation kommen!
    Wie des Öfteren war er noch nicht zugegen. Doch ich trat ein, stellte die Lampe ab und sah mich um. Einige Schriftrollen lagen unordentlich auf dem Boden verstreut. Ich hob sie auf und schaute mir eine der Rollen näher an. Diese Schriftzeichen, die eine Geschichte erzählen konnten, wie gerne hätte ich sie ergründen wollen! Doch leider war ich des Lesens nicht mächtig.
    Eine Melodie summend, legte ich sie wieder zurück zu den anderen Rollen. Das Summen lockerte etwas meine innere Anspannung und ich begann es durch die Worte des Liedes zu ersetzen. Mein Lied, das ich so vor mich her sang, war melancholisch und auf eine eigenartige Weise paßte es zu mir und meiner Lebensituation.


    Ag amharc trí m'óige,
    Is mé 'bhí sámh,
    Gan eolas marbh
    Bhí mé óg gan am,


    Anois, táim buartha,
    's fad ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Na laetha geal m'óige
    Bhí siad lán de dhóchas
    An bealach mór a bhí romham anonn
    Bhí sé i ndán domh go mbéinn, slán, slán.


    Anois, táim buartha,
    's fad ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Na laetha geal m'óige
    Bhí siad lán de dhóchas
    An bealach mór a bhí romham anonn
    Bhí sé i ndán domh go mbéinn, slán, slán.


    Anois, táim buartha,
    's fad' ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Dabei hörte ich nicht, die sich nähernden Schritte, das Öffen der Tür und das Schließen derselben.

    Ich war völlig überrascht und hätte niemals zu hoffen gewagt, daß ich an diesem Tag noch ein einziges gutes Wort zu hören bekommen sollte, geschweigedenn, daß mich jemand so umarmt. Ich drehte mich um und im Halbdunkel erkannte ich Rutger. Rettend schlang ich meine Arme um ihn und leise, fast unhörbar, begann ich vor Glück zu weinen. Meine Tränen saugten sich in den Stoff seiner Tunika, ich war nicht fähig, noch etwas zu sagen. Nur ein Schluchzen gab ich von mir.
    Doch nach einer Weile ging es wieder. Ich schaute ihn an. Sicher mußte ich mit meinen verheulten Augen, dem wirren Haar und dem Schmutz im Gesicht, furchtbar aussehen.


    Ich bin so froh, daß du da bist!


    Ich versuchte zu lächeln, doch das wollte mir nicht wirklich gelingen. Stattdessen kullerten erneut Tränen über mein Gesicht. Eigentlich wollte ich ihm von all den Vorkommnissen des heutigen Tages nichts erzählen. Doch sicher würde er nachfragen, warum ich mich so verhielt, wie ich mich gerade verhielt.

    Ich hörte den beiden Frauen zu, als sie sich über ihre Heimat unterhielten. Sicher würde ich mich so freuen, hätte ich jemand aus Éireann getroffen.
    Doch auch ich war sehr erstaunt, als Cadhla ganz plötzlich unsere Runde verleß. Wo mußte sie hin?
    Doch Fiona blieb bei mir stehen. Ihre Stimmung schien sich geändert zu haben, denn etwas schmerzliches lag in ihrer Stimme, als sie auf das Thema Samhain kam.


    Ja, Samhain zu feiern wäre wirklich schön. Im letzten Jahr hatten wir...


    Diesen Satz konnte ich einfach nicht zu Ende führen. Wieder einmal wurde mir bewußt, wie weit weg ich von zu Hause war. Doch dieses Fest könnte für mich eine Verbindung nach Hause darstellen.
    Ich wagte es nicht, Fiona näher nach ihrer Familie zu fragen. Zu sehr stand ihr der Kummer ins Gesicht geschrieben. Doch ich ergriff ihre Hände und wollte ihr etwas Mut schenken.


    Ja, wir werden Samhain feiern! Hier! So wie es Cadhla vorgeschlagen hat!


