Beiträge von Hektor

    ... hatte die Nachricht von dem Brand auf einem ihrer vielen Landgüter die Herrin erreicht, worauf sie mich wiederum sofort losgeschickt hatte zu klären, was genau dort geschehen war. Also machte ich mich auf den Weg nach Antium, wo das besagte Gestüt zu finden war. Der Blitz hatte des nachts, während eines schweren Unwetters, dort eingeschlagen worauf es völlig nieder gebrannt war. Zehn von insgesamt zwanzig Pferden fanden den Tod in den Flammen, ebenso wie vier Sklaven, bei dem Versuch sie zu retten. Zusammengerechnet wohl kein großer Verlust für die Herrin, hatte sie doch anfangs nicht einmal gewusst von welchem Gestüt überhaupt die Rede war. Aber gut, letzendlich ging es darum sich vor Ort ein Bild von dem Ausmaß der Schäden zu machen und deshalb schickte sie mich dorthin. Leider war es mir auf dieser Reise nicht vergönnt 'meine' Tilla an meiner Seite zu haben und so schickte ich mich an, nach getaner Arbeit möglichst schnell nach Rom zurück zu kehren. Tja, nur etwas anders als geplant, hatte ich unvorhergesehener Weise noch "etwas" im Gepäck. Aber der Reihe nach! Davon wollte ich er Herrin ohnehin gerade berichten, nachdem ich mit einer Verbeugung ihr Gemach betreten hatte:


    "Salve Herrin! Ich bin zurück aus Antium, um dir Bericht von dem Brand zu erstatten", grüßte ich und wartete einen Moment, bis sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkte und ich weiter sprechen durfte:


    "Herrin leider bringe dir keine besonders guten Nachrichten aus Antium. Bei dem Unwetter, vor etwa drei Wochen, muss ein Blitz die Ställe in Brand gesetzt haben.", versuchte ich den Hergang so weit wie möglich zu rekonstruieren: "Das Feuer muss ziemlich schnell und heftig um sich gegriffen haben, nachdem zuvor wochenlang die Sonne geschienen hatte und alles Brennbare reichlich Nahrung bot. Zehn deiner Pferde konnten nicht mehr gerettet werden, die übrigen zehn Pferde habe ich nach Ostia verlegen lassen. Ich hoffe das war in deinem Sinne", erklärte ich meine eigenmächtige Handlung denn es war aus meiner Sicht das Beste, die Tiere auf das elterliche Anwesen der Herrin zu bringen und damit kam ich auch fast schon zum Schluss: "Das Haupthaus, sowie die übrigen Gebäude und die Unterkunft der Sklaven sind bis auf die Grundmauern abgebrannt. Außerdem sind vier von den zehn dort lebenden Sklaven, einschließlich Caecus der Verwalter bei dem Versuch ums Leben gekommen, die Pferde zu retten. Von den überlebenden Sklaven, habe ich fünf dort zurück gelassen um nach dem Rechten zu sehen und bis du entschieden hast, was weiter geschehen soll. ", endete mein Bericht und ich holte tief Luft. Wenn meine Herrin genau mitgezählt hatte müsste sie nun darauf kommen, dass ein Sklave in meiner Aufzählung fehlte. Da ich aber ihre grauen Zellen nicht über Gebühr beanspruchen wollte, löste ich die Rechnung schnell auf, indem ich räuspernd zur Seite trat und abschließend noch hinzu fügte: "Das hier ist übrigens Mara. Sie war die einzige Magd auf dem Anwesen und naja, … nachdem dort nicht mehr viel steht und der Wiederaufbau sicher dauern wird, dachte ich es sei das Beste, sie mit nach Rom zu nehmen." Noch eine eigenmächtige Entscheidung meinerseits. Was soll´s. Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern und schob Mara sanft nach vorne, damit die Aurelia sie in Augenschein nehmen konnte.


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    "Salve Herrin!", grüßte Mara mit zitternder Stimme und machte eine tiefe Verbeugung, bei der sie fast aus dem Gleichgewicht geraten wär. Nach einem kurzen Straucheln fing sie sich gerade noch, worauf sie hastig den Kopf und den Blick ganz weit nach unten senkte. Das Mädchen war sichtlich nervös und etwas verstört und wäre am liebsten im Boden versunken. Kein Wunder. Nachdem sie gut drei Jahre lang auf einem friedlichen und abgelegenen Anwesen bei Antium gedient hatte, war Rom und der ganze Trubel hier doch etwas viel für sie. Entsprechend unwohl fühlte sie sich in ihrer Haut, noch dazu die musternden Blicke der Herrin deutlich spürend und nicht wissend, was nun weiter mit ihr geschehen würde.

    So so, wir mussten also erst noch stubenrein werden und rangierten in der Hierarchie am untersten Ende, wahrscheinlich noch hinter der Schmeißfliege, wenn man Sciurus' abfälligen Bemerkungen so zu hörte. Ausspucken war sicher nicht die feine Art, da musste man dem flavischen Mustersklaven sogar recht geben, aber es war eben ein Mittel um Gefühle oder seine Meinung zum Ausdruck zu bringen (sofern man welche hatte). Zu vergleichen vielleicht mit dem Rülpser am Tisch, um zu zeigen, dass es einem geschmeckt hat und dem Entleeren des Magens durch Gaumenkitzeln mittels einer Feder, damit noch mehr hinein passt. Auch nicht gerade sehr appetitliche Verhaltensweisen, dachte ich so bei mir als ich meinem Speicheltropfen auf dem Boden beim eintrocknen zu sah. Aber gut, hier ging es weder um dies guten Sitten der Römer noch derer irgendwelcher anderer Völker.


    Im Grunde konnte man Sciurus seine Worte und sein Verhalten nicht einmal übel nehmen. Er war ein Musterbeispiel 'flavischer Sklavenzuchtkunst'. Aus ihm sprach sozusagen die Stimme und der Verstand seines Herrn, nicht die seine und er handelte stur danach, ohne es je zu hinterfragen. Dienen! Nicht denken! Und das bis zum Tod. Ihm machte das nichts aus, er kannte es schließlich nicht anders und wenn man die Vorzüge bedachte, die einem Sklaven hier zu kamen, konnte man durchaus nachvollziehen, dass ihm die Freiheit nicht fehlte. Regelmäßiges Essen, anständige Kleidung und üblicherweise eine einfache Bestattung. Was wollte man als Sklave mehr, wenn man das Gefühl, frei zu sein und sein eigner Herr, niemals kennen gelernt hatte.


