Beiträge von Salome

    Mein Blick hellt sich auf. Es tut mir gut, was er gesagt hat.
    "Danke dom...äh, Lucius!"
    Ich erröte etwas, als ich seinen Namen ausspreche. Diese Situation ist gänzlich ungewohnt für mich. Ich kenne nichts anderes, als das Sklavendasein. Noch nie habe ich mir Gedanken gemacht, frei zu sein.
    Doch in diesem Augenblick schon.
    "Den Namen hat mir mein erster Herr gegeben, bei dem ich aufgewachsen bin. Ich hatte nie die Gelegnheit, etwas anderes zu werden als Sklavin. Meine Eltern kenne ich nicht. Ich weiß gar nichts über meine Herkunft!"
    Es liegt eine gewisse Bitterkeit in meiner Stimme. Doch ich will ihn nicht langweilen. So lenke ich das Gespräch auf ihn.
    "Du bist hier aufgewachsen? Dann kennst du dich hier sicher gut aus. Ich war noch nicht oft draußen. Eigentlich habe ich heute Nachmittag frei. Ich muß nur noch Papyri für meine Herrin besorgen. Aber irgendwie finde ich hier nichts."

    Ernüchtert stelle ich fest, daß er nur die Sklavin in mir sieht. Natürlich! Für ihn bin ich auch nur ein "Ding"! Wie sollte es auch anders sein. Was hast du erwartet, Salome?
    Das Lächeln ist aus meinem Gesicht verschwunden. Sachlich ist meine Antwort.
    "Ja, ich werde gut behandelt! Besser, als in früheren Zeiten!"
    Sicher wird er jetzt weggehen wollen. Schade! Ich dachte, er interessiert sich für mich. Doch vielleicht... ach nein!
    Dann tue ich etwas, was ich noch nie getan habe. Ich denke an mich.
    "Bitte bleib noch!
    Salve! Ich bin Salome! Salome, die Sklavin aber auch Salome, die Frau. Bitte achte nicht darauf, was ich bin , sondern wer ich bin!"

    Wie wird er darauf reagieren? Habe ich einen Fehler gemacht? Eindringlich schaue ich ihn an.

    Wie es mir hier gefällt? Soll ich ihm wirklich sagen, wie es mir hier gefällt? Eigentlich gefällt es mir gar nicht hier. Wen sollte das schon interessieren, wie und wo es einer Sklavin gefällt? Doch er scheint sich dafür zu interessieren. Deswegen hat er auch eine Antwort verdient.
    "Nun, ganz ehrlich gesagt, dort, wo ich her komme, hat es mir besser gefallen. Dort war es wärmer und die Stadt, in der ich lebte, war etwas größer und schöner."
    Ich lächle ihm immer noch etwas verlegen zu.
    "Woher kommst du?", traue ich mich, zu fragen.
    Ich finde ihn eigentlich sehr nett. Schon an dem Abend, an dem er zu Besuch da war, fand ich ihn interessant. Es ist ein Geschenk der Götter, ihn hier und jetzt zu treffen.

    Dann steht er vor mir. Er hat etwas in seiner Hand, das er wohl eben gerade gekauft hat.
    "Salve, dominus!"
    Ich erröte, als er mir plötzlich dieses Etwas hinhält und mir erklärt, es wäre für mich, damit ich nicht länger frieren müsse.
    Dieses Etwas entpuppt sich als eine Baumwolltunika, schlicht aber schön! Das ist ja wirklich nett von ihm.
    Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Noch nie hat mir jemand etwas geschenkt!
    Ich sehe erst ihn an, dann schaue ich auf die Tunika, dann wieder zu ihm und bin sprachlos. Doch ich muß irgendetwas sagen.
    Verlegen bringe ich dann doch ein Paar Worte heraus.
    "Oh, dominus, das ist für mich. Wirklich für mich? Du bist sehr freundlich! Danke! Vielen Dank!"
    Ich bin fast den Tränen nah, so sehr freue ich mich. Noch niemals zuvor habe ich eine solche Freundlichkeit erfahren.

    Ich werde das Gefühl nicht los, von jemanden verfolgt zu werden. So bleibe ich stehen und sehe mich um. Es ist heute nicht allzuviel los auf dem Markt. Wahrscheinlich wegen dem Wetter. Da erkenne ich einen Soldaten wieder, den ich im Castell schon einmal gesehen habe. Ist das nicht der Mann, der letztens zu Besuch war? Der mich so intensiv mit seinen Blicken gefesselt hatte? Ja, das muß er sein! Wie war noch sein Name? Ich weiß es nicht mehr.
    Ist es statthaft, wenn ich zu ihm hinübergehe und ihn anspreche? Ich weiß nicht so recht.
    Doch die Entscheidung wird mir abgenommen, denn er nähert sich mir.