    Zuversichtlich lächelte ich ihr zu.

    Es war schon spät am Abend, als ich endlich aus der Küche kam. Gerde noch hatte ich den Boden gewischt und wollte nun das schmutzige Wasser wegschütten. Ich war totmüde und meine Arme schmerzten. Ein langer anstrengender Tag würde nun sein Ende finden. Ich sehnte mich schon nach meinem Lager in der Sklavenunterkunft.
    Mit meinem Handrücken wischte ich mir den Schweiß von der Stirn.
    Meine Tunika war völlig verdreckt und auch mein Gesicht war nicht wirklich sauber.
    Während des Tages gab es so viel zu tun, daß ich erst jetzt an Severus dachte. Ob er schon wieder zurück war. Sicher würde er längst schlafen.
    Es wäre auch für mich klüger gewesen, mich gleich schlafen zu legen. Die Nacht war nur kurz und morgen würde wieder jede Menge Arbeit auf mich warten.
    Noch einmal blickte ich nach oben und sah den klaren Sternenhimmel. Es war eine kalte Nacht. Unnachgibig rückte der bevorstehende Winter näher. Einen Moment lang fragte ich mich, was wohl meine Familie zu Hause gerade machte.
    Dann griff ich wieder nach dem leeren Eimer und wollte wieder hineingehen.

    Ich nahm die Schürze wortlos entgegen und band sie mir um.
    Plötzlich hörte ich vom Herd her kommend, ein Geschrei. Ich drehte mich um und sah den wild gestikulierenden Koch, der gerade eine seiner Küchenhilfen lautstark zurecht wies.


    [Blockierte Grafik: http://img292.imageshack.us/img292/5731/attaluskc8.jpg] | Attalus


    Der gallische Koch Attalus war gerade wieder dabei, eines seiner Meisterwerke für die abendliche cena vorzubereiten. Doch wie üblich, wollte wieder alles daneben gehen. Diese Küchenmädchen waren alle unfähig, seinen Anweisungen Folge zu leisten.
    Er war gerade dabei, eine Sauce zu probieren, als er angewidert sein Gesicht verzog.
    "Qu´est-ce que ce? Das ist ja complètement versalzen! ´abe isch nischt gesagt, nur une prise du sel und nischt die ganze Faß!"
    Dem Küchenmädchen,welches die Sauce ruiniert hatte, eine Ohrfeige verpassend, wandte er sich tobend um und lief wie ein aufgescheuchter Hahn in der Küche umher.
    "Oh, mes diuex! So kann isch ´ier nicht arbeiten!"
    Schließlich fiel ihm Bridhe auf und er rief sie zu sich. Eitel strich er eine Haarsträhe nach hinten und sah sie abschätzig an.
    "Ah, voilà! Du mußt diese Mädschen sein, die mir geschickt worden ist, n´est pas? Alors, man ´at mir aufgetragen, disch nur mit den niedersten Augaben zu betrauen! Eh bien, du wirst den Abfall´inaus bringen, am Morgen die Asch´ von die Ofen auskehren und in die Abend, die Boden von die Küsch´ aufwischen! Allez, vite vite, auf was wartest du?"
    Dann drehte er sich auch schon wieder um und ging zu seinem nächsten Opfer.

    [Blockierte Grafik: http://img139.imageshack.us/img139/3814/nigraix6.png] | Nigra


    Plötzlich stand dieses "Püppchen" hier in der Küche. Was hatte die denn hier verloren? Hatte ihr dominus sie etwa von der Bettkante gestoßen?
    Was auch immer. Hier in der Küche war keine Zeit, um sich Geschichten zu erzählen. Genervt schaute ich sie an und in einem saloppen Ton gab ich ihr einen Tipp, damit sie nicht sofort auf die Schnautze fallen würde.
    "He du, wenn du keinen Ärger haben willst, dann halt die Klappe und such dir Arbeit! Hier gibt´s genug zu tun!"
    Auffordernd hielt ich ihr eine Schürze entgegen. Wenn sie klug war, würde sie sich sofort auf die Arbeit stürtzen und sie irgendwann auch lieben. Denn das war alles, was man hier noch erwarten konnte.