    Ich blieb also ziemlich gelassen und verkniff mir jede weitere Bemerkung da diese Diskussion sicher zu nichts führen würde, außer vielleicht zu einem Aufruhr. Und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Tilla zuliebe. Nicht, dass sie am Ende darunter zu leiden hätte. Hoffentlich machte Tilla jetzt keine Dummheit, dachte ich nur kurz als sie meine Hand los ließ, ohne mich jedoch nach ihr umzusehen. Stattdessen sah ich Sciurus weiter direkt in die Augen und nickte nur leicht, wobei mein abfälliges Lächeln auf den Lippen alles andere als Zustimmung zeigte.


    Luca hingegen ließ sich durch die Worte dieses Mustersklaven sehr wohl provozieren und das war nicht gut. Ich konnte ihn gut verstehen und ich war absolut seiner Meinung. Doch wie gesagt, es würde zu nichts führen: "Lass es gut sein!", sprach ich ihn deshalb vernehmbar an und legte kurz meine Hand auf seine Schulter. Seinen Namen kannte ich bis dato nicht und natürlich würde ich ihn nicht davon abhalten können zu tun, was er zu tun gedachte, aber dennoch versuchte ich ihn zu beschwichtigen: "Es bringt nichts, mit diesem Kerl da über den Wert und den Sinn des Lebens diskutieren zu wollen …", demonstrativ nickte ich zu Sciurus und meine Stimme klang bedauernd: "Aus ihm spricht und handelt kein geringerer als der Herr, der ihn geschaffen hat. Nimm es ihm also nicht übel! Er ist anders als wir Tiere",sprach ich fast schon sarkastisch von uns selbst als Tiere und brachte damit meinen Unmut darüber zum Ausdruck, dass dieses 'Wesen' da vor uns einer unschuldigen Frau einfach so das Leben genommen hatte. Da wäre ich lieber ein Tier, als eine seelenlose Hülle, wie dieser Mustersklave da ...


    "Was geschieht nun mit der Frau?", richtete ich noch im selben Atemzug eine Frage an eben jenes Wesen, namens Sciurus. Nicht um abzulenken, aber um zu erfahren ob dieser Frau wenigstens ein halbwegs würdiges Begräbnis zukommen würde. Egal ob sie nun begraben oder verbrannt werden würde, ich wollte nur sicher gehen, dass dieser Sklave sie nicht in den Tiber werfen lassen wollte, oder gar noch schlimmeres zur Abschreckung mit ihrem Leichnam vor hätte:"Ich stelle mich zur Verfügung um sie zu beerdigen. In Ordnung?", sagte ich deshalb schnell und hoffte, dass Sciurus mir diese Aufgabe einfach so übertragen würde. Wer begrub schon gerne die Toten? ...

    Ich spürte wie Tilla meine Hand ergriff und drückte und ich drückte sie wiederum, sanft und doch so stark, dass sie sich bei mir geborgen fühlen konnte. Der Anblick der Toten und die Worte dieses wahren Musterobjekts an flavischer Zuchtkunst nahmen Tilla sichtlich mit und ich konnte aber nicht mehr tun, als ihre Hand zu halten und ihr das Gefühl zu geben sie wäre nicht allein. Mein Blick indes war weiter ausdruckslos auf das Geschehen gerichtet. Keiner wagte zu sprechen, keiner außer … ich blickte kurz zu Luca, der es als Einziger den Mut hatte diese Tat anzuprangern und dann wieder zu Sciurus, dem Vollstrecker des Todesurteils von Ariadne. Dieser Sklave war zweifellos ein "Musterobjekt" befand ich für mich. Oder sollte ich besser "abschreckendes Beispiel" sagen? Nur mit was sollte ich ihn vergleichen? Vielleicht am besten mit einem Soldaten, wie ich es einmal gewesen war?


    Er führte schließlich nur den Befehl aus, den sein Herr ihm aufgetragen hatte, genau so wie ich damals die Befehle meiner Feldherren ausgeführt hatte. Ich hatte getötet und mir dabei nicht viel gedacht. Auf dem Schlachtfeld hieß es ohnehin nur: "Ich oder er", wenn man Auge in Auge dem Feind gegenüber stand.


    Doch im Gegensatz zu diesem Sklaven hatte ich nie den Skrupel verloren, einfach so einen Wehrlosen zu töten, geschweige denn eine Frau oder ein Kind. Sicher gab es auch solche unter uns Soldaten, denen es Spaß machte Wehrlose regelrecht abzuschlachten und Frauen und Kinder zu schänden. Für diese Kerle hatte ich nur Verachtung übrig! Doch dies mochte ich Sciurus nicht einmal unterstellen. Er hatte keinen Spaß daran. Er tötete nur, wenn sein Herr es verlangte. Dann aber ohne zu zögern und ohne darüber nachzudenken was er da tat. Wie sollte er es auch anders kennen? Im Gegensatz zu uns, die wir einmal frei gewesen waren, hatte er wohl nie etwas anderes kennen gelernt, außer dem Willen seines Herrn bedingungslos zu gehorchen. Eigentlich war er zu bedauern, war er im Grunde doch ein seelenloses Wesen, ein "Mustersklave" aus bester Zucht! Nein Danke! Da wäre ich schon lieber an der Stelle von Ariadne …


    Flüchtig fing ich einen Blick meiner Freundin auf und ich rang mir ein wages Lächeln ab. Nur für sie! Wie schön es doch war Gefühle zu haben und diese auch zeigen zu können. Das Gefühl zu Leben! Und sei es nur ein Leben, das ein Anderer einfach so beenden konnte. Ob Siurus zögern würde, sich selbst zu richten, würde sein Herr es wollen? Ich hatte keinen Zweifel daran.


    "Vielleicht sollte man sich lieber die Frage stellen was es letztendlich bringt die Mücke zu erschlagen, die einen sticht, oder den Hund zu treten, der einen anpinkelt, handeln diese doch nur mit dem Verstand eines einfachen Tieres. … Sind wir also nicht besser als Tiere?", spuckte ich meine Worte zusammen mit einer mundvoll Speichel auf den Boden vor meinen Füßen, noch ehe mir selbst bewusst wurde, was ich da eigentlich völlig impulsiv von mir gegeben hatte. Natürlich waren Sklaven nicht mehr wert als Tiere. Wir waren keine Menschen. Aber wem sagte ich das? Sei´s drum! Im Gegensatz zu Tieren hatten wir einen Verstand und eine Stimme, die zu nutzen man nicht einmal uns Sklaven verwehren konnte, außer, ... man schnitte uns die Kehle durch ...

