Beiträge von Tilla Romania

    Klar... wo denn sonst? Hierher kommt keiner, denn der Geruch, der aus dem Brunnen kommt hält sie alle ab! Außerdem geht eine Geschichte der Geschichtenerzähler unter den Straßenkindern rum, dass die Stallbesitzer von früher missgestaltete Pferde und Kleinvieh im Brunnen entsorgt haben sollen. erwiderte Tilla stolz und erhob sich aus dem Schneidersitz.


    Sie deutete hinauf ins Dachgebälk. Nach oben schaut meistens keiner... sie denken immer man sucht das Versteck nahe dem Boden. Bleib besser unten. Ich bin gleich wieder da. Ich lasse den Eimer runter, du musste ihn dann vom Haken abmachen. Sie griff nach dem nächstbesten Seil, zog sich an ihm hoch auf den nächsten Balken und immer höher hinauf, bis sie weit unterm Dachgiebel war. Dort ganz oben hing an einem Flaschenzug ein Eimer mit Deckel. Tilla hockte sich rittlings auf den Balken, begann das Seil zu entknoten.


    Dann liess sie den Eimer gegen den Balken schwingen, um Fhionns Aufmerksamkeit sicher zu sein. Langsam liess sie den Eimer runter und knotete das Seilende wieder fest. Ganz gemütlich kletterte sie nach unten, hopste vom letzten Balken hinab in den Heuboden und kugelte sich lachend zusammen. Ach, wie hatte sie diesen Spass vermisst! Mit Heu in Haar und Kleidung krabbelte sie zu Fhionn rüber, sah sie forschend an. Na, was sagst du?

    Der Kaiser? Tilla legte den Kopf schief, musterte Fhionn prüfend. Hm.. ich denke nicht, dass er sich so gern und so oft und so viele ungezählte Male am Kopf anfassen lassen würde. Vieleicht ist das ein anderer Kopf als der vom Kaiser. Nunja.. für das ehemalige Strassenkind und Diebin Tilla zählte der Kaiser nun mal nicht zu den wichtigsten Personen auf die sie besonders acht geben musste sondern eben die Männer die Uniform trugen und kleine Mädchen wie sie immer wieder verscheuchten, weil sie lästig waren.


    Abermals schüttelte sie den Kopf. Ich habe dir doch schon gesagt, ich habe hier geschlafen, gegessen und gelebt, bis sie mich plötzlich gefunden und eingesperrt haben. Die restliche Zeit verbrachte ich im vergitterten Käfig und fand mich auf dem Podium des Sklavenhändlers wieder. Dabei haben die Münzen, die ich schon hatte und habe, mir nicht geholfen. Konnten sie auch gar nicht, weil sie gut versteckt hier liegen und schlafen 'Sie' waren natürlich die Schergen des Sklavenhändlers, immer auf der Suche nach lebendigen Waren. Den Münzen hatte Tilla schon verziehen, weil sie ja mehr oder minder an einen guten und äußerst netten Haushalt geraten war. Sie musterte Fhionn noch einmal. Willst du meine Münzen sehen? Manchmal haben die andere Farben oder keinen Kopf.

    Die Ältere hatte sich beim Lesen amüsiert? Tilla wunderte sich, zog die Nase kraus und kratzte sich verlegen hinterm Ohr. Sie hatte doch nur beschrieben was sie gesehen und gehört sowie erlebt hatte. Bei was bewerben? Was war denn daran amüsant? Ach egal.. jedenfalls hatte es Duccia Clara gefallen, was diese auch schon aussprach.


    Ich will nicht genauso weggehen müssen wie der Pferdeschwanz! fügte sie irritiert hinzu, bekam Angst, dass Clara auch so mit ihr verfahren würde wie mit Chimerion. Würde die Ältere auch so einfach mal eben die Nase voll von ihr haben und lieber eine sprechende Sklavin bevorzugen??


    Mit aufsteigenden Tränen in den Augen rutschte sie mit dem Beutel ans Ende des Bettes und begann die Münzen zu zählen. Da sie nicht bis tausend zählen konnte sondern nur bis 20, machte Tilla einen Strich auf ihrer Tafel, wenn sie diese Zahl münzenmässig erreicht hatte. Das Zählen half ihr die Angst und Beklommenheit zu bekämpfen, die sie so plötzlich überfallen hatte. Es dauerte eine ganze Weile bis sie fertig war, sah das abgezählte Häufchen an. Ihr Herz klopfte wie toll... und jetzt? Forschend sah sie die immer noch blasse Clara an. Alles da. Sie könnte sich doch noch verzählt haben...

