Beiträge von Hektor

    Oh ja, die Liebe fühlt sich gut an. Sehr gut sogar! Zumindest verspürte ich nicht den Wunsch Tilla so schnell wieder loszulassen. Ich wollte sie ganz nah bei mir haben, sie spüren und sie einfach nur ansehen. Wollte sie das nicht auch? Tillas Blick zufolge und wie sie sich nun an mich schmiegte … ja sie wollte ... und das machte mich sehr glücklich. Ich lächelte sie an und war mehr darauf konzentriert ihr hübsches Gesicht mit meinen Augen zu erkunden, denn auf ihre Worte zu achten, die sie mir stumm zuflüsterte. Mit mir zusammen wird es bestimmt noch schöner Noch schöner? Noch schöner, wie jetzt, konnte es doch gar nicht mehr werden, dachte ich für mich und war unfähig etwas zu sagen aus Angst, ich könnte damit diese schönen Traum zerstören, den ich im Augenblick zu träumen glaubte. …


    Dann erwachte ich doch aus meiner Starre und es war noch viel schöner, als ich gedacht hatte. Ich spürte Tillas Lippen, die zaghaft aber doch fordernd die meinen berührten und gleichzeitig ihre Hände, die zärtlich meinen Nacken streichelten. Oh ja, die Liebe fühlt sich gut an! und sie jagte mir einen wohligen Schauer über den Rücken, während ich nun meinerseits ihren Mund mit vielen Küssen bedeckte. Nicht stürmisch, sondern ganz langsam zog sie näher zu mir, wanderte gleichzeitig meine rechte Hand in ihren Nacken, während ich sie mit der Anderen um die Hüften herum fest hielt. Ohne das Spiel unserer Lippen zu beenden, dirigierte ich Tilla gleichzeitig etwas nach hinten, hin zu dem frisch ausgelegten Stroh und bettete sie mit dem Rücken ganz vorsichtig darauf. Ich dachte nicht großartig darüber nach was ich tat, sondern nur wie ich es tat um Tilla zu zeigen, wie viel sie mir bedeutete. Sie war meine kleine Schwester, meine Familie und ab heute, … war sie noch so viel mehr für mich.


    Erneut küsste ich Tilla, lange und innig, ehe ich uns beiden wieder die Möglichkeit gab Luft zu holen. War das richtig was wir da taten, durften wir das überhaupt?, wirbelten meine Gedanken und Gefühle nur so im Kopf herum, während ich und Tilla nebeneinander im weichen Stroh lagen. Doch was taten wir schon? Wir küssten uns nur - mehr nicht. Nach "mehr" stand mir - auch wenn es komisch klingen mag - auch gar nicht der Sinn. Nicht jetzt, nicht hier, nicht so schnell! … Dazu war dieser schöne Augenblick mit ihr viel zu kostbar für mich. "Wir werden zusammen ausreiten. Bald! … Über ein Meer aus Blüten. Du, ich, Luna und Ikarus. Es wird wunderschön werden … das verspreche ich dir", gab ich ihr leise mein Versprechen und in diesem Moment, da ich das sagte, fühlte mich glücklich und traurig zugleich. Glücklich, weil ich Tilla in meinen Armen halten durfte und traurig, weil … ja warum eigentlich? Vielleicht, weil mir zum ersten Mal bewusst wurde wie schön das Leben sein konnte und wie wenig uns Sklaven davon vergönnt war. Aber ich wollte nicht weiter darüber nachgrübeln, oder gar mit dem Schicksal hadern. Nicht jetzt und nicht hier …


    Ich beugte mich etwas vor, zupfte vorsichtig einen Strohhalm aus Tillas Haar und küsste sie dann zärtlich auf die Stirn. "S'ayapo", flüsterte ich in meiner Landessprache und sah Tilla einfach nur versonnen lächelnd in die Augen.

    Aha! Ich bekäme also eine andere Aufmerksamkeit geschenkt? Und woran hatte sie dabei gedacht? Tilla machte mich gleichermaßen neugierig, wie sie mich weiter verwirrte. Ihr neckisches Grinsen, dazu der betörende Duft, den sie verströmte. Herrje! Ich fühlte mich regelrecht schuldig, weil ich so empfänglich war für ihre Reize. Was war nur mit mir los? Dabei hatte ich doch immer "nur" die kleine Schwester in ihr gesehen. Zumindest bis heute. Im Augenblick sah ich jedenfalls in Tilla die junge hübsche Frau, die sie zweifellos war. So zart und zerbrechlich, so hübsch und makellos, so liebreizend und wohlgeformt … bei ihrem Anblick musste ich unweigerlich darüber nachgrübeln, wann ich zuletzt eine Frau wie sie in meinen Armen gehalten hatte, die mir zudem so viel bedeutet hatte. Eigentlich noch nie, kam ich zu dem Schluss was ich alles in meinem bisherigen Leben versäumt hatte. Von klein an wollte ich nur eines: Soldat werden und Soldat sein. Kämpfen wollte ich und siegreich sein, doch was hatte es mir gebracht? Heute war ich nichts weiter als ein bedeutungsloser Sklave. Eines jedoch verdanke ich meinem Schicksal und deshalb hadere ich nicht länger damit, nämlich, dass ich auf diese Weise Tilla kennen lernen durfte.


    Der Drang sie in meine Arme zu ziehen wurde immer stärker, noch dazu, als sie mich flüchtig an den Händen berührte. Ich schluckte. Ohne den Blick von ihren wundervollen Augen abzuwenden ergriff ich sanft aber bestimmend ihre Hände, nur, um diese flüchtige Berührung nicht einfach so verstreichen zu lassen. Gleichzeitig schüttelte ich leicht den Kopf und verzog die Lippen zu einem schiefen Lächeln, da ich nicht recht wusste, was ich als nächstes sagen oder tun sollte. Das ich sie sehr gern habe? … viel mehr noch, dass ich sie ... "Ja ehm, ich … ich bin schon einmal über ein Meer aus Lavendelblüten geritten. Ja! Und es war wunderschön. Aber das war in einem anderen Leben und ist lange her", erwiderte ich mit belegter Stimme auf ihre erste Frage und gleich als nächstes wollte sie von mir wissen, ob ich heute frei hätte ...


    "Du meinst wir beide? ... Einfach ausreiten?" Ein wundervoller Gedanke! Ich und sie, allein, auf einer duftenden Wiese liegend. Über uns der blaue Himmel und die Sonne. Eigentlich hatte ich gar nicht frei und ich hatte auch nicht die Erlaubnis. Was spielte das für eine Rolle?! Wenn es Tillas Wunsch wäre, würde ich ihr folgen - wohin auch immer. Die Frage war nur, ob das Unwetter denn schon vorbei wäre? Ich drehte den Kopf etwas und blickte aus dem Stallfenster, um mich zu überzeugen, dass es sich lohnen würde die Pferde zu satteln, doch da ...