    Nachdem ich Aquilius´ cubiculum verlassen hatte, brach ich auf dem Flur erst einmal zusammen und heulte meinen ganzen Schmerz heraus. Ich weinte nicht wegen der Strafe, sondern deswegen ,was ich gerade da drinnen getan hatte. Ich hatte mich in Dinge verstrickt, die ich nur noch schwer kontrollieren konnte. Ich hatte gelogen und mich ihm dann an den Hals geworfen. Wie wäre alles ausgegangen, hätte ich ihm geich alles gebeichtet. Sicher hätte er mich dann auch bestraft. Ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte, jedesmal hätte immer nur ich den Kürzeren gezogen. Doch das Schlimmste war, ich hatte gebettelt. Ich kam mir so erbärmlich vor. Ja, die Bridhe von einst war jetzt endgültig tot. Übrig blieb nur eine leere Hülle, in die eine Sklavin geschlüpft war.
    Die Aussicht, Severus vielleicht nicht mehr wieder zu sehen, tat ein Übriges. Aquilius dürfte niemals erfahren, wen ich so liebte!


    Doch das Weinen besserte nichts. Ich stand auf, wischte mir die Tränen ab und begab mich in die Küche, um dort meinen Strafdienst abzuleisten. Ich tröstete mich damit, daß ich es schaffen würde, diese fünf Tage zu überstehen. Es waren nur fünf Tage! Ich erinnerte mich meiner Kräfte und Stärken, die mir in früheren Zeiten geholfen hatten.


    Ich hatte zwar die Sklaven in der Küche schon öfters gesehen, doch gesprochen hatte ich mit ihnen noch nie. Geschweige denn kannte ich ihre Namen.


    Schüchtern begrüßte ich die Anwesenden.


    Salvete! Mein Name ist Bridhe. Mein dominus wünscht, daß ich die nächsten Tage hier arbeiten soll.


    Ich wollte am liebsten sofort mit der Arbeit beginnen. Darüber könnte ich mich etwas ablenken.

    Mit scharfen Worten ging er gegen die beiden Senatoren an, die schlecht über sein Land gesprochen hatten. All seine Abscheu und sein Haß entlud sich, alles was sich im Lauf seiner Gefangenschaft angesammelt hatten. Der Wein mußte ihn völlig enthemmt haben.


    Wie angewurzelt stand ich hinter ihm und irgendetwas lähmte mich, etwas zu tun, damit er sich nicht noch tiefer in sein Unglück stürzte.


    Dann vernahm ich Aquilius´ Stimme. Erschrocken fuhr ich um und sah ihn auch schon kommen.
    Sein bloßer Anblick, schien Severus wieder zur Vernunft gebracht zu haben. Endlich wurde er still. Erst jetzt bemerkte er meine Anwesenheit. Kurz drückte er meinen Arm und folgte dann Aquilius.


    Mit einem gequälten Blick sah ich ihm nach. Nein, ich konnte nicht hier bleiben. Mir wurde fast schwindelig vor Angst und Sorge. Also entschloß ich mich, Aquilius und Severus zu folgen. Hoffte ich doch, vielleicht noch etwas tun zu können.