    Sie schüttelte den Kopf. Am Anfang ja.. ganz oft. Aber mit jedem Mal mehr wird die Angst weniger und es wird ganz normal. Ein bisschen ist sie aber immer da, wenn ich wo klettere was ich nicht in- und auswenidg kenne. Ich weiss inzwischen, welcher Balken knarrt, welcher wackelt und welcher ein bisschen schief ist. 'erzählte' sie stolz, bemühte sich langsam zu gebärden, damit Fhionn sie auch verstand. Tilla gab Fhionn eine Münzen in der Hand, liess sie auch die anderen nehmen, die sie schon gesehen hatte. Weisst du zufällig wer das ist? Ich denke mir immer wieder mal Geschichten darüber aus, warum sein Kopf auf die Münze verbannt wurde... Gleichzeitig wird er überall herumgegeben und sieht eine ganze Menge Hände. Sie stopfte die Münzen die sie in der Hand hatte zurück in den Münzbeutel. Der Beutel ist ganz schön schwer und hat ganz viele Münzköpfe in sich. Ich mag lieber wenige Münzen, die mir helfen mich durchzuschlagen. Tilla hob den Beutel und gab ihn Fhionn, da sie ja noch ein paar Münzen hatte.

    Puh... endlich hatte sie alles durchgelesen. Sie starrte das Papyrus mit großen Augen an. Tilla wusste nicht was sie denken sollte, saß ganz still in der Nische unterm Schreibtisch. Hm, und jetzt? Genau darüber dachte sie nach, als Avianus plötzlich Laute von sich gab. Erschrocken fuhr Tilla hoch, stiess sich den Kopf an die Platte des Tisches über ihr. Au.. verflixt noch eins! flüsterte sie stimmlos fluchend, rieb sich die angeschlagene Stelle und krabbelte mit brummenden Kopf aus dem Versteck hinaus.


    Was hatte er gesagt? Sein Vater sollte zurück kommen? Bloss nicht! Sie hatten schon einen Toten hier im Hause und genau das machte Tilla bereits Angst. Das wäre ganz ganz schlimm wenn es noch einen zweiten Toten geben würde. Nix wie weg hier! Sie lief schnellen Schrittes los!


    Halt, den Kerzenkorb noch mitnehmen! Mit flinken Füßen trippelte sie bereits gegangenen Weg zurück, holte sich ihre Sachen und machte kehrt Richtung Tür. Jetzt aber raus! Durch einen Luftzug, der das Zimmer durchstreifte, fiel die Tür etwas lauter als gewöhnlich zu. Auwei! Tilla zuckte zusammen und sauste mit ihren Siebensachen los. In den Händen hielt sie immer noch den Text über Avianus Vater.

    Es dauerte eine ganze Weile bis Clara wach wurde, aber Tilla liess in ihren Bemühungen, die Ältere zu wecken nicht nach, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Die Erwachsene lächelte im Schlaf... es musste ein schöner Traum sien, trotz der blassen Gesichtsfarbe von Clara. Besorgt lächelnd sah sie Duccia Clara an, winkte ihr einen kurzen Gruß zu. So arg lange hast du nicht geschlafen! Hier ist Post für dich! 'erzählte' sie gebärdend, schob Clara die Rolle zu, zeigte zum Münzenbeutel auf dem Nachttisch hinüber.



    Flavia Celerina an Duccia Clara


    Verehrte Duccia Clara,
    ich möchte mich für dein überaus lukratives Angebot bedanken, dem ich mich nur schwerlich entziehen konnte. Daher habe ich mich dazu entschlossen, den Sklaven käuflich zu erwerben.
    Deinen geforderten Betrag, werde ich den beiden Sklavinnen mitgeben, die ihn zu mir her gebracht haben.