    Zu welchem Zweck rief man Sklaven wohl zusammen, anstatt sie ihre Arbeit nachgehen zu lassen? Meist waren es Bestrafungen eines oder einer der ihren, denen die übrigen Sklaven beiwohnen sollten. Als abschreckendes Beispiel sozusagen. In etwa also das, was uns heute zur achten Stunde erwarten sollte. Ich kannte solche Versammlungen und dementsprechend unwohl war mir, als ich zur achten Stunde den Hof vor den Stallungen betrat.


    Als erstes ging mein Blick suchend über die anwesenden Köpfe hinweg, bis ich schließlich Tillas Gesicht darunter ausmachte. Da war sie! Zum Glück ist sie wohlauf, war mein erster Gedanke und den Zweiten setzte ich sofort in die Tat um, indem ich mich unauffällig - zwischen den anderen Sklaven hindurch - zu ihrem Standpunkt durch arbeitete. Dabei vermied ich es tunlichst, meine Freundin zur Begrüßung in den Arm zu nehmen und sie zu küssen, oder sonst wie unsere Beziehung nach außen hin kund zu tun (auch wenn mir dies unendlich schwer fiel). Es wäre sicherer für uns beide! Ich stellte mich lediglich so nah neben sie, dass sie meine Nähe würde spüren können. Das musste genügen.


    Wie gerne hätte ich ihr das hier erspart, aber es blieb uns nicht anderes übrig als den Worten des Sklaven names Sciurus zu folgen. Ein seltsamer Kerl wie ich fand, ganz spontan und ohne ihn näher zu kennen. Vielleicht, weil er stets Distanz zu den übrigen Sklaven wahrte oder, weil er es war, der uns nun mit drohender Stimme klar zu machen versuchte was uns blühen würde wenn wir "achtlos eines der flavischen Kinder in Gefahr bringen würden"....


    Fast hätte ich amüsiert aufgelacht über diese Drohung, wenn nicht der Anblick der Toten mir augenblicklich die Kehle zugeschnürt hätte. So würde es jedem ergehen, wie der Amme ... wie hieß sie denn gleich? Ihr Name war so unwichtig wie ihr Leben, welches ihr genommen wurde weil sie "achtlos" gewesen war. Pah! Was für ein Leben war das eigentlich, das wir Sklaven zu leben glaubten? War es das wert? Ein Leben, das uns so einfach so genommen werden konnte. Warum nur hingen wir an diesem Leben, wenn das Jenseits doch so vielversprechend erschien? Wäre es nicht besser dort zu liegen, wo Ariadne bereits lag - so friedlich und jenseits aller Schmerzen und Trauer?!... Genau! Ariadne war ihre Name, fiel mir just ein, wie mein Blick - aus den Augenwnkeln heraus - zuTilla huschte. Meiner großen Liebe ...


    Oh ja! Wegen ihr wäre es wert zu leben, ... wegen ihr allein ...

    Wir warteten! Eine Wahl hatten wir ohnehin nicht. Und es gab schließlich schlimmeres als auf einem Bett zu sitzen und auf die Ankunft des Herrn zu warten - vor allem wenn es sich dabei um Aurelius Ursus handelte. Ein strenger aber gerechter Herr, wie ich fand, der die Sklaven durchaus respektvoll behandelte. Vor ihm bräuchte Tilla also keine Angst zu haben, selbst wenn dieser eine Uniform tragen würde. Tilla, ach ja, … nichts lag mir mehr am Herzen, als ihr Glück. Meine Augen ruhten versonnen auf ihr, den Anblick dieser jungen hübschen Frau genießend. Sie sagte, dass sie mich liebt …"Ich dich auch", erwiderte ich ihr flüsternd, ohne lange nachdenken zu müssen und eigentlich hatte ich jetzt erwartet, dass sie sich zu mir herüber beugen und mich küssen würde. Doch was tat sie stattdessen?


    Ein wenig verwundert war ich schon, als Tilla mir plötzlich die Sandalen auszog und begann, mir die Füße zu massieren. Hier?! Was, wenn jetzt ein Soldat reinplatzen und uns zum Herrn befehligen würde? Meine Bedenken wurden jedoch augenblicklich wieder zerstreut, da die Massage wirklich …"Oh! Ah!…Das, hmmm, oh ja, das, ...mmm, das tut wirklich gut!", schnurrend wie ein kleiner Kater kuschelte ich mich in das Kissen und ließ mir diese besondere Behandlung weiter gefallen, die sonst wohl nur den Herrschaften vorbehalten war. Während es jedoch für die Herrschaften eine Selbstverständlichkeit war, empfand ich diese "Behandlung" als tiefen Beweis ihrer Liebe und ihres Vertrauens zu mir.


    Während ich also selig da lag und die Massage genoss, lauschte ich Tillas 'Worten' und verglich ihre Erfahrung mit den anderen Sklaven mit den meinigen. "Cimon? Ja ich kenne den Nubier auch nur vom sehen her. Müsste er nicht auch hier sein? … ", warf ich beiläufig ein und überlegte weiter, ob ich Tillas Eindruck von den flavischen Sklaven so teilen konnte. Eigentlich kannte ich noch gar keinen von denen, doch war mir schon aufgefallen, dass viele von ihnen ziemlich gehorsam waren. Gut erzogen eben … "Hmm, ich habe nur gehört, dass die flavischen Sklaven einer ganz besonderen Zucht entstammen sollen, aber wie genau man sie zu solchem Gehorsam drillt weiß ich auch nicht" Mit Zucht war wohl nicht nur das "Züchten" (in Form von Vermehrung) gemeint, sondern vielmehr die Ausbildung zum perfekten Sklaven durch strenge "Zucht und Ordnung". Ich muss gestehen, so ganz wohl war mir nicht bei dem Gedanken, fortan mit als "flavisches Inventar" zu gelten. "Aber mach dir mal keine Sorgen Tilla. Du und ich stehen im Grunde ja ausschließlich für das Wohl unserer Herrin zur Verfügung" Hoffentlich!, versuchte ich jeden aufkeimenden Zweifel daran schnell wieder zu verdrängen.

