Beiträge von Chimerion

    Nur widerstrebend gestand sich Chimerion ein, dass sie wohl recht hatte. In diesem Teil des Imperiums war er nie gewesen, er kannte nur die Provinzen Gallien, Germanien und einen kleinen Teil von Hispania. Und natürlich hatte er eine schwache Erinnerung an seine Heimat. Er beschloss also, den Fluchtgedanken nur bis auf weiteres auf Eis zu legen, solange, bis er an geeignetes Material für eine Flucht kam, vielleicht schlossen sich ihm ja noch einige andere Sklaven an.


    Als sich ein Fuß in seinen Gesichtsbereich streckte, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Was wollte sie noch gleich?... Ach natürlich, er hatte ihr vom massieren erzählt. Er hatte noch nie die Füße einer Frau massiert, trotzdem blickte er seine Herrin demütig an.
    "Ja, Herrin", glitt vom Bett, kniete sich zu ihren Füßen hin und berührte sanft ihren Fuß.


    Ein wenig ungeschickt machte er sich an den Riemen von Celerinas Sandale zu schaffen, die so hauchzart und wertvoll wie eine Spinnwebe aus Gold aussah. Vorsichtig streifte er ihr das Schuhwerk vom Fuß und hielt einen schlanken, wohlgeformten Fuß in Händen.
    Er rief sich die Füße seines Herrn in Erinnerung, doch bezweifelte er, dass er so grob sein müsste, wie bei jenen schwieligen Exemplaren.
    Mit leichtem Druck seiner Daumen begann er die Fußsohle zu massieren, arbeitete sich zu den Fußballen vor, knetete und drückte sanft.

    Chimerion horchte auf, als ihm sein Mitsklave seine Geschichte erzählte.
    "Du warst wirklich bei den Katapfhrakten? Mein Herr hat von ihnen erzählt, er hat einmal gegen sie gekämpft, während eines Scharmützels an der Grenze zu Parthia. Er sprach mit Respekt von den Männer ganz in Eisen."


    Wieder schweiften seine Gedanken in die Vergangenheit, zu jener letzten Schlacht, als sein erster Herr fiel, der grausame Castus... Nicht in einer ruhmreichen Feldschlacht, sondern während eines Scharmützels gegen Rebellen.
    Dann riss er sich wieder aus seinen Gedanken los.


    "Komm, lass uns die Katze suchen, vielleicht haben wir ja Glück und finden sie noch vor dem Einbruch der Nacht. Ich kann mir besseres vorstellen als hier herumzurennen und dieses blöde Vieh zu suchen."

    Chimerion stutzte einen Moment. Was hätte er getan, wenn seine Flucht wirklich geglückt wäre? Soweit er wusste, beherrschte Rom bereits ganz Thrakien.... Nördlich davon war... Chimerion konnte sich nicht mehr erinnern.
    Celerina hatte recht, seine Heimat war den Invasoren anheim gefallen und sicherlich waren viele Menschen versklavt oder getötet worden. Und wahrscheinlich hatte man die Dörfer niedergebrannt, das Vieh getötet und die Felder versalzen. Eigentlich war sein Land zerstört, aber wenigstens hatte ihn der Gedanke an eine Heimat am Leben erhalten.


    "Wenn meine Flucht geglückt wäre? Natürlich wäre ich in meine Heimat zurückgekehrt... Auch wenn ich nicht weiß, wie es dort aussieht. Ich war seit zehn Jahren nicht mehr dort und nur der Gedanke an die Heimat hat mir geholfen durchzuhalten.... Aber die Götter haben entschieden, dass ich gefasst wurde."


    Er seufzte. Trotz allem war er noch am Leben und in einer der schönsten Villen Roms gelandet. Die körperlichen Strapazen schienen vorerst vorbei zu sein.


    "Ja Herrin, ich musste meinen ersten Herrn nach dem Drill immer ins Bad begleiten und ihn einölen und massieren. Er brachte mir auch bei, kleinere Verletzungen und Wunden zu behandeln und Verbände und Salben herzurichten."

    Chimerion verschluckte sich am letzten Bissen, würgte ihn mit tränenden Augen hinunter und hustete heftig. Wie kam seine Herrin nur auf einen solchen Gedanken?
    Er blickte sie ganz offen an. "Nein Herrin, bei der Erdenmutter, ich fröhne nicht der Knabenliebe, ich habe nur mit Frauen mein Bett geteilt. Und in letzter Zeit auch das nicht. Meine .....Reise... ließ mir keine Gelegenheit dazu." Ein wenig verlegen wischte er sich die Tränen aus den Augen, die nach dem Verschlucken noch in seinen Augen standen. Er war immerhin Thraker und kein verweichlichter Grieche, diese Sodomisten, kein Wunder, dass sie Rom schon so früh anheim gefallen waren.