    Vale!
    Flavia Celerina


    Tilla hockte sich in den bequemen Schneidersitz und nahm die Tafel zu sich und begann zu schreiben. Zuerst war es ganz schwierig Chimerion überhaupt aus dem Raum der Männer heraus zu bekommen, aber Fhionn hat mir geholfen. Sie kennt mich und kann jetzt sogar meinen Namen lesen. Für mich sprechen tat eben sie mit Chimerion. Zu dritt sind wir zur Villa gelaufen und wurden von einer flavischen Sklavin empfangen. Die Flavia ist eine wunderhübsche Frau. Ihr Haus hat auch ein Wasserbecken. Ich habe nicht sehen können, ob da drin Fische leben, schade! Sie hat Chimerion befragt und verlangte, dass er sich auszieht. Dann war plötzlich ein Mann da und er nahm deine Schriftrolle entgegen, las sie ganz laut vor und alle konnten ihn hören. Irgendwie muss er sich verlesen haben, sagte zwei Nullen an anstatt drei. Die schöne Frau hat schon die Augenbrauen hochgehoben, da bin ich vorgetreten und habe ihr 'durch die Tafel gesagt', dass der Mann schummelt. Die Frau war gar nicht böse, sie hat sogar gelacht! Und dann hat sie den Münzenbeutel holen lassen und mir in die Hände gedrückt. Chimerion musste dann sofort mit ihr gehen. Fhionn und ich haben noch etwas zu trinken bekommen, sind dann gleich wieder los.

    Tilla sah, dass Fhionn ihr nach einer Weile kam und den Hof in Augenschein nahm. Geduldig wartete sie auf die andere, hielt die Leiter fest, damit sie nicht plötzlich unter Fhionn wegrutschte. So, wir sind da. Stolz präsentierte Tilla den Heuboden und ging zum nächsten senkrechten Balken, wo sie die Öllampe an einem Haken hängend vorfand. Noch war es aber hell genug, sodas sie genug Licht hatten. Nun zeigte sie nach oben in die Dachstreben hinein. Da oben habe ich klettern gelernt... immer und immer wieder geübt. Jetzt im Moment hatte sie keine Lust dort oben rumzuklettern, setzte sich ins trockene knisternde Heu und öffnete den Münzbeutel, um endlich einen Blick ins kostbare Innere zu werfen. Vorsichtig nahm sie ein paar Münzen heraus, begutachtete sie von allen Seiten und betrachtete die Prägungen. Auch gucken wollen? fragte sie Fhionn, reckte ihr die Münzen vertrauensvoll entgegen.

    Si. Ich habe hier gewohnt. Ganz allein mit Decke zum schlafen und Äpfeln zum Essen. gab Tilla Fhionn zu verstehen, sah die Strasse rauf und runter. Immer noch wollte sie nicht, dass ein Fremder mit ansah wie man ins Innere ihres geheimen Versteckes kam.


    Ich zeige dir es. Dann komm du nach aber ohne dass es jemand mit ansieht. Das ist mein Versteck. bat sie die Ältere, presste den schweren Beutel Münzen fest an sich. Sie liess Fhionns Hand los, eilte zum Bretterzaun und drehte das bewegliche Brett herum, schlüpfte ins Innere des Hofes. Hurra... alles schien noch wie immer zu sein, nur aus dem Brunnen stank es wie immer ziemlich übel. Tilla griff nach der Öllampe und erinnerte sich, dass diese noch auf dem Heuboden hängen musste. Achja.. Minna und Fiona waren auch schon hier, errinnerte sie sich, kletterte schon Mal die Leiter zum Heuboden hoch und wartete auf der letzten Sprosse stehend auf Fhionn.

    Sie hob den Kopf, sah Orestes entgegen. Ein paar Tintenkleckse hatten den Weg in ihr Gesicht gefunden, aber davon hatte Tilla noch nichts bemerkt, eben weil sie so eifrig schrieb. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht, wie sie von ihm gelobt wurde und nahm es mit einem stummen Nicken an. Auf ihrer Tafel schrieb sie sich die wichtigsten Stichworte auf, die Orestes erwähnte und zeigte ihm diese vor. Bestimmt würde sie diese vergessen, weil so viele Worte aus den Texten in ihrem Kopf herumschwirrten. Tilla betrachtete den Brief. Nun sollte sie auch Botschafterin spielen, das war ebenfalls eine Aufgabe die ihr sehr entgegen kam. Stumm lächelte sie abermals Orestes an und machte große Augen als er den fremden Namen erwähnte. Wer? Er hatte jetzt eine Sklavin? Oha.. das musste gestern noch geschehen sein, sonst hätte sie schon längst davon gehört. Wie war der Name noch gewesen? Nu.. na.. No.. Nein. Hm.. dachte Tilla. Ich sollte mir eine Tafel zulegen, die ich nur noch vorzuzeigen brauche, wenn mich jemand fragt, warum ich nicht sprechen tu. Aber erst mal eines nach dem anderen. Sie trank vom gestrigen Traubensaft und beendete des Abschreiben nach einer gewissen Zeit. So.. jetzt konnte sie gehen. Sie packte die Rollen in ein Schutztuch und verliess die Villa auf eigene Faust. Auf zum Capitolium.