    Reumütig, mit gesenktem Blick, saß ich da und hörte die Worte, die er mir entgegen schmetterte.
    Erst als er über meine Gefühle sprach, schaute ich auf. Hörte ich da etwa ein Fünkchen Eifersucht heraus? Wurmte es ihn derart, daß ich ihm einem anderen vorzog? Sagte er nicht einmal, es wäre meine eigenen Entscheidung, ob ich mich ihm hingeben wolle oder nicht? Natürlich, er konnte es einfach nicht ertragen! Ich hatte da wohl einen wunden Punkt bei ihm getroffen.
    Liebe kann man nicht befehlen, man muß sie sich verdienen! Der, den ich liebte, hatte das getan. Nicht durch eine besondere Leistung, denn durch aufrichtige Zuneigung und Fürsorge. So etwas hätte ich von ihm niemals zu erwarten.
    In den letzten Jahren, seit meine Mutter gestorben war und sich mein Leben von Grund auf geändert hatte, hatte ich gelernt, als erstes das Positive in den Dingen zu erkennen. Diese Einstellung hatte mir auch bei der Bewerkstelligung der schwierigsten Situationen geholfen.
    So empfand ich die fünf Tage, die ich in der Küche arbeiten sollte, als weitaus weniger schlimm. Auch wenn ich dort Sciurus ausgeliefert sein würde.
    Wieder einmal hatten Brigid und Dagda ihre schützenden Hände über mich gehalten. Ich beschloß, bei der nächsten Gelegenheit, die sich mir bieten würde, der Göttin und dem Gott ein Opfer darzubringen.
    Dann wies er mir mit seiner Hand den Weg zur Tür.
    Ich stand auf, zog mich an. Wortlos und ohne ihn eines Blickes zu würdigen, verlies ich das Zimmer.

    Erschüttert blickte ich ihn an, als er mit sagte, Rutger sei tot. Von wem getötet? Etwa auch von demjenigen, der am Morgen mein letztes Stückchen Selbstwertgefühl getötet hatte?


    Doch er mußte jetzt gehen. Ich zuckte zusammen, als er zum Abschied über meine Wange strich. Es war die Wange, auf der heute Morgen Aquilius´ heftiger Schlag hernieder ging. Sie schmerzte noch immer, wenn man sie berührte.
    Mit Tränen in den Augen sah ich ihm nach, als er los ging.
    Ja, bis heute Abend. Hoffentlich!, dachte ich.

    Zugegebenermaßen hatte ich mich sehr weit hinausgelehnt. Zu weit, wie sich nun heraus stellte. Nachdem er sich langsam aufsetzte und mich wieder los ließ, fing ich, ganz plötzlich und unerwartet, eine schmerzhafte Ohrfeige, die mir die Tränen in die Augen schießen ließ.
    Meine schmerzende Wange haltend, zog sich mein Körper zusammen, so als wolle er sich vor weiteren Schlägen schützen.
    Mit seiner eisig klingenden Stimme wollte er mich in die Küche verbannen.
    Unverzüglich und ohne einen Laut von mir zu geben, stand ich auf und machte mich auf die Suche nach meinen Kleidern.
    Es war wirklich erstaunlich, wieviel tausend Sachen mir in diesen wenigen Minuten durch den Kopf gingen. Vor allem waren mir wieder die Worte von Sciurus present, die er mir am Abend zuvor gesagt hatte. Auch fielen mir die bemitleidenswerten Gestalten ein, die in der Küche schuften mußten. Ich scheute zwar keine schwere Arbeit, doch nein, so wollte ich nicht enden! Außerdem, wollte ich Sciurus nicht die Genugtuung geben, daß er doch recht haben sollte.
    Ich ließ meine eingesammelten Kleider wieder fallen und trat an Aquilius´ Bett heran. Das war vielleicht meine letzte Chance und die wollte ich nutzen, koste es was es wolle.
    Mit gesenktem Blick, fing ich an zu beichten und ich hoffte inständig, er würde mich wenigstens noch anhören. Völlig emotionslos begann ich zu sprechen.


    Ja, ich habe gelogen und bin deiner Anordnung nicht nachgekommen, dominus! Ich habe gelogen um einer Bestrafung zu entgehen. Das tut mir sehr leid!
    Ich bin erst am frühen morgen zu dir gekommen. Die Nacht habe ich mit einem anderen Mann verbracht, den ich von ganzem Herzen liebe. Für meine Gefühle kann ich nichts.


    Dann kniete ich mich vor ihm hin.