    Wie jetzt? Nicht wahnsinnig werden, sondern … heiß !? Hatte ich mich da gerade verhört (oder besser gesagt, ihre stummen und flüsternden Gesten falsch gedeutet). Eine Sekunde lang glaubte ich tatsächlich Tilla wolle mich mit ihrem Kichern nur necken, doch dann bemerkte ich den eigenartigen Glanz in ihren Augen und spürte ihre Lippen fordernd an meinem Hals und ich wusste, dass es passieren würde. "Du bist kein Wolf?! … Da bin ich aber beruhigt, … ", erwiderte ich mit leicht gepresster Stimme und einem schiefen Grinsen, hatte Tilla mich doch mit ihrer aufreizenden Art tatsächlich 'heiß' gemacht. Ich wollte sie - mehr denn je! Ich wollte sie lieben, mich mit ihr vereinen und ich war überzeugt, dass wir es tun würden, just in dem Moment da ich mich voll und ganz den Küssen und Liebkosungen hingab, mit denen Tilla mich augenblicklich verwöhnte. Die Traube aus ihrem Mund zu stehlen, so wie all die anderen Köstlichkeiten, … längst war aus dem amüsanten Mahl ein 'heißes' Liebespiel geworden, welches letztendlich in einem leidenschaftlichen Tanz unserer nackten Leiber, umgeben von einem Meer aus Lavendelblüten, ihren Höhepunkt fand.


    Es war der wohl schönste Moment in meinem Leben, den ich zusammen mit Tilla erlebte, als wir uns das erste Mal liebten. Zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern wann ich mich je so frei und glücklich gefühlt hätte, wie an jenem Tag, an dem es uns beiden gelang, die Zeit für einen kurzen Moment anzuhalten. Nicht lange, aber lange genug, um uns unserer Liebe ganz sicher zu sein. Irgendwann funktionierten meine Sinne auch wieder soweit, dass ich realisieren konnte, dass dies nicht nur ein wunderschöner Traum war. Tilla lag neben mir und ihr betörender Duft und ihr warmer Leib waren mir ganz nah. Oh, ich kann kaum in Worte fassen wie schön es sich anfühlte, einem Menschen - einer Frau - so nahe sein zu dürfen und so lagen wir noch eine gefühlte Ewigkeit eng umschlungen und taten nichts weiter, außer uns zu küssen und zu streicheln …


    Ein Traum! Ein wundervoller Traum, der Wirklichkeit geworden war. Die Realität konnte allerdings auch dieser Traum nicht verändern. Leider! Die Reise, unser Auftrag, die Rückkehr nach Rom, unser Sklavendasein, all das hatten wir noch vor uns. Es fiel mir schwer daran zu denken und deshalb blickte ich schnell noch einmal zu Tilla, genoss den Anblick ihrer zarten Schönheit und ihrer Nähe, ehe ich die Augen schloss und ihr Bild mit in meine Träume nahm ... "Du bist so wundervoll. Du bist schöner, als Aphrodite es je sein könnte, meine süße kleine Tilla, ....", murmelte ich noch halb im Schlaf ihren Namen während ich mich ganz nah an sie an zu kuscheln versuchte. ...

    Mit schuldbewusster Miene nahm ich Tillas erhobenen Zeigefinger hin, wobei ich mir ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen konnte. "Ja Frau Lehrerin", gelobte ich artig Besserung, während ich sie nur widerwillig aus meiner Umarmung entließ. Zu gerne hätte ich sie einfach weiter an mich gedrückt und mich an ihrem betörenden Duft gelabt, aber so sah ich zu wie Tilla sich auf das Bett legte und mir weiter erklärte, was es mit den Soldaten auf sich hatte. Schnell wurde meine Miene wieder ernst. Tilla mochte keine Soldaten, bezeichnete diese sogar als "Ungeheuer" und ich konnte ihre Beweggründe durchaus nachvollziehen. Anderseits war auch ich einmal ein Soldat gewesen und sicher waren nicht alle Soldaten solche "Ungeheuer" wie jene, von denen mir Tilla gerade erzählte.


    "Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen", erwiderte ich dann auf ihre abschließenden Worte hin schnell, wobei ich nicht glaubte, dass sie dies nur sagte weil ich ebenfalls Soldat gewesen war. Hatte ich ihr das eigentlich irgendwann erzählt? Ich war mir nicht sicher, doch große Lust es zu tun, verspürte ich ebenfalls nicht.


    "Ich fürchte wir haben keine Wahl, Tilla. Wir müssen warten, bis unser Herr Zeit hat und wir unseren Auftrag erfüllt haben. Erst dann können wir wieder von hier fort", seufzend ließ ich mich auf das freie Bettteil sinken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während ich den Blick nach oben ins Leere schweifen ließ. "Aber ich verspreche dir eines, mein Herz. Ich werde dich immer beschützen, mit meinem Leben, so die Götter mir die Kraft dazu geben", gab ich ihr mein Versprechen an das ich mich von nun an gebunden fühlte, bis zu meinem letzten Atemzug. Ich wandte den Blick wieder zu Tilla und versuchte aufmunternd dabei zu lächeln. Ich wusste selbst, dass es nicht allein in meiner Macht lag mein Versprechen zu erfüllen, doch würde ich ALLES darum geben - für meine große Liebe.


    Von etwas anderem wollte Tilla reden, so wie eigentlich ich auch, doch wollte mir nichts rechtes einfallen und so saß ich nur da und überlegte vor mich hin. "Hast du dich eigentlich schon mit einigen von den flavischen Sklavinnen anfreunden können?", fiel mir dann beiläufig eine Frage ein. Ein paar neue Freunde könnten schließlich nicht schaden, zumal (zumindest) ich die Alten durchaus vermisste: Niki, Saba, Caecus, … sogar Alexandros und das blonde Soffchen, ….