    Immer weiter zog sie Fhionn an der Hand mit sich, wich etlichen Hindernissen wie Karren oder Passanten oder Reitern aus und wartete geduldig bis wieder etwas Platz zum Weitergehen vorhanden war. Den Soldaten und übrigen Uniformierten wich sie wie immer aus, wandte sich ab und Fhionn zu. Mit gespitzten Ohren lauschte sie den genagelten Schuhen und wartete bis diese verklungen waren. Ich mag keine Uniformierten! erklärte Tilla und beliess dies fürs erste auf sich.


    Dann endlich hatten sie den Ort erreicht, es war ihr ehemaliges Versteck und Unterschlupf! Da war der Zaun... es schien alles in Ordnung zu sein und noch niemand hatte das drehbare Brett zum Durchschlüpfen auf dem Hof entdeckt. Da habe ich gewohnt und das Klettern ganz doll geübt! Das Heu hat meine Stürze aufgefangen bis ich Seile zum Festhalten 'besorgt' habe. Stolz zeigte sie auf den Bretterzaun, lächelte Fhionn an. Zwei der flavischen Sklavenfrauen kennen auch dieses Versteck.

    In die Stadt? Hm.. ich.. ja.. das ist eine gute Idee. erwiderte Tilla und nickte. Wenn es in die Stadt ging, dann konnte sie doch mal bei einem ganz bestimmten Ort vorbeischauen, den sie so lange nicht mehr gesehen hatte. Sie hatte so lange ihren Unterschlupf dort gehabt... und die anderen Sklavinnen aus der flavischen Villa wussten auch von diesem Ort. Hm.. vielleicht waren sie auch dort und sahen nach? Komm.. lass uns gehen. Ich zeige dir was Gut, sie kannte die Sklavin, die noch gar nicht so richtig lesen konnte noch nicht so richtig gut, aber was sollte es? Fhionn gehörte zur Villa Aurelia! Spontan griff Tilla nach Fhionns Hand und zog sie mit sich.

    Kaum, dass die Türe geöffnet wurde, sauste die stumme Sklavin an Leone vorbei und entschwand in einen der Gänge, damnit sie ganz schnell an ihr Ziel gelangte. Die Glöckchen und die Münzen klimperten fröhlich im Takt ihrer schnellen Schritte. Ups.. beinahe wäre sie an der Zimmertür vorbeigelaufen. Tilla bremste, strich sich die Haare aus dem geröteten Gesicht und klopfte. Nanu? Keine Antwort? War sie nicht da? Und nun? Och nee, das war ja doof! Sie würde reingehen oder Clara suchen gehen. Sollte überhaupt jemand der anderen wissen, dass sie im Auftrag der Duccierin unterwegs gewesen war? Denn sie gehörte ja Marcus und nicht Clara! Dies musste sie unbedingt noch Fhionn sagen!


    Doch erst einmal rein ins Zimmer der netten Frau. Die Tür war offen. Tilla entdeckte die junge Frau auf dem Bett schlafend. Leise schloß sie die Tür hinter sich und näherte sich dem Bett. Duccia Clara war merkwürdig blass im Gesicht. Voll seltsam! Die junge Sklavin legte den Beutel auf dem Nachttisch ab und setzte sich zu Clara aufs Bett. Ganz vorsichtig berührte sie Claras Schulter, rüttelte sachte und stiess ihr Glöckchen an, dass es lediglich sie, die kleine Tilla, war. Um dem Aufwecken ein bisschen nachzuhelfen, pustete sie mit ihrem eigenen Atem Claras Stirnhaare an, wartete darauf, dass Clara ihre Augen aufschlagen würde.