    Bitte dominus, bitte, bitte schick mich nicht fort! Schlag mich noch mehr, wenn du mußt, doch bitte schick micht weg. Bitte, ich möchte bei dir bleiben und alles tun, was du willst!


    Meine Backe, die den Schlag abbekommen hatte, färbte sich ganz rot. Ich spürte das Pochen in ihr. Doch noch mehr schmerzte es in mir. Ich hatte mich ganz nach unten begeben, gebettelt, verharrte so und hoffte, er würde seine Entscheidung noch einmal überdenken und mir noch einmal eine letzte Chance geben.

    Severus war erwacht. Noch einmal zog er mich an sich heran und küßte mich. So genoß ich abermals die Wärme seines Körpers. Meine Hände wanderten von seinem Kopf hinab zu seinem Rücken und wollten ihn für immer fest halten. Ich war mir sicher, auch er wollte diese Nacht niemals enden lassen.


    Meinst du wirklich, es ist noch dunkel?


    Ich spielte sein Spiel mit und sah ihn schelmisch dabei an.
    Dann näherte sich mein Mund dem seinen und ich küßte ihn abermals leidenschaftlich.


    Leannán, vielleicht hast du recht.


    Mein Gesicht vergrub sich in seine Brust und ich begann sie zu liebkosen. Nein, auch wollte nicht akzeptieren, daß die Nacht schon vorüber sein sollte. Ich wollte hier bei ihm sein.
    Könnte man doch die Sekunden in Minuten und die Minuten in Stunden wandeln.

    Da steckte ich ja in einer ganz schönen dummen Zwickmühle! Hatte er heute Nacht wirklich derlei Träume gehabt, oder wollte er mich einfach nur linken?
    Na ja, es gab zwei Möglichkeiten. Entweder ich spielte sein Spiel mit, was Bedeuten würde, ich müßte mich ihm hier auf der Stelle hingeben oder ich würde mein Gesicht verlieren, alles gestehen und zu dann auch noch dafür bestraft werden.
    Lange zu überlegen hatte ich nicht, denn er begann schon damit, mich ebenfals in den Arm zu nehmen.
    Also, entschied ich mich für die weitaus schmerzfreiere Variante eins.


    Mit einem lüsternen Blick hauchte ich ihm meine Worte entgegen.


    Oh, dominus, willst du mir wirklich noch einmal diese Ehre erweisen? Aber weiß du, ich habe solche Kopfschmerzen. :P


    Auch mein Lächeln war nicht weniger unschuldig.

    Er hatte wohl den Abend mit lesen verbracht, denn überall lagen Schriftrollen herum. Irgendwann mußte er wohl darüber eingeschlafen sein.


    Als ich mich meiner Kleider entledigt hatte, warf ich die Tunika achtlos in die Ecke und ohne ihn aufzuwecken, stieg ich zu ihm ins Bett. Plötzlich kam mir da ein glänzender Gedanke, der mir ein listiges Lächeln ins Gesicht zauberte.
    Ich stellte mich schlafend, auf dem Bauch liegend, mein Gesicht zu ihm gewandt.


    Irgendwann begann er sich neben mir zu regen, ein Zeichen für mich, daß er nun erwacht war.
    So, Bridhe! Auf in den Kampf! Angriff ist die beste Verteidigung!, dachte ich.


    Langsam, mich streckend, drehte ich mich zu ihm hin, lachelte ihn mit meinem süßesten Lächeln an und setzte mich anschließend auf.
    Dann beugte ich mich über ihn, umschlang ihn mit meinen Armen, küßte ihn leidenschaftlich und hauchte ihm einige Worte des Dankes in sein Ohr.


    Oh, dominus! Danke für diese unbeschreibliche Nacht!


    So, als ob es völlig normal gewesen wäre, legte ich meinen Kopf auf seinen Oberkörper und hielt ihn immer noch mit meinen Armen umschlungen.

