Beiträge von Salome

    Mein Gesicht hellt sich etwas auf. Ich ergreife ihre Hände und bin ihr unendlich dankbar.
    "Danke Herrin, daß du dies tun möchtest! Vielen Dank!"
    Doch immer noch ist mir bewußt, welch schwere Last auf meinen Schultern liegt. Doch sie hat es etwas abgemildert.
    "Wann glaubst du Herrin, ist es ein guter Zeitpunkt, mit ihm zu sprechen?",frage ich sie schnell. Ich möchtec gut vorbereitet sein, wenn ich ihm gegenüber stehe.
    Schließlich kann eine gute Planung seine Entscheidung positiv beeinflussen.

    Wo habe ich mich nur selbst hinein manövriert? Ich bin verzweifelt und habe furchtbare Angst. Die Tränen stehen mir bereits in den Augen.
    "Herrin, bitte! Ich möchte nicht, daß er wegen mir Schwierigkeiten bekommt. Es ist doch alles meine Schuld!"
    Scghließlich kann ich es nicht mehr vermeiden, daß sich meine Tränen über meine Wangen ergießen.
    "Ich möchte es dem Herrn selbst sagen, doch bitte, könntest du mir beistehen? Du bist doch auch eine Frau! Du weiß doch auch, was es heißt, jemanden zu lieben! Bitte, Herrin!"
    Verzweifelt schau ich sie an und hoffe, sie kann meiner Bitte entsprechen.

    "Ich bin bereit, jede Konsequenz auf mich zu nehmen, Herrin, denn ich liebe ihn und er liebt auch mich!"
    Bestimmt und voller Überzeugung, antworte ich ihr. Ich bin ihr ja so dankbar, daß sie sich für mich einsetzen will. Ich habe mich also nicht in ihr getäuscht!
    Doch dann kommt mir der Gedanke, was wohl passieren wird, wenn der Herr erfährt, wen ich liebe?
    "Herrin, bitte verrate ihm aber nicht, daß es der Decurio ist, den ich liebe! Ich möchte nicht, daß er wegen mir Schwierigkeiten bekommt."

    Ich blicke zu ihr auf, als sie dies sagt. Ist das ein kleiner Hoffnungsschimmer? Wen sie mit ihm sprechen würde, hätte das sicher ein anderes Gewicht, als wenn ich dies tun würde.
    "Würdest du das wirklich für mich tun, Herrin?"
    Dankbar schaue ich sie an und hoffe, sie kann mir helfen. Dann wäre weingstens ein Problem schon gelöst.

    Irre ich mich, oder sieht sie mich plötzlich mit einem völlig anderen Gesicht an. Sie wird doch hoffentlich nicht denken, ich und der Herr...?
    Nein! Das kann sie doch nicht denken!
    Aber soll ich wirklich seinen Namen nennen? Nun, sie fragt mich danach! Jetzt ist es zu spät, um einen Rückzieher zu machen.
    "Es ist der Decurio, der am Tag unserer Ankunft zu Gast war, Herrin!"
    Es ist mir so peinlich! Was wird sie nur sagen? War es ein Fehler, mit ihr darüber zu sprechen?

    Ich merke, sie fühlt sich nicht wohl, in dieser Situation. Doch sie lächelt, wenn auch etwas gequält.
    "Herrin, bitte, es tut mir leid, wenn ich dich damit belästige, doch ich bin so aufgewühlt! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Tag und Nacht zerbreche ich mir den Kopf. Zum ersten Mal bin ich richtig verliebt und ich möchte ihn nicht verlieren, doch ich habe auch Angst, der Herr könnte etwas dagegen haben."
    Mir ist es nicht möglich, zu lächeln. Gequält schaue ich sie an und hoffe auf ein gutes Wort.

    Peinlich berührt von der Frage, erröte ich und eigentlich tut es mir schon wieder Leid, daß ich überhaupt etwas gesagt habe, doch ich habe es getan und jetzt muß ich auch antworten.
    Aber soll ich ihr wirklich alles sagen?
    "Es ist jemand aus dem Castellum",
    sage ich dann nur knapp. Doch mir ist klar, diese Antwort wird sie nicht zufriedenstellen. Betreten schaue ich zu Boden.

    Ihre Frage trifft mich bis ins Mark! Ich komme mir ertappt vor. Ja, sie hat mich dabei ertappt, wie ich mir immer und immer wieder die gleiche Frage stelle.
    Zögernd antworte ich dann.
    "Es tut mir Leid, Herrin. Ich...ähm, ich ... Herrin ,es ist... Ich bin verliebt, Herrin!
    Schließlich spreche ich es klar aus. Erst danach kommt mir der Gedanke, daß es vielleicht keine so gute Idee war. Doch jetzt ist es zu spät!