    Kaum hatte sie ihr Frühstück aufgegessen, eilte sie schon wieder zur Bibliothek und nahm auf dem Stuhl Platz. Es war keiner da! Und es war sehr kalt, keine Kerze brannte und erleuchtete den halbdunklen Raum. Tilla fröstelte, schnappte sich das Schreibgerät und setzte das Abschreiben der Texte fort. Ausgeschlafen war sie ohnehin nicht, denn man hatte sie unbarmherzig aus dem gemütlichen warmen Bett geworfen, damit sie ihren morgendlichen Pflichten nachkam. Doofe Pflichten!, murrte Tilla innerlich und konzentrierte sich aufs Schreiben. So manche Zeile verstand sie nicht, aber es schien immer noch um Germanien zu gehen. Für wen er den Text wohl braucht? fragte der kleine Irrwisch sich. Tilla baumelte mit den Beinen oder kaute auf den Lippen, während sie weiter ganz fleissig abschrieb.

    Menschenskinder, warum musste sie immer die Kerzen auswechseln gehen? Machte sie diese Tätigkeit viel besser als alle anderen oder was war es bloss? Das junge Sklavenmädchen spürte Dinas strenge Blicke auf sich ruhen. Die Ältere erwartete von ihr, dass sie diesmal ohne Hilfe von anderen Sklaven in einen Raum trat, der einem männlichen Wesen gehörte. Tilla stiess einen stummen Seufzer ein, drehte an ihrem kristallenen Amulett und trat schliesslich ein.


    Nach wenigen Schritten schon blieb sie wieder stehen, starrte mit offenem Mund zur Pritsche hinüber. Mann, was war denn das? Der Aurelier schlief noch? Dann sollte sie besser ganz ganz leise sein, um ihn nicht zu stören, schlimmer noch zu wecken! Tilla stellte sich auf ihre Zehenspitzen, trippelte zum Schreibtisch, wo die meisten Kerzenhalter standen und begann ihre alltägliche Arbeit.


    Seit dem letzten Mal waren ganz schön viele Kerzen abgebrannt und es waren noch nie so viele Schriftstücke auf dem Möbelstück gewesen. In ihr kroch die Neugier hoch. Ein Blick zurück.. der Mann schlief immer noch. Tilla schnappte sich ihren Kerzenkorb, griff sich die erstbesten Rollen und verzog sich in die Nische unterm Schreibtisch. Mit aufmerksamen Blick begann sie zu lesen, ihre Augen weiteten sich. Aber.. aber.. das war doch.. das konnte nicht sein? Oder doch? Das Mädchen traute ihren Augen kaum, umklammerte die Schriftstücke mit beiden Händen, las die Zeilen noch einmal. Dass war ja hochinteressant! Ein Richter zu Tode gekommen! Der Mann auf der Pritsche war der Sohn dieses Richters!

    Orestes nahm ihr das Schreibgerät ab. Tilla blinzelte verdutzt ihre leere Hand an. Nach dem zweiten Gähnen hinter vorgehalener Hand kam sie endlich in die Gänge. Na gut.. dann gehe ich eben schlafen und mache den Rest morgen. Danke fürs Wecken.. hätt ich gewusst, dass ich einschlafe, hätte ich mich sicher darauf eingerichtet. lenkte sie mit geschriebenen Zeilen auf ihrer Wachstafel ein und rutschte vom Stuhl.


    Mit ihren letzten Worten meinte Tilla, dass sie auch mit einer Decke auf dem Boden in der Hausbibliothek geschlafen hätte. Sie hob die Hand, winkte Orestes einen stummen Nachtgruß zu und tapste zur Tür. Diesmal würde sie schnurstracks und ohne Aufenthalt in die Sklavenunterkunft gehen und weiterschlafen. Tilla liess die Tür offenstehen. Man hörte ihre Schritte sowie das leise klingelnde Glöckchen, welches sie ständig begleitete.

    Tilla träumte alles was sie derzeitig beschäftigte durcheinander, nämlich von Waschkübeln, von Schreibgeräten, von Sklaven die nicht mehr lachen konnten, von Germanien, von Hasenkindern, von den Menschen in diesem Hause die sie mochte und gern gewonnen hatte. Nur das Rütteln an ihrer Schulter und die leisen Worte, die an ihr Ohr drangen schienen nicht zum wirren Traum zu passen.