    Natürlich waren wir aurelische Sklaven. Aus Rom. Aber das konnte der aurelische Sklave aus Mantua ja nicht automatisch wissen. Nachdem wir uns also ausgewiesen hatten, war alles geklärt und wir wurden zügig in die Unterkünfte gebracht. Diese waren zwar nicht so geräumig wie die in Rom, aber sauber und ausreichend möbliert. Gut, hier sollten wir nun auf den Hausherrn warten. Eine Stunde?! Nun das war nicht lange, doch angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit würden wir die Stadt danach sicher nicht mehr verlassen können. "Ich fürchte wir müssen hier über Nacht bleiben", antwortete ich endlich auf Tillas Frage, die sie mir schon am Seiteneingang gestellt hatte und zuckte bedauernd die Schultern. Bis zur nächsten Herberge würden wir es vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr schaffen und im Freien zu übernachten, wollte ich nicht riskieren. Wer wusste schon welches Gesindel sich hier so herum trieb. Abgesehen davon hatte ohnehin der Herr des Hauses das Sagen, ob und wann wir uns wieder auf den Rückweg machen durften.


    Es hieß also warten! … Wobei Tilla die eine Stunde Wartezeit anscheinend "sinnvoll" nutzen wollte. "He was soll denn das?", lachte ich auf, als mich die Wasserspritzer trafen. Tilla schien sich köstlich zu amüsieren und sie versuchte mich anscheinend zu necken, wobei sie mit ihrem stoppeligen Haar eher verführerisch aus, so, wie sie sich an mich drängte und ihre Hände vertraut auf meine Taille legte.


    Was wir mit der Stunde anstellen wollen? Ganz spontan? Ich sah stumm auf Tilla herab und versuchte mit einem schiefen Grinsen zu scherzen: "Nun, wir könnten versuchen, sie irgendwie tot zu schlagen, … die Stunde" Ich weiß, das war eine alberne Antwort, aber im Moment gingen mir einfach zu viele Gedanken durch den Kopf: Was könnten wir in einer Stunde alles anstellen?! Uns hinlegen und ausruhen, etwas essen und trinken, ein Bad nehmen, uns frisch machen, spazieren gehen, miteinander kuscheln und uns … Ich stoppte schnell meine Gedanken die erneut in eine bestimmte Richtung abzudriften drohten. Nein nein, hier wäre außerdem nicht der richtige Ort um an so etwas zu denken, verglichen mit einem wundervollen Feld voller Lavendelblüten. ... Ob sie meine sündigen Gedanken dennoch ahnte? Ich setzte schnell eine unschuldige Miene auf und blickte Tilla mit treuherzigem Hundeblick an."Sag du was wir tun sollen! ... Ich hoffe nur, dass der Aurelier uns nicht zu lange warten lässt und uns bald wieder zurück nach Rom schickt"

    Ich konnte Tillas Beweggründe durchaus verstehen, auch wenn ich das harte Leben auf der Straße nicht aus eigener Erfahrung kannte. Das triste Dasein für einen Moment vergessen können und sich einfach nur frei und wohl fühlen dürfen.Der Traum von Freiheit, Glück und einem sorgenfreien Leben Wer träumte ihn nicht gerne? So wie wir jetzt! Sehr viele Gelegenheiten boten sich einem Sklaven schließlich nicht, sich wirklich frei zu fühlen und deshalb wollten wir beide diese 'freie Zeit' unbedingt in vollen Zügen genießen, die wir auf unserer Reise gewannen: Tilla als Kaiserin und ich als ihr persönlicher Diener, oder einfach nur als ganz normale Menschen. Viel mehr wünschte sie sich nicht, außer, dass ich wieder Leibwächter sein könne, damit wir uns wieder öfters begegnen würden. Tilla berührte mich tief, mit ihren Gefühlen für mich und mit ihrer verliebten Art, wie sie sich mich mit den Armen umschlang und mich innig küsste. "Wir werden sehen wie es weiter gehen wird, sobald zurück in Rom sind. Aber das dauert noch und bis dahin können wir uns beide frei fühlen und sein, wer wir wollen", erwiderte ich leise und strich Tilla zärtlich über die Wange.


    Es wäre eine Lüge zu behaupten, dass mich ihre folgenden Liebesbekundungen, dazu ihr zarter Duft, ihre Augen, ihr ganzes liebreizendes Wesen , ihre … ihre Nähe zu mir, dass mich dies alles in jenem Augenblick völlig kalt gelassen hätten. Ganz im Gegenteil war mein Verlangen nach ihr war stärker denn je, obwohl ich angestrengt versuchte mich zu beherrschen. Ich wollte Tilla zu nichts zu drängen und doch wollte ich eigentlich nur Eines …. und so begannen meine Hände wie von selbst über Tillas Körper zu wandern. Nicht zu direkt, aber dennoch ihre Reize suchend und in der Absicht, sie zu halten und an mich zu drücken. Mein Mund berührte zärtlich ihr Gesicht und ihren Hals, bedeckte ihre Haut mit leidenschaftlichen Küssen, während ich mich langsam auf den Rücken rollte, sodass sie halb auf mir zum liegen käme. "Ich … oh du … du machst mich auch ganz wahnsinnig, Tilla, …",keuchte ich leise und sie dabei verliebt anlächelnd. Ich war unfähig ihr ebenso schöne Komplimente zu machen wie sie mir, da ich mich augenblicklich mehr darauf konzentrieren musste, mein Verlangen nach ihr zu zügeln. Ich schluckte: "aber fressen sollst du mich bitte nicht! Sonst kann ich für nichts mehr garantieren, Tilla", versuchte ich mit einem Scherz meine augenblickliche Anspannung etwas zu überspielen, indem ich schnell nach einem von den Käsestückchen griff, die neben uns auf der Decke auf einem Teller lagen und es ihr vor den Mund hielt. "Hier bitte! Iss lieber das! … Oder wie wäre es damit?", grinste ich schief und nahm als zweites eine Traube zwischen die Lippen, in der festen Absicht diese meiner Freundin nicht "kampflos" zu überlassen.

    Hoppla! Was bekam ich denn da für Geschichten zu hören. Meine rechte Augenbraue wanderte bei jedem Wort höher und unterstrich meinen verwunderten Gesichtsausdruck, während ich Tilla weiter sanft in meinen Armen hin und her wog. "Na na na! Was muss ich denn da hören?", tat ich gespielt empört über Tillas Geständnis, wobei es mich natürlich ehrte, dass sie mir ihre Geheimnisse so einfach anvertraute. Niemals würde ich meiner Liebe verraten, aber ein wenig necken durfte ich sie wohl. "Meine Tilla.. eine kleine Pferdediebin? Hah!" Ich lachte auf und war doch beeindruckt von ihr. "Was soll ich jetzt bloß mit dir anstellen, hm?!" Klein war sie ja wirklich im Gegensatz zu mir und dementsprechend sah ich vorwurfsvoll auf sie herab, während ich sie gleichzeitig liebevoll am rechten Ohrläppchen zog.