    "Mein früherer Herr meinte, es sei nicht gut, wenn ein Mann nicht ab und zu seine Bedürfnisse befriedigt. Schließlich macht nicht nur allein der Kampf einen Mann zum Mann...Das war zumindest seine Meinung und ich sehnte mich nach...", nach was denn eigentlich, überlegte Chimerion verdutzt. Dann hatte er es: "...nach Nähe und Wärme. Immer wenn der Herr in Feierlaune war, an den Saturnalien, ließ er mir eine Frau zukommen."


    Dann schwieg Chimerion, lehnte mit einem Kopfschütteln die ihm angebotene Frucht ab. Für heute hatte er den Hals voll von Feigen.

    Bin vormittags die meiste Zeit in meinem Büro und erledige Papierkram, kann als Selbständiger also auch mal zwischendurch im IR vorbeischauen und ein wenig den Kopf von den Zahlen freibekommen. ;)

    Chimerion sah noch der Katze nach, als sie ihm die Frucht anbot. Er sah seiner Herrin in die Augen, nur um gleich wieder seinen Blick niederzuschlagen. Wieso war die Herrin denn so freundlich zu ihm? Wenn sein früherer Herr nett zu ihm war, dann hatte er meist getrunken und schlug ihn dann hinterher noch schlimmer als sonst.
    Aber diese Frau sah nicht so aus, als könnte sie ihm etwas tun.


    Als er die Feige aus ihrer Hand nahm, streiften seine Fingerspitzen nur einen winzigen Augenblick ihre weiche Haut. Sie war weich wie Seide und warm...
    Schnell blickte Chimerion wieder geradeaus und aß die Feige langsam auf, während er über seine Empfindungen nachdachte.
    Dann sagte er: "Es ist sehr bequem auf diesem Bett und auch dieser Raum gefällt mir. Es muss sehr angenehm sein, hier zu wohnen", antwortete er ausweichend. Er zögerte einen Moment, bis er weitersprach: "Es gab noch nie eine Eurydike, in meinem Leben. Die Sklavinnen, die mir für meine Dienste zur Verfügung gestellt wurden.... Sie berührten meinen Körper, aber nicht mein Herz..."


    Das war eigentlich noch untertrieben. Er hatte nur wenig körperlichen Kontakt zu Frauen gehabt, das Leben bei dem Centurio ließ keinen Raum für die Liebe und seit seiner Flucht aus Spanien war er nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen. Und nun hatte er das Gefühl, eine Maus zu sein, unter den wachen Augen einer Schlange.

    Chimerion nickte, als er die Erlaubnis für die Bibliothek erhielt.
    "Du bist sehr gütig, Herrin", sagte er gleichgültig. Was erwartete diese Frau nun von ihm? Freudensprünge, dass er in seiner "Freizeit" lesen durfte? Nun, vielleicht waren einige Bücher über Ausbrüche oder Flucht dabei, es konnte sich ja vielleich lohnen.
    Außerdem musste er ja den Stoff für die Geschichten irgendwo herbekommen, er glaubte nicht, dass sich die Herrin mit einigen Kindergeschichten seines Volkes zufrieden gab.


    Nun zeigte Flavia Celerina auch noch Interesse an seinem Befinden? Natrülich war ihm die Situation unangenehm, was von der Tatsache noch unterstrichen wurde, dass dieses Katzenvieh ihn anfauchte. Chimerion mochte diese Katze nicht, die scheinbar nie Tageslicht sah und wahrscheinlich alles in seiner Umgebung kratzte.


    "Nein Herrin, es ist mir nicht unangenehm... Ich tue, was du mir aufträgst, meine Empfindungen spielen keine Rolle"
    Doch in Wirklichkeit war er ganz betört von ihrem Duft, der zu ihm herüberschwebte. Langsam wurde ihm in ihrer Nähe warm. Die meisten Römerinnen waren auffällig geschminkt und dekadent, seine Herrin musste die Königin dieser Frauen sein... Trotz allem spürte er das Verlangen, ihre milchweiße Haut zu berühren...


    Er riss sich auf seinen Träumen. "Herrin, ich muss zugeben, dass du eine der schönsten Frauen bist, die ich je gesehen habe", antwortete er wahrheitsgemäß.