    Ein mieses Wetter ist das! Es ist naß-kalt, windig und der Himmel ist grau. Die Sonne hat sich verkrochen und mag gar nicht hervorkommen, um die Erde mit ihren Strahlen zu wärmen. Ein Grund mehr, dieses Land nicht zu mögen.
    Mein Umhang schützt mich etwas vor der Kälte, doch richtig warm wird mir dabei nicht.
    Man hat mich auf den Markt geschickt. Ich soll für die Herrin neues Schreibmaterilal besorgen. Es ist zwar ganz nett, einmal aus dem Haus zu kommen, doch bei diesem Wetter würde ich es lieber vorziehen, an einem warmen Ofen zu sitzen.
    So laufe ich über den Markt, begutachte die Marktstände und die Waren und halte Ausschau, nach den Dingen, die ich kaufen soll.
    Meine Hände fühlen sich an wie Eisklötze. Jetzt irgendetwas Warmes! Doch dafür reicht das Geld nicht, was man mir mitgegeben hat.
    So sehe ich zu, daß ich schnell voran komme.

    Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich meinen Namen höre. Der Herr möchte für seine Gäste etwas Musik. Er hat sicher meine Flöte gesehen, die an einem Band befestigt ist, welches ich um den Hals trage.
    So begebe ich mich in die Mitte des Raumes und stehe vor den Klinen der Herrschaften. Dort setzte ich mich und beginne, eine Melodie aus meiner Heimat zu spielen. Es ist eine langsame, geheimnisvolle Melodie, die den Zauber des Orientes widerspiegelt.

    Die Stille, die sich nach meinem Bericht einstellt, ist unerträglich. Wie wird sie darauf reagieren? Wird es wieder so sein, wie immer!
    Doch nein! Nicht minder freundlich, antwortet sie und erläutert mir ihren Tgesablauf.
    Mein Herz geht auf, als sie erwähnt, sie wolle mich mit zum Markt nehmen und ob ich sie dort auch beraten könne.
    Ich hoffe nur, der Markt ist hier einigermaßen ansprechend, damit es nicht nur bei einem Besuch bleibt.
    Ich kann mich kaum halten,vor Freude und lächle über beide Ohren.
    "Ja Herrin, natürlich kann ich das! Gerne!"
    Ich bin wirklich glücklich! Sollte sich jetzt wirklich alles zum Guten wenden?

    Im Hintergrund stehen, lausche ich dem sich nun entwickelnden Gespräch. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie mein Blick zwangsläufig auf den Gast des Herrn wandert. Gerne würde ich ihn kennenlernen, doch hier in dieser Umgebung ist das unmöglich!

    Sie ist in der Tat sehr freundlich zu mir und sie interessiert sich offenkundig für mich.
    "Ja, es war eine lange, teils beschwerliche Reise."
    Wehmütig denke ich an meinen alten Herrn, wie ich ihn eines Morgens tot in seinem Bett vorfand. Doch das ist nun Vergangenheit. Hier ist die Gegenwart.

    Doch dann spricht sie etwas an, was das zarte Pflänzchen der Freundlichkeit zwischen uns auf einen Schlag wieder zerstören könnte. Sie fragt mich nach meinen bisherigen Aufgaben.
    Zögernd und darauf bedacht, sie nicht zu erzürnen, beginne ich zu sprechen.
    "Ich war früher für das persönliche und körperliche Wohlbefinden meines Herrn zuständig. Das heißt, ich bin kundig in verschiedenen Entspannungstechniken, wie zum Beispiel der Massage. Ich beherrsche auch die Kunst des Tanzes und des Flötenspiels, und außerdem war es meine Aufgabe,..."
    Plötzlich breche ich meine Rede ab. Nein, das möchte ich ihr nicht erzählen! Ich möchte nicht, daß sie denkt, ich könnte eine Konkurrentin für sie werden. Nicht schon wieder. Stets war die Beziehung zu meinen Herrinen sehr schlecht. Das möchte ich hier vermeiden.

    Der Wink des Herrn gilt zwar einem anderen Sklaven, doch sogleich setze ich mich in Bewegung und bringe der Herrin etwas zu trinken.
    Ganz unauffällig wandert mein Blick zu dem Gast hinüber. Was für ein Mensch steckt hinter dieser Fassade? Doch ich versuche nicht in Gedanken zu versinken, sondern ziehe mich wieder zurück.

    Ich bin überrascht! Das habe ich nicht erwartet. Sie bietet mir einen Stuhl an.
    Zaghaft mache ich von ihrem Angebot gebrauch und setze mich.
    Warum ist sie nur so freundlich zu mir? Wird sie es auch noch sein, wenn ich von mir erzählt habe?
    Es dauert einen Moment, bis ich beginne.
    "Ähm, ich bin erst neu in den Diensten des Herrn. Vorher lebte ich in Caesarea, in Judaea bei meinem alten Herrn.
    Wo ich geboren wurde, weiß ich nicht. Meine Eltern kenne ich auch nicht. Man sagt, sie seien beide gestrorben, als ich noch sehr klein war.
    Damals war ich ein heimatloses Kind auf der Straße. Irgendwann hat mich jemand mitgenommen und brachte mich in das Haus eines römischen Kaufmanns. Dort bin ich aufgewachsen."

