Beiträge von Cnaeus Flavius Lucanus

    M, MCC! Rarior in verbis, in factis amplior!*)


    sage ich begeistert zu Caro und den unmittelbar umstehenden Leuten. Ein Mann, ein Wort. Ich schaue mich um wie ein Auktionator, trinke großzügig - diesmal ohne einen Flecken zu hinterlassen - aus de Feldflasche.


    Ups.


    Der MCC-Sesterzenmann ist mein Onkelzwei. In voller Montur. Und sein scriba personalis betrinkt sich sinnlos an "Birne gemischt" und schlägt sich den Wanst mit Würsten voll. Einer Wurst, wir wollen da korrekt sein.


    Ein wenig trete ich in die Menschenmenge zurück, ganz kann ich das noch nicht einordnen, ob was hier ein Luca-Areal ist oder ob ich nicht vielleicht besser hier unsichtbar wäre. Aber wer weiß, vielleicht will ich ja auch einen persönlichen Sklaven erwerben. Mit meinem scriba-Gehalt keine große Sache, muß ich halt die nächsten, zehn?, zwanzig? Jahre auf Wurst auf die Faust und Birne gemischt verzichten. Standesgemäßer Ruin, kaum wenige Wochen, da ich in Rom bin.


    Eh, stupste ich Caro an, meist Du den Mann da hinten? - Nicht so deutlich umschauen! - In der toga praetexta? Das jedenfalls ist mein Onkel Aquilius.




    *) Sei sparsam mit Worten, großzügig mit Taten!

    Eine Wucht, nicht? Ich kann nicht an mich halten. Alle in Flaviobriga waren in sie verliebt, alle. Mein Vater hat mächtig Glück gehabt ... meine Mutter wohl auch, irgendwie jedenfalls. Ich räuspere mich. Naja, die, die von den Göttern geliebt werden, die werden früh gerufen. Meine Mutter wurde nur fünf Jahre älter als Alexander Magnus.


    Jetzt sollten wir aber schleunigst über etwas anderes reden, Kerkerbesichtigung ware gut, das lenkt mich sicher ab.


    Vielen Dank Onkel Aquilius, wenn es Dir recht ist, werde ich mich um alles kümmern. Der Steinmetz soll ins Haus oder hierher kommen, um eine Probe abzuliefern, damit Du sehen kannst, ob er qualitätvolle Arbeit leistet. Für den Transport müsen wir auch noch sorgen, von Ostia nach Tarraco und dann weiter über die Berge nach Flaviobriga.
    Ich greife wieder nach meinem PDA.


    Was läge heute noch dringend an? Ein zweites Frühstück vielleicht?

    Luxuriam fugito, simul et vitare memento
    crimen avaritiae; nam sunt contraria famae.
    *)


    rufe, ich, jetzt schon fast sauer. Aber irgendwie ist es doch witzig. DCC und I Sesterze - für diesen tiefnachtschwarzen Prachtkerl. Was ist das heute, ein tiefnachtschwarzer Tag für den Handel? Rezession? Konsummüdigkeit?


    Hängt es an ein "M" an, dann ist das eine reele Verhandlungsbasis! Knauser!


    Hoffentlich meinen die jetzt nicht, ich wolle mitbieten. Aber wenn die Preise steigen, vielleicht zeigt sich der Händler ja erkenntlich? :D




    [SIZE=7]*) Hüte dich vor Verschwendung, doch vermeide zugleich den Vorwurf des Geizes, denn beide schaden dem Ruf.[/SIZE]

    Man muß kritisch mit Literatur sein, genauso wie Menschen, können Bücher fürchterlich langweilen - und wenn man bei der Wahl seiner Freunde kritisch ist, um wievielmehr muß man es bei seinem Lesestoff sein, der einen vielleicht mehr beeinflußt als Menschen? Naja, es muß auch Spaß machen, und dieses Liebeszeug ist halt etwas fade.