    Schlaftrunken hob sie den Kopf, blinzelte Orestes ganz verschlafen an. *Ich habe fertig.* gebärdete sie und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Tilla schob dem jungen Mann die erste Abschrift hin und bettete den Kopf auf die Arme und die nun papyrusfreie Fläche. Irgendwie fiel es ihr schwer ganz wach zu werden. *Ich schreib gleich weiter..* fügte sie müde drein schauend hinzu, griff nach dem calamus..

    Der Besuch in der Küche dauerte nicht lange. Tilla holte sich worauf sie Hunger hatte und kehrte mit einem großen Becher Traubensaft zurück in die hauseigene Bibliothek. Sie setzte sich an den Tisch und aß erst einmal ihren Imbiß. Gleichzeitig überflog sie die Texte die sie abschreiben sollte, pickte sich einige Wörter heraus, die schwer abzuschreiben waren. Dass war ein seltsamer Text, aber irgendwie interessant, da es um germanien geht, dem Land wo dominus Ursus hingereist ist, dachte Tilla, wer weiß wofür Orestes ihn braucht. Nun war sie satt und stillte ihren Durst. Den halbvollen Becher stellte sie beiseite, breitete alles schreibfertig aus.


    Bevor sie die erste Zeile anfing, übte sie die schwierigen Worte und setzte dies bei jeder neuen Zeile fort. Daher waren die Buchstaben auch nicht so wackelig. Tilla schaffte den ersten Text ganz ordentlich. Im Zimmer war es schon dunkel geworden, nur die Lichter noch spendeten ausreichend Licht. Sie war mit Eifer bei der ihr zugewiesenen Arbeit, nur ihre Konzentration liess langsam nach und die Müdigkeit gewann die Überhand. Irgendwann legte sie den calamus zur Seite und wollte ein kurzes Nickerchen einlegen. Danach würde sie sofort weiterschreiben... aus dem Nickerchen wurde ein längeres Nickerchen. Tilla hatte vor dem Rufen Orestes schon viel gearbeitet, war entsprechend fix und foxi. Ihr Kopf ruhte auf den angewinkelten Armen und ihre langen Haare wärmten den Nacken.

    Tilla atmete erleichtert durch, als sie das Lächeln der Flavierin sah. Nun konnte nur noch eine positive Antwort kommen udn diese kam auch sogleich. Rasch machte sie einen kleinen Knicks sie vor der Flavierin und zog sich zu Fhionn zurück. Hast du gesehen was ich bekommen habe? Hast du gehört, was sie gesagt hat? fragte sie die Ältere, lachte sie vergnügt an und zeigte ihr den schweren Beutel voller Münzen. Tilla drehte sich um, um Chimerion noch einen Abschiedswinker zu geben, doch der war schon von dannen gegangen. Egal!


    Von Brideis wurden sie in die Küche geführt und bekamen auf dem Flur vor der Küche stehend etwas zu trinken. Diesselbe flavische Sklavin war es auch, die sie wieder zum Ausgang führte. Das Sklavenmädchen hoffte die ganze Zeit auf die anderen ihr bekannten Sklaven zu treffen, doch vergebens. Es war kein bekanntes Gesicht zu sehen. Dann eben beim nächsten Mal, sagte sich Tilla und verliess mit Fhionn die Villa der Flavier. Mach es gut, Chimerion. wünschte Tilla dem Mann mit dem Pferdeschwanz in Gedanken. Komm.. gehen wir zurück. meinte sie zu Fhionn, hielt den 'Tausend'-Münzenbeutel ganz ganz fest in ihren Armen. Oder möchtest du noch etwas machen? fügte sie hinzu, sah Fhionn fragend an.

    Der kleine Irrwisch tauscht das Leben in der römischen Villa gegen das Leben auf einer mittelfränkischen Burg ein. --->http://www.burg-hoheneck.de


    Ja, es ist wieder einmal soweit, sie darf 'weißes' Burgfräulein spielen und trifft ihre Freunde und Freundinnen aus dem ganzen Land. Mit Ihnen wird sie lernen und sich vergnügen von heute mittag bis Sonntag abend... dann ist sie wieder daheim.
    Auf baldiges Wiedersehen,
    eure Tilla.