    Chimerion hatte die Geschichte noch von seinem Großvater erzählt bekommen, damals, als die Römer schon ihre gierigen Hände nach Thrakien ausgestreckt hatten. Das stolze Volk der Thraker war aber trotz seiner Mythen und Legenden besiegt worden, dachte der Sklave für sich...
    Die Folgen dieser Eroberung hatten ihn in das Haus dieser Frau geführt, der er nun zu gehorchen hatte. Zumindest schien ihr die Geschichte gefallen zu haben, wenn sie gelangweilt war, zeigte sie es jedenfalls nicht.


    "Ja Herrin, ich kann lesen und auch recht fehlerfrei schreiben, mein früherer Herr brachte es mir bei, damit ich einen Teil der Schreibarbeit machen konnte, die bei seiner Centuria anfiel... Aber andere Bildung habe ich nicht genossen, mein Herr war sehr darauf bedacht, meine körperliche Ausbildung voranzutreiben", antwortete er kühl.


    Dass diese harte Ausbildung aus Schlägen, Entbehrungen und körperlicher Schwerstarbeit bestanden hatte, vergaß er zu erwähnen. Oft hatte er sich damals gewünscht, nicht auf dieser Welt zu sein, doch sein Körper hatte sich daran gewöhnt, war kräftig und stark geworden.


    Chimerion leistete der Aufforderung, sich hinzusetzen, nur zögernd Folge. Er setzte sich auf den äußersten Rand des Bettes, kerzengerade und schaute geradeaus. Einen Moment später stieg ihm der aufregende Geruch seiner Herrin in die Nase. Sie roch wie eine Wildblume, dachte er für sich und der Kloß in seinem Hals wurde größer.

    Argwöhnisch folgte Chimerion seiner neuen Herrin, die ihn in ihr Cubiculum führte. Hier war es ein wenig kühler als draußen, die Vorhänge waren zugezogen worden und ließen nur difuses Licht einfallen. Er hoffte, dass die Leibsklavin von Celerina nicht dablieb, aber sie schloss sofort wieder die Türe und stand wartend an der Türe.


    Während sich die Herrin auf einen Stapel mit Kissen legte, schaute sich Chimerion um. Die Wände waren prächtig geschmückt, es roch nach Gewürzen, die Chimerion nicht kannte. Und diese komische Katze lief schon wieder herum... Wie konnte man so ein Tier nur in einem einzigen Raum behalten?


    Und nun wollte sie auch noch unterhalten werden? Wie erniedrigend, beim Wort "vollführen" musste Chimerion an einen Zwerg denken, der einmal auf einem Sklavenmarkt in Germanien Kunststücke vollführt hatte, sehr zur Belustigung der Zuschauer. So weit war es also mit ihm gekommen. Er überlegte einen Augenblick, womit er die Herrin beglücken könnte. Sein Blick blieb wieder auf ihrer weißen Haut hängen, einen Moment betrachtete er sie fasziniert. Dann riss er sich zusammen und begann zu reden.


    "In meinem Land erzählt man sich die Geschichte des Orpheus, eines thrakischen Königssohns. Er war der Sohn der großen Erdenmutter und besaß eine so liebliche Stimme, dass die Bäume und Steine weinten, wenn sie ihm zuhörten. Die wilden Tiere des thrakischen Landes, Bären und Wölfe, kamen zu ihm hingelaufen, um zu seinen Füßen seinem Gesang zu lauschen.
    Sogar das wilde Meer hörte auf zu brüllen, als er mit den Argonauten zog, um das goldene Vlies zu suchen.
    Seine Geliebte war eine schöne Waldnymphe namens Eurydike, die er über alles liebte. Er liebte sie sogar so sehr, dass er nach ihrem Tod an einem Schlangenbiss in die Unterwelt hinabstieg, um sie zurückzuholen. Er bezwang den Höllenhund Cerberus allein mit seinem Gesang und seine Stimme erweichte schließlich Hades´Herz, der ihm seine Eurydike zurückgab.
    Aber er stellte eine Bedingung: Orpheus musste vorausgehen und durfte sich nicht nach ihr umsehen, bis sie die Unterwelt verlassen hatten... Sie liefen und liefen, aber Orpheus hatte Angst, seine Geliebte könnte ihm nicht folgen und drehte sich um. So entschwand Eurydike für immer in die Unterwelt.


    Zu Tode betrübt kehrte Orpheus in die Oberwelt zurück und fristete ein trostloses Leben. Man sagt, er habe der Liebe zu Frauen abgesagt, einige behaupteten sogar, er wäre der Knabeliebe verfallen. Aus diesem Grund wurde er von den berauschten Mänaden in Stücke gerissen. In der Unterwelt war er dann wieder mit seiner Geliebten vereint.....
    So die Legende. Aber ihr Römer kennt diese Geschichte wohl auch?"