    Heroidenbriefe, Paraklausidingsbalings, da habe ich ja einen echten Liebhaber vor mir.


    Nun, Rector Aelius Callidus (das stand doch auf dem Türschild, wenn ich mich nicht irre?), ich sehe, Du bist ein Jünger der Erato, nicht? Mich hat die Kalliope in den Bann geschlagen, bisweilen auch die Thalia.


    Also für was Seichtes bin ich immer gerne zu haben. Das Plautus-Stück was klasse, wenn auch etwas zu modern inszentiert.


    Ich will nicht unbescheiden sein, Rector, sage ich. Hauptsache, mein Beutel füllt sich mit klingender Münze. Nein, nicht ganz so, aber es ist ein schönes Gefühl, nicht vor dem Winterhunger Angst haben zu müssen. Gerne bringe ich mich mit meinen wenigen Fähigkeiten und meinem guten Willen hier ein. Ob ich ihm sagen soll, daß ich manchmal ein wenig schreibe? Im Kopf oder auf einer Wachstafel, nur für die kurze Endlichkeit eines Gedankens? Lauter Fragmente großer Epen, großer Tragödien und Lustspiele, in denen sich am Ende alles Verknubbelte löst?


    Zum Lehren fehlt mir wohl jetzt noch das Wissen - und zum Literaten vielleicht überhaupt das Talent. Ich zucke ein bißchen hilflos mit den Schultern. Eigentlich hatte ich daran gedacht, für einige Münzen Schriftrollen hin- und herzuschlichten oder sowas. Aber vielleicht kann er mir etwas besseres anbieten. Oder einen Weg dahin. Ich lächele und schaue ihn erwartungsvoll an. Aber ich arbeite gerne, etwas zu tun zu haben, befriedigt mich.


    Wobei Nichtstun und auf dem Markt herumzuschlendern auch nicht zu verachten ist.

    Manchmal kann man sich, nein, ziemlich sicher und häufig täuschen wir uns in unseren Mitmenschen. Onkelzweis Gesicht nimmt weiche Züge an, ein wenig verträumt aber aufgehellt blicken seine Augen und seine Miene entspannt sich, vielleicht denkt er gerade an seine eigene Mutter. Was ist aus der geworden?


    Ich nahm an, daß Aquilius das nicht so wichtig ist, also persönlich, nicht aus Gründen der dignitas und der mores.


    Meine Mutter hat Bäume gemocht, sie hat oft im Schatten eines großen Nußbaumes gesessen und gelesen. (Und ich bin oben herumgeturnt und ihr so manchen Schrecken eingejagt. Ein leicht genervt-besorgtes "Luca!" klingt mir noch in den Ohren.


    Wenn der Baum wächst und den Stein beschattet, dann wird das ein großartiges Grabmal für sie. Aber - ich lege meinen PDA auf ein nahes Bord und nestele an meinem Tunikakragen - aber wir könnten, ich meine, äh, wir könnten - ich ziehe ein an eine Lederschnur geknüpftes, etwa handgroßes in Leder eingeschlagenes Holztäfelchen hervor - wenn es nicht zu teuer ist, auch ihr Bild unter den Giebel zwischen zwei ionische Säulen einmeißeln lassen. Ich gebe Onkel Aquilius vorsichtig das Täfelchen auf meiner Hand:



    Das ist meine Mutter, setze ich überflüssigerweise hinzu. Das Bild schaue ich nicht an, das soll eine geschäftsmäßige und keine privat-intime Angelegenheit sein.



    [SIZE=7]Das ist eigentlich das Mumienbildnis der Irene aus Fayjum (Ägypten), 2.Viertel 1.Jh.n.Chr., Enkaustik, 19 × 36 cm, Würtembergisches Landesmuseum, Stuttgart[/SIZE]

    Zitat

    Original von Tilla Romania


    Ja, schau Dir das an, erst DCC Sesterzen! Lauter kleinkartierte Knauser. Als nächstes bietet jemand DCCV Sesterzen! Irgendwie ist die Auktion etwas zahnlos, ein richtiges Duell, bei dem sich beide ruinieren, das wärs.


