Beiträge von Marcus Matinius Ticinius

    Aufmerksam hörte Ticinius dem Flavier zu. Der Priester war also nicht nur beim Opfern behilflich, sondern auch oft ein Ansprechpartner bei Problemen. "Ich verstehe", sagte er, "es wäre mir eine Freude, diesen Menschen helfen zu können." Auch wenn Aquilius jetzt speziell von Mars sprach, konnte Ticinius sich vorstellen, dass dies bei Foruna zutreffen würde - vielleicht noch mehr, denn Glück konnten alle Bevölkerungsgruppen gebrauchen.


    Er schaute sich um, ob er irgendwelche Tempelbesucher erkennen konnte, die Hilfe benötigen. "Sollte ich als Priester warten, bis mich jemand anspricht, oder soll ich ohne Aufforderung auf die Besucher zugehen?", fragte er. Beides hatte wohl Vor- und Nachteile.

    Drängende Pflichten hatte Ticinius am heutigen Tag nicht. Eigentlich hatte er außerhalb seiner Ausbildung zum Priester gar keine Pflichten. "Ich habe dafür heute noch Zeit", antwortete er deshalb dem Flavier. Was es genau mit den Bittstellern auf sich hatte, wusste er nicht - doch er vermutete, damit waren Leute gemeint, die Hilfe beim Opfern benötigten. Dennoch, sicher war er sich nicht, und fragte deshalb zur Sicherheit noch einmal nach: "Sind mit den Bittstellern die Tempelbesucher gemeint, die Hilfe beim Opfern suchen?". Fragen kostete schließlich nichts, und er war ja auch discipulus geworden, um solche Frage stellen zu können.

    Während der Flavier die vitalia aus dem Tierleib entfernte, überlegte Ticinius kurz. Ferkel hatte er noch nie so zubereitet, dass sie gekocht werden konnten. Dafür hatte er immer Sklaven gehabt. Unsicher schaute er sich das Ferkel an. Den Kopf, die Beine und den Schwanz konnte man wohl nicht essen, zumindest hatte er so etwas noch nie auf einem Teller gesehen. Deshalb schnitt er erst einmal diese Körperteile ab. Dann zerschnitt er den Rest des Tieres in handliche Stücke. Das sah schon einmal nicht schlecht aus. Zufrieden gab er dem Jungen diese Stücke und sagte zu ihm: "Bringe dies in die Tempelküche und lass es zubereiten.".


    Danach hörte Ticinius aufmerksam zu, wann man welche Variante benutzte: Kleine Tiere - alles mitnehmen, große Tiere - sportulae. Auch den Hinweis bezüglich der Zeit hörte er sich an. "Danke für die Hinweise,", sagte er zum Flavier, "ich werde sie beherzigen." Dennoch hoffte er, in der Prüfung nicht nervös oder unsicher zu werden.

    Immer noch erleichtert, dass das Opfer so gut geklappt hatte, antwortete Ticinius: "Die vitalia und der restliche Leib werden seperat in der Tempelküche gekocht. Die vitalia sind für Mars bestimmt. Nachdem sie gekocht worden sind, werden sie mit der mola salsa bestrichen und verbrannt. Den restlichen Leib dürfen wir essen. Dies machen wir entweder zusammen oder indem wir uns Anteile des Opfers in sportulae füllen und nach Hause mitnehmen." War dies alles? Er überlegte einen Moment, bis ihm noch eine dritte Möglichkeit einfiel: "Wir können den restlichen Leib natürlich auch ganz oder teilweise verkaufen."

    Soweit ich weiß, wurden Frauen mit Bikini äußerst selten abgebildet. Die einzige Darstellung, die ich kenne, ist aus einer Villa auf Sizilien. Hier ein Ausschnitt:


    http://de.wikipedia.org/wiki/B…rmerina-Mosaik-Bikini.jpg


    Ich meine auch mal gelesen zu haben, dass es Uneinigkeit darüber gibt, ob diese Bikinis nur beim Sport oder auch sonst getragen wurden, weil die Frauen auf dieser Darstellung Sport trieben. Da bin ich mir aber nicht ganz sicher.