    Er blickte fragend auf seine Herrin hinab, ob ihr die Geschichte wohl gefallen hatte.

    Chimerion blickte sich schnell um, ob man sie beobachtete, als er aber sah, dass die Luft rein war, setzte er sich an einen der großen Bäume, streckte die Beine aus und deutete auf seine Seite.


    "Setz dich Cassim, dann erzähle ich dir ein wenig von mir", sagte er zu dem Parther. "Ich komme eigentlich aus Thracia, wurde dort von den Römern gefangen genommen, als ich noch ein Junge war...."
    Eine Pause entstand, während Chimerion mit leerem, auf den Horizont gerichtetem Blick an seine Vergangenheit dachte. Es musste 100 Jahre her sein, dass er als kleiner Junge von den siegreichen Legionen verschleppt worden war. Ob es noch lebende Angehörige seiner Familie gab, wusste er nicht.


    "Ich wurde zum Sklaven eines Centurio," fuhr er fort, "meine Aufgabe war es, für seine Rüstung und sein leibliches Wohl zu sorgen. Er war grausam und brutal, ich wurde schließlich sein Leibsklave, weil ich seine Prügel überlebt habe.... Als er im Kampf starb, dankte ich meinen Göttern. Doch ich wurde nach Germanien verkauft, ein kaltes und grausames Land. Dort kaufte mich mein früherer Herr Justinianus Cupidus, er selber der Enkel eines Freigelassenen.
    Ich denke, er hatte Mitleid mit mir, denn er schickte mich nach Rom, in der Hoffnung, dass man mich irgendwann freilassen würde.... Und so bin ich also hier gelandet, in dieser riesigen Stadt, wo ich Katzen suche."
    Er musste lächeln... Wenigstens war er am Leben.
    Dann blickte er seinen Gegenüber an.


    "Und wo kommst du her, Cassim? Aus dem Osten?"

    Chimerion nickte, als er den Vorschlag von Cassim hörte.
    "Gut, suchen wir die Büsche und Bäume ab... sind ja nicht viele," bemerkte er sarkastisch.


    Sein Blick schweifte über die Grünanlage, die zwar wunderschön war, einer Katze aber scheinbar zahllose Versteckmöglichkeiten bot. Seine Augen wanderten zu den Kronen der Bäume, die teilweise doch recht hoch waren. Chimerion konnte sich kaum vorstellen, wie eine überzüchtete Cubiculum-Katze aussah, aber mit ziemlicher Sicherheit war sie fett und unbeweglich, keine Chance also, auf einen Baum zu kommen.


    Trotzdem machte er sich wieder auf die Suche und sah unter jedem Busch nach und spähte in die Kronen der Bäume. Wenn sie nun schon in die Stadt hineingelaufen war?

    Chimerion fuhr herum, als er von der Seite angesprochen wurde. Die Frau, die die Männer wütend anfunkelte, schien ähnlich wie ihre Herrin in Rage zu sein.
    Ob wohl alle Frauen in diesem Haushalt so waren, fragte sich Chimerion.
    Er schmunzelte noch über die Worte des ostländischen Sklaven.


    Doch die Freude war jäh zu Ende, als die "Neue" im Garten schon versuchte, sie wieder auf Trab zu bringen.
    Beschwichtigend hob er die Hände. "Schon gut, schon gut, mit deinem Gezeter verschreckst du die Katze nur, wenn sie noch irgendwo ist." Dann blickte er in die Runde.
    "Und für alle, die mich noch nicht kennen, ich bin Chimerion, der neue Sklave der...Herr..in.."
    Dieses Wort wollte ihm immer noch nicht richtig über die Lippen kommen. "Wir sollten alle zusammen suchen, vielleicht finden wir sie dann schneller", meinte er dann.

    Chimerion war ganz erschrocken, als er... wie hieß dieser Mann noch mal? Es war jener Schreiber oder so der Herrin, der den Kaufpreis für ihn mit nur 100 Sesterzen angesetzt hatte.


    Chimerion sprach langsam, damit der Mann ihn auch verstand: "Die Katze der Herrin ist weggelaufen und nun suchen alle nach ihr. Meine Herrin macht sich Sorgen und wütet gegen alle, die ihr zu nahe kommen."