    Ob Onkel Flavius Aquilius bei den Aurelii war? Keine Ahnung, ich bin zwar sein scriba, aber nicht für seine privaten Termine zuständig. Mich lädt auch noch keiner zu Festen ein, kennt mich ja keiner. Woher weißt Du das? Warst Du da bei den Aurelii? Bist Du mit einer Aurelia befreundet? Haben die nette Mädchen? Heiratsfähig?


    Irgendwie ist mir der Gedanke an eine Heirat gestern Nacht durch den Kopf geschossen. Meine Mutter hat mit neunzehn meinen Vater, der kaum einundzwanzig war, geheiratet. Ich weiß zwar nicht, ob es das ius trium liberorum des Divus Augustus noch gibt, aber ein unverheirateter und kinderloser Patrizier ist eine sicher Schande. Haben meine Onkel eigentlich Kinder? Eine Ehefrau? Lauter Junggesellen? Lauter seltsame Gedanken in einer schlaflosen Nacht, die nicht einmal ein heißes Bad vertreiben konnte.


    [SIZE=7]liberorum: Kinder, nicht Bücher[/SIZE]

    Ich strahle ihn an, wie er sich umdreht, die Hände auf dem Rücken verschränkt, ist Großes zu spüren. Große Erwartungen! (Toller Titel - für eine Biographie?). Mein gestern frischerworbener PDA*) mit modernem, augen- und besonders schreibfreundlichem Wachsüberzug wird gezückt und aufgeklappt, der zugehörige Stilus aus dem Scharnier gezogen:


    VIII ID DEC


    I: SCHREIBTISCH
    II: OFF. FAELLE?
    III: VISITE CARC. (MAMERT. ?)
    IV: CP AUSG ET WERTKRTE. FLV: QUANTA?
    V: STEINMETZ


    Notiert. Steinmetz? Ah! Ja, Tresvir, ein unpersönlicher Ton erstickt den Verdacht von Nepotismus, schließlich bin ich der Neffe des Amtsinhabers, gleich im Ansatz bei allen und jedem, ich habe hier einen Text vorbereitet. Ein, zwei Angebote für einen Stein mit Inschrift habe ich auch eingeholt. Hier der von mir entworfene Text. Ich reiche ihm einen kleinen Zettel:


    DIS MAN
    FOSLIÆ MILONIÆ CN MILONIS F
    CIVES HISP AN XXXVIII


    FL LVCANVS FL MAXIMI F
    FL AQVILIVS FL ATTICI F
    F C


    Als Form dachte ich an einen schlichten Grabstein mit Giebel, in der Art einer Tempelfront, etwa drei Ellen hoch. Kein weiterer Schmuck.



    *) Persönlicher Diptychon Assistent


    **) DIS MAN(ibus)
    FOSLIAE MILONIAE CN(aei) MILONIS F(iliae)
    CIVES HISP(ania) AN(norum) XXXVIII
    FL(avius) LVCANVS FL(avii) MAXIMI F(ilius)
    FL(avius) AQUILIVS FL(lavii) ATTICI F(ilius)
    F(aciendum) C(uraverunt)

    Ich hüstele ein wenig, als ich in der Tür der Amtsräume meines Onkelzwo, des IIIvir capitalis Caius Flavius Aquilius auftauche. Nicht, daß noch irgendwo Staub herumliegen oder -fliegen würde, aber Onkel Aquilius schaut zum Fenster heraus und dreht mir also den Rücken zu. Wäre er jünger oder wir befreundet, würde ich mich an ihn heranschleichen und ... Kuckuck!