    Ihr Kuss und ihre Fürsorge stimmte mich jedoch schnell wieder "milde" und so strich meine Hand vom Ohr an zärtlich abwärts über ihre Wange hinweg. "Das ist wirklich lieb von dir, meine kleine Pferdediebin, dass du dich für mich bei unserer Herrin einsetzen willst", flüsterte ich zurück und versiegelte Tillas Lippen erneut mit einem leidenschaftlichen Kuss. "Aber eigentlich kann ich mit meiner jetzigen Aufgabe doch ganz zufrieden sein, oder? Denn als Stallbursche muss ich wenigstens nicht mein Leben für die Herrin riskieren. Außerdem hat sie in Einar und Bernulf viel bessere Leibwächter als wie in mir gefunden, einem einfachen Griechen", versuchte ich die Sache beiläufig abzutun. Die beiden Germanen waren wirklich prädestiniert für diesen Job, denn wann immer diese beiden Hünen auf marschierten, wirkten sie wie auf Drogen und im Blutrausch, weshalb selbst ich freiwillig einen Schritt vor ihnen zurück trat. So wie die drauf waren, aßen die glatt rohes Fleisch zum Frühstück und zu selbigem wollte ich ganz sicher nicht verarbeitet werden.


    Mein Schulterzucken signalisierte allerdings recht deutlich, dass ich nicht wirklich mit meiner jetzigen Situation zufrieden war. So gerne wie ich die Pferde auch hatte, ich war nun mal nicht der geborene Stallbursche, sondern ein Ex-Soldat und Kämpfer, …Ach, im Grunde sehnte ich doch nach meiner alten Aufgabe zurück.


    "Wirklich lieb von dir, Tilla!"", wiederholte ich es noch einmal und zeigte mich tief beeindruckt, denn ..."So etwas hat noch nie jemand für mich getan …", entgegnete ich lächelnd und gab meiner großen-kleinen Liebe eine weiteren Kuss auf den Mund. "Ich liebe dich!", gestand ich ihr dann leise, ehe ich mich widerwillig von ihr löste, um aus der Satteltasche unsere Wegverpflegung zu holen. "Du hast sicher Hunger? Setz dich schon mal! … Ich werde dich heute bedienen und verwöhnen, als wärst du die Kaiserin höchstpersönlich", gab ich meiner Freundin dann sozusagen den "Befehl" sich hinzusetzen, während ich vor ihr eine Decke und das Essen ausbreitete. Sicher einfache Kost, aber für Sklaven des römischen Adels durchaus vielfältig und nahrhaft: Brot, Käse, Trauben, Geflügel, Wurst, ja sogar eine Kanne Wein hatten wir von Nicki, der Köchin, mit auf die Reise bekommen. "So, bitte sehr die Dame. Das Mahl ist angerichtet. Womit wünschest du nun zuerst gefüttert zu werden?", tat ich dann mit einer einladenden Geste ganz so, als wäre ich heute Tilla´s persönlicher Sklave und nur für sie da, ... auf dieser Erde, ... welch ein Glück! ...

    "Eine Stunde?! Nun die müssen wir dann wohl oder übel warten", seufze ich ergeben auf die Worte des Sklaven hin, der im Gegenzug wissen wollte wer wir denn eigentlich seien. Hatte ich das gar nicht erwähnt? Nein, hatte ich nicht … und deshalb holte ich dies nun umgehend nach: "Entschuldige bitte. Ich bin Hektor und das da ist Tilla. Wir sind Sklaven der gens Aurelia und dieser Brief da, ist von seiner Cousine Prisca. Sie hat uns extra geschickt, damit wir ihm den Brief persönlich überbringen.", klärte ich den anderen Sklaven durchaus respektvoll auf.

    Gemäß der Beschreibung des wachhabenden Soldaten am Tor, betraten Tilla und ich das Haus des Legaten durch den Seiteneingang. "Hallo?", rief ich und sogleich kam auch ein hauseigener Sklave angerauscht. "Ja? Was sucht ihr hier?", wollte der wissen und dementsprechend gab ich bereitwillig zur Auskunft: "Wir kommen aus Rom und überbringen eine Nachricht für Titus Aurelius Ursus. Bitte führe uns zu ihm!", forderte ich und wedelte dabei mit dem gesiegelten Brief vor meinem Gesicht herum.

    Ich war durchaus beeindruckt von der Routiniertheit des Soldaten, der uns nach Waffen durchsuchte und uns bereitwillig den weiteren Weg wies. Nicht immer wurden wir Sklaven mit der gleichen respektvollen Art behandelt wie so manch Freier und deshalb verabschiedete ich mich bei ihm mt einer ernst gemeinten Verbeugung und einem Lächeln. "Danke Soldat, für deine Auskunft und alles Gute für dich" Ein Wunsch, der sicher nicht schaden konnte, angesichts des vorherrschenden Chaos hier in Mantua.


    Zusammen mit Tilla passierte ich kurz darauf das Tor und wir machten uns direkt auf zu jenem Seiteneingang, den uns der Soldat genannt hatte.

    Ah! Wie es schien hatten wir Glück und der Aurelier war ganz in der Nähe. In einem der beiden Gebäude also. Und ich hatte schon befürchtet, dass wir die Auskunft erhalten der Legat befinde sich gerade auf einer mehrtägigen Patrouille. Puh, Glück gehabt! Bald schon könnten wir diesem Ort wieder den Rücken kehren. Ich nickte zufrieden, warf Tilla einen flüchtigen Blick zu und übernahm weiter das Reden.


    "Wir tragen keine Waffen. Wir sind Sklaven der gens Aurelia und überbringen dem Legaten einen Brief von seiner Cousine. Du kannst uns aber gerne durchsuchen", gab ich wahrheitsgemäß und bereitwillig zu Antwort. Den Holzknüppel und meinen kleinen Dolch hatte ich vorsorglich im Stall bei den Pferden zurück gelassen, da bewaffnete Sklaven hier sicher nicht besonders gerne gesehen wären.


    So aber würden die Soldaten nichts besonderes finden, außer besagten gesiegelten Brief, den wir überbringen sollten ...