    Was? Was fragt sie jetzt?
    "Ja, ja der blaue. er paßt wirklich gut, Herrin"
    Doch am Ausdruck ihres Gesichtes kann ich gut erkennen, daß sie mit meiner Antwort nicht wirklich zufrieden ist.
    Ich sollte mich wirklich nur auf eine Sache konzentrieren! Doch das ist gar nicht so einfach. Meine Gedanken kreisen nur um diese eine Sache.

    Ich erwiedere seinen Kuß und lasse mich langsam neben ihm nieder.
    Niemals hätte ich auch nur im Traum daran gedacht, ihm hier und heute so nah zu kommen. Doch seine Nähe zu spühren, ist ein gutes Gefühl!

    Gedankenverloren stehe ich neben Vespa, die sich an einem Stand mit edlen Stoffen, umsieht. Zu sehr bin ich mit grübeln beschäftigt. Deshalb bemerke ich es nicht gleich, wie sie mich anspricht.
    Wie war das? Der Stoff?
    "Oh ja, ein schöner Stoff, Herrin!",
    antworte ich verlegen, ohne jedoch den Kern der Frage erkannt zu haben. Doch ich merke gleich, dies war die falsche Antwort! Gefragt war doch die Farbe!
    "Ähm, der rote Stoff, Herrin! Er paßt gut zur Farbe deiner Haare. Aber auch der blaue würde bestimmt gut zu dir passen."
    Verlegen schicke ich noch ein Lächeln hinterher.

    Er streicht mir duchs Haar. Ich liebe es, wenn er das tut.
    Was ich gerne noch tun möchte, fragt er. Da gibt es nicht viel nachzudenken.
    "Am liebsten möchte ich eigentlich hier bei dir sein. Aber was möchtest du tun?"

    Er hat Recht! Es ist keine so gute Idee. Ich denke krampfhaft nach. Es müßte einen Raum innerhalb des Praetoriums geben, der zur Zeit nicht genutzt wird. Es gibt einen solchen Raum! Warum bin ich nicht früher darauf gekommen! Es ist ein cubiculum, daß zur Zeit nicht benutzt wird.
    Dort könnten wir ungestört sein!
    "Es gibt eine einfachere Möglichkeit! Im Praetorium werden nicht alle Zimmer genutz! Es gibt dort ein cubiculum, in dem wir uns treffen können. Es liegt nicht weit weg von meiner Unterkunft. Was hälst du davon?"

    Die Sonne zeigt sich an diesem Herbstnachmittag mal wieder in voller Pracht. Ein Grund mehr, das gute Wetter für einen Marktbesuch zu nutzen.
    Ich bin sehr erfreut, als mir die Herrin mitteilt, sie wolle einen Spaziergang über den Markt machen und ich solle sie begleiten.
    Damit ich diesmal nicht so friere, ziehe ich meine neue wollene Tunika an, die mir Lucius an dem Tag geschnekt hatte, an dem wir uns kennenlernten. Sie wird die Kälte besser abhalten.
    Ich bin frohen Mutes, doch es gibt etwas, worüber ich gerne mit einem anderen Menschen, vielleicht einer Freundin, sprechen würde.
    Doch mit wem könnte ich sprechen? Mit Nerva? Ich weiß nicht! Mit Vespa? Ich bin mir so unsicher, doch ich muß mich jemandem mitteilen!

    Ich nicke bei dem, was er sagt. Er hat recht, was würde mein Herr oder meine Herrin denken, wenn sie es wüßten. Bei Vespa habe ich ein relativ gutes Gefühl. Sie würde es sicher verstehen. Aber was ist mit Balbus?
    Mein "cubiculum"? Es hört sich ja richtig romantisch an, wie er seinen nächtlichen Kontrollgang erwähnt, doch diese Variante scheint aussichtslos. Denn mein Cubiculum teile ich mit dieser hysterischen Nerva.
    "Ich teile meine Unterkunft mit einer anderen Sklavin, die auch mit mir aus Rom gekommen ist und ich weiß nicht, ob ich ihr vertrauen kann. Eher nicht! "
    Das sie bereits am ersten Abend Fluchtgedanken hegte, erwähne ich an dieser Stelle besser gar nicht. Ich möchte nicht an ihrem Unglück Schuld tragen.
    Doch dann habe auch ich eine Idee.
    "Aber wenn du nicht zu mir kannst, dann kann ich mich vielleicht nachts zu dir herausschleichen."

    Glücklicherweise habe ich ihn nicht mit meiner "Unglücksgeschichte" vergrault!
    "Da bin ich sehr froh! Aber wie sollen wir es genau anstellen? Ich kann mir vorstellen, du wirst dich sicher ungern im Castellum mit mir zeigen wollen. Das kann ich auch verstehen. Aber wie können wir in Kontakt bleiben?"
    Es gibt tausend Fragen und noch mehr Hürden, die überwunden werden müßte, sollte jemals etwas mehr daraus erwachsen.