    Stattdessen hüstele ich kaum vernehmlich, raschele mit meiner Toga und nicke freundlich zu Straton hinüber, der schon eifrig dabei ist, mit stratonische Systematik einzuführen. Ob ich zu spät bin? Ob ich überhaupt hier vonnöten bin? Ich, die dritte und vierte Hand des Marspriesters und IIIvir capitalis dieser Stadt bin hoffentlich nicht das fünfte Rad am Wagen. Einige Schriftrollen liegen herum, es sieht zumindest schon nach Beschäftigung aus, ein Eindruck den zu wecken jedem Vorgesetzten angeraten ist, um lästige Frage- und Bittsteller in die Schranken zu weisen.

    Zitat

    Original von Tilla Romania


    Wo kommen wir denn da hin, wenn die Frau selbst bezahlt? Oder gar noch mitbezahlt? So degenerierten Zeiten wird es niemals geben, in denen Frauen die Männer einladen, also Männer und nicht windig-weibische Gestalten. Dann wird es keine Helden mehr geben. Ich schüttele abwiegelnd den Kopf.


    Caro nimmt sich die Feldflasche, während dieser Bewegung klimpere ich dem Mann die geforderten Münzen auf den Bauchladen und nehme die zweite Wurst.


    Sie zeigt auf einen Mann, der gerade 600 geboten hat. Aber hallo! Das ist doch der edle Spender, der Mann mit dem warmen Brot. Er sieht zufrieden aus, offenbar hat er sich mit seinem politischen Programm - "3 P": panem, panem, panem - durchgesetzt. Ich erwarte einen spürbaren Anstieg an ofenfrischem Gebäck auf den Straßen Roms in den nächsten Monaten.


    Guck mal, zeige ich mit einer Bewegung zu dem vigintivir, der ist einer der Neugewählten, verdienstvoller Mann mit praktischem Verstand. Hat vor der Wahl Brot am Forum verteilt. Ich grinse breit.


    Mein Onkel Flavius Aquilius ist auch einer der vigintiviri, mal sehen, was da für uns an Arbeit angeschwemmt wird. Ich beiße dienstfertig in meine Wurst, als wäre das ein Teil der Arbeit als scriba eines vigintivir, die unmittelbar ansteht.

    Hey, das war kein unverbindliches Angebot, das war ein Befehl, Seemann! :D


    20 Jahre! Ob wir überhaupt solange leben!


    Dann sind wir ja vierzig und völlig gaga, nein, vielleicht komme ich mal auf Inspektion nach Misenum. Oder als Berater, falls Ihr mal an der nordhispanischen Küste Seeräuber ausräuchern wollt. Ich zeig' Euch, wo sie nicht sind und dann wißt ihr, wo ihr suchen müßt.


    Ich nehme seine Hand und drücke sie herzlich. Währenddessen verlassen wir die Taverna Apicia.

    Zitat

    Original von Tilla Romania


    Warte, sage ich, schaue mich und pfeife auf zwei Fingern nach einem der fliegenden Händler, die um das leibliche Wohl der Käufer und Gaffer besorgt sind.


    Bei ihm lasse ich meine Feldflasche wieder auffüllen. Halb-halb: Wasser-Apfel.


    Ich habe aber nur noch Birne, dominus, antwortet er.


    Auch gut. Bitte. An Caro Mioben - was für ein Name - gewendet frage ich: Magst Du auch eine Wurst? Ich nehme eine. Meine letzte ist sicher eine halbe Stunde her.


    Und jetzt schau'n wir, wer Micipsa mitnimmt, stelle ich fest. Bist Du nicht aus neugierig? Wir könnten auch Wetten abschließen. Ein alter Ehemann, ein ängstliches Dämchen oder ein gieriger Bauer oder Besitzer eines Steinbruchs.


    Also, ich bleibe schon, sage sich, als ich bemerke, daß sie wegwill. Bleib doch, also: Wurst? Ich warte auf meine und krame schon nach ein paar Münzen.