    Auch der schönste Moment ging leider irgendwann einmal vorüber und die Pflicht rief. Also setzten Tilla und ich unseren Ritt nach Mantua fort, wo ich den Brief meiner Herrin ihrem Cousin überbringen sollte.


    Und genau das wollte ich schnellstmöglich hinter mich bringen, da dieser Ort wahrlich nicht zum längeren Aufenthalt einlud. Überall Tote und Kranke! Brrrr Nein, HIER wollte ich wirklich nicht länger als nötig verweilen und dementsprechend hoffte ich auf eine rasche Abfertigung am Tor.


    "Salve miles! Ich bringe eine Nachricht aus Rom, für den Legaten Titus Aurelius Ursus. Kannst du mir bitte sagen wo ich ihn finde?", grüßte ich den wachhabenden Soldaten freundlich und direkt, um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren.

    Ja! Das war DAS Feld! Das Feld unserer Träume und genau der Moment, von dem wir schon so lange geträumt hatten. Die Sonne im Rücken und den Duft des Lavendels in der Nase, klammerte ich mich fest an die Zügel um nicht im vollen Galopp abgeworfen zu werden. Wie lange war es eigentlich her, seit ich das letzte Mal so dahin geritten bin? Eine Ewigkeit und doch hatte ich nichts davon verlernt, was man mir einst als Reitersoldat bei gebracht hatte. Von daher hätte es mich schon sehr gewundert, wenn Tilla eine Chance gegen mich gehabt hätte, wobei sie sich erstaunlich wacker schlug und nur leicht hinter mir zurück fiel. Zuletzt holte sie sogar noch soweit auf, dass wir fast zeitgleich über die imaginäre Ziellinie ritten.


    Wer hatte nun eigentlich gewonnen? Ich blickte in Tillas Gesicht, sah ihr glückliches Grinsen und hörte, wie sie mich bereitwillig zum Sieger kürte. "Danke sehr! Du warst mir aber eine ebenbürtige Gegnerin! .. Und eine besonders hübsche obendrein, mit diesen kurzen Haaren!", nahm ich grinsend den Sieg mit einem Kompliment an die Verliererin an.


    Ich schwang mich von meinem Pferd und hatte mit wenigen Schritten Luna erreicht, um Tilla beim absitzen zu helfen. "Darf ich? … Wo hast du eigentlich so gut reiten gelernt?", fragte ich charmant und mit einem Augenzwinkern nach, indem meine Hände vorsichtig an Tillas Hüften legte und sie sogleich daran von ihrem Pferd herunter zog. Leicht wie eine Feder kam Tilla mir vor und kaum hatten ihre Füße den Boden erreicht, zog ich sie sanft in meine Arme und lächelte sie weiter verliebt an. "Mein Wunsch? … Hmm, das ist schwer, … sehr schwer ...", sagte ich mir vor und sah Tilla dabei hilfesuchend an. Was sollte ich mir bloß wünschen? Ein Sklave kannte keine Wünsche - ein Mensch umso viele mehr. "Eigentlich bin ich wunschlos glücklich, wann immer ich dich nur ansehe, dich in meinen Armen halten und dich ganz nah spüren darf … ", gab ich meiner Liebe nacheinander zärtliche Küsse auf Stirn, Nase und Lippen ehe ich, mit einem innigen Blick in ihre Augen, hinzu fügte: "Sag du es mir, was ich mir wünschen soll …"

    … liegt auf den Rücken der Pferde - oder wie in meinem Fall auf dem von Pegasus, dem Hengst, aus dem Stall der Aurelii. Ein schönes Tier, das ich schon oft geritten hatte und welches mich nun nach Mantua bringen sollte. Ausgerechnet Mantua! Von dort hörte man ja schöne Sachen. Seuchen und Tote - Igitt! Und ausgerechnet dorthin hatte mich meine Herrin geschickt, nur um für sie einen wichtigen Brief zu überbringen. Wozu gab es eigentlich einen Postdienst?! Na gut, meine Herrin interessierte das nicht. Sie wollte, dass der Brief heil beim Empfänger - ihrem Lieblingscousin - ankam, also schickte sie persönlich einen Boten. Mich! ... Mir war alles andere als wohl dabei genau dorthin zu reiten, wo noch vor wenigen Wochen Pluto höchstpersönlich seine Hand über die Menschen gehalten hatte. Mochte mittlerweile die Krankheit auch eingedämmt worden sein - war das Risiko der Ansteckung damit wirklich gebannt?! Doch wen interessierte das schon, was ich dachte und wollte.


    Naja, wenigstens einen Menschen gab es ... und eigentlich hätte ich vor Freude jubilieren müssen, da dieser nur wenige Meter entfernt von mir auf der Stute Luna ritt. Ich wandte unvermittelt den Blick um zu jener Person um und fand meine tiefen Gefühle zu ihr sogleich bestätigt. "Na Tilla, bist du schon müde? Sollen wir eine Pause machen?", fragte ich meine Freundin neckend, aber durchaus fürsorglich gemeint. Ich ließ den Blick kurz über den Horizont schweifen, auf der Suche nach einer geeigneten Raststelle und fixierte dann wieder ihre Augen, mit einem versonnen Lächeln auf den Lippen.


    Hatte ich ihr eigentlich schon gesagt, dass mir ihre kurzen Haare gut gefielen? Sehr gut sogar! Ich kannte ja den Grund und dieser war alles andere als schön gewesen, aber dennoch … Tilla sah irgendwie reifer und erwachsener aus mit ihrer neuen Frisur und ganz nebenbei sah man viel mehr von ihrem hübschen Gesicht. Oh ja ein sehr hübsches Gesicht, an dem ich mich kaum satt sehen konnte. Und genau das tat ich, sie ansehen, anstatt ihr endlich mal zu sagen wie hübsch ich sie fand, so richtig zum …


    Na! Meine Gedanken drohten abzudriften und da kam dieses endlos erscheinende Feld voller Lavendelblüten gerade recht. Das war es! Unser Traum. Der Traum von Freiheit und unbeschwertem Glück und würde es auch nur einen flüchtigen Augenblick dauern ...