    Zum Glück gehört er nicht zu den Menschen, die hinter jeder Ecke eine Gefahr vermuten.
    Eine gewisse Erleichterung nimmt man dann auch in meiner Stimme wahr.
    "Ich bin nicht davon überzeugt, daß ich das Unglück anziehe! Das das Mädchen damals in den Teich gefallen ist, dafür konnte ich nichts. Das auf dem Schiff mein Herr gestorben ist, dafür konnte ich auch nichts. Er war eben alt!"
    Es klingt wie eine Rechtfertigung. Doch ich möchte von diesem Thema weg. Denn was mich brennend interessiert, ist , wie es jetzt weitergehen soll zwischen uns.
    "Lucius, möchtest du mich wieder treffen?"
    Aufmerksam schaue ich ihn an. Hier geht es zum ersten mal wirklich um mich selbst, um Salome, die Frau und nicht um Salome, die Sklavin.

    Ich höre seinem kurzen und sachlichen Lebenslauf zu und ich frage mich, wie sein bisheriges Leben so verlaufen ist.
    Eine Kindheit auf einer Villa rustica zu verbringen, kann sicher reizvoll sein, selbst hier in diesem dunklen, kalten Land.
    "Da hast du sicher eine schöne Kindheit gehabt! Hast sicher ganz oft draußen gespielt, als Kind. Ich kann mir zwar nicht richtig vorstellen, wie es so auf dem Land ist, aber als Kind hat man es bestimmt schön dort."
    Daraufhin fällt mir spontan eine Geschichte aus meiner Kindheit ein, die nicht immer so reibungslos verlaufen ist.
    " Ich habe als Kind immer mit den Kindern meines Herrn gespielt. Das war immer sehr schön. Es gab einen großen Garten mit einem Teich darin.
    Einmal ist die kleinste Tochter des Herrn dort hinein gefallen und ich konnte sie zum Glück noch herausziehen, sonst wäre sie sicher ertrunken. Mich hat man dann dafür bestraft, weil sie hineingefallen war. Sie haben alle gesagt, ich würde Unglück bringen. Ich konnte das einfach nicht verstehen. An jenem Tag wurde mir bewußt, daß ich nicht wirklich dazugehörte."

    Das ich Unglück bringen würde, hat auch der Neffe meines alten Herrn behauptet, nachdem er mich geerbt hatte und er mich nicht haben wollte.
    Hoffentlich ist er nicht so abergläubisch.

    Noch etwas Zeit bleibt uns. Wir haben die Möglichkeit, uns noch näher kennenzulernen. Doch warum will er immer nur etwas über mich erfahren? Das Wichtigste kennt er ja schon und es gibt Dinge, über die ich ungern sprechen möchte.
    Mein Gesicht verdunkelt sich.
    "Glaube mir Lucius, in meinem Leben gibt es einige unschöne Dinge, über die es mir schwer fällt zu sprechen. Doch ich werde es versuchen.
    Als ich das Haus des Kaufmanns verlassen mußte, war meine Kindheit entgültig vorbei. Von da an war ich auf Gedeih und Verderb auf das Wohlwollen meines Herrn angewiesen. Da ich im Haus des Kaufmanns nie hart arbeiten mußte, sondern die Vorzüge und Annehmlichkeiten wie eines seiner Kinder genießen durfte, verfügte ich über kein Wissen, was alles nötig war, um im Haushalt zu arbeiten. Da mein neuer Herr kein Interesse an einer gebildeten Sklavin hatte, wurde ich stattdessen mit anderen Aufgaben betraut. Als ich vierzehn oder fünfzehn war, hat man mich das Tanzen gelehrt und mich noch in gewisse andere Dinge eingeführt. Damit ich meinen Herrn unterhalten und gefallen konnte. Es war manchemal einfach widerlich und ich sehnte mich zurück. Doch ich mußte einsehen, daß mich diese Sehnsucht fast um den Verstand brachte. So fügte ich mich eben. Doch ich blieb niemals lange bei einem Herrn, sondern wurde des öfteren verkauft.
    Sie waren nicht immer gut zu mir, meine Herrn. Oft habe ich unter ihren Frauen gelitten. Sie sahen in mir eine Art Bedrohung. Doch was kann ich dafür. Ich tat immer nur das was man mir befohlen hatte."

    Man merkt es mir an, wie unangenehm es mir ist, darüner zu sprechen. Daher kommen die Sätze auch nur zögernd über meine Lippen.
    "Aber was ist mit dir? Möchtest du etwas über dich erzählen?"