    Ich werde ein wenig rot ob des Lobes. Allerdings merkt man, daß der Senator ein Stadtmensch ist - jeder bei uns im Dorf hätte mit verbundenen Augen sagen können, daß der Widder ein prima Kerl ist, einer, den es nur selten gibt. Guter Charakter, gutes Fell, gute Hörner. Muß man nur hinschauen. Ich versuche mein bestes zu tun, murmele ich, während Purgitius Macer sich schon mit meinem Onkel wieder zum Tempel wendet.


    Gellt, Du und ich, wir wissen, daß der zweitgrößte Annaeer, der junge Seneca, das genau andersrum gesagt und gemeint hat. Von Lehrern lernt man nix, nur wie man es nicht machen soll oder lauter dröges Zeug zum Auswendiglernen. Hier rein, da 'raus. sage ich leise zum Widder.


    Ein paar der camilli scharen sich um den Bock und mich. 'Gib nichts, was Du schlachten oder essen willst, einen Namen' hat mir Pedros Vater eingeschärft. Er wußte, warum. Ein wenig klamm wird's mir, wenn ich daran denke, daß der Widder gleich sterben wird. Aber Mars empfängt ihn sicher und führt ihn auf die große Weide, wo er mehr Gras und Zibben hat, als ihm guttun wird.


    Hier! sage ich zu zwei Jungs mit hübschen scharfgeschnittenen Gesichtszügen und mühsam gebändigtem Haar, und gebe ihnen von meinen Nüssen, damit sie dem Bock etwas füttern können. Was geht? Alles klar? Die beiden füttern und streicheln das Tier und er läßt es zufrieden über sich ergehen wie ein Großvater, auf dem die Enkel herumtollen.

    Ich verfolge gebannt ihre Bewegungen: erst bindet sie sich meine Feldflasche an, dann stampft sie auf dem Boden herum, als wollte sie wie der große Pompeius sagen, sie brauche nur mit dem Fuß aufzutreten und schon wüchsen Soldaten (oder was auch immer in ihrem Fall) aus dem Boden.


    Sie kritzelt auf einer Wachstafel herum: Ah! :patsch:


    Sie kann nicht sprechen ... allerdings hapert's auch mit der Grammatik. Krank. Naja, gibt schlimmeres für einen Mann, als eine Frau, die nicht reden kann. Wahrscheinlich kaum erholsameres.


    Das tut mir leid, das mit Deinem Hals, sage ich. Wie heißt Du? Was machst Du hier?


    Ich reiche ihr auffordernd das wieder gefaltete Schneuztuch:


    Ey, wollen wir tauschen? zeige ich mit einem etwas spöttischen Lächeln auf meine Feldflasche, die will ich schon wiederhaben: ich besorg' uns was frisches!

    Ja, in die Ecke, wo die mit der Eselsmütze stehen, natua! :P


    Ich denke kurz nach. Von ... für ...


    Aber frei von Sorgen find' ich jedenfalls besser als frei für Sorgen, nicht?


    Na, ich trinke auch aus, wenn Du wieder in der Stadt bist, komm' doch gerne bei uns vorbei. Bist jederzeit willkommen Ich erhebe mich mit ihm.

    Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus


    Also ich finde Vergil schon ziemlich aktiv, viel actio, manchmal auch ellenlanges Gerede natürlich, aber insgesamt passiert doch eine ganze Menge, auf grammatikalische Feinheiten habe ich allerdings bislang kein Auge geworfen, vielleicht sollte ich mich ein wenig mehr damit beschäftigen. Konkurrenzstudien sozusagen ... egal.


    Martials Epigramme oder Iuvenals Satiren finde ich ziemlich klasse, mit Elegien, naja ... Ich hebe leicht die Schultern.