    Salvete,


    ich habe ein paar Fragen zur römischen Kleidung, speziell zu den Purpurstreifen an der Toga:


    Die Ritter trugen ja einen latus angustus, also einen 5 cm breiten Purpurstreifen an der Toga, die Senatoren hingegen einen latus clavus, einen 10 cm breiten Purpurstreifen. Meine erste Frage ist, ob auch die Mitglieder des ordo equestris bzw. senatorius solch einen Purpurstreifen trugen.


    Meine anderen Fragen drehen sich um die toga praetexta. Diese trugen ja Jungen bis zum ca. 17. Lebensjahr, ebenso die Magistrate mit Imperium (kurulische Aedile, Praetoren, Consuln). Inwiefern unterschied sich denn die toga praetexta von den Togen der Ritter und Senatoren, da ja auch dort ein Purpurstreifen eingefasst war? Außerdem habe ich gelesen, dass auch die Priester die toga praetexta trugen. Trugen diese Toga alle Priester oder nur die Priester der Priestercollegien? Trugen sie sie nur beim Opfern oder auch im Alltag?


    Es wäre nett, wenn mir die Fragen jemand beantworten könnte. Danke im Vorraus.

    Mittlerweile hatte Ticinius sich schon in Rom eingelebt. Durch seine Beschäftigung als Discipulus des Cultus Deorum hatte er nicht mehr so viel freie Zeit wie früher. Auch heute war er beschäftigt, denn er suchte alle Beinamen der Fortuna heraus, wie er es sich während der Opferung vorgenommen hatte.


    "Dominus, ich bin gerade mit der Liste fertig geworden", teilte ihm sein Sklave Palamedes mit, der die Beinamen der Fortuna aufgeschrieben hatte. "Zeig sie mir", verlangte Ticinius und las diese:


    Fors Fortuna
    Fortuna Viscata
    Fortuna Augusta
    Fortuna Balnearis
    Fortuna Liberum
    Fortuna Barbata
    Fortuna Bona
    Fortuna Dubia
    Fortuna Brevis
    Fortuna Manens
    Fortuna Mobilis
    Fortuna Conservatrix
    Fortuna Equestris
    Fortuna Felix
    Fortuna Transquilla
    Fortuna Gubernans
    Fortuna Navirilis
    Fortuna Huiusce Diei
    Fortuna Mala
    Fortuna Mammosa
    Fortuna Obsequens
    Fortuna Muliebris
    Fortuna Plebis
    Fortuna Patricia
    Fortuna Primagenia
    Fortuna Privata
    Fortuna Publica
    Fortuna Redux
    Fortuna Respiciens
    Fortuna Romana
    Fortuna Salutaris
    Fortuna Virgo
    Fortuna Virilis
    Fortuna Libera
    Fortuna Victrix
    Fortuna Comes


    Ticinius musste leise seufzen. Da hatte es der Flavier besser: Mars hatte ja nur vier Beinamen. Ticinius musste jedoch versuchen, 36 Aspekte einer Göttin abzudecken. Glücklicherweise ähnelten sich einige Aspekte stark, und andere konnte man mit einem Wort beschreiben. Dennoch war es eine Menge Arbeit. Er sollte am besten jetzt schon anfangen, sich eine gute Anrufung zu überlegen. Nach einigen Minuten des Nachdenkens fing er an zu schreiben...

    Nach einiger Zeit hatte die Prozession den Opferplatz erreicht. Zusammen mit den anderen Weihrauchträgern umringte Ticinius den Platz, auf dem das Opfer stattfinden würde. Während er mit seinem Weihrauchfass Wohlgeruch verbreitete, schaute er sich das Opfer an. Im Unterschied zu seinem Opfer, das er kürzlich gehalten hatte, war dieses sehr größer, mit Kühen statt einem Ferkel und viel mehr Opferdienern und Mitgliedern der Collegien.


    Nachdem die Litatio verkündet worden war, ging Ticinius zusammen mit den anderen Weihrauchträgern in die Mitte des Platzes, um sein Weihrauchfass abzugeben. Einige andere Opferdiener waren schon dabei, das Fleisch der Opfertiere zu essen. Ob er wohl auch deren Fleisch bekommen würde? Oder könnte er jetzt einfach gehen, zu den Booten oder sonstwohin? Er wusste es nicht. Unsicher schaute er sich um, ob es jemanden gab, der ihm helfen könnte.