    [Blockierte Grafik: http://img814.imageshack.us/img814/2256/lavendelfeld.jpg]


    "Sieh doch nur!", richtete ich meine und ihre Aufmersamkeit genau auf dieses Feld das geradewegs dazu herausforderte, mit den Pferden hindurch zu preschen. "Siehst du den Baum rechts dort am Horizont? Wer als Erster da ist darf sich etwas wünschen. Egal was ... Nimmst du die Herausforderung an?", rief ich meiner Gefährtin - übermütig wie ein kleines Kind - über die Schulter hinweg zu und trat meinem Pferd gleichzeitig fest in die Flanken. "Los, Pegasus … flieg!", hallte es aus meinem Mund, ohne mich weiter um ihre Reaktion zu kümmern


    Ich lachte - zum ersten Mal, sein langer Zeit und völlig unbeschert. Vergessen war mit einem Mal alles um mich herum. Selbst jener Brief, wegen dem man uns leigens os geschickt hatte. Was solls? Gab es doch nur den einen Augenblick, den zu leben wir auf Erden waren … Brief hin oder her, ich erinnerte mich nur an den einen Moment, den ich Tilla einst vesprochen hatte und heute schien jener Tag endlich gekommen ...

    "Ja das würde ich tun", erwiderte ich, nachdem Tilla meine Lippen mit einem sachten Kuss bedacht hatte. Hm, ihre Berührungen waren so, … wie soll ich sagen, … sie weckten in mir das Verlangen Tilla nie mehr los zu lassen und dementsprechend fordernd legte ich meinen Arm um ihre Hüfte und zog sie leicht zu mir heran, ohne damit zu weit gehen zu wollen. Ich wollte sie nur halten und spüren, ganz nah, ihre Wärme und ihre Zuneigung, die sie mir schenkte und die ich ihr gleichsam zurück geben wollte. Noch nie hatte mir ein Mensch so viel bedeutet und deshalb war dieser Moment für mich so wertvoll. Ich kannte bislang nur das Leben eines Soldaten und das eines Sklaven. Zuneigung und Gefühle gab es da kaum. Ich schloss die Augen, legte meine Stirn sachte gegen die ihre und atmete den zarten Duft ihrer Haare und den ihrer Haut. Dann setzten meine Lippen ihre Wanderung fort, über Tillas Nasenspitze hinab zu ihrem Mund und noch weiter bis zum Hals, ehe ich inne hielt und wieder zu ihr hoch ansah.


    "hmn, warum nicht", stimmte ich nickend ihrem Vorschlag zu, gemeinsam zur Herrin zu gehen und im nächsten Moment stutzte ich. Was war das? Warum begann Tilla sich nun vor mir zu rechtfertigen? Oder haderte sie gerade mit sich selbst? Ich runzelte leicht die Stirn und konnte aber gut nachvollziehen warum Tilla das sagte. Ja das Schicksal hatte gerade ihr schon so einiges zugemutet. Dabei musste ich unwillkürlich zurück an Ägypten denken, an das Geschehene. Letztendlich hatte sich zwar alles zum guten gewendet, doch die Tatsache blieb, dass Tilla weiterhin als Sklavin dienen musste. Ich vermutete mal, dass Tilla Sehnsucht nach einem eigenen Leben hatte und ich könnte das gut verstehen. Dachte Tilla gar an Flucht, oder täuschte ich mich?


    "Ich bin sicher deine Herrin würde dich sehr vermissen Tilla. Schließlich bist DU ihre Leibsklavin und nicht Saba", versuchte ich die Zweifel irgendwie zu zerstreuen. Schließlich behandelte die Aurelia die meisten Sklaven (mich eingeschlossen) sehr streng, weswegen ich mich ehrlich für Tilla freute, dass sie es diesbezüglich besser getroffen hatte. Ich machte eine kurze Pause, in der Tilla mir den Strohhalm aus dem Haar zupfen konnte. "Ich würde dich jedenfalls sehr vermissen! ... ", sprach ich zunächst lächelnd und mt leicht wehmütiger Miene weiter, ehe ich ihr grinsend einem neckenden Nasenstubser gab:"Wer sollte sonst in Zukunft mein Essen kochen, meine Kleider waschen und mich dazu, verwöhnen, wenn nicht du?!" Hoppla das reimte sich ja beinahe ...

    "Ja genau, Ikarus heißt mein Pferd und Luna ist dein Pferd", bestätigte ich ihr leise, küsste zärtlich ihre Nasenspitze, ihren Mund und lächelte dabei versonnen zu ihren Worten. Es waren unsere Pferde, auch wenn sie uns nicht gehörten, so wie uns nichts auf dieser Welt gehörte. Aber wir hatten uns und diesen Tag, … diesen einen Tag würden wir uns nehmen. Ganz sicher! Wir würden all die Mauern, Menschen, Hindernisse und Ketten, die uns auferlegt waren, hinter uns lassen und mit den Pferden davon reiten … Egal, was unsere Herrin dazu sagen, oder welche Strafen mich gar dafür erwarten würden. Mich! Denn niemals würde ich zulassen, dass man Tilla dafür bestrafen würde. Ich würde alles auf mich nehmen, für Tilla und für meine Liebe zu ihr.


    Vielleicht wäre es ja das Beste mit domina Prisca zu sprechen und sie zu bitten, dass ich mit Tilla zusammen sein darf, kam es mir plötzlich in den Sinn. Warum eigentlich nicht? So ungewöhnlich war das ja auch bei Sklaven nicht, die in einem Haushalt zusammen lebten und vielleicht würde die Aurelia uns diesen Wunsch ja sogar erfüllen. Wer weiß. "Was meinst du, soll ich unsere Herrin fragen ob wir beide auf dem Landgut bei Ostia wohnen dürfen? Für ein paar Wochen und ... ganz offiziell!?", eröffnete ich Tilla zwinkernd einen weiteren Gedanken, der mir soeben einfiel, ehe ich meine Lippen liebkosend über ihre Wange streichen ließ. Ich hatte ihr ja noch gar nichts davon erzählt, weil es andererseits so etwas wie einen Abschied bedeuten würde. Die Pferde sollten nämlich demnächst von Rom in die Nähe von Ostia verlegt werden. Auf das Landgut der Aurelier, um dort den Spätsommer auf den Weiden zu verbringen. Das wäre doch die Gelegenheit mit Tilla ein paar schöne Tage zu verleben. Ich empfand die Vorstellung wunderschön, doch wenn die domina 'Nein' sagen würde, hieße dies wohl für uns beide für Wochen voneinander Abschied zu nehmen.