    Nach zweistündiger Suche fielen Chimerion keine thrakischen Schimpfworte mehr ein, die er noch verwenden konnte.
    Er hatte die ganze Villa auf den Kopf gestellt, hatte unter allen Betten und Möbeln nachgesehen, war im Keller herumgeirrt und hatte sich etliche Male gestoßen.
    Nun blieb als letzte Möglichkeit nur noch der riesige Garten. Als er das weite Grün betrat, staunte er nicht schlecht. Es gab Beete mit Blumen, fließende Rinnsale und Bäume. Die Wege waren sauber und es roch nach Sommer, nach Jasmin und ein wenig schwerer, nach einer Pflanze, die der Thraker nicht benennen konnte.


    Aber es gab hier auch viele Büsche und Stäucher, in denen sich dieses Katzenvieh verstecken konnte. Chimerion bewaffnete sich mit einem Stock und machte sich daran, die Zweige der Büsche auseinander zu schieben, als er angesprochen wurde.


    Er musterte den Mann kurz, nach seinem Aussehen mochte er in die östlichen Gebiete des Imperiums gehören.
    "Ich suche die Katze der Herrin, sie ist ihr weggelaufen."

    Einen Moment lang glaubte Chimerion, sich verhört zu haben. Seiner neuen schreienden Herrin fehlte also körperlich nichts, das einzige was sie suchte war eine KATZE???
    Wieder einmal wurde Chimerion bewusst, welche seltsamen Probleme die wohlhabenden Römer manchmal hatten. Er selber hatte Einbrecher oder ähnliches vermutet und jetzt sollte er eine Katze suchen.


    Er verdrehte die Augen ob dieser erniedrigenden Aufgabe. Seit seiner Ankunft hatte er sich gefragt, ob die Herrin wohl Kinder hatte, gesehen hatte er zumindest keine. Chimerion hegte den Verdacht, dass die Katze eine Art Kinderersatz war.


    Trotzdem glaubte er, aus der Stimme der Herrin ein wenig Sorge zu hören. Scheinbar war ihr das Tier also wichtig.
    Chimerion nickte. "Gut Herrin, ich werde mit den anderen Sklaven die Villa und den Garten durchsuchen"


    Auf dem Weg zur Tür hinaus, überlegte er, was wohl passieren würde, wenn die Katze das Anwesen bereits verlassen hatte? Immerhin war die Stadt riesig... Stöhnend machte er sich auf einen langen Tag gefasst.

    Schon von weitem waren die Schreie zu hören. Chimerion, der gerade die Sklavenunterkunft besucht hatte und eine Pritsche für sich zugeteilt bekommen hatte, wurde von Ylva gestört, die ihn aufgeregt zur Herrin rief.


    Der Weg war nicht schwer zu finden, man musste nur dem hysterischen Schreien und Schimpfen nachgehen. Scheinbar hatte sich die Herrin etwas getan, aber sicher war sie nicht am Mund verletzt, dachte sich Chimerion, als er um die letzte Ecke bog.


    Sichtlich aufgelöst und wütend stand seine Herrin vor ihm. Und wieder konnte er die Augen fast nicht von dieser Gestalt nehmen. Bevor sie es merkte, schlug er den Blick nieder.
    "Du hast gerufen Herrin?", fragte er sie höflich.


    Sie hatte sogar geschrien, man hatte es sicher bis zur nächsten Villa gehört. Trotz allem sah sie doch gesund aus.

    Chimerion nickte nur wortlos und ergab sich seinem Schicksal.


    Vorzeitig zumindest, denn er hoffte, vielleicht doch noch einmal das Land seiner Vorfahren zu sehen. Während er nur mit einem Ohr zuhörte, wie sein Preis veranschlagt war, dachte er schon darüber nach, wie er seiner neuen Herrin "dienlich" sein könnte.


    Ein kleines Grinsen zuckte um die Mundwinkel des sonst so ernsten Mannes.

    Langsam fühlte sich Chimerion wie eine Maus, die den hypnotischen Bewegungen der Schlange zusieht, bevor sie gefressen wird.
    Sie schien seine Gedanken erraten zu haben, denn schon als er das Atrium betrat, hatte er sich heimlich nach einem anderen Ausgang umgesehen.


    Doch wohin sollte er fliehen? Er kannte die Stadt nicht und überall waren Menschen und Soldaten... Aber einfach so aufgeben? Die herrische Stimme der Römerin riss ihn aus seinen Gedanken. Wie weit würde er wohl kommen? Offengestanden war ihm sein Leben doch mehr wert als der Weg in die Arena.


    Er sah der Frau direkt in die Augen: "Habe ich eine Wahl? Ich werde tun was du verlangst....Domina", spuckte er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Sollte sie sehen, was sie davon hatte.