    Eben noch bestaunte Ticinius die prächtige Fortunastatue, die aus dem Tempel getragen wurde, als er bemerkte, dass in seiner Nähe ein Weihrauchträger umfiel. Zusammen mit anderen Neugierigen begab er sich dorthin, um sich dies anzusehen, als ein Bediensteter des Cultus Deorum, der ihm vage bekannt vorkam, auf ihn zukam, ihm das Weihrauchfass in die Hand drückte und ihn aufforderte, an der Prozession teilzunehmen. Obwohl er sich die Teilnahme an seiner ersten Prozession als Mitglied des Cultus Deorum anders vorgestellt hatte, zögerte er keine Sekunde, sondern nahm unter den erstaunten Blicken einiger Zuschauer das Weihrauchfass entgegen. Während sich das Tor öffnete und die Priester sich in die Prozession einreihten, eilte der andere Träger mit ihm im Schlepptau zu dem ihnen bestimmten Platz. Immer wieder schaute Ticinius, was der andere machte, um selbst nichts falsch zu machen. Doch anscheinend warteten sie jetzt auf den Beginn der Prozession.

    Sorgfältig untersuchte Ticinius die vitalia auf Unversehrtheit. Glücklicherweise befand sich in der Bibliothek der Matinier ein Medizinbuch, dessen Rezepte die Gesundheit zwar eher verschlechterten als verbesserten, dafür aber mit guten Bildern, auch der inneren Organe, aufwarten konnte.


    Zuerst stellte er sicher, dass die Organe überhaupt vorhanden waren. Danach nahm er sie heraus und legte sie in die Schale, die auf dem Altar stand. Dort nahm er jedes einzelne Organ heraus und untersuchte es auf Verwachsungen und Missbildungen. Doch auch diese waren nicht vorhanden. Deshalb verkündete Ticinius erleichtert: "Litatio!"

    Der Feiertag der Fors Fortuna war gekommen, und an einem solchen Tag durfte natürlich auch ein angehender sacerdos der Fortuna nicht fehlen. Schon einigermaßen früh war Ticinius deshalb mit einem Sklaven, der einen Korb mit Kuchen, Obst und Süßigkeiten trug, aus dem Haus gegangen und hatte sich auf den Weg zum Tiberufer gemacht. Bestens gelaunt war er dabei durch die Menge gelaufen und hatte Süßigkeiten an die Kinder verteilt. So kam er zwar langsam, aber zielstrebig zum Tempel der Fortuna. Bei dessen Anblick wurde er sich wieder richtig bewusst, wie alt Rom war - Servius Tullius, der sechste König von Rom, hatte ihn vor mehr als 639 Jahren erbauen lassen.


    Mit diesen Gedanken im Kopf drängte er sich auf dem Tempelvorplatz an feiernden Menschen und Straßenverkäufern vorbei in die Nähe des Tempeleingangs. Dort schaute er dem Treiben der Mitglieder der Collegien zu, die das Opfer vollziehen würden.

    Sim-Off:

    Ich nehm jetzt einfach mal an, dass Du 'Age' antworten wirst.


    Während Ticinius dem Gebet zuhörte, ging er in Gedanken noch einmal durch, was er jetzt tun musste. Außerdem vergewisserte er sich noch einmal, dass die Opferutensilien bereitlagen. Als das Gebet zu Ende war, nickte er einmal bestätigend dem sacerdos zu und ging zum Ferkel. Dort drehte er sich in Richtung Aquilius um und fragte rituell: "Agone?"


    Nach dessen Antwort nahm er den Opferhammer in die Hand. Einmal atmete er noch tief durch, dann schlug er mit voller Kraft den Hammer gegen den Kopf des Ferkels. Quiekend stürzte es zu Boden. Sofort nahm Ticinius das Opfermesser und schnitt damit dem Tier den Hals durch. Sofort begann das Blut zu fließen, und zwar reichlich - das war schonmal ein gutes Zeichen. Einige Blutspritzer, die auf seinen Beinen gelandet waren, beachtete er nicht weiter, sondern schnitt, als der Blutfluss aufhörte, die Leinen durch und hob das Ferkel auf den Altar. Dort begann er sofort, das tote Tier aufzuschneiden und die vitalia, Leber, Lunge, Herz, Bauchfell und Galle, auf ihre Unversehrtheit zu untersuchen.