    Meine Mutter hatte eine Sammlung mit Elegien verschiedener Dichter, in der sie immer wieder las. Öhm, da passiert ja nicht viel:


    Haec certe deserta loca et taciturna querenti,
    et vacuum Zephyri possidet aura nemus *)


    ist sicher ein toller Anfang, man sieht schon die Dämonen von dem Wipfeln des stillen Waldes herunterlugen, ein düsteres Heer wird gleich marschieren - aber dann jammert Propertius herum wie ein ... , ein ...., naja, nichts geschieht irgendwie, man schaut ihm nur bei seinem Selbstmitleid zu, weil irgendwas mit der Cynthia nicht so hinhaut wie er sich das vorstellt. Sollen das dunkle Heer oder die Dämonen Cynthia entführen, der Held befreit sie, dann klappt's auch mit der Cynthia und alles ist geritzt. Aber so? Kein Wunder, das Cynthia ihn immer wieder zurückweist, diesen depressiven Trauerklos.


    Ich schüttele leicht den Kopf: Völlig realitätsfern, dieser Propertius. Aber vielleicht haben die auch etwas geschrieben, was nicht so handlungsleer ist? :rolleyes:


    Naja, ich kenne nicht mehr als in der Sammlung meiner Mutter enthalten ist, ein bisserl Gallus, Ovid, Tibull und eben Propertius, mehr nicht.




    *) Hier in der Einsamkeit, wo in Schweigen die Klage begraben,
    Wo nur der Zephyr streicht durch den verlassenen Wald,

    Don Lucanova hat die junge Dame im Sturm genommen. Sie ist offensichtlich sprachlos ob meiner Galanterie und meiner sprühenden Intelligenz. In einem Stück von Aristophanes käm' jetzt einer aus dem Hintergrund und würde mich verspotten. Ob meiner Dämlichkeit und meiner affigen Art. Mag sie nicht mit mir reden? Eine Ausländerin? Achje, wie spricht man Griechisch aus? Ich hab' bislang nur Griechisch gelesen, keine Ahnung, wie man das dann sagt! Äi-mi Lukanoß? Hei mi Lúkanof? Vergiß es.


    Micipsa? Ob ich ihn haben will? Irgendwie scheint sie das zu meinen.


    Ich rolle ein wenig mit den Augen und schüttele meinen Kopf, daß die Haare ein wenig fliegen. Nöö. Ich fuchtele ein wenig mit den Händen. Zu groß, zu stark. Eigentlich sollte ich ihr auch den leeren Beutel an meinem Gürtel zeigen: "Pleite" signalisiert der nämlich.


    Ällänikää'? Keunä? Griechisch? versuche ich es dann aber doch. Klingt schauderlich. Ich zeige auf sie und zucke fragend mit den Schultern und werfe dann beide Hände nach außen: Woher kommst Du? Ich habe keine Ahnung!


    Sag' doch was ... vielleicht klingt es nach Bridhe.

    Richtiges Wasser wäre mir sicher lieber, hätte ich die Wahl. Ich komme von der nordhispanischen Küste und dort lernen die Kinder erst schwimmen, dann laufen!


    Ich lächele ein wenig versonnen und schaue dem Senator in seine klaren Augen. Jetzt wirkt er nicht so "zackzack", so militärisch wie eben, als er zum Tempel marschierte. Vielleicht liegt's an der Erwähnung seiner oberitalischen Güter oder vielleicht kann er seinen Gedanken jetzt ein bißchen die Zügel geben, wo alles in den Startlöchern steht.


    Er ist ein prächtiger Kerl, setze ich hinzu und streiche dem Widder weiterhin über den Rücken. Unser Nachbar hat die Tiere gezüchtet, die Zeichnung und die Hörner sind wunderbar gewachsen. Als Zuchttier sicher ein Gewinn - und als Opfertier wird er von Mars sicherlich mit offenen Armen begrüßt werden. Hoffentlich sagt man das so. Wär' ich Mars, wär' ich jedenfalls ziemlich froh, einen solchen Widder zu bekommen.