    ... schüttelte Luna plötzliche schnaubend den Kopf indem sie versuchte eine dreiste kleine Fliege zu verscheuchen, die ihr kitzelnd um ihre Nüstern herum gekrabbelt war. Dabei bewegte sich die Stute etwas zur Seite und verabreichte Tilla - natürlich ungewollt - eine kleinen Schubs. Nicht heftig, aber stark genug, um die zierliche junge Frau direkt in meine Arme zu befördern. "Hoppla", stieß ich überrascht einen Seufzer aus und meine Hände legten sich reflexartig an ihre Hüften, um sie so sicher auf zu fangen. Ohne es bewusst zu tun, zog ich sie sogleich weiter zu mir heran. Und nun? "Ich ... mh" sah etwas hilflos in Tillas Augen und wusste nicht ob ich sie nun einfach küssen dürfte, war dies doch das Einzige, wonach ich mich augenblicklich sehnte ...

    Es war schwer zu übersehen, dass Luna die Sonderbehandlung genoss, so wie die Stute die Ohren verdrehte und zufrieden schnaubend auf der Stelle trat. Tilla hingegen schien so vertieft in ihre Arbeit zu sein, dass sie mich tatsächlich noch nicht bemerkt hatte. Hatte sie doch oder? Kein Zweifel, Tilla liebte Pferde und sie machte wirklich eine gute Figur als Pferdepflegerin, stellte ich anerkennend fest und … apropos Figur? Unbewusst begannen meine Augen über ihren Körper zu wandern und als ich es merkte, sah sie sich auch schon fröhlich lächelnd zu mir um. Sie erschrak jedenfalls nur ein klein wenig - zum Glück. Ihr Blick und wie sie mir neckend zu verstehen gab, dass sie wegen mir hier war. Wegen mir Wie schön sie das betonte, auf ihre stumme Art, allein durch den Ausdruck ihrer Augen und der Mimik ihres hübschen Gesichts. "So wegen mir bist du also hier. … Und warum bekomme ich dann keine solche Aufmerksamkeiten geschenkt wie Luna da?!", neckte ich sie vorwurfsvoll aber grinsend zurück und gleichzeitig stutzte ich denn irgend etwas schien heute anders zu sein. Wie sie mich ansah und ich wiederum sie. Oder war mir das bislang nur nicht so richtig aufgefallen?


    Die geplante Reise ans Meer war also kurzfristig verschoben worden. Gut! Ich hatte ohnehin nicht erwartet, dass mich die Herrin mitgenommen hätte und so fragte ich gar nicht weiter nach. Stattdessen folgte ich Tillas Aufforderung, stellte mich an ihre Seite und betrachtete stumm die auffällige Zeichnung des Tieres, ehe ich dann Tilla ansah: "Also ich finde das Parfüm passt sehr gut zu dir. Es duftet herrlich nach Lavendelblüten. Ich mag Lavendel", antwortete ich ehrlich auf ihre Frage. Selbst der billigste Duft einer Patrizierin wäre zweifellos teuer genug und würde immer noch herrlich duften. Vor meinem geistigen Auge sah ich gleichzeitig die leuchtenden Lavendelblütenfelder vor mir, die sich oftmals eindrucksvoll über die Landschaft zogen. "Bist du eigentlich schon mal mit einem Pferd über ein Feld voller Lavendelblüten geritten?", wollte ich spontan von Tilla wissen, während ich so neben ihr stand und liebevoll Luna am Hals tätschelte.

    Natürlich war ich hier, obwohl ich gerade tief und fest schlief! Ich verbrachte ja die meiste Zeit hier, bei den Pferden, seit ich von meiner Herrin zur Strafe die Stallarbeiten aufgetragen bekommen hatte. Wobei mich diese Strafe nicht sonderlich traf, da ich Pferde sehr gern hatte. Allerdings war die Arbeit ziemlich anstrengend und so kam es nicht selten vor, dass ich vor Müdigkeit mein Nachtlager gleich hier bei den Pferden bezog, anstatt noch in die Sklavenunterkünfte hinüber zu gehen. Wasser zum waschen gab es hier auch und das frische Heu gab ein erstaunlich bequemes Bett ab. Hungern musste ich ebenfalls nicht denn Niki (die gute Seele der Küche) vergaß selbst einen, zu einem Stallburschen degradierten, custodes wie mich nicht und brachte mir zuverlässig etwas zu essen vorbei. Ich führte somit ein ganz passables Leben in meinem "Exil", nur leider sah ich Tilla auf diese Weise noch seltener, seit sie wiederum die Pflichten einer Leibsklavin zu erfüllen hatte.


    Das dumpfe Poltern einer zuschlagenden Türe riss mich schließlich aus meinen Träumen und während ich langsam wach wurde, vernahm ich das unverkennbare Bimmeln von Tillas Glöckchen. Wo war sie denn und wie spät hatten wir es eigentlich? Ich musste mich erst einmal orientieren, während ich mich verschlafen blinzelnd aus meinem Heuhaufen wühlte.


    Aus der Richtung von Lunas Box hörte ich dann leises Rascheln und das hätte ich mir ja denken können, dass Tilla ihrer Lieblingsstute einen Besuch abstatten würde. Also ging ich zu der Box hinüber und entdeckte dort Tilla, die gerade dabei war Luna zu striegeln. Ich hatte mich zwar nicht absichtlich angeschlichen, aber da Tilla mir gerade den Rücken zuwandte, hatte sie mich anscheinend noch nicht bemerkt. Ich wollte schon etwas sagen, kam aber nicht umhin bei dem Anblick, den sie mir von hinten bot, noch einen Moment still zu schweigen. Keine Ahnung wieso, aber plötzlich waren all die Erinnerungen wieder da, an unser gemeinsames Abenteuer und die viele Zeit, die wir schon zusammen verbracht hatten. Viel aufregendes, viel schreckliches, aber auch viel schönes hatten wir zusammen durchlebt. .. Und nun? …


    Ich stand eine Weile da - die Arme vor der Brust verschränkt, am Türpfosten lehnend - und betrachtete das stumme Mädchen von einst mit ganz anderen Augen. Vor mir stand eine junge Frau, in einer rostbraunen und mit Pferdehaaren bedeckten Tunika, dazu ein Duft der mir irgendwie bekannt vor kam. Kann es sein? … "Mmmh, was duftet denn hier so gut?", rutschte es mir schließlich mit leiser Stimme heraus. Seltsam, dieser Parfümduft hatte mich irgendwie an meine Herrin erinnert und als ich begriff, dass ich Tilla schon die ganze Zeit über regelrecht angestarrt haben muss, fügte ich schnell noch zur Begrüßung und scherzhaft hinzu: "Tilla! Wie schön, dass du mich besuchen kommst. Oder bist du etwa nur wegen Luna hier?" Mit einem leichten Nicken hin zu der Stute, sah ich Tilla eher verlegen lächelnd an und hoffte, dass ich sie mit meinem plötzlichem Erscheinen nicht allzu sehr erschreckt hatte ...