    Ich verzichte bewußt auf einige Details, zum Beispiel, warum ich nicht mehr bei meinem alten Hern bin oder warum ich damals das Haus des Kaufmanns verlassen mußte.

    Nachdem ich ihre Aufforderung, eintreten zu dürfen, vernommen habe, öffne ich die Tür und betrete den Raum. Dann schließe ich hinter mir wieder die Tür.
    Ich verbeuge mich vor der Herrin und begrüße sie.
    "Salve, Herrin! Mein Name ist Salome. Ich bin mit dir aus Rom gekommen. Während deines Aufenthaltes hier, stehe ich dir zur Verfügung."
    Für mich ist dies die erste Gelegenheit, sie genauer zu betrachten. Während der Reise, sah ich sie immer nur flüchtig.
    Sie muß etwas jünger sein, als ich es bin. Doch ich möchte sie nicht länger anstarren und senke wieder meinen Blick.
    Ich bin etwas unsicher. In der Vergangenheit hatte es oftmals Schwierigkeiten zwischen meinen Herrinnen und mir gegeben.

    Nachdem der Herr und die Herrin Platz genommen haben, erscheint auch nun deren Gast.
    Während er Platz nimmt, bemerke ich, wie er mich förmlich mit seinen Augen durchbohrt. Ob ich ihm gefalle?
    Ich lächle ihm flüchtig zu, senke aber dann demütig wieder meinen Blick und erwarte weitere Anweisungen durch den Herrn.

    Kurz nach der Besprechung, gehe ich zum cubiculum der Herrin und klopfe an. Der Herr wünscht es, daß ich mich um sie kümmere, solange sie hier ist.
    Mit gemischten Gefühlen stehe ich vor der Tür und warte darauf, eintreten zu dürfen.

    Nachdem mich diese Schnepfe gehindert hat, den Raum zu verlassen und mir noch jede Menge Geschwafel in den Gehörgang gedrückt hat, beschließe ich , doch noch ein Weilchen hier zu bleiben.
    Ich trete an sie heran.
    "Du denkst wohl, du hast das Unglück gepachtet, was?! Ach Herrje, die arme Nerva! Gleich kommen mir die Tränen! Du glaubst wohl, nur weil du einmal frei warst, glaubst du, mich belehren zu können?
    Du kennst mich doch gar nicht! Du hast doch gar keine Ahnung, ob ich das wahre Leben kenne, oder nicht! Weißt du was es heißt, ohne Eltern aufzuwachsen und dafür dankbar sein zu müssen, daß du in einem Haus leben darfst, in dem du nur als Sklavin geduldet bist? Weißt du auch wie es ist, wenn du statt mit Puppen zu spielen, plötzlich im Schlafzimmer deines Herrn landest und er sich an dir immer und immer wieder vergeht? Glaube mir, ich bin nicht besonders scharf drauf, mich bei meinem neuen Herrn einzuschmeicheln! Ich kenne das erbärmliche Leben eines Sklaven. Und du solltest dich nicht länger der Illusion hingeben, deine Familie jemals wieder zu sehen.

    Ich sehe zwar die Trauer in ihren Augen, doch das läßt mich völlig kalt!

    Ich schüttle nur mit dem Kopf. Das Verhalten dieser Sklavin macht mich rasend.
    Ich trete zu ihrem Bett und mit einem Ruck drehe ich sie zu mir herum, damit ich auch ihre volle Aufmerksamkeit habe.
    "Hör zu, Miststück! Es ist mit völlig gleich, woher du kommst und warum du hier bist! Außerdem, wer hat gesagt, ich könne etwas nicht? Es ist nur unter meiner Würde, in der Küche zu arbeiten! Verstehst du? Und glaube mir, du soltest vorsichtig sein! Mich als Feindin zu haben, bedeutet keinen schönen Tag mehr zu erleben! Ist das jetzt klar verständlich?"ch wende mich von ihr ab, ohne eine Antwort abzuwarten und verlasse den Raum.

    Nach dem Gespräch mit dem Herrn, finden wir uns wieder in der Sklavenunterkunft ein. Kaum ist die Tür hinter uns geschlossen, greife ich mir Nerva am linken Arm recht unsanft und bringe sie zum stehen. Ich will sie zur Rede stellen, wegen ihrem ungehörigen Verhalten, das sie soeben bei der Besprechung an den Tag gelegt hat.
    "Was fällt dir eigentlich ein, den Entscheidungen des Herrn zu widersprechen? Und was sollte das eigentlich werden mit `warum kann Salome nicht in die Küche´? Spinnst du?! Ich habe noch NIEMALS in der Küche gearbeitet! Eine Sklavin, wie ich es bin, arbeitet nicht in der Küche! Hast du mich verstanden!!!"
    Ich lasse sie los und wende mich von ihr ab. Ich bin stinksauer und äußere dies durch recht derbe Flüche in meiner Muttersprache.