    Meine zwei, meine drei Onkel sind wirklich sehr umtriebig. Onkel Aquilius gehört ja nun wohl auch zu den vigintiviri, da gibt es sicher viel zu tun. Ich freue mich wirklich, denn Leben und Arbeiten lernt man ja durch leben und arbeiten und nicht durchs Lesen. Das ist eine einmalige Ergänzung zur Ausbildung an der Schola.


    Der Widder neigt seinen Kopf und versucht, Blätter und Blüten aus der Girlande mit seiner Zunge zu zupfen. Na, komm, erst nachher, sage ich, und dann fällt mir ein, daß es für den Widder ja kein "nachher" gibt. Ich schlupfe mit einer unter meine Toga und versuche, aus dem Ledertäschchen am Gürtel ein paar salzige Nüsse zu klauben. Gelingt nicht unelegangt, ich blicke freundlich und andeutungsweise verzeihend zu Senator Purgitius Macer. Hier, alter Junge sage ich zum Widder und drücke ihm einiges mit der Handfläche ans Maul. Die Zunge kitzelt, er ist beschäftigt.


    [SIZE=7]Tipp-Ex.[/SIZE]

    Das Mädel hält mich für plemplem. Sabbern und dann Einwortsätze absondern. Sie malt unsichtbare Schnurbarthaare mit den Fingern unter ihre Nase. Das habe ich nun davon.


    Ah, geh' komm'! Mach' Deine Geschäfte woanders! Wrgh. Ich mache einen Schritt zurück, in die richtige Richtung. Das hätte mir noch gerade gefehlt, depperter Hund. Glück ist ja okay, aber so direkt vor die Füße muß man ja nun nicht wirklich haben.


    Magst einen Schluck? reiche ich ihr die Feldflasche. Ist noch kühl. Ich reibe ein wenig an meiner Tunika herum, nicht sehr erfolgbekränzt.


    Brauchst einen lybischen Sklaven? Etwas zweifelnd schau' ich sie an, als Schutz wär' der wirklich geeignet, so zart und durchscheinend wie sie wirkt. Mehr aber wohl nicht, sah ein wenig einfältig aus. Nicht der rechte Umgang für eine junge Dame. Aber zum Sänftentragen geht er allemal.


    Oder eher einen Kavalier? Ich grinse und hoffe, einen verwegenen Eindruck zu machen. Die Rolle des Iacobus Lucanova ist mir auf den Leib geschneidert, hat nur noch niemand bemerkt.


    Ich bin Luca, Flavius Lucanus. Stets zu Diensten der jungen Dame. Ich mache die Andeutung einer 1/4-Verbeugung.


    :D

    Ist das jetzt aber überdrüberpeinlich. 'Da kannste gleich innen Sack kriechen und von außen draufprügeln' würde Pedro jetzt lakonisch konstatieren. Ein Mädel - Mädel! Hilfe! - also ein Mädel reicht mir ein Schneuztuch, und zeigt auf meinen Ausschnitt. Bravo. Wo ist der nächste Sack, in den ich kriechen kann?


    -.^


    Ich muß aber doch unwillkürlich grinsen, die lächelt nett, nicht so "ups" wie manche der eingebildeten Schnepfen, die mit einen griechischen Hauslehrer und einer Anstandssklavin durch die Straßen der Patrizierviertel staken.


    :D


    Äh. Danke. Apfelsaftwasser. Ich hebe mit der rechten die Feldflasche und greife mit der freien Linken nach dem Tüchlein. Ob ich auch in ganzen Sätzen sprechen kann? Offenbar nicht:


    Komischer Name. Ich deute mit dem Kopf auf das Holzschild, das um den Hals des Sklaven hängt.*)


    Micipsa. Name für'n Kätzchen. Subjekt-Objekt-Prädikat, cursus Latinus, Luca.


    Sim-Off:

    [SIZE=7]*) Bittebitte den Ausweg akzeptieren. Hatte vorhin einfach nicht bemerkt, daß der Händler den Namen überhaupt nicht nennt ... [/SIZE]