    Als Ticinius dem sacerdos das Messer gegeben hatte, begann dieser mit der Weiheformel. Er sprach die Formel, wie aufgefordert, mit: "Hiermit weihe ich dir, O Mars, dieses Ferkel, auf dass Du dieses Opfer annimmst und den Worten dieses Mannes Gehör schenkst!" Dann sah er zu, wie der Flavier das Tier rituell entkleidete. Er überlegte einen Moment, wie er Mars am Besten anrief, doch da bekam er auch schon das Opfermesser von Aquilius zurückgereicht. Nun machte er wieder konzentriert weiter. Es folgte die Anrufung. Nachdem er das Messer auf den Beistelltisch zurückgelegt hatte, stellte er sich in die Nähe von Altar und Opfertier und begann die Anrufung:


    "O Mars, Du Angreifer mit Speer und Schild, der Du die Schlachten der römischen Armee lenkst und der größte Feldherr bist, O Mars, Du Rächer, der Du unter den Feinden des römischen Staates und des römischen Kaisers wütest, O Mars, Du Beschützer, der Du die Schwachen, die Frauen und die Feldfrüchte schützt, O Mars, Du Stammvater unseres Volkes, der Du den römischen Staat beschützt, O Mars, der Du uns alle schützt mit Schwert, Speer und Schild! Höre die Worte deines Priesters!"


    Hoffentlich war die Anrufung richtig, vor allem die Aufforderung am Ende, den sacerdos zu hören, der ja noch ein Gebet sprechen wollte.

    "Ich habe keine Fragen mehr und würde jetzt gerne anfangen wollen.", antwortete Ticinius dem Flavier. Seine Nervosität wich nun innerer Ruhe, die sich ihn nur auf das Opfer konzentrieren ließ. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle benötigten Opferutensilien bereitstanden, begann er mit dem Opfer.


    Zuerst überzeugte er sich, dass das Opfertier äußerlich unversehrt und richtig angebunden war. Vom Beistelltisch, auf dem die Opferutensilien lagen, nahm er das darauf liegende Wassergefäß. Mit einem Teil des Wassers besprengte er die Anwesenden (also Aquilius). Danach rief er: "Favete linguis!" in dessen Richtung. Danach drehte er sich wieder zum Beistelltisch und wusch im Wassergefäß seine Hände. Nachdem er dies vollbracht hatte, nahm er das malluium latum und trocknete damit seine Hände. Dann nahm er die mola salsa, schritt damit zum Tier und bestrich es damit. Das Ferkel ließ es erstaunlich ruhig über sich ergehen.


    Danach stellte Ticinius die Schale mit der mola salsa wiederum auf den Beistelltisch und nahm das Opfermesser. Damit ging er zu Aquilius und reichte es ihm - etwas sagen tat er nicht, schließlich wusste der Flavier, was er zu tun hatte, nämlich das Tier rituell entkleiden.

    Beinahmen für Mars - natürlich war Mars Kriegsgott, doch welche Aspekte hatte Mars noch? Ticinius überlegte einige Sekunden, welche ihm einfielen, bevor er dem Flavier antwortete: "Die Ehrentitel des Mars - Mars Gradivus, der dem Heer vorangeht, Mars Ultor, der rächende Mars, und Mars Silvanus als Gott der Wälder und Felder." Gab es überhaupt noch mehr? Er wusste es nicht. "Mehr fallen mir im Moment nicht ein", sagte er daher.


    Bei dieser Gelegenheit fiel ihm ein, dass er auch nicht die Beinahmen der Fortuna kannte. Diese war für ihn aber noch bedeutsamer als die des Mars, denn schließlich hatte er sich für entschieden, Fortuna zu dienen. So nahm er sich vor, diese bei nächster Gelegenheit herauszufinden.

    "Die Anrufung - muss ich Mars vor der Frage 'Agone?' anrufen? Und wie mache ich dies am Besten?", fragte Ticinius den Flavier. Er vermutete, dass es so etwas ähnliches wie das Gebet war - nur ohne eine Bitte. Aber sicher war er sich nicht. Während er nachdachte, konnte er die Opfergeräte entdecken, die ein camillus gerade auf einen Tisch legte. Nun war eigentlich alles bereit - nur die Frage musste noch beantwortet werden. Je näher das Opfer kam, desto nervöser wurde er. Unruhig sah er zum Ferkel, dass jedoch noch relativ ruhig war. Etwas beruhigt schaute Ticinius nun den sacerdos fragend an.