    Also meine Favoriten waren das nicht, aber was sollte ich machen?! Erstens war es nicht mein Geld und zweitens hatte ich ohnehin nichts zu sagen. Ich sag ja schon nichts! Ich darf ja froh sein überhaupt hier zu sein, nachdem mich meine Herrin zu wochenlanger Strafarbeit im Stall verurteilt hatte. Ich mag Pferde - keine Frage! Aber ständig deren Mist beseitigen?! Nein danke! Da bin ich schon lieber Leibwächter, oder eben Laufbursche so wie jetzt.


    "Hundert Sesterzen, jeweils auf Ursus ... Cassius ... und Lobo", macht summa summarum 330 Seszterzen, inklusive der Götterspeisung, oder für was auch immer der cultus deorum diese 30 Sesterzen an Steuern haben wollte. Mir egal, Hauptsache meine Herrin war mit meiner Arbeit zufrieden und würde auch in Zukunft meine Dienste wieder regelmäßig in Anspruch nehmen. Alles, wirklich alles würde ich für sie tun, um nur ja nicht weiterhin Pferdeäpfel schippen zu müssen!


    "Hier bitte", mit diesen Worten knallte ich den Beutel mit den abgezählten Münzen auf den Tisch des Wettschalters und ließ mir, im Gegenzug, die Wettscheine aushändigen. Ursus der Verfolger? Pfff, ganz bestimmt hätte ich nicht auf diesen Kerl gewettet der aussah, als würde er gleich von selsbt tot umfallen. Aber gut. Meine Herrin hatte wohl nur deshalb auf diesen Gladiator gesetzt, weil ihr Lieblings-Cousin ebenfalls so hieß. "Danke", erwiderte ich noch kurz dem Wettbüroleiter und trollte mich zurück zu meiner Herrin, um ihr den Wetteinsatz - wie gewünscht - zu bestätigen.


    Sim-Off:

    Geld wird überwiesen :)

    Wir folgten Cimon unauffällig durch die villa und gelangten in einen abgelegen und dennoch sehr hübschen Teil des Gartens, welcher von den Herrschaften anscheinend nicht so oft genutzt wurde. Ungeachtet dessen war es hier sehr schön und besonders froh war ich über die Bank, auf die ich mich mit einem erleichterten Seufzer sofort nieder ließ. Esther und Pumilio folgten meinem Beispiel und zuletzt nahm Tilla Platz. Trotz meiner Müdigkeit fiel mir die Anspannung in Esthers Gesicht auf, mit der sie sich hier um sah. Einerseits lag es an dieser fremdartigen und prunkvollen Umgebung, in die sie eigentlich nicht gehörte und andererseits war es die Ungewissheit wie es nun weiter gehen würde. Verständlich! "Nur etwas Wasser für mich bitte, Cimon. … Ich danke dir!", für alles, warf sie dem Nubier ein dankbares, wenngleich etwas gequältes Lächeln zu.


    Tilla hingegen war weitaus unbescheidener in ihren Forderungen nach Essen und Trinken und rührender Weise sorgte sie sich dabei insbesondere um mich. Nur ob wir genügend Zeit und Ruhe hätten uns zu waschen … Rasierzeug? Sah mein Bart denn so schlimm aus? Ich musste unwillkürlich in meinen Bart hinein schmunzeln, ehe ich mich mit meiner Bitte an Cimon wandte: "Ja für mich auch etwas Wasser und eine Kleinigkeit zu essen wäre wirklich nicht schlecht, bitte … und … hast du zufällig etwas mitbekommen, ob Brix oder die Herrschaften etwas gesagt haben, wie es mit uns weiter gehen soll? ", drängte auch mich die Ungewissheit wie es mit uns weiter gehen würde … und kaum, dass ich es ausgesprochen hatte erhilt ich prompt dieQuittung...

    "Cimon ...", hieß er also, "schön dich kennen zu lernen.", entgegnete ich ihm mit einem gleichsam respektvollem Nicken. Ebenso erwiderten Esther und Pumilio den Gruß, überließen das Reden allerdings weiterhin mir. Die domina Laevina war also schon zu ihrem Ehemann gezogen … zu dumm! Dachte ich bei mir und stieß einen leisen Seufzer der Enttäuschung aus. Ans Schlafen war also vorerst nicht zu denken. Zum Glück schickte uns Cimon nicht gleich wieder fort, sondern bot uns freundlicher Weise sogar an, nach Brix oder meiner Herrin suchen zu wollen. Zu Brix oder zu meiner Herrin? Ach nee, ich verspürte so gar keine rechte Lust, ihr unter die Augen zu treten. Dann lieber Brix.


    "Danke Cimon das ist sehr freundlich von dir! Würdest du uns bitte zu Brrr…", entgegnete ich und gerade als ich Cimon bitten wollte, nach Brix zu suchen, meldete sich Tilla neben mir zu Wort. Stumm und gestikulierend natürlich nur, wobei ich auch ohne hinzusehen genau wusste, was das Knuffen zu bedeuten hatte. "Ja Tilla ich weiß …", entgegnete ich sanft zu meiner "kleinen Schwester" hin gesprochen, zu der ich Tilla längst in meinem Herzen gemacht hatte.


    "Ehm, ... Cimon, was ich meine,... könntest du uns bitte zu meiner Herrin, Aurelia Brrisca bringen?!", verbesserte ich mich schnell und sah Cimon dabei erwartungsvoll an. "Wenn möglich, lass auch Tillas Mutter und den Jungen herein. Ich nehme sämtliche Verantwortun für sie auf mich. ... Was wir zu berichten haben ist eine lange Geschichte und ich hoffe sehr, dass uns zumindest eine der beiden Herrinnen weiter helfen wird", schloss ich sowohl die Entscheidung meiner, sowie der von Tillas Herrin, in einem einzigen Wunsch zusammen. Ob dieser allerdings in Erfüllung gehen würde? Das stand noch in den Sternen ….

    Ich war an diesem Tag - zugegebener Maßen - nicht mehr ganz im Vollbesitz meiner Sinne, geschweige denn meiner Kräfte. Eine Reise von Ägypten nach Rom war sicher kein Spaziergang. Für Niemanden. Aber wenn man als Sklave auf Reisen gehen musste - ohne Herrschaft wohlgemerkt - war das so angenehm wie auf Hades Schoß zu sitzen.


    Neun Tage zusammengepfercht im Bauch eines herunter gekommenen Handelsschiffes und dann noch ein stundenlanger Fußmarsch von Ostia nach Rom. Puh! Na gut, das letzte Stück hatte uns ein netter Bauer, auf seinem Heuwagen mitgenommen. Aber ganz ehrlich ...


    Ich war völlig fertig mit der Welt und noch nie hatte ich mich so auf meine einfache Pritsche gefreut wie heute. Allerdings hatte ich so eine Vorahnung, dass ich damit noch etwas warten musste. Schließlich konnten wir da nicht einfach so rein spazieren und Hallo da wären wir wieder rufen und gut wär´s … Noch dazu, da nicht nur ich und Tilla, sondern noch ihre Mutter und ein kleiner Junge vor der Türe standen.


    Dumpf vernahm ich auch schon Esthers Stimme hinter mir, die ihrer Tochter und dem kleinen Pumilio ebenfalls versicherte, wie sehr sie beide liebte … dann nahm ich blinzelnd Tillas Hand wahr, die an mir vorbei an die Türe klopfte.


    Oh! .. na toll Ich sollte also das Sprechen übernehmen. Nichts leichter als das. ... Ich kniff angestrengt die Augen zusammen, als uns ein schwarzer Mann die Tür öffnete. Zum Hades, ist das Leone, oder sein Zwillingsbruder?? ... "Salve Leo ...oder oh … ich glaube wir kennen uns noch nicht", nuschelte ich zur Begrüßung. Der Hüne erschien ganz sympathisch, wenngleich er nicht den Eindruck machte, dass seine Geduld grenzenlos wäre.


    Sicher fragte er sich wer wir wären und ich wollte seine Geduld jedenfalls nicht auf die Probe stellen. Ich räusperte mich und versuchte meine Schläfrigkit ein wenig zu verdrängen. "Ehm, also … ich bin Hektor und das da ist … Tilla. Wir sind aurelische Sklaven. Ich gehöre domina Prisca und sie der domina Laevina.", stellte ich zuerst einmal uns beide als aurelisches Eigentum vor und deutete dabei hinter mich auf die kleine Gruppe. "Und das da sind Pumilio und Esther. Sie ist Tillas Mutter", erklärte ich zunächst nur. Ob Cimon eigentlich wusste, was vorgefallen war? Sicher nicht, oder zumindest nur ansatzweise. "Ist Brix da? Wir sind aus Ägypten zurück und sollen uns sofort bei meiner Herrin melden." Besser gesagt Tilla. So hatte es Aurelia Laevina jedenfalls in ihrem Brief an Tilla geschrieben. Ich hingegen sollte mich eigentlich unverzüglich beim maiordomus zurück melden. Ob die Beiden da waren?


    Ich blickte Cimon aus halb geöffneten Augen, kämpfte innerlich damit sie nicht ganz zu schließen und wartete gespannt, ob er uns auf meine Erklärungen hin einlassen würde ...

    Ich hörte Tilla ebenfalls aufmerksam zu und staunte nicht schlecht über die Geschichte von dem Orakel, die sie mir da erzählte. Zum einen konnte ich mir nicht erklären was es mit der leeren Tafel auf sich haben sollte und zum anderen wunderte ich mich etwas über diese ungewohnt nette Geste meiner Herrin. Sie hat das wirklich für Tilla getan? Natürlich freute es mich für Tilla, keine Frage. Es klang nur ganz und gar nicht nach der Herrin die ich kannte. Für mich würde die Aurelia so etwas nie und nimmer tun und nach dieser Entführungsgeschichte gleich zweimal nicht.


    Was also hielt mich bei ihr und bei den Aureliern? Das Leben als Sklave führen. War das wirklich unser aller Bestimmung? … Nein! Wir waren hier und fühlten uns frei. Doch waren wir das wirklich? Ein Blick zu Tilla, die mit dicken Tränen da saß und nicht wusste was sie nun tun sollte war eigentlich Grund genug, einfach alles hinter sich zu lassen und völlig neu anzufangen. Ein Neuanfang mit den Menschen, die ich in mein Herz geschlossen hatte und die auch mich sehr gern hatten. Nur wie und wo sollten wir dieses neue Leben beginnen? Hier konnten wir auf Dauer nicht bleiben und auch die Aussicht in ständiger Angst leben zu müssen, machten die Entscheidung nicht leichter.


    Sanft nahm ich meine "kleine Schwester" in den Arm, drückte sie an mich und tupfte ihr vorsichtig die kullernden Tränen von den Wangen. "Ja ich weiß wie schön es hier ist Tilla …", sagte ich leise zu ihr und es fiel mir immer schwerer irgend etwas zu dem Schreiben der Aurelia zu sagen, oder gar zu entscheiden.


    Zum Glück kamen in diesem Augenblick Esther und Pumilio zurück und für einen weiteren Moment waren all die ungelösten Fragen vergessen. Ich umarmte die Frau und den kleinen Jungen herzlich und wurde ebenso innig von ihnen gedrückt. Zunächst wurde ich mit den gleichen neugierigen Fragen überschüttet, die mir auch Tilla schon gestellt hatte und ich gab ebenso bereit willig Auskunft,


    ... doch dann ..


    [Blockierte Grafik: http://img140.imageshack.us/img140/4148/esther.jpg]
    Sehr schnell bemerkte Esther, dass etwas mit ihrer Tochter nicht stimmte und sie fand auch die Briefe, die achtlos auf dem Boden lagen. Wortlos hob die Ägypterin diese auf und las den Inhalt, ehe sie mit einem leisen Seufzer die Briefe wieder zusammen rollte. Sie hatte geahnt, dass dieser Tag der Entscheidung kommen würde. Mit einem kurzen Nicken gab sie Hektor zu verstehen, dass er und Pumilio sie und Tilla alleine lassen sollten.


    "Mia?! … " Mit einem sanften Lächeln winkte Esther ihre Tochter zu sich, nachdem der Grieche und der kleine Jungen im Haus der Freundin verschwunden waren. "Setz dich bitte zu mir!" Mit dieser Aufforderung nahm Esther selbst auf den Stufen Platz und bot ihrer Tochter mit ausgestreckten Armen an, sich einfach an sie zu kuscheln. Zunächst sagte die Ägypterin jedoch nichts weiter sondern blickte nur Ferne, während sie das Liebste auf der Welt so nah spürte. Sie rang sehr mit sich und doch war sie diejenige, die Entscheidung treffen musste um ihrer Tochter zu helfen.


    "Mia?!..",sanft schob Esther ihren Zeigefinger unter Tillas Kinn und forderte sie auf diese Weise zärtlich auf, ihr in die Augen zu sehen: "Glaub mir, ich kann sehr gut nachfühlen was gerade in dir vorgehen mag", begann Esther mit leiser Stimme und sprechen: "Du weißt nicht was du tun sollt und was das Richtige ist, nicht wahr? … Ich wusste das damals auch nicht, als ich - zusammen mit deinem Vater - aus Alexandria geflohen bin. Ich bin einfach meinen Gefühlen gefolgt und habe gehofft, dass das Schicksal uns gewogen sein wird. … Und als du geboren warst bin ich wieder geflohen, weil ich glaubte dich auf diese Weise beschützen zu können" Esther machte eine kurze Pause und man merkte ihr deutlich an, wie sehr sie das Vergangene bewegte. "Doch wir können unserem Schicksal nicht davon laufen, welches uns vorbestimmt ist.. ", begründete die Ägypterin schließlich - mit leicht zittriger Stimme - das damals Geschehene, als vom Schicksal unumstößlich vorbestimmt …


    "Aber! … "Mit einem tiefen Atemzug rang sich Esther zu einem hoffnungsvollem Lächeln durch, welches allein Tilla galt: "Das Schicksal hat uns auch wieder vereint. Nach so vielen Jahren der Ungewissheit. … Mia! … Wenn es deine Bestimmung ist nach Rom zurück zu kehren, dann werde ich bei dir sein. Ich bin deine Mutter und ich werde dich niemals mehr alleine lassen. … Das verspreche ich dir!" Mit einer liebevollen Geste hauchte Esther einen Kuss auf Tillas Stirn zum Zeichen, dass es ihr voller Ernst war was sie damit andeuten wollte. Zurück in die Sklaverei? "Der Weg den das Schicksal für uns bestimmt hat mag zwar hart und steinig sein, meine geliebte Tochter, doch er hat uns letztendlich wieder zusammen geführt. Nach all den Jahren. ... Und er wird uns gemeinsam weiter führen, wohin auch immer, ... " Esthers Worte mochten verhallen wie ein schwacher Windhauch, doch ihr Wille war stark wie ein Fels der Jahrtausende ungebrochen überdauern konnte ...


    "Am Ende werden wir frei sein und ... glücklich zugleich! ..."


    ... Das Leben beginnt als eine unbeschriebene Tafel und es endet oftmals als Solche. Allein was dazwischen geschrieben steht, vermag die die Ewigkeit eines Lebens zu überdauern ...



    [SIZE=7]edit: vorletzter Satz ein entscheidendes 'g' durch ein 'b' ersetzt ;-)[/SIZE]

    Ich hatte mich nicht geirrt. Es war Tilla, die im Türrahmen gestanden hatte und die mich nun fast umgerannt hätte. Hatte sie mich ebenHektörchen genannt?!? So eine herzliche Begrüßung und wahre Wiedersehensfreude zu spüren tat unheimlich gut und so schloss ich Tilla voller Freude in die Arme. "Tilla! Ich bin so froh, dass es euch nichts zugestoßen ist", seufzte ich dazu erleichtert und drückte das Mädchen innig , aber dennoch vorsichtig, an mich. Natürlich bemerkte ich dabei auch, zu welch einer hübschen jungen Frau Tilla mittlerweile heran gereift war. Doch bliebe sie trotzdem immer so etwas wie eine kleine Schwester für mich. Genauso wie Pumilio und Esther mittlerweile so etwas wie eine kleine Familie für mich waren.


    "Gut siehst du aus Tilla", stellte ich mit einem anerkennenden Blick fest, nachdem ich sie wieder auf den Boden abgestellt hatte. Tilla verschwand kurz im Haus verschwand um die Getränke zu holen und ich setzte mich - innerlich seufzend - auf die Stufen und überlegte was ich tun sollte. Es war unübersehbar wie glücklich Tilla hier war. Und nun sollte ich sie tatsächlich dazu auffordern, mit mir zusammen nach Rom zurück zu kehren? Wie könnte ich das je von ihr und auch von den anderen beiden verlangen.


    Als Tilla zurückkehrte nahm ich vorsichtig den Becher entgegen und betrachtete diesen ein wenig nachdenklich: "Das ist wirklich ein schönes Geschirr das du da gekauft hast. … Dir scheint es hier ja richtig gut zu gehen!", bemerkte ich mit einem anerkennenden Nicken. Ich trank einen Schluck, legte dann meinen Arm ganz vertraut um Tilla und strich ihr sanft über den Oberarm . "Ja die Delphine gehören nur dir und mir!", bestätigte ich mit leiser Stimme. Mit der anderen Hand holte ich meinen Delphin dabei aus der Tasche uns reichte ihn Tilla: "Siehst du, ich habe ihn immer noch und ich werde ihn auch um keinen Preis der Welt jemals hergeben" … War es an der Zeit ihr zu erklären was zwischenzeitlich geschehen war? Ich seufzte ein weiteres Mal und begann zu erzählen:


    "Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr geschockt gewesen ward, nachdem die Sklavenjäger mich eingefangen hatten. Ich war es auch. Doch ich konnte leider nichts tun.", erwiderte ich mit leicht verbitterter Stimme. Es kam selten genug vor, dass ich mit meinem Schicksal haderte. "Ich wurde nach Rom zu den Aureliern zurück gebracht. Dort hat man mir allerdings unsere Geschichte nicht geglaubt, wie du dir vielleicht denken kannst. … Nur die domina Laevina schien mir als Einzige geglaubt zu haben …" Zumindest reichte ihr Glauben soweit, dass sie mir vertraute und mich auf diese Reise gehen ließ.


    Ich machte eine Pause und fischte nun die beiden Schreiben aus meiner Tasche. Ich wusste was darin stand, doch ich wollte es Tilla nicht sagen, sie zu nichts drängen. Wie könnte ich ernsthaft von meiner "kleinen Schwester" und von den anderen Beiden verlangen freiwillig in die Sklaverei zurück zu gehen. Freiwillig? Was wäre denn die Alternative - Ein Leben hier, auf der Flucht? Ich wusste in dem Moment selbst nicht, wie ich mich entscheiden sollte.


    Also reichte ich Tilla einfach nur den Brief weiter und erklärte mit tonloser Stimme:"Hier! Das hat sie mir für dich mitgegeben. … Das ist auch der Grund, warum sie mich gehen ließ und hier sein kann. … " Mehr sagte ich vorerst nicht. Ich trank einen weiteren Schluck Wasser und betrachtete stumm die junge Frau neben mir, die mir sehr viel bedeutete . ….




    An Tilla


    Kehre umgehend zur Villa Aurelia zurück. Du hast nichts zu befürchten, Hektor hat mir alles erklärt. Du wirst hier gebraucht!




    Bitte bringe mir etwas alexandrinische Kosmetik mit für meine Hochzeit!
    Wenn ich bereits im Hause meines Verlobten leben sollte, melde Dich bitte mit Hektor bei Aurelia Prisca!


    Vale,


    Aurelia Laevina


    Dass mein Leben als Sklave eintönig und langweilig wäre, konnte ich nun wirklich nicht behaupten. Dazu hatte ich in den vergangenen Wochen mehr erlebt als zuvor während meiner gesamten Dienstzeit in der Armee. Rom - Alexandria - Rom - Alexandria Mittlerweile kannte ich die Passage ziemlich gut und nun stand ich zum wiederholten Male auf jenen Kontinent, der mir so fremd war und der mich gleichzeitig so sehr faszinierte. Ach wenn ich doch nur die Gelegenheit dazu gehabt hätte, dieses Land und sein Volk etwas näher kennen zu lernen.


    Doch dem war leider nicht so, wenngleich ich trotzdem froh und erleichtert war wieder hier zu sein. Allein schon um zu erfahren wie es Tilla, ihrer Mutter und Pumilio in der Zwischenzeit ergangen war. Hoffentlich ist alles in Ordnung mit ihnen! Und deshalb trödelte ich auch nicht lange herum, sondern machte mich direkt auf zu jenem Haus der Freundin, in dem Esther, Tilla Pumilio und ich, bis zu dem Tag meiner unfreiwilligen Abreise gewohnt hatten.


    Es war gegen Mittag als ich in die fast menschenleere Gasse einbog und ich war heilfroh endlich am Ziel meiner Reise angelangt zu sein. Die vergangenen Tage in dem engen und stickigen Laderaum des Schiffes waren eine Tortur gewesen und allein der Gedanke an den Rückweg ließen mich frösteln. Nicht nur wegen den Strapazen der Reise sondern auch wegen Tilla, die ich sozusagen in die Sklaverei zurück führen sollte. Ich legte meine Hand unbewusste auf meine Tasche, in der ich das Schreiben der Herrin mit mir trug. Wäre es wirklich so schlimm und hätten wir überhaupt eine Alternative? Ich verschob diese Fragen auf später denn erst einmal war ich angekommen und ich freute mich sehr auf das Wiedersehen (und natürlich die Gelegenheit mich ein wenig ausruhen zu können).


    ."HE!! Ist wer zu Hause? Tilla! Esther, Pumilio?! … Ich bin wieder daaha", rief ich bereits mit lauter Stimme voraus noch ehe ich das Haus erreicht hatte. Dabei bemerkte ich die offenstehende Türe und ich glaubte eine Gestalt im Türrahmen erkannt zu haben. War das nicht …"Tilla?!" ...

    Schwer zu sagen ob die Herrin mir wirklich Glauben schenkte. Ihr verächtlicher Gesichtsausdruck ließ zumindest keine große Hoffnung aufkommen, dass dies der Fall wäre. Resigniert blieb ich stehen und wartete auf den Befehl zu verschwinden. Dieser kam dann auch, doch völlig anders als erwaretet. Wie, was? Ich blickte irritiert auf das versiegelte Dokument und sah die Aurelia sprachlos an. Sie gab mir höchstpersönlich den Auftrag Tilla nach Rom zurück zu holen ?!? Mechanisch griff ich nach dem Pergament und nahm es nickend entgegen.


    "Ja Herrin", brachte ich zuletzt doch noch zwei Worte der Bestätigung hervor, nachdem die Aurelia sich von mir abgewandt hatte. Keine weiteren Fragen, keine weitere Verzögerung! Ich begriff und verließ das cubiculum sofort, um mit Brix alles Nötige zu klären. Angesichts dieses Auftrages wäre wohl mein Hausarrest (vorerst) aufgehoben und irgendwie musste ich ja schnellstens nach Alexandria zurück um lzu beweisen, dass Verlass auf mich war...

    Mit Sicherheit hätte ich auch unter Folter keinen anderer Schwur geleistet wie gerade eben. Wobei ich mir schon darüber im klaren war, dass es für die Aurelia ein Leichtes gewesen wäre mich zusätzlich auf die Probe zu stellen. Mir blieb also nichts anderes übrig als auf das abschließende Urteil der Aurelia zu warten und es fiel, nachdem sie die kleine Holzfigur eingehend betrachtet hatte, zum Glück zu meinen Gunsten aus. Die Erleichterung darüber stand mir zwar nicht direkt ins Gesicht geschrieben, doch ich quittierte ihre Entscheidung mit einer andeutungsweisen Verbeugung, zum Dank für ihre großmütige Entscheidung. Viel wichtiger als mein Schicksal war der Aurelia natürlich jenes von Tilla und die folgende Frage die sie sogleich stellte, war absolut nachvollziehbar für mich.


    "Herrin, wir wurden unfreiwillig getrennt. Als ich in Alexandria aufgegriffen wurde, hatte ich nicht einmal mehr die Möglichkeit mich von ihr zu verabschieden…", versuchte ich der Aurelia zu erklären, warum ich hier und Tilla noch in Alexandria war. "Ich weiß nicht was sie nun vor haben, aber ich weiß zumindest wo sie, ihre Mutter und Pumilio untergekommen sind . Hm, … vielleicht hat Tilla ja Angst und weiß nicht, was sie nun tun soll. Sie denkt womöglich du bist ihr böse und wirst sie bestrafen ", begann ich dann zu mutmaßen, was Tilla gerade denken oder planen könnte. Eine Rückkehr auf eigene Faust? "Du könntest ihr doch einen Brief schreiben, oder ihr irgendwie Hilfe zukommen lassen, damit sie eventuell nach Rom zurück kehren kann", schlug ich abschließend mit einem leichten Schulterzucken vor. Ich wusste selbst nicht so recht ob das eine gute Idee war. Erstens wäre ich sicher nicht derjenige, den man damit beauftragen würde und zweitens wusste ich nicht einmal, ob Tilla nicht lieber in Ägypten bleiben wollte ...

    Tja, nun hatte ich die Aurelia zwar nicht weiter erzürnt, dafür aber komplett verwirrt, wie ich stirnrunzelnd feststellen musste. Sie zog die völlig falschen Schlüsse und dachte offensichtlich, sie solle mit Tillas Entführung erpresst werden. Hatte sie da gerade 'Was wollt ihr' gesagt? Also wirklich, das war ja die Höhe!!! Als würde ich mit den Erpressern (die es gar nicht mehr gab) unter einer Decke stecken. Nun war ich es, der die Aurelia völlig entgeisterte anstarrte, ehe ich mich soweit gesammelt hatte, um einen zweiten Erklärungsversuch zu starten.


    "Ich? … Nein! Halt, Moment ….Moment mal. Du verstehst da was völlig falsch", begann ich erneut und dieses mal musste wohl etwas weiter ausholen.: "Tilla wurde wegen ihrer Herkunft und dem Amulett das sie seit ihrer Geburt trägt nach Ägypten entführt. Es war aber nicht ihre leibliche Mutter. Diese wurde vielmehr auch von den Entführern gefangen gehalten. … Aber das ist eine sehr lange und verwirrende Geschichte Herrin", seufzte ich etwas ratlos und sah die Herrin prüfend an. Wollte sie diese wirklich hören? Allerdings war ich noch nicht fertig und so erklärte ich weiter: "Jedenfalls konnten wir alle den Entführern entkommen und nun ist Tilla bei ihrer Mutter in Alexandria. Ich weiß auch wo." Ich sprach ganz langsam und nickte bedächtig dazu. War die Herrin nun beruhigt oder wollte sie einen weiteren Beweis. Ich holte den kleinen Delphin aus meiner Tasche, den Tilla einst für mich geschnitzt hatte und hielt ihn der Aurelia vors Gesicht. Das war zwar auch kein Beweis, aber etwas anderes als dies und meine überzeugt gesprochenen Worte hatte ich nicht: "Sie lebt Herrin, das schwöre ich"

    Es war mir tatsächlich gelungen sie zu beschämen! Wenn auch nur für einen kurzen Moment. Fühlte ich mich deswegen nun besser? Nein, nicht wirklich. An der Autorität und den Einflussmöglichkeiten der Herrin zweifelte ich ohnehin nicht. Vielleicht war es lediglich der Versuch die unangenehme Situation etwas zu entspannen, in der wir uns augenblicklich befanden. Nur wollte mir das anscheinend nicht so recht gelingen, da die Aurelia fast ausrastete als ihr bewusst wurde, dass ich Tilla nicht mit zurück gebracht hatte.


    Oh oh Das gefährliche Funkeln in den Augen dieser Wildkatze der Herrin verhieß gar nichts Gutes. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, was für Strafen sie wohl für mich vorgesehen hatte. Andererseits hatte ich nicht erwartet, dass ihr Tilla doch so viel bedeutete.


    "Natürlich hatte ich dich verstanden Herrin.… Ich habe Tilla auch gefunden, sie..." Dabei hob ich beschwichtigend die Hände und hoffte inständig, dass sie meine folgenden Worte nicht sofort als Lügengeschichte abtun würde: "… wurde entführt. Nach Ägypten zu ihrer … Mutter. Bei ihr ist sie jetzt und es geht ihr soweit gut. … Das ist die Wahrheit Herrin!", erklärte ich schnell und wartete dann gespannt auf die erste Reaktion der Aurelia. Insgeheim überlegte ich fieberhaft ob und wie viel ich ihr von der ganzen Wahrheit erzählen sollte.

    Die Herrin reagierte sehr gefasst und extrem kühl auf mein unerwartetes Eindringen, was mich direkt überraschte. Dafür fielen ihre Blicke umso vernichtender aus. Wobei mir dieses Verhalten - ehrlich gesagt - viel lieber war, als wenn sie jetzt hysterisch zu kreischen begonnen hätte. Brix und die anderen Sklaven wären sicher sofort alarmierte gewesen. Einer Bestrafung würde ich dadurch sicher nicht entgehen und so spannte ich mich innerlich bei dem Gedanken an die zusätzlichen Konsequenzen, für mein unerlaubtes Eindringen, Nachdem was ich erlebt und überlebt hatte, schreckte mich das allerdings kaum noch und auch das arrogante und bloßstellende Verhalten der Aurelia traf mich in diesem Augenblick nur entfernt.


    Erwartete sie tatsächlich eine (ehrliche) Antwort auf ihre Frage? Ich verkniff mir eine vorschnelle Bemerkung und wartete stattdessen, bis die Aurelia sich mit einem Umhang züchtig verhüllt hatte. Dabei gewährte sie mir (ob nun absichtlich oder nicht) einen durchaus längeren Blick auf ihre - nicht minder reizvolle - Kehrseite ehe sie wieder voller Verachtung , von unten herauf, auf mich herab sah.


    "Ich müsste blind sein und kein Mann, dass ich deine Schönheit nicht bewundern würde Herrin. Aphrodite selbst könnte schöner nicht wirken, in so einem bezaubernden Hauch von Nichts..Doch … wär dein Antlitz noch viel schöner, würdest du mich nicht so böse anschauen", erwiderte ich ihr trocken und ohne zu lächeln. Ich hatte mich wohl etwas geschwollen ausgedrückt, da es durchaus meine Absicht war, sie mit diesem Kompliment zu beschämen. Sehr wahrscheinlich provozierte ich sie mit meinem Nachsatz aber nur noch mehr da ich genau wusste, dass sich solche (ehrlichen) Worte für einen Sklaven nicht ziemten.


    Ohne den Blick von der Aurelia zu lassen fischte ich gleichzeitig den Siegelring aus meiner Tasche und hielt ihn ihr hin: "Hier! Ich wollte dir deinen Ring zurück bringen, so wie ich es dir versprochen hatte", erklärte ich der Aurelia den Grund für ein plötzliches Erscheinen. Aber hatte sie sich das nicht längst schon gedacht? Oder hatte sie ihre Sklavin am Ende gar vergessen?

    Die Wochen waren wie im Flug vergangen und es kam mir wie eine Ewigkeit vor seit ich das letzte Mal vor dieser Türe gestanden hatte. In dieser Zeit ist vieles geschehen und manches davon war so unglaublich, dass ich es im nachhinein selbst kaum glauben konnte. Wie also sollte ich es Brix, den anderen Sklaven und vor allem den Herrschaften erklären, dass Tilla und ich nicht geflohen sondern entführt worden waren? Fast unmöglich. Und so wunderte es mich nicht, dass ich bei meiner Rückkehr nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurde. Ich stand vielmehr unter Hausarrest, sowie der argwöhnischen Beobachtung von Brix und den übrigen Sklaven so lange nicht geklärt war, was mit mir weiter geschehen würde. Lediglich die Gutmütigkeit von Brix bewahrte mich vor dem carcer, wobei ich mich bis auf weiteres nicht in der villa, sondern nur in den Sklavenunterkünften und den Ställen aufhalten durfte.


    Aber ich konnte nicht länger warten! Ich musste der Aurelia endlich berichten was wirklich geschehen war. Also schlich ich mich unbemerkt in die villa, bis direkt vor ihr cubiculum und blickte mich vor der Türe verstohlen nach allen Seiten um. Viel schlimmer konnte es für mich ohnehin nicht mehr werden, dachte ich mir und gerade als ich die Hand heben wollte um anzuklopfen, hörte ich die Stimme des maior domus, ganz in meiner Nähe, zu einigen anderen Sklaven sprechen: "Was soll das heißen, ihr wisst nicht genau wo Hektor ist? … Ich hab diesem Idioten doch gesagt, er soll sich gefälligst nur in den Unterkünften aufhalten. Argh Wenn ich ihn hier in der villa erwischen sollte, stecke ich ihn eigenhändig in den carcer. Ihr sucht zur Sicherheit das ganze Haus ab und passt auf, dass die Herrschaften davon nichts mitbekommen." … Die Schritte näherten sich weiter und angespannt hielt ich die Luft an. Mir blieb keine Zeit.


    So leise wie möglich öffnete ich die Türe, huschte - ohne mich umzusehen - hindurch und schloss sie vorsichtig wieder hinter mir. Dann erst drehte ich mich um und erstarrte regelrecht. Vor mir stand Aurelia Laevina, in ein verführerisches Hauch von Nichts gehüllt und betrachtete sich gutgelaunt im Spiegel. Zu sagen, dass mich der Anblick ihrer zarten Weiblichkeit kalt gelassen hätte wäre eine glatte Lüge gewesen. Dennoch hatte ich - angesichts meiner augenblicklichen Lage - alles andere als sündige Gedanken im Kopf. Allerdings dauerte es wertvolle Sekunden bis mein bewundernder Blick (wie auch immer dieser auf Laevina wirken mochte) endlich ihre Augen erreicht hatte und ich gerade mal folgendes zusammen stammeln konnte: "Bitte …verzeih Herrin...", ehe ich mich innerlich schon mal auf das schlimmste Donnerwetter gefasst machte ...

    "Ja das Feuer wird jede Nacht und bei jedem Wetter von den Leuchtturmwärtern entzündet. Und man kann von dort oben viel weiter sehen, als von einem Schiffsmast aus", erklärte Esther ruhig und bereitwillig jede Frage ihrer Tochter. "Wenn wir heute Abend bei uns zu Hause auf das Dach steigen, dann sollten wir eigentlich von dort aus das Licht sehr gut sehen können. Und bei der Gelegenheit werde ich euch ein bisschen was über die Sterne am Himmel erzählen", stellte die Ägypterin ihren beiden Kindern eine weitere kleine Überraschung in Aussicht. Es war einfach schön in die strahlenden Augen ihrer beiden Kinder zu blicken und zu spüren, wie sehr sie sich freuten.


    Das plötzliche Weinen des kleinen Jungen ließ Esther aufhorchen und sofort war sie bei Pumilio, wischte ihm die Tränen ab und verband das blutende Knie mit einem Tuch, ehe sie ihn an sich drückte. "Schsch … nicht mehr weinen. Zu Hause hab ich noch ein paar Süsigkeiten für euch"


    Dann wandte sich Esther wieder an Tilla, die geduldig gewartet hatte und nun wissen wollte wen sie hier noch kannte. "Es ist shon lange her, dass ich hier war. Ein paar Händler aus dem Marktviertel und eben die Familie meiner Freundin, bei der wir untergekommen sind, kenne ich noch von früher. Aber ansonsten ist mir die Stadt nach den vielen Jahren sehr fremd geworden." Esther seufzte leise und hob die Hand, um ihrer Tochter sanft eine Haarsträhne hinter das Ohr zu streichen. Wieder musste die Ägypterin daran denken, dass sie hier auf Dauer nicht bleiben konnten und deshalb fasste sie für sich den Entschluss, möglichst bald mit ihren Kindern nach Rom zu reisen, selbst wenn Tilla eigentlich noch hier bleiben wollte.


    In dem Moment stellte Tilla flüsternd eine Frage, die Esthers Augen verdächtig zum glänzen brachten. Stumm nickend nahm Esther ihre Tochter einfach in die Arme und wiegte sie zum Dank sanft hin und her. Ein zärtlicher Kuss auf die Wange und ein verliebter Blick in die dunklen wundervollen Augen des Mädchens ließen das Herz der Ägypterin in diesem Moment vor Glück und Freude übergehen. "Ich bin so glücklich, dass ich dich habe Mia ...", flüsterte Esther mit erstickter Stimme an Tillas Ohr und erst nach einer ganzen Weile ergriff sie Tillas Hand und die von Pumilio, um mit ihren beiden Kindern weiter jenen Weg zu gehen, den das Schicksal für sie bestimmt hatte ...

    "Ja das stimmt Mia. Wir haben uns! Das ist das Schönste was ich mir denken kann ... ", pflichtete Esther ihrer Tochter lächelnd bei. Sie lebten und sie hatten zu essen und zu trinken. Was wollten sie da noch mehr? Wenn nur nicht die Unsicherheit ihres Daseins und die Ungewissheit über den Verbleib der Anderen aus dem Tempel wäre. Doch daran wollte die Ägypterin heute nicht mehr denken. Mit Freude im Herzen verfolgte Esther hingegen, wie Tilla und Pumilio zum Süßigkeitenstand hinüber liefen und dort gemeinsam einige Leckereien erstanden. Für Pumilio war es zwar ungewohnt für die Sachen zu bezahlen, andererseits war es auch einmal ganz schön von einem Händler angelächelt anstatt von ihm fort gejagt zu werden. Mit einer Tüte gebrannter Mandeln in der Hand und einer großen Honigstange im Mund stellte sich der kleine Junge anschließend neben Mia hin und war mit sich und der Welt zufrieden. " Isch habe ausch nosch kein scho hohes Gebäude geschehen. Wie hosch ischt esch denn und woher kommt dasch Lischt?", plapperte Pumilio mit vollem Mund munter drauf los, worauf ihm Esther mit einem gütigen Blick über die Nasenspitze strich.


    "Mit vollem Mund versteht man dich aber seeehr schlecht Pumilio", ermahnte sie ihn schmunzelnd, ehe sie ihre beiden Kinder jeweils links und rechts bei der Hand nahm: "Na dann kommt mal mit ihr beiden!"


    Gemeinsam gingen sie weiter zum Hafenviertel, welches von dem Markt aus in ein paar Minuten zu erreichen war. Esther kannte die Gegend, auch nach all den vielen Jahren, noch sehr gut und so steuerte sie zielsicher diejenige Anlegestelle an, von der aus man den besten Blick hinüber zu dem Leuchtturm hatte.


    "Na hab ich euch zu viel versprochen?", meinte Esther bei dem Anblick des hochaufragenden Gebäudes, welches etwas vorgelagert vor dem Hafen in den Himmel ragte. "Natürlich sieht man am helllichten Tag das Licht nicht, welches er aussendet. Erst am Abend, wenn die Feuer entzündet werden und in der Nacht, strahlt sein Licht weithin sichtbar über das Meer und weist den Schiffen so den sicheren Weg nach Alexandria", erklärte Esther mit sehnsüchtiger Stimme und einem leisen Seufzer in Erinnerung an den einen romantischen Abend den sie mit Tillas Vater hier, auf einem Boot verbracht hatte. So viele schöne Erinnerungen an damals kamen mit einem Mal zurück und ließen die Ägypterin tief aufseufzen.


    Ganz spontan nahm Esther ihre Tochter und Pumilio in die Arme und drückte sie innig und voller Liebe an sich. "Ich ... ich bin so froh, dass ich euch beide habe", wisperte sie nur mit Freudentränen in den Augen. Dann schob sie die Kinder wieder etwas von sich, um sie einen Moment lang nur gedankenverloren anzusehen. Wohin sollen wir nur gehen, um endlich in Sicherheit zu sein? Ständig nagte diese eine Frage an ihr, so sehr sie sich auch bemühte an dem heutigen Tag alle sorgenvollen Gedanken zu verdrängen. "Na habt ihr genug sehen, oder sollen wir noch ein wenig hier bleiben? …. Ich denke wir sollten später noch in den Tempel gehen und den Göttern ein Opfer darbringen", fragte Esther dann nach, wobei sie den zweiten Satz eher zu sich selbst gesprochen hatte in der Hoffnung, die Götter würden ihnen beistehen und sie auch weiterhin beschützen ...