    Nachdem ich meine zerrisseneTunika übergestreift, meine Sandalen angezogen, Severus noch einen Kuß zum Abschied gegeben hatte und mich unterwegs an einem Kübel Wasser etwas frisch gemacht hatte, schlich ich auf leisen Sohlen, geschmeidig, wie eine Katze durch die Gänge der Villa. Schließlich erreichte ich die Tür zum cubiculum meines Herrn. Ganz sachte und vor allen Dingen, ohne ein Geräusch zu verursachen, öffnete ich die Tür einen Spalt, um nachzusehen, ob er noch schlief. Das tat er wohl noch, denn er lag ganz ruhig da und atmete gleichmäßig. Daraufhin huschte ich in den Raum hinein und versuchte dabei so leise wie möglich zu sein.
    Sicher würde er mich zur Rede stellen wollen, warum ich gestern Abend nicht zur Stelle war, als er zu Bett gegangen war. Doch für diesen Fall hatte ich schon eine passende Ausrede parat!
    Leise begann ich damit, meine Kleider und die Sandalen wieder auszuziehen. Vielleicht sollte ich ja wirklich Glück haben, daß er nicht dahinter kommen würde, was tatsächlich heute Nacht geschehen war. Das einzige, was jetzt noch an diese grandiose Liebesnacht erinnerte, war ein gewisses rotblaues Mal an meinem Hals, dessen ich aber bislang noch nicht gewahr geworden war.

    Der Morgen graute schon. Die ersten Lichtfetzen drangen in den Schuppen und ein seltsames Lichtspiel bot sich mir, als ich die Augen aufschlug. Erst nicht wissend wo ich war, erkannte ich schließlich mit einem zufriedenen Lächeln, wo ich mich befand und in wessen Armen ich immer noch verharrte.


    Leannán, Geliebter, wach auf, es ist schon Morgen!


    Sanft strich ich ihm über sein Haar.
    Es war Zeit, aufzustehen. So früh am Morgen, würde sicher niemand bemerken, wo wir die Nacht verbracht hatten.
    Vielleicht hätte ich sogar noch die Möglichkeit, unbemerkt in Aquilius cubiculum zu gelangen. Sicher würde er noch schlafen. Ich könnte mich dann neben ihn legen und alles wäre so, als ob es diese Nacht niemals gegeben hätte.

    Lächelnd nickte ich Minna zu. Auch sie war Germanin, wie sich herausstellte. Severus begann, sich ausgiebig in seiner Muttersprache zu unterhalten. Sicher mußte es für ihn genauso wie für mich bedeutend gewesen sein, jemanden zu treffen, der aus dem gleichen Kulturkreis kam. Es war wie ein kleines Stückchen Heimat, das man irgendwo in der Femde wiedergefunden hatte.
    Ich wandt mich wieder den beiden Keltinnen zu und begann mich, mit ihnen zu unterhalten. Zu spät bemerkte ich was unmittelbar neben mir gerade geschehen war.
    War es die berauschende Wirkung des Weines, die meinen Liebsten dazu trieb, urplötzlich auf zwei Römer zuzugehen, die sich augenscheinlich abfällig über seine Heimat geäußert hatten?
    Ich wollte ihm noch hinterher eilen, ihn zu Vernunft bringen, ihn beschwören, es nicht zu tun, doch vergebens. Gerade als ich meine Hand nach ihm ausstrecken wollte, um ihn noch zurück zu halten, begann er in einem äußerst scharfen Ton auf die beiden Männer einzureden. Hatte er völlig vergessen, wer er war, was er war?
    Entsetzt darüber, kam ich direkt hinter ihm zum stehen. Meine Fingerspitzen wollten noch seine Schultern berühren, ihn wachrütteln, aus diesem verhängnisvollen Rausch befreien. Doch der der vor mir stand wandelte sich vom Sklaven Severus un den stolzen Germanenkrieger Rutger.
    So ließ ich meine Hand sinken und betete zu Brigid, sie möge